Natsuo Kirino - Die Umarmung des Todes / Out

  • Nacht für Nacht arbeiten Masako, Yayoi, Yoshie und Kuniko in der Lunchpaket-Fabrik am Rande Tokios. Eines Tages werden sie jäh aus ihrem tristen Alltag gerissen, als ihnen Yayoi gesteht ihren Mann umgebracht zu haben. Doch statt zur Polizei zu gehen, hat Masako eine Idee, wie man die Leiche am besten verschwinden lassen kann. Doch sie ahnt nicht was sie dadurch in Gang setzt...


    Mich hat das Buch von Anfang bis Ende gefesselt. Am Anfang mag es aufgrund der Namen vielleicht ein paar kleine Schwierigkeiten geben in das Buch hineinzukommen - doch das ist schnell vorüber. Vor allem das Zusammenspiel und der Wechsel der einzelnen Erzählebenen ist sehr gut gelungen – hier ist Masako, deren Familie nur noch ein Scherbenhaufen ist, dort Yayoi, deren Ehemann ihre Ersparnisse beim Zocken durchbringt, Yoshie fällt die Mutter ihres verstorbenen Ehemannes zur Last und auf Kuniko wartet ständig die nächste Rate irgendeines Kredites. In dem Sinne ist der Roman auch weniger als Krimi anzusehen, da das Hauptaugenmerk eher auf der Entwicklung der einzelnen Personen, vor allem der von Masako, nach dem Mord liegt. Ich kann nur sagen: unbedingt lesen! Allerdings sollte man nicht allzu zart besaitet sein...

  • So jetzt hab ich das Buch auch endlich gelesen, es ist schon monatelang auf meinem SuB gelegen, die 600 Seiten u. der zähe Anfang hatten mich bisher immer abgeschreckt.
    Also, nachdem man die ersten paar Seiten, die etwas langatmig sind, hinter sich hat, wird es richtig spannend. Die überwiegend positiven Kritiken, die das Buch geerntet hat, sind meiner Meinung nach völlig berechtigt. Auch auf mich hat das Buch eine richtige Sogwirkung ausgeübt, ich wollte es dann gar mehr aus der Hand legen.

    Es ist ein ziemlich ungewöhnlicher Thriller aus der Sicht verschiedener Personen, die in das Verbrechen verstickt sind, manche Situationen, werden mehrfach aus verschiedener Perspektive erzählt.
    Das Gefühl mehr oder weniger zufällig in eine Situation zu geraten, aus der es kein Entrinnen mehr gibt und die immer mehr eskaliert, konnte ich als Leserin gut nachempfinden.

    Neben dem faszinierenden Blick in seelische Abgründe, bietet das Buch auch einen interessanten Einblick in die japan. Gesellschaft, vor allem in das Arbeits- u. Alltagsleben der ärmeren Gesellschaftsschichten. Die Lebensumstände der vier unterschiedlichen Frauen, die alle in einem hoffnungslosen, unbefriedigenden Alltag gefangen sind, werden ungeschönt u. glaubwürdig dargestellt.
    Die drei Tage, in denen ich das Buch verschlungen habe, waren für mich fast so was wie eine „Reise“ in diese trostlosen Tokioter Vorstadtviertel ...

    Ich finde, es ist ein Buch, das man nicht so schnell vergisst und das noch länger nachhallt.

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

  • WAHNSINN!


    Ein Glück, dass Wochenende war, ich hab das Buch in einem Rutsch in anderthalb Tagen gelesen. Einer der tollsten Krimis der letzten Jahre. Man weiss nicht, was unerträglicher ist: Eine Pause machen zu müssen oder weiter zu lesen. Manchmal traut man sich kaum, eine Seite weiter zu blättern aus Angst, was denn jetzt wieder passiert.
    Ich musste mich (kommt fast nie vor!) beherrschen, nicht die letzte Seite vorweg zu lesen.


    Es ist zwar stellenweise recht blutig, aber ich habe das Gefühl, dass diese Brutalität nicht dem Selbstzweck dient oder dem Voyeurismus. Trotzdem sollte man beim Lesen über einen stabilen Magen verfügen.


