Elmar Bereuter - Die Lichtfänger

  • Broschiert: 414 Seiten
    Verlag: Piper (Dez. 2006)
    ISBN-10: 3492247717
    ISBN-13: 978-3492247719


    Kurzbeschreibung (www.amazon.de)
    Wie sähe die Welt aus, hätte es in der Geschichte nicht mutige Menschen gegeben, die sich gegen Unterdrückung und Engstirnigkeit wehrten? So wie die »Lichtfänger«, die im ausgehenden Mittelalter den Hexenwahn bekämpften. Elmar Bereuter - seit seinem verfilmten Bestseller »Schwabenkinder« Garant für profund recherchierte historische Romane - erzählt, wie sich ein Historiker quer durch Europas Archive wühlt, um das Schicksal des Lichtfängers und Theologen Cornelius Loos zu erhellen.


    Autorenportrait:
    Elmar Bereuter, geboren 1948 in Bregenzerwald. Kindheit zwischen Dorfleben, Alpwirtschaft und Internat in Graz. War viele Jahre PR-Manager einer Outdoor-Firma. Seit 1991 Inhaber einer Werbeagentur. Lebt mit seiner Familie in der Nähe des Bodensees. Sein erstes Buch „Die Schwabenkinder“ wurde zum Bestseller und war Grundlage des Filmes, der für den Deutschen Filmpreis eine Nominierung erhielt. 2003 erschien sein Roman „Hexenhammer“ über die kaum bekannten Anfänge der Hexenverfolgung.



    Meine Meinung
    Elmar Bereuter hat mit „Die Lichtfänger“ einen historischer Roman geschrieben, der so ganz nach meinem Geschmack war. Historisch verbürgte Personen prägen die Geschichte, fiktive Personen runden das Ganze ab, bringen Leben in die Erzählung. Dabei sind die Charaktere so vielfältig wie die Handlungsmotive.
    Zwei Zeitebenen bilden das Gerüst dieses Buches. Die eine ist das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert, in der als Rahmenhandlung die Lebensgeschichte des Historikers und Sonderlings George Lincoln Burr erzählt wird. Dieser ist maßgeblich am Aufbau der Bibliothek der Universität Cornell beteiligt. Er fährt selbst nach Europa, um zur Problematik der Hexenverfolgung zu recherchieren und bringt von dieser einige Jahre dauernden Reise etliche wertvolle Originaldokumente für die Bibliothek mit. Seine Reise führt ihn quer durch Europa, aber hauptsächlich in Deutschland stößt er auf die von ihm gesuchten Akten. Die zweite Zeitebene, die immer wieder kapitelweise eingeschoben wird, ist die Zeit der Hexenverfolgung im Raum um Trier im 16./17. Jahrhundert. Es ist die Zeit des Peter Binsfeld, Cornelius Loos, Johannes Weyer, Dietrich Flade, Friedrich Spee von Langenfeld und Herrmann Löher. Es ist die Zeit in der mit Schriften wie „Der Hexenhammer“ von Heinrich Institoris die Hexenverfolgung legitimiert wurde. Die Wirkung dieses Werkes wird in dem Buch eindringlich geschildert. Der Hexenglaube, der gespeist wurde von Unwissenheit, Aberglaube, Neid und Missgunst, führte zu einer der größten Hinrichtungswellen in der Geschichte. Nachbarn beschuldigten sich gegenseitig, Kinder beschuldigten ihre Eltern und Geschwister, Geistliche wurde zu Handlangern der Hexenjäger. Die der Hexerei und Zauberei Beschuldigten mussten unsägliche Qualen erleiden, bis sie endlich gestanden, nur um dem Leiden ein Ende zu bereiten, der Tod auf dem Scheiterhaufen erschien den Besagten wie eine Erlösung. Aber es gab auch Lichtgestalten in dieser dunklen Zeit. Diese lebten in ständiger Gefahr entdeckt zu werden und auch auf dem Scheiterhaufen zu enden wie z.B. Dietrich Flade oder Cornelius Loos. Mit der „Cautio Criminalis“ von Friedrich Spee von Langenfeld wurde erstmals der Praxis der Hexenprozesse entgegengetreten. Das alles wurde protokolliert und fand sich in den Akten wieder, die der amerikanische Historiker Burr entdeckte und bildete die Verbindung zwischen den beiden Handlungen.


