Cormac McCarthy - Die Straße / The Road

  • Die Straße ist eins meiner absoluten Lieblingsbücher.
    Der Autor schreibt wirklich unglaublich gut. Ich war so berührt und konnte mich von der
    Geschichte kaum lösen. Wie in einem so kurzen Buch soviel drin stecken kann hat mich
    wirklich überrascht.
    Ich kann es bedenkenlos weiterempfehlen!! Es ist grandios :cheers:


    In Büchern liegt die Seele aller gewesenen Zeit. (Thomas Carlyle)

  • Vor ein paar Tagen habe ich auch "Die Straße" gelesen. Eigentlich wollte ich nur mal reinlesen, aber diese düstere und trostlose Atmosphäre zusammen mit dem nüchternen Schreibstil haben mich sofort gefangen genommen. Das ganze Buch ist bedrückend, traurig und so hoffnungslos und trotzdem werden Vater und Sohn immer weiter angetrieben und versuchen trotz dieser kalten, trostlosen Welt ihre Liebe und ihre Moral zu bewahren. Mehrmals habe ich das Buch zur Seite gelegt, weil es mir einfach zu heftig war, nur um es wenige Minuten später gleich wieder zur Hand zu nehmen, sodass ich es noch am selben Tag beendet habe. Mir läuft es jetzt noch kalt den Rücken runter, wenn ich daran denke.
    Dieses Buch werde ich so schnell nicht mehr vergessen, es ist absolut empfehlenswert! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Wie in einem so kurzen Buch soviel drin stecken kann hat mich
    wirklich überrascht.

    Das stimmt! Ich finde es auch unglaublich, was der Autor auf diesen wenigen Seiten zustande gebracht hat!

    Viele Grüße
    Aventurin


    :study:Rebecca Gablé - Hiobs Brüder


    SuB: 92 / Gelesen 2016: 7

  • Irgendwo in Nordamerika, irgendwann nach einer globalen Katastrophe.
    Ein Mann macht sich mit seinem Sohn auf den Weg nach Süden. Dabei haben sie nur ihre Rucksäcke, einen alten Einkaufswagen und einen Revolver mit zwei Patronen. Im Süden soll alles besser sein. Darauf setzt der Mann seinen ganzen Hoffnungen. Doch der Weg dahin ist gefährlich. Das Land ist völlig zerstört, die Erde verbrannt. Es gibt kaum Nahrung. Die größte Gefahr geht aber von wenigen anderen Menschen aus.


    Jegliche menschliche Moral scheint zerstört zu sein, viele werden zu Kannibalen.


    Wer mich kennt, der weiß, das ich Dystopien kaum etwas abgewinnen kann. Meistens finde ich schon den Klappentext schlicht und einfach langweilig.


    Langweilig fand ich "Die Straße" nun wirklich nicht, aber das Buch ist unglaublich bedrückend. Die Stimmung ist grau, es ist kalt, es regnet. Die beiden haben Hunger.
    Dabei erfährt man kaum irgendwelche Hintergrundinformationen. Weder weiß man, wie die beiden heißen, noch ihr Alter. Auch weiß man nicht, was die Katastrophe ausgelöst hat. Dabei gibt es kaum einzelne Szenen, die besonders grausam ist. Zwar stoßen die beiden immer wieder auf Leichen, aber bis auf wenige Ausnahmen wird sowas nur am Rande erwähnt.


    Die Sprache, die Dialoge sind karg. Die Sätze sind kurz, fast schon abgehackt. Dadurch wirkt das ganze noch eindringlicher:

    Gerade durch diese knappen Dialoge wird die Liebe zwischen Vater und Sohn noch deutlicher und es war wahrscheinlich auch das, was mir beim Lesen immer wieder die Tränen in die Augen trieb (und auch beim schreiben dieses Textes). Obwohl die Lage so hoffnungslos ist, tut der Vater alles für seinen Sohn.