    Dadurch, dass man als Leser immer weiss, was die einzelnen Personen gerade planen oder machen, weiss man immer ein bißchen mehr als die Protagonisten, und man sieht im Voraus, was passieren kann (und wird).


    Der Schluss hat mir gut gefallen: Es kommt zu einer Konfrontation, von der man nicht weiss, wie sie ausgehen wird.


    LEST ES, LEUTE!


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hallo @all!


    Ich habe das Buch eigentlich direkt gelesen, nachdem es als HC rauskam, der Klappentext hat mich fürchterlich neugierig gemacht :D
    Ich kann chifan, Bibliomana und Marie nur recht geben: diesen Krimi sollte man mal gelesen haben!
    Sehr interessant fand ich auch die Einblicke in den Alltag einer völlig fremden Kultur.
    Das Buch hat mir zwar keine schlaflosen Nächte beschert, war aber eine wirklich nette Abwechslung.


    Gruß,
    bonsai

  • Ich habe fast vier Tage für die 600 Seiten gebraucht und das nur, weil ich auch noch andere Pflichten hatte. Mir ist es sehr schwer gefallen das Lesen zu unterbrechen.


    Es ist interessant über die japanische Gesellschaft, die soziale Verhältnisse zu lesen und außerdem sind die Charaktere der vier Hauptpersonen und ihre Entwicklung sehr genau und lebensecht dargestellt.


    Die blutigen Beschreibungen sind vielleicht nichts für empfindliche Leser, mir haben sie nicht so viel ausgemacht. Ich würde es nicht gerne in einem Film sehen, aber beim Lesen kann ich schon einiges vertragen.


    Mich hat das Buch sehr beeindruckt, spannend bis zum Schluss, aber gleichzeitig auch ruhig erzählt.
    Sehr empfehlenswert nicht nur für Krimi Fans, es ist sehr viel mehr.
    Ich hoffe es gibt in Zukunft noch mehr Bücher von dieser Autorin.


    Schöne Grüße
    Ina

  • Bin immer dankbar für gute Empfehlungen. Daher bin ich direkt zu Amazon und habe es dort auf die Wunschliste gesetzt..und irgendwann, wenn mir nichts Besseres einfällt, werde ich mir das Buch bestellen. :cheers:

    :study: Arnaldur Indridason: Nordermoor


    Bücher sind nur dickere Briefe an Freunde. - Jean Paul

  • Ich fand das Buch auch klasse.
    Es hat mir sogar so gut gefallen das ich so gar mal nen Referat für die Schule darüber geschrieben habe. Mein Deutschlehrer wollte danach von mir wissen ob ich blutrünstig veranlagt wäre.
    Aber keine Angst ich bin harmlos, ehrlich :flower:

  • Natsuo Kirino - Umarmung des Todes


    Inhalt : Yayoi Yamamoto arbeitet Nacht für Nacht in einer Lunchpaket-Fabrik am Rande Tokios, um endlich Geld für eine eigene kleine Wohnung aufbringen zu können.Als sie aber eines Abends herausfindet ,dass ihr Mann Kenji ihre gesamten Ersparnisse verspielt hat, verliert sie die Nervenund bringt ihn im Affekt um. Verzweifelt versucht Yayoi zusammen mit drei Kolleginnen die Tat zu vertuschen , doch mit jedem Schritt geraten die Frauen tiefer in einen unentrinnbaren Sog des Verderbens ...


    Autor : Natsuo Kirino wurde 1951 in Kanazawa geboren. Sie studierte Rechtswissenschaften an der Seikei University , bevor sie sich für eine Karriere als Schriftstellerin entschied. Bereits für ihren Debütroman erhielt sie den Edogawa -Rampo-Preis , den renommiertesten japanischen Preis für Kriminalliteratur . Der ganz große Durchbruch in Japan gelang ihr aber mir ihrem Roman " Die Umarmund des Todes". Seitdem gilt sie als eine der angesehensten zeitgenössischen Autorinnen ihres Landes.



