David Quammen - "Das Lächeln des Tigers"

  • Da ich mit Entsetzen festgestellt habe, dass David Quammen und seine in meinen Augen meisterlichen Werke noch keine Erwähnung gefunden haben, nehme ich das mal in die Hand :wink:


    Der Autor (Klappentext)
    David Quammen, geboren 1948, hat in Yale und Oxford [Anm.: Literatur] studiert. Als "brillianter Star des naturwissenschaftlichen Journalismus" (E.O.Wilson) gelobt, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter zweimal den National Magazine Award.
    "Der Gesang des Dodo" (Claasen 1998 ) wurde von der New York Times zum besten Sachbuch des JAhres 1996 gekürt. Nach "Die Hörner des Rhinzeros" (Claasen 2000) legt der Autor nun sein drittes Buch auf deutsch vor. [...]



    Kurzbeschreibung von Amazon


    Was haben sibirische Tiger, australische Krokodile, rumänische Bären und indische Löwen gemeinsam? Richtig, gelegentlich verspeisen sie Menschen... Der renommierte Wissenschaftsjournalist David Quammen hat die letzten menschenfressenden Raubtiere dieser Erde besucht und ein fesselndes Buch über sie geschrieben. Ein gelungener Brückenschlag zwischen Natur- und Kulturgeschichte.


    In seinem neuen Buch wartet David Quammen mit einem Thema auf, das viele Menschen nicht erst seit Der weiße Hai immer wieder fasziniert: Dem Zusammenspiel von Mensch und Raubtier.


    Erzählerisch meisterhaft und höchst kenntnisreich bürstet er dabei den Mythos vom "Menschenfresser" gegen den Strich und zeigt die fatalen Auswirkungen, die das Aussterben dieser Art nicht nur auf das Biosystem, sondern auch auf die kollektive Imaginationswelt hätte.



    Meine Meinung


    Entgegen meiner ersten Idee von dem Buch zeichnet der Autor kein reißerisches Bild von wilden Bestien und deren Untaten. Auf der anderen Seite lässt er sich genaus wenig dazu hinreißen, sie als Schmusetiere, und vermeindliche Übergriffe auf den Menschen als Spinnereien abzutun. Er schafft es geschickt auf recht objektive Art und Weise sowohl die Bedrohung der Großräuber durch Bejagung, Lebensraum- und Beutetierschwund darzustellen, als auch das Sichtfeld für die Problematik des Lebens der Menschen vor Ort und deren Umgang mit großen Wildtieren zu erweitern.
    Quammen vermeidet dabei allzu starke Schwarz-Weiß-Tünchungen eines Themas, das weit komplexer ist als einen der Mediendschungeln und einige der unseriöseren Tierschutzorganisationen weiß machen wollen.
    Strukturell ist das Buch dabei in vier größere Themenbereiche gegliedert, die letzten indischen Löwen im schrumpfenden Gir-Wald, die rumänischen Bären und ihre wirtschaftliche Bedeutung, gleiches bei Krokodilen im Norden Australiens und die sibirischen Amur-Tiger, an denen entlang er auf erfrischende Art und Weise sein zusammengetragenen Informationen pärsentiert. Anscheinden hat er einen Großteil dieser auf seiner 10jährigen Reise um die Welt, in deren Anschluss auch der Dodo erschien, gesammelt. Dementsprechend bleibt er nicht streng bei seinen 4 ausgesuchten Tierarten, sondern der geneigte Leser wird sich auch in Indonesien beim Komodowaran wiederfinden, ebenso wie in Afrika beim Leopard. Er erzählt von seinen Begegnungen mit Behörden, Wissenschaftlern, Einheimischen und gewährt uns so auf gut 500Seiten auch Einblicke in Welten, die die meisten von uns nie kennen lernen werden.
    Meiner Ansicht nach, bleibt er trotz des angehäuften Wissens, von dem er uns hier mit Sicherheit nur Bruchteile präsentieren kann, sehr leicht verständlich. Streckenweise könnte es aber für fachfremde Leser eventuell etwas zu langatmig erscheinen (für mich nicht!, hab diese Beurteilung aber zu hören bekommen). Was mir auch gut gefällt ist, das Quammen den Leser immer wieder direkt anspricht, als würde man sich in einer Unterhaltung mit dem Autor befinden.
    Alles in allem ein absolut lesenswertes Buch, besonders wenn man sich für Biodiversität in der heutigen Welt interessiert.
    Ich würde 4- 4 1/2 von 5 Sternen geben, weil ich mir den anderen halben Stern noch für den Dodo aufsparen muss ;-)


    lieben gruß
    aj

  • Danke, für diese tolle Rezension.
    Der Autor ist gleich in meine Merkliste gewandert.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)