    Es gibt keine Unterteilung in Kapitel, aber in dem Roman gibt es ständig Absätze. Das ist auch gut so, denn zumindest ich musste immer wieder eine Pause einlegen.
    Ich konnte die Schilderungen manchmal nicht mehr ertragen und musste dann zwischendurch eine Pause einlegen. Ich habe sogar überlegt, ob ich das Buch abbreche. Gleichzeitig wollte ich aber auch unbedingt wissen, wie es weiter ging.


    Solche Gefühle kann nicht jedes Buch auslösen. Und obwohl ich diese Erfahrung nicht noch mal machen möchte, bin ich auch froh, das ich es gelesen habe.


    Fazit: Sehr beeindruckend und bedrückend. Aber obwohl ich es sehr gut fand, will ich sowas nie wieder lesen.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Dieses Buch gehört zu meinen Lieblingen. Allein die Botschaft, die es vermittelt, hat es mir angetan. Auch toll finde ich, wie die Protagonisten namenlos bleiben, wie der Vater in seinem Jungen bald mehr sieht als einen "Sohn", wie er für ihn nach und nach "das Gute" in dieser tristen, düsteren Welt verkörpert, für das es sich lohnt, zu kämpfen. Er selbst sieht sich ja eher als jemand, der schon zuviel gesehen und erlebt hat, um tiefe Gefühle wie Mitleid noch groß empfinden zu können. Er ist rational, sein Sohn emotional.


    Übrigens ist die Verfilmung auch gelungen. :)

  • Das Buch ist fantastisch und gehört auch zu den ergreifendsten Büchern, die ich gelesen habe. Auch auf Englisch ist es, gerade wegen der kurzen Sätze und der klaren Sprache, gut verständlich. Ich kann es guten Gewissens weiterempfehlen. :thumleft:
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Mich hat das Fehlen von wörtlicher Rede anfangs auch total irritiert, vor allem weil man mitdenken muss wer denn jetzt genau spricht.
    Habe mich nach einer Weile jedoch daran gewöhnt.
    Die Handlung ist faszinierend und abschreckend zugleich, ich musste das Buch öfter beiseite legen was dank der viieeelen Absätze auch ohne weiteres möglich ist.


    Einerseits ist der Roman unglaublich ergreifend, man freut sich wenn was schönes passiert, man ist traurig wenn etwas nicht klappt und man ist des öfteren auch einfach nur geschockt.


    Ab und an fand ich das Buch aber auch ziemlich monoton, weil die Handlung manchmal Seitenweise nicht voran kam und nur geschildert wurde, dass Vater und Sohn essen... laufen... essen... schlafen... nächster Absatz und so weiter...

    Ich möchte mir später auch mal den Film anschauen, der ja ebenfalls ziemlich gut umgesetzt sein soll.


    Insgesamt bekommt "Die Straße" von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "In Büchern liegt die Seele aller vergangener Zeiten" (Thomas Carlyle)



    :study: Andrzej Sapkowski - Der letzte Wunsch:study:



    Sub: 368

  • Durch. In weniger als einem Tag durch.
    Toll. Ein unglaublich simpler Plot, karge Information und Sprache, wobei die Kargheit in beiden Aspekten die Bedrücktheit der übermittelten Atmosphäre ins fast Unerträgliche steigert. Aber gleichzeitig finde ich die Sprache (im englischen Original zumindest) als unheimlich schön, genauso wie die gesamte Handlung (trotz der unerträglichen Spannung, die sich aus der ständigen Bedrohung ergibt). Ich würde mal sagen, dass eine Dystopie nicht besser geschrieben werden kann, denn Cormac McCarthys The Road kommt meiner Meinung nach ziemlich nah an den Begriff "literarische Perfektion" heran.


    The Road ist meiner Meinung nach einer der ganz raren Instant-Klassiker, Wahnsinn. Das ist endlich mal wieder so ein Buch, das einem zeigt, was Literatur eigentlich kann. Solche Bücher sollte man im Hinterkopf behalten, bevor man den nächsten Kitsch und das nächstbeste gefühlsduselige Geschmier gleich wieder mit dumpfer Indifferenz für Werke wie dieses hochjubelt (Da muss ich sofort an die von mir unten zitierte Textstelle denken, die da heißt: "Some rage at the lies arranged in their thousands row on row.").