    Meine Meinung : Wie ich gesehen habe , wurde über dieses Buch schon eine Rezension geschrieben.Diese ist aber auch schon etwas älter . Mir ist aber auch auf gefallen . Das das Buch ganz anders aus schaut als meins ,da dachte ich mir ich schreibe einfach mal eine neue Rezension . Also ich fand das Buch einfach hammer. Ich lese keine oder kaum Krimi Bücher. Aber dieses Buch hat mich um so mehr gefesselt . Ich habe das Buch zwar nicht ganz zu ende gelesen , weil es zu dem Zeitpunkt nicht von mir war , was es heute noch nicht ist. Aber ich werde es noch einmal lesen . Nicht nur ich möchte das Ende wissen , nein ich möchte euch auch ganz mitteilen , wie das Buch gewessen ist und ob es sich lohnt es zu lesen . Ok, ich weiss jetzt schon das es sich lohnt es zu lesen , keine frage.

  • Habe das Buch gestern beendet, die letzten 100 Seiten musste ich unbedingt in einem Rutsch weglesen, obwohl ich schon total müde war, aber eine Unterbrechung beim Showdown hätte mich sehr geärgert :rambo:
    Den Anfang der Geschichte fand ich auch recht zäh und ich habe noch 2 Bücher zwischengeschoben, ehe ich mit Die Umarmung des Todes richtig warm wurde. Aber dann wurde es interessanter - die Charaktere und ihr Leben und auch die Lebensweise in Japan haben mich immer neugieriger gemacht.
    Ich finde, dieser Thriller ist anders und das gefällt mir, besonders der Schluß hat mich beeindruckt!

  • Vier Arbeiterinnen einer Lunchpaketefabrik
    geraten in einen Todesfall, der sich sehr makaber entwickelt und alle vier in
    große Gefahr bringt.


    Die Autorin beschreibt ein sehr trostloses Japan. Alle Charaktere führen ein
    Leben, das anders ist, als sie es sich wünschen würden, Träume und Wünsche
    haben sich nicht erfüllt – oder wenn, dann nur oberflächlich. Alle versuchen –
    zumindest im Laufe des Romans – aus ihrem bisherigen Leben auszubrechen,
    teilweise aber mit sehr makaberen Mitteln.


    Die Charaktere hat die Autorin sehr tiefgehend gestaltet. Da ist die junge
    Ehefrau und Mutter, der durch eine Tat im Affekt plötzlich ein anderes Leben
    offensteht, die ehemalige Bankangestellte, die sich ihrer Familie entfremdet
    hat und plötzlich wieder eine Aufgabe hat, die Witwe, die ihre Schwiegermutter
    pflegen muss und die verlebte Mittdreißigerin, die so gerne ein Leben im Luxus
    führt und sich dafür in die Schuldenfalle begibt. Aber auch die handelnden
    Männer haben Probleme, der Nachtclubbesitzer, der ein dunkles Geheimnis in sich
    birgt, der Geldverleiher, der sich mit der Yakuza einlässt und der
    Brasilien-Japaner, der sich im Heimatland seines Vaters ein besseres Leben
    erhoffte. Sie alle verursachen beim Lesen durchaus Probleme, denn alle sind so
    gezeichnet, dass man kaum weiß, ob man sie mögen (oder zumindest verstehen)
    oder hassen soll. Ich persönlich hatte nur eine Figur, die ich ziemlich schnell
    abgelehnt habe und deren Handlungen ich nicht wirklich nachvollziehen konnte.


    Die Autorin erzählt ihre Geschichte aus verschiedenden Perspektiven, die Sicht
    jedes der o. g. Charaktere kommt dabei zum Tragen. Die Erlebnisse greifen dabei
    nicht nur ineinander, zum Teil wird die selbe Situation aus verschiedenen
    Perspektiven erzählt. Dabei ist besonders der Showdown grandios – er wird aus
    zwei Perspektiven erzählt und ist ungeheuer emotional – nicht nur für die
    beteiligten Charaktere, auch für den Leser, man schwankt hier zwischen allerlei
    Gefühlsregungen. Mich ließ das Buch sehr nachdenklich zurückund auch nach dem Lesen zunächst nicht los.


