Carl Jonas Love Almqvist - Die Woche mit Sara

  • Ein junger Unteroffizier trifft am Anfang des 19. Jahrhunderts in Schweden eine junge Handwerkertochter, die ihm zeigt, was eine Frau wirklich kann.
    Ein Plädoyer für die Liebe und gegen die Ehe, das den Autoren 1839 zunächst seinen Job und dann seine Heimat gekostet hat.


    Heutzutage nicht mehr so ein Aufreger, aber eine nette kleine Geschichte, die eventuell Interesse am weiteren Werk des Autoren weckt. Oder auch nicht 8)

  • Originaltitel: Det gar an. En tavla ur livet


    Klappentext:
    Auf einem Schiff im Mälarsee verliebt sich der junge Sergeant Albert in eine hübsche junge Frau. Doch Sara lässt ihn abblitzen. Erst bei einem Landgang kommen sich die beiden näher. Trotzdem besteht Sara darauf, ihr Essen selbst zu bezahlen, und schlägt vor, zusammen in dem einzigen noch freien Zimmer der Herberge zu übernachten. Und sie hält ein flammendes Plädoyer für die freie Liebe.


    Der wieder entdeckte Klassiker aus Schweden - "Ein kleines Meisterwerk" (Süddeutsche Zeitung)
    Ein energischeres Buch über Männer und Frauen, über frei sein und trotzdem lieben zu können, habe ich lange nicht gelesen. (Elke Heidenreich)
    Ich widerspreche den Lobhudeleien auf Covern sehr gerne, doch diesmal stimme ich völlig zu.


    Man kennt es von der Titanic und wundert sich nur, dass es auch auf schwedischen Fährschiffen so ist: Die Unterteilung in Auf- und Unter-Deck-Reisende. Der smarte Albert, der wegen einer kleinen Erbschaft relativ unabhängig leben kann, hält große Stücke auf seinen Anstand und seine guten Manieren, die er allerdings nur seinesgleichen gegenüber an den Tag legt. Dass er Dienstmädchen anbrüllt und herumscheucht, mag vielleicht erst einem Leser der heutigen Zeit sauer aufstoßen.
    Daher macht er sich, als er die hübsche Sara beobachtet, zunächst Gedanken, in welche Kategorie sie einzuordnen ist, findet aber keine Antwort: Eine Frau, die allein reist. Mit Gepäck, aber ohne Dienstmädchen? Eine merkwürdige Person. Zumal sie auf seine Avancen schlagfertig-abweisend reagiert. Dann stellt sich heraus, dass Sara von Beruf Glaserin, sogar Kunstglaserin ist, das Handwerk von ihrem Vater lernte, aber den geerbten Betrieb laut Innungsregeln als Frau nicht weiterführen darf. Dennoch hat sie feste Zukunftspläne, wie sie ihr Leben und ihren Beruf meistern wird ohne Anstoß zu erregen. Zu Alberts Enttäuschung ist in Saras Planung keine Rede von Mann und Kindern.


    Neben dem etwas steifen, uniformierten und von Konventionen durchdrungenen Albert ist Sara die eigentlich Lebendige, die Intelligente, die (trotz Gleichaltrigkeit) Lebenserfahrene. Durch die zerstörerische Ehe ihrer Eltern geprägt hat sie ihr eigenes Konzept von Partnerschaft: Liebe ja, aber kein gemeinsames (Ehe)leben; jeder sollte weiterhin sein eigenes Leben führen, seinen Geschäften nachgehen, getrennte Kassen, bei Schicksalsschlägen dem anderen beistehen. Albert, zunächst verwirrt und ablehnend, stimmt ihren Argumenten Stück für Stück zu. - Wobei es meiner Ansicht nach bis zum Schluss offen bleibt, ob er tatsächlich überzeugt ist oder seine Zustimmung lediglich als einzige Möglichkeit sieht, Sara weiterhin nahe zu sein.
    Die leise Ironie, mit der vor allem Albert betrachtet wird, sowie die farbigen, atmosphärisch dichten Beschreibungen der schwedischen Seen, der Landschaft und der Dörfer bereiten ein "Wohlfühl-Lesen". Wunderbar, dass es Autoren gibt, die auf 140 Seiten zwei individuell charakterisierte Personen vorstellen, eine Liebesgeschichte erzählen und ein gesellschaftspolitisches Problem darstellen können.


    Weil Saras Ansicht heute niemanden schockiert (eher schockiert Alberts Aussage, Sara habe in ihrem Leben bisher noch nichts gelernt), sollte man, um sich die tatsächliche Wirkung des Buches auf die schwedische Gesellschaft des 18. / 19. Jahrhunderts und seine Folgen für den Autor bewußt zu machen, ZUERST das Nachwort lesen. Ich habe es leider erst nach der Hälfte entdeckt. Das Buch löste eine Welle der Entrüstung und Ablehnung aus mit Protesten, absurden Fortsetzungsgeschichten und Verunglimpfungen des Autors, der, als Sozialreformer verschrien und einiger bis heute nicht gelöster Verbrechen angeklagt, in die USA fliehen musste.


    Dank an meine liebe Büchertreff-Freundin Wirbelwind, die mir dieses schöne Buch "einfach so" geschenkt hat. :friends:


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Sorry, ich habe die Suche nach "AlmqVist" bemüht - so schreibt er sich jedenfalls auf meinem Buch.


    Marie

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