    Ich bin so begeistert davon, was die Sprache in diesem Buch zuwege bringt, dass ich hier ein paar Beispiele zitieren möchte:


    Zitat

    Query:
    How does the never to be
    differ from what never was?


    Zitat

    By day the banished sun circles the earth like a grieving mother with a lamp.


    Zitat

    No lists of things to be done. The day providential to itself. The hour. There is no later. This is later. All things of grace and beauty such that one holds them to one's heart have a common provenance in pain. Their birth in grief and ashes. So, he whispered to the sleeping boy. I have you.


    Zitat

    Where men can't live
    gods fare no better.


    Zitat

    Years later he stood in the charred ruins of a library where blackened books lay in pools of water. Shelves tipped over. Some rage at the lies arranged in their thousands row on row. He picked up one of the books and thumbed through the heavy bloated pages. He'd not have thought the value of the smallest thing predicated on a world to come. It surprised him. That the space which these things occupied was itself an expectation.


    Zitat

    Out there was the gray beach with the slow combers rolling dull and leaden and the distant sound of it. Like the desolation of some alien sea breaking on the shores of a world unheard of.


    Zitat

    Perhaps in the world's destruction it would be possible at last to see how it was made. Oceans, mountains. The ponderous counterspectacle of things ceasing to be. The sweeping waste, hydroptic and coldly secular. The silence.


    Jede dieser Textstellen haut bei mir ganz tief 'rein, so schön finde ich sie. Und solche Textstellen gibt es im Buch zuhauf.




    Da das vom Verlag angegebene empfohlene Alter als 14 bis 18 Jahre angegeben wird, wird es eventuell sogar als Die Straße oder vielleicht doch im englischen Original unter dem Weihnachtsbaum liegen. So etwas Tolles möchte ich meinen Kindern keinesfalls vorenthalten.
    Logischerweise gibt es von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: . Das dürfte wohl mein bestes Buch in diesem Jahr gewesen sein.
    Ein Dankeschön an alle Büchertreffler, die dieses Buch immer wieder empfohlen haben (vor allem im "365 Tage"-Thread, denn ohne Euch hätte ich mir dieses Buch wohl nicht gekauft.)

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Solche Bücher sollte man im Hinterkopf behalten, bevor man den nächsten Kitsch und das nächstbeste gefühlsduselige Geschmier gleich wieder mit dumpfer Indifferenz für Werke wie dieses hochjubelt


    Du sprichst mir hier aus der Seele, Hypocritia.
    The Road ist wirklich ein fantastisches Werk, das fünf Sterne absolut verdient.

  • Die ungebremste Begeisterung, die mir in diesem Thread entgegen schlägt kann ich nicht teilen.
    Das Konzept ist super, überhaupt keine Frage. Die Umsetzung ist hin und wieder nicht meins. Gerade am Anfang hadere ich mit der Sprache, die mir zu perfekt ausgearbeitet und irgendwie überambitioniert erscheint. Gerade manche Vergleiche sind dermaßen absurd, dass es mich eher aus der Geschichte heraus holt, als hinein zieht. Die Ein-Wort-Dialoge unterstreichen die Handlung, richtig. Aber wenn ich noch einmal mehr "okay" gelesen hätte, wäre ich wahrscheinlich wahnsinnig geworden.
    Ein wenig dreht sich die Handlung am Ende auch im Kreis. Sie finden zum x-ten Mal eine Dose und wissen zum x-ten Mal nicht, was sie tun sollen. Natürlich bleibt ihnen nichts anderes übrig in ihrer völlig hoffnungslosen Lage, aber ich finde, einmal weniger wäre in diesem Fall für den Leser mehr gewesen. Und über den letzten Absatz reden wir mal erst gar nicht. Dazu fällt mir nur eins ein: Amis! :evil:


    Fazit: Tolle Idee, aber was ich von dem Autor halte weiß ich noch nicht. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich bin auch etwas zweigeteilt bei diesem Buch.
    Ich muss sagen, dass ichdie Idee an sich gut fand, die Umsetzung aber eher nicht.
    Gestört hat mich vor allem der Schreibstil. Irgendwie kam ich nicht in das Buch rein.
    Vor allem das Fehlen der wörtlichen Rede fand ich furchtbar. Irgendwie kam ich damit nicht klar.