    Elmar Bereuter ist es gelungen, sicher durch umfangreiche und akribische Recherche, unverfälschte Geschichte in einen Roman einzubringen, der seinesgleichen sucht. Dabei bedient er sich einer kraftvollen und intensiven Sprache, die mich an das Buch fesselte. Er hat reale Historie so lebensnah und doch so packend geschildert, dass sogar dieser dunkle Geschichtsabschnitt, über den ich persönlich recht wenig wusste, eine wahre Lesefreude war. Am Ende gelingt ihm noch der Bezug auf unsere jüngere Vergangenheit, in der wieder Menschen verfolgt, gefoltert und verbrannt wurden.


    Mein Fazit: „Die Lichtfänger“ ist ein beeindruckend lebendiger historischer Roman, der Wissensvermittlung und Lesespaß in sich vereinte, der mich traurig gemacht hat und mich schmunzeln ließ. Ich kann ihn vorbehaltlos empfehlen. Ich werde demnächst noch „Der Hexenhammer“ und auch „Schwabenkinder“ von diesem Autor lesen.


    Ganz besonders möchte ich mich bei Wirbelwind bedanken. Von ihr bekam ich dieses Buch als Wichtelgeschenk, sie muss jetzt keine Sorgen mehr haben, dass es mir nicht gefallen könnte. :wink:

  • Zitat

    Ich werde demnächst noch „Der Hexenhammer“ und auch „Schwabenkinder“ von diesem Autor lesen.


    Den "Hexenhammer" habe ich schon gelesen und kann ihn Dir empfehlen.
    Die "Lichtfänger" habe ich mir gerade auf Deine Rezi hin online bei der Bücherei vorbestellt.
    (Es ist sehr praktisch mit dem Internet: in einem Fenster ist das Bücherforum offen, im anderen die Homepage der Bibliothek - so ist man immer nur einen Klick von den tollsten Büchern entfernt... :mrgreen: )

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ein sehr unterhaltsames und interessantes Buch und eine tolle Rezension, Karthause! =D>
    Gruß Wirbelwind


    :study: Waris Dirie, Wüstenblume

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich bin inzwischen auch zur Hälfte damit durch und kann bestätigen, dass es ein sehr lesenswertes Buch ist. Und ich wette 1000€ gegen eine Bratkartoffel, dass Elmar Bereuter die Hexen-Trilogie von Wolfgang Lohmeyer gelesen hat... :mrgreen:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich bin inzwischen auch zur Hälfte damit durch und kann bestätigen, dass es ein sehr lesenswertes Buch ist. Und ich wette 1000€ gegen eine Bratkartoffel, dass Elmar Bereuter die Hexen-Trilogie von Wolfgang Lohmeyer gelesen hat... :mrgreen:

    so wie wir beide auch :loool:

  • so wie wir beide auch :loool:


    :thumleft:
    Ich habe mir unlängst eine Geschichte ("Die Hexe von Basel") aus dem Malleus im lateinischen Original gegönnt: sie ist in diesem Latein-Lehrbuch enthalten. Auch ein Abschnitt aus dem misogynen Gegeifer des irren Institoris ist dort nachzulesen, das klingt auf Lateinisch genauso psychopathisch wie auf Deutsch.

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    (Francis Bacon)
    :study:
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  • Du hast nicht im Ernst erwartet, dass der in Latein normaler klingt :lol:


    Eigentlich nicht. :-k Wenigstens ist sein Latein (für mich) leichter lesbar als das vom alten Cicero.

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  • Eigentlich nicht. Wenigstens ist sein Latein (für mich) leichter lesbar als das vom alten Cicero.


    vielleicht wurde auch Latein etwas "moderner" über die Jahrhunderte - und vielleicht liegt es auch an der unterschiedlichen Bildung der beiden. An der rhetorischen Begabung kann es nicht liegen - die schreib ich dem verrückten Institoris nämlich durchaus zu... 8-[

  • Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass mich die Zeit der Hexenprozesse samt ihren krankhaften Ausgeburten wesentlich mehr interessiert als die alten Kamellen von Cicero... :wink:

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  • Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass mich die Zeit der Hexenprozesse samt ihren krankhaften Ausgeburten wesentlich mehr interessiert als die alten Kamellen von Cicero... :wink:


    das könnte natürlich die Ursache dafür sein :loool: und ich sollte endlich mal Latein lernen 8-[