Hallo!
Halte morgen ein Referat über "Die Taube" von Patrick Süskind. Deshalb wollte ich mal fragen wie es diejenigen, die es gelesen haben, fanden und welche Stelle als Leseprobe am idealsten ist?
Patrick Süskind- Die Taube
- Buch von Patrick Süskind
- tierfreundin9
-
Buchdetails
Titel: Die Taube
Patrick Süskind (Autor)
Verlag: Diogenes Verlag
Format: Taschenbuch
Seitenzahl: 112
ISBN: 9783257218466
Termin: April 1990
-
Bewertung
-
Kaufen
-
Aktion
-
Kurzmeinung
Aladin1k1Einblicke in die Gedankenwelt eines von Neurosen geprägten Menschen, absurd komisch.
-
-
Es ist lange her und ich erinnere mich, dass ich dieses Buch sehr unbefriedigend fand - zumindest als direkten Lektürenachfolger zum "Parfüm." Eine Stelle für die Leseprobe ist der Einstieg. Ab da wird es - wenn ich es recht erinnere - (ist auch über 20 Jahre her)- immer uninteressanter.
-
also das wäre das referat, ist es ok? (9. Schulstufe)
Patrick Süßkind- Die Taube
In der Erzählung „Die Taube“ beschreibt Patrick Süskind die Monotonie eines Wachbeamten der Pariser Bank, welche durch das Auftreten einer Taube völlig aus den Fugen gerät.
Die Hauptfigur, Jonathan Noel, lebt in ständiger Monotonie und ist zufrieden damit, dass jeder Tag dem anderen gleicht. Er will nichts ändern, er ist zufrieden damit. Er hat genug erlebt, als er im Krieg von seinen Eltern getrennt bei einem Onkel aufwuchs, den Kriegsdienst ablegte und seine Frau durchbrannte. Nun wollte er nichts mehr ändern. Und das gelang ihm, seit knapp 30 Jahren.
Doch eines Tages geschieht etwas vollkommen neues, etwas, was das Denken von Noel völlig auf den Kopf stellt: Er öffnet die Tür zum Korridor und es erwartet ihn das Angesicht einer Taube! Leseprobe SEITE 15(Beschreibung der Taube) Diese Taube, welche der Inbegriff des Chaos und der Anarchie ist, lässt Noel verzweifeln. Nachdem er sich von seinem Schock erholt und in sein Waschbecken gepisst hat, fasst er den Entschluss in ein Hotel zu ziehen und sein geliebtes Reich zu verlassen. Also packt er seine Sachen und läuft wie ein Kranker durch den Korridor ohne sich umzusehen, denn er könnte den Anblick der Taube nicht ertragen.
Doch seine Tragödie geht weiter, nachdem er vergessen hatte dem Direktor das Tor zu öffnen, was bis zu diesem Tage nie der Fall gewesen war, macht er sich viele Vorwürfe, dass er zu seinem Beruf nichts mehr taugt. Den ganzen Vormittag kann er nicht ruhig stehen, er geht immer auf und ab, es juckt ihn überall, der Schweiß klebt die Kleider auf seine Haut, er kann sich nicht konzentrieren, und das alles beschämt ihn außer ordentlich.
In der Mittagspause trifft er einen Obdachlosen, welchen er schon früher getroffen hatte. Damals war er auf dessen Freiheit, Faulheit und lässigem Leben eifersüchtig, bis er ihn mit heruntergelassenen Hosen auf der Straße sein Geschäft verrichten sah, und er erkannte, dass „das Wesen der menschlichen Freiheit im Besitz eines Etagenklos bestand“. Dieses Mal aber war er nur mehr verwundert, dass dieser noch immer zufrieden lebt, während er sich in den Ruin gestürzt sah, dank dieser grässlichen Taube.
Er war schon weitergegangen, als er noch mal kehrt machte um die Milchtüte wegzuwerfen. Dank eines dummen Ungeschickes hatte er nun einen Riss in der Hose. Durch das Adrenalin beflügelt eilt er zur Schneiderin, welche ihm aber wegen Überlastung nicht helfen kann. Deshalb kauft er sich eine Rolle Tesafilm und flickt so die Hose.
Während des Nachmittags fühlt er eine tiefe Abneigung gegenüber ihm selbst, welche dann zum Hass auf alles wird, was ihm vor die Füße läuft. Am Ende fühlt er sich alt und schwach.Nach seinem Arbeitstag geht er nicht sofort in das Hotel, sondern schlendert gemütlich durch die Straßen Paris und beruhigt sich ein wenig.