    Aber wenn ich noch einmal mehr "okay" gelesen hätte, wäre ich wahrscheinlich wahnsinnig geworden.

    Genau das war auch mein Empfinden. Das okay ging mir einfach nur auf die Nerven, genauso wie ich weiß nicht.
    Ich fand die Dialoge teilweise sehr leer und nicht aussagekräftig.
    Die Atmosphäre ist bei mir auch nicht so wirklich rübergekommen. Das Gefühl von Beklemmung oder Hoffnungslosigkeit, was viele hier beim Lesen erfahren haben, kann ich leider gar nicht teilen.
    Allein die Liebe zwischen Vater und Sohn konnte mich überzeugen und dann doch noch zum Weiterlesen antreiben.


    Meiner Meinung nach ein eher durchschnittlicher Roman.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    "Sei ein Sonnenkind dein Leben lang, denn nur wer Sonne hat, kann Sonne geben."


    :tanzen:

  • Zum Inhalt und der Erzählform wurde ja nun alles gesagt. Ich kann nur bestätigen, dass ich ebenfalls schwer begeistert bin. Das Buch wird sicherlich eines meiner Jahreshighlights! Die Atmosphäre wird mit wenigen Worten ins Unerträgliche gesteigert, als Leser fühlte ich mich ständig bedroht / gejagt. Wahrhaftig ein Buch, bei dem man sich erleichtert und besser fühlt, wenn man beim Blick durchs Fenster ein paar Bäume sieht.

  • Ich habe mich lange nicht an dieses Buch herangetraut. Traurigstes Buch aller Zeiten...deprimierend von Anfang bis Ende...am Schluss haben mich die Tränen übermannt... das waren so einige Sätze die ich von verschiedenen Quellen gehört habe.
    Ich habe es nun doch gewagt und die Geschichte hat mich immer mehr gefesselt. Nach 20 Seiten war ich kein Leser mehr, nein, ich war ein Teil der Geschichte, die Erzählung, sie hat mich aufgesaugt und nicht mehr losgelassen.
    Der Erzählstil oft minimalistisch, Dialoge einfach und selten, die Stimmung erdrückend, hoffnungslos und doch haben sich die beiden Protagonisten in mein Herz gestohlen. Die Liebe der beiden zueinander, die Fürsorglichkeit des Vaters für seinen Sohn, so intensiv von McCarthy rübergebracht, unglaublich. Ein Buch das nachwirkt.
    Ein Ausnahmebuch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und kein bischen weniger!



    Noch ein Wort zu den oft erwähnten Kritikpunkten wie das Fehlen der wörtlichen Rede und die sich oft wiederholenden Worte in deren.
    Für mich persönlich waren die fehlende Anführungszeichen kein Problem und ich fand es geradezu absolut passend diese wegzulassen. Auch, dass das Wort "Okay" sehr oft in den Dialogen auftaucht hat mich nicht gestört. Für mich war es eine Unterstreichung der Stimmung im Buch. Diese Einfachheit und Monotonie werten das Buch noch auf und machen es intensiver und glaubwürdiger.
    Aber ich gebe zu, bei anderen "herkömmlicheren" Büchern wäre es auch für mich ein negativer Kritikpunk.