    Irgendwo habe ich gelesen, jemand hätte das Buch geschmacklos und unmoralisch
    genannt – und ja, so könnte man es sehen. Aber man muss auch die Moral dahinter
    sehen. Die Autorin lässt die Charaktere Dinge tun, die einen zunächst abstoßen,
    die aber auch die Frage aufwerfen, warum tun sie das? Und das zu ergründen ist
    eine Aufgabe, die das Buch uns stellt, die die Autorin aber nicht wirklich
    beantwortet, die Frage bleibt – zumindest teilweise, auch nach der Lektüre des
    Buches bestehen.


    Das Buch ist auch ein gesellschaftskritischer Roman – und dabei nicht unbedingt
    auf die japanische Gesellschaft beschränkt. Ich habe beim Lesen öfter
    vergessen, dass die Geschichte in diesem Land spielt, für mich gab es relativ wenige
    Anhaltspunkte dafür. Trost- Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit, Armut,
    schlechte Arbeitsbedingungen, das sind durchaus globale Probleme – und die
    Frage stellt sich schon, zu was Menschen fähig sein könnten, wenn sie die
    Chance sehen, daraus zu entkommen.


    Trotz dieses schwierigen Themas, trotz des teilweise überaus makabren Plots ist
    das Buch ein Pageturner. Es ist sehr flüssig geschrieben und auch sehr
    spannend, außerdem immer wieder überaschend. Mit den japanischen Namen hatte
    ich kaum Probleme, wer allerdings das erste Mal ein Buch, das in Japan spielt,
    liest, wird sich zunächst einlesen müssen.


    Empfehlen kann ich das Buch sehr, lesen sollten es allerdings erwachsene und für
    schwierige Thematiken aufgeschlossene Menschen. Es gibt hier mehr als einen
    Tabubruch, damit muss man umgehen können, zumal gerade diese Szenen sehr
    nüchtern beschrieben werden.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Der japanische Originaltitel lautet: Out
    leider gibt es für japanische Titel, selten eine ISBN daher die englische Version.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

    2 Mal editiert, zuletzt von Mara ()

  • Das ist eins der Bücher, die ich unserem japanbegeisterten Sohn in den letzten Jahren geschenkt habe und er war ebenso begeistert wie die Rezensenten hier im Thread. Das Erstaunlichtste war aber, dass sogar der älteste Sohn (leider eingefleischter Nichtleser) dieses Buch verschlungen hat. :shock:
    Ich habe noch nie ein Buch eines japanischen Autors gelesen, aber dies wird wohl mein erstes werden.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Was war das jetzt?
    Mehr als 600 Seiten japanischer Thriller - aber irgendwie auch nicht.
    Ein dickes Buch über vier Frauenschicksale die sich alle ein besseres Leben wünschen - doch das wäre zu wenig.
    Eine unglaublich gelungene Mischung aus beidem, die einen zudem in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt - ja, das trifft es wohl besser.
    Im Affekt bringt Yayoi ihren Mann um nachdem er ihr gestanden hat, dass er ihre gesamten Ersparnisse verspielte. Ihre drei Kolleginnen aus der Lunchpaket-Fabrik helfen ihr aus Mitgefühl, Solidarität, Geldgier (?) das Verbrechen zu vertuschen womit das Verhängnis seinen Lauf nimmt. Immer tiefer verstricken sie sich in Lügen und Täuschungen.
    Dieses Buch ist stellenweise unerhört brutal, es stockt einem der Atem - jedoch nicht weil hier mit Lust entsetzliche, blutrünstige Dinge beschrieben werden. Es ist vielmehr die Nüchternheit mit der dies geschieht, die einen (mich) so fassungslos macht. Scheinbar völlig normale Frauen, die nur der Wunsch nach einem etwas besseren Leben verbindet, lassen alle Normen und Regeln hinter sich um so ihrem Traum etwas näher zu kommen. Doch ihre Schicksale sind so gut beschrieben, dass man diese Frauen zu verstehen und mit ihnen zu fühlen beginnt, sowohl im Guten wie im Schlechten.
    Leicht zu lesen, aber nicht ganz so zu verdauen :-)

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling