"Lesen Sie! Immerzu nur lesen, das Verständnis kommt von selbst": So soll Paul Celan einem fragenden Leser geraten haben. Zur Lektüre all seiner Gedichte in kritisch überprüften Fassungen lädt diese Gesamtausgabe ein. Aber Celan war selbst ein leidenschaftlicher Leser; Lektüreerfahrungen aus der Literatur, aus Biologie, Geologie, Medizin oder auch aus der Tagespresse verbanden sich für ihn mit seiner persönlichen Geschichte als Überlebender der Shoah.
Erstmals bietet nun ein Kommentar die Möglichkeit, diesen Leser Celan in seinen Gedichten zu entdecken. Die jedes einzelne Gedicht erschließenden Kommentare zeigen die Binnenbezüge des Werks, geben Sacherklärungen zu Zitaten, Namen und Widmungen. Darüber hinaus bieten sie alle erreichbaren Informationen zur Entstehung der Gedichte und zu biographischen Anspielungen; sie dokumentieren die Varianten der Drucke zu Celans Lebzeiten und ergänzen einzelne, bisher nicht bekannte Entwürfe. (Amazon bzw. Klapptext)
Die Gesammtausgabe von Celans Gedichten ist ein umfangreiches Werk, das sich auf insgesamt 1000 Seiten erstreckt. Das Buch enthält in einem ersten Teil die zu Lebzeiten publizierten Gedichte, im zweiten Teil finden sich die Gedichte aus seinem Nachlass. Kompletiert wird die Ausgabe durch umfangreiche Kommentare und das Verzeichnis seiner Gedichte.
Vor allem die Kommentare sind bei Celan oft von großer Wichtigkeit, denn seine Lyrik bietet sich uns oftmals in chiffrierter, schwer zu entschlüsselnder Form wieder. Celan ist kein Dichter für die Schnelle. Sein Werk verlangt uns Zeit ab. Geben wir ihm diese Zeit nicht, werden uns seine Gedichte verschlossen bleiben. Immer wieder verbindet Celan seine Erfahrungen des Holocaust (seine Eltern starben beide in einem KZ), mit wissenschaftlichen Begriffen und fachlichen Ausdrücken. Sein wohl bekanntestes Gedicht, die "Todesfuge" schildert eindringlich und auf einem hohen sprachlichen Niveau das Schicksal der Juden in den Konzentrationslagern.
Celans Lyrik ist mit Sicherheit keine leichte Kost, dennoch ist sie absolut lesenwert.
Als ich das erste Mal mit Celan konfrontiert wurde, hatte ich das Gefühl, auf eine undurchdringliche Mauer zu prallen. Die Zeilen seines Gedichts, es hieß Keine Sandkunst mehr, haben mich verwirrt, irritiert und doch irgendwie auch fasziniert. Dann habe ich begonnen mit den Worten, Zeilen ja auch Buchstaben zu kämpfen, zu ringen und schließlich begann ich zu meinem Erstaunen zu verstehen. Aus den Fragmenten kristallisierte sich ein Sinn heraus. Ab diesem Zeitpunkt war es um mich geschehen und ich bin der Faszination Celans erlegen. Immer wieder bedeutet die Auseinandersetzung mit seinen Gedichten einen Kampf für mich. Immer ist die Beschäftigung mit seiner Lyrik ein Gewinn für mich. Längst kenne ich noch nicht alle seine Gedichte. Doch was ich bereits von diesem faszinierenden Dichter kenne, hat für eine lebenslange Faszination gereicht.