    Sub: 279


    gelesen:

    2023: 154 Bücher / 35 Perry Rhodan Heftromane

    2024: 2 Bücher / Perry Rhodan Heftromane


    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." - Abraham Lincoln -

  • Die Welt nach dem Ende der Welt

    Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika. Nichts bewegt sich in der zerstörten Landschaft, nur die Asche im Wind. Es ist eiskalt, der Schnee schimmert grau. Sie haben kaum etwas bei sich: ihre Kleider am Leib, einen Einkaufswagen mit der nötigsten Habe und einen Revolver mit zwei Schuss Munition. Ihr Ziel ist die Küste, obwohl sie nicht wissen, was sie dort erwartet. Die Geschichte der beiden ist eine düstere Parabel auf das Leben, und sie erzählt von der herzzerreißend Liebe eines Vaters zu seinem Sohn....(Klappentext)

    ❄❄❄❄❄


    "Dass die Welt auf einen rohen Kern nicht weiter zerlegbarer Begriffe zusammenschrumpfte.
    Dass die Namen der Dinge langsam den Dingen selbst in die Vergessenheit folgten.
    Farben. Die Namen von Vögeln. Dinge, die man essen konnte.
    Schließlich die Namen von Dingen, die man für wahr hielt.
    Zerbrechlicher, als er gedacht hätte.
    Wie viel war schon verschwunden?"
    (S. 81)

    Dieses Buch beinhaltet eine Dystopie der ganz anderen Art, denn hier passiert im Grunde nicht viel. Keine Zombies, keine actiongeladenen Szenen und keine Bandenrivalitäten zwischen den Überlebenden.

    Ein Vater und sein Sohn bewegen sich in einer dystopischen Welt auf einer Straße in Amerika nach Süden, um dem kalten Winter zu entgehen und um an der Küste eventuell Hilfe zu finden, eine Gemeinschaft von Überlebenden, die ihnen nicht ans Leder wollen. Man erfährt nicht, was der Auslöser für die postapokalyptischen Zustände sind oder in welchem Jahr sie sich befinden.

    Man streift mit den beiden durch eine Welt, die nicht mehr so ist wie sie einmal war und nie mehr so sein wird. Eine Welt, in der es nichts mehr gibt außer verbrannte Erde, Ruß und Asche, welche selbst die Sonne nicht hindurch lässt. Eine Welt ohne Tiere, dafür mit umso mehr Überlebenden vor denen man sich in Acht nehmen muss. Denn was isst man, wenn es keine Tiere zum Schlachten mehr gibt und man von Hunger getrieben wird?


    "Die Stadt war größtenteils ausgebrannt. Keinerlei Anzeichen von Leben.
    Autos auf der Straße mit einer Aschekruste überzogen, alles von Asche und Staub bedeckt. Im getrockneten Schlick Fossilien.
    In einem Eingang ein ledrig mumifizierter Leichnam. Der dem Tag eine Grimasse schnitt.
    Er zog den Jungen näher an sich heran.
    Vergiss nicht, dass das, was du in deinen Kopf lässt, für immer dort bleibt."
    (S. 14)

    Der Schreibstil ist flüssig und beinhaltet, trotz der düsteren und beklemmende Atmosphäre literarisch poetische Züge.

    Der Erzählstil ist packend und die Dialogführung nur auf das Nötigste beschränkt. Doch gerade dies führt zu einer unheimlichen Ausdruckskraft der Gespräche zwischen Vater und Sohn.


    "Wenn deine Träume von einer Welt handeln, die es nie gegeben hat oder nie geben wird, und du wieder glücklich bist,
    dann hast du aufgegeben.
    Verstehst du? Und du darfst nicht aufgeben.
    Das lasse ich nicht zu."
    (S. 169)

    Der Autor entführt den Leser in eine unglaublich düstere und herzzerreißende Story voller Erschöpfung, Hunger, Angst, aber auch voller Liebe und Mut.

    Aufgrund der äußerst plastischen Beschreibungen von Setting und Gefühlen, fiebert man mit den beiden mit - spürt den Hunger und die Angst in einem hoch kriechen, riecht und schmeckt Rauch und Asche, sieht die verbrannte Welt vor Augen. Hier wird das nackte Überleben von Vater und Sohn mit einer unglaublichen Sprachgewalt erzählt, welche einem als Leser die Gänsehaut rauf und runter laufen lässt.

    Wie soll man in so einer Welt überleben und schafft man es trotzdem im Herzen gut und seinen Prinzipien treu zu bleiben? Kann man hier weiterhin zu den Guten gehören?


    "Sie kampierten auf einem terrassenförmigen Stück Land jenseits eines zugefrorenen Baches an der Straße.
    Der Wind hatte die Asche vom Eis geweht, und das Eis war schwarz,
    sodass der Bach aussah wie ein sich durch den Wald windender Basaltpfad."
    (S. 35)

    Fazit:

    Dieses Buch ist eines meiner absoluten Lesehighlights.

    Der Autor schaffte es, mich mit dieser Story völlig einzunehmen. Ich habe voller Spannung die Seiten umgeblättert, habe geweint, nachdenklich vor mich hin gestarrt und manche Passagen mit Genuß mehrmals gelesen.

    Eine vergleichbare Dystopie, welche mich trotz fehlender Action so sehr in die Story hineingesogen hat, ist mir noch nicht untergekommen. Eine Dystopie ohne Action, jedoch mit umso mehr Sprachgewalt und Atmosphäre. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone

  • Cormac McCarthy - Die Strasse


    Es ist eine fiktive Story. Ein Science Fiction mitnichten. Sie wurde mit viel Fantasie geschrieben. Fantasy, weit gefehlt. Eine Parabel. Nanu, da liegen wir ja auf einer völlig falschen Ebene. Ja das stimmt. Und?! Es bleibt eine Parabel.


    Sie scheint mir der bedenklichen Gattungsebene „Dystopie“ anzugehören. Eine Fake-Gattung, ist ihr Hauptkriterium allein die schwarzseherische Tendenz. Wie heißen dann Bücher, die eine glückselige Intention verfolgen? Jetzt egal.

    Um nicht zu weit abzuschweifen, ob das Buch überhaupt tatsächlich düster ausgerichtet ist, muss gaaanz am Schluss jeder mit sich ausmachen. Fakt wiederum: Es ist düster, das düsterste Machwerk, das ich je gelesen habe. Keines lag nur in dessen Nähe. Damit keiner zu schnell den Faden meines Geschriebenen aufnehmen kann, möchte ich ergänzen, dass es zugleich ein Werk der Zuversicht sein kann. Wohl wahr, ein Widerspruch. Und was für einer, die Möglichkeit einer eventuellen zuversichtlichen Intention tauchte sich bei mir erst lange nach dem Lesen auf. Das geht bei dieser Abhandlung, denn sie strahlt nach.

    Die ein oder andere wird es beiseite stellen. Bei jenen indes, die es auslesen, kann es unmöglich in Vergessenheit geraten. Verwegen, derartiges zu behaupten und zugleich sicher, dass es zutrifft.


    Ach nöö, ich habe echt keinen Bock auf düstere traurige depressive Dingen. Die brauche ich nicht noch exemplarisch niedergeschrieben. Sah ich ebenso, wie immer noch. Doch Die Straße war eine Empfehlung, die ich aufgegriffen habe und mich infolge ergriffen hat.


    In dem Buch geschieht nicht allzu viel. Teilweise steht es still. Im Wesentlichen agieren zwei Protagonisten, Vater nebst Sohn. Es ist keine schnelle Lektüre. Nur wenige Male schnellt sie nach vorn. Das soll spannend sein? Mutet nicht so an. Doch doch. Genauer: Ein Lesen ohne Anspannung ist nie und nimmer drin. Selbst gelegentlicher Stillstand scheint ein gewollter zu sein, der die Spannung hochhält. Unglaublich. Das zeichnet das Buch aus. Schwer vorstellbar, wie Phantasie und Handwerkszeug dermaßen symbiotisch verwoben agieren, dass im Ergebnis keine Luft, weder für weitere technische noch erzählerische Dreingaben Platz haben könnten. Der ist schwer zu finden. Außerdem gehört da sowieso keinesfalls weiter was rein. Alles, was der Autor nur an Nuancen hätte noch einbauen wollen, wäre des zu viel, bei dem wenigen Guten des Romans. Er hat davon wissentlich abgesehen. Ein Schriftsteller gleich einem Künstler - wenn er zu arbeiten vermag wie McCarthy.


    Um was geht es denn jetzt. Einfach vom Klappentext stibitzt: „Ein Mann und ein Kind schleppen sich durch ein verbranntes Amerika.“ Nun gut, kann ein gutes Buch sein oder Bullshit. Entscheidend in diesem Fall, zudem in erheblichem Maße, wie wird Spannung erzeugt?

    Ein Mittel heißt Reduktion. In allem, Story, Idee, Umfeld, Sprache, Satzlängen, Beschreibungen. Alles kurz, dabei keineswegs abgehackt. Der Text fließt - gleich Lava. Deswegen ist es noch längst kein flüssiges Buch, jedoch ein faszinierendes. Spuren hinterlassend. Demgemäß nicht schnell erkaltend.

    Was soll da schon rauskommen. Originalität at its best. Daneben wird nicht viel an Geschriebenem Bestand haben können.

    Zuversicht, Verzweiflung, Hoffnung und Aussichtslosigkeit verschmelzen im Lesestoff zu Einem, wofür es in Ermangelung eines deutschen Wortes, stets lauten wird, „wie in McCarthys Straße“. Wer den Roman gelesen hat, kann mit dieser Beschreibung, ferner dem qualitativen Adelstitel durchaus was anfangen. Unverwechselbar.


    Dann tut er noch was machen tun, was mir überhaupt keineswegs zusagt. Nie. Falsch, in diesem Roman war es für mich eine passende Herausforderung, die sicherlich gewollt war. Man muss sich in den Stil eingrooven, was schnell gelingt. Dialoge finden ausnahmslos ohne Anführungszeichen statt. Nie wird zuvor explizit herausgestellt, wer den Dialog beginnt. Versteht man es zu lesen, verfestigt sich die Dichte des Erzählerischen um ein weiteres Stück.

    Wer sich von solch einer Formalie abschrecken lässt, was verständlich wäre, macht einen Fehler. Das würde ich mal so stehen und ebenso für das Ausblenden dieses Romans gelten lassen.

    Derartiges ist eigentlich not my cup of tea. Glücklicherweise bin ich der Empfehlung gefolgt. Dieses Meisterstück muss nicht auf der persönlich eingefahrenen Interessensschiene liegen. Es besitzt eine derartige Eigenständigkeit, dass man sich vermutlich aus beliebiger Geschmacksrichtung eine Versuchung keinesfalls entgehen lassen sollte.


    Ist jemandem derartig viel Lobpreisung etwas zu viel, leuchtet das ein. In diesem Fall war sie, jedenfalls für mich, unumgänglich.


    Ach du liebe Güte, eine der inflationärst genutzten Vokabel des Rezensionskosmos fehlt. Das darf nicht sein. Das Buch entwickelt und hält eine außerordentlich atmosphärische Dichte aufrecht, der man nicht entweichen kann. Obwohl zumeist in großer räumlicher Weite angesiedelt, haftet dem Verlauf etwas klaustrophobisches an, das selbst nach dem Auslesen, den Leser noch nicht verlässt. Ich weiß nicht wie viel Gramm das Büchlein auf die Waage bringt, gelesen jedoch wiegt es tausendmal schwerer.


    Vielleicht mal ein Werbespruch für die 250 Seiten: Wenn atmosphärisch - dann McCarthys Straße!


    Bei so viel geschundenem Eindruck, war ein weiteres von McCarthy fällig. Draußen im Dunkel.

    https://www.amazon.de/Drau%C3%…ac-McCarthy/dp/3499139081


    Nicht verkehrt, auch ausgelesen. Kommt aber keinesfalls an die Strasse heran, wenn auch ähnlich gestrickt.