Nachdem er, seiner Meinung nach, seine Henkersmahlzeit gegessen und ins Bett gelegt hatte, wird er durch das Donnern eines Gewitters geweckt. Zuerst glaubt er sich in dem Keller seine Eltern zu befinden und nur geträumt zu haben, dass er erwachsen ist, und ein ekelhafter alter Wachmann in Paris sei, bis er sein Hotelzimmer wieder erkennt. Er packt seine Sachen und wandert Richtung seines ehemaligen so vertrautem Zimmer. Er hüpft kindlich in die Pfützen und fühlt sich beschwingt, beseligt und frei.
Als er auf den Korridor zu seinem Zimmer lugt, ist die Taube weg, und so endet das Buch mit der Frage, ob sich Noel jetzt nun doch ändern wird oder nicht.
Durch Süßkinds genaue Umschreibung der Umgebung,Gedanken und Gefühle von Noel, fühlt man sich mit in das Geschehen hineinversetzt und versteht, warum Noel so ausflippt. Der Grund ist für unsereinen unvorstellbar, wegen einer Taube verzweifelt man doch nicht! Doch man sieht wie Noel denkt und fühlt so dass man ihn etwas besser versteht.
Vermutlich wollte Süßkind durch dieses Buch zeigen wie leicht der Mensch aus einer Mücke, hier einer Taube, einen Elefanten macht. Wie einfach man den Menschen vollkommen verwirren kann, durch eine kleine Änderung im Leben, da der Mensch selbst daraus eine riesen Tragödie erschafft. Vielleicht aber auch, dass der Mensch sich nur künstlich aufregt, da der vermeintliche Untergang, sich von selbst auflöst. Jeder Mensch hat doch irgendwo in seinem inneren einen Vogel, und bei Noel war es eben eine Taube.
Wir alle kenne Süßkind durch das Buch „Das Parfum“, welches demnächst verfilmt werden soll. Andere wichtige Werken von ihm sind „Der Kontrabass“, „Die Geschichte von Herrn Sommer“ und „Der Zwang zur Tiefe“. Er hat auch diverse Drehbücher geschrieben, unter anderem „Rossini“ und „Kir Royal“. Süßkind lebt zurückgezogen und Publikumscheu und hat auf Einladungen zu diversen Preisverleihungen abgesagt.
Mir Persönlich gefiel das Buch gut, die knapp 100 Seiten lassen sich schnell und leicht lesen und da ich die Gedankengänge von Noel mehr als witzig empfand, war es neben dem Aufzeigens des Einfachen Durcheinanderbringens eines Lebens obendrein noch sehr unterhaltsam. Jedoch beim Vergleich zum Parfum, schneidet es, bei den meisten Lesern ziemlich schlecht ab.
-
Die Groß-Kleinschreibung ist verbesserungswürdig, die Sprache stellenweise zu flapsig und ich selber mag keine Referate, die durchgeschrieben sind. Meine Schäfchen sollen in der Regel in der 9 keine Manuskripte mehr ablesen, sondern frei nach einigen Notizen vortragen. Da ich die Ansprüche Deines Deutschlehrers nicht kenne, kann ich außer zu Sprache und Orthographie nichts sagen. Und da ich jetzt noch einen Satz 9er Arbeiten nachgucken muss, mach ich auch jetzt Feierabend Noch mal überarbeiten - am Besten den Eltern laut vorlesen und Vorschläge noch mit einarbeiten, wenn die stilsicher sind - die Eltern und die Vorschläge. Hals- und Beinbruch.
-
Zitat
Original von tierfreundin9
Hallo!
Halte morgen ein Referat über "Die Taube" von Patrick Süskind. Deshalb wollte ich mal fragen wie es diejenigen, die es gelesen haben, fanden und welche Stelle als Leseprobe am idealsten ist? -
-
Was soll uns dieses unkommentierte Zitat eigentlich sagen?
-
Ich weiß, dass es schon ziemlich lange her ist, dass sich mal jemand für dieses Buch interessiert hat, doch ich habe mich nun endlich dazu entschlossen, für dieses Buch Partei zu ergreifen, denn ich weiß aus Erfahrung, dass es die wenigsten Leute mögen - wir hatten es als Schullektüre in der 11. Klasse und es wurde viel gejammert - doch ich muss sagen, dass es mir gefallen hat. Natürlich ist es nicht mit Patrick Süskinds berühmtesten Werk "Das Parfüm" zu vergleichen, doch das macht es noch lange nicht zu einem schlechten Buch, oder? Ich finde diese Erzählung wirklich lesenswert und hoffe, dass es auch noch andere Leser gibt, die das finden werden, denn das Buch hat wirklich mehr Fans verdient.
-
Jonathan führt ein geregeltes Einsiedlerleben in Paris, bis auf einmal eine Taube vor seiner Wohnungstür sitzt und er völlig panisch reagiert. Süßkind beschreibt die Paranoia, den Ekel und die Eigenarten des Wachmannes so tiefgründig und klasse, dass es kaum möglich ist, das Buch aus der Hand zu legen, bevor man es beendet hat. Die Schreibweise und die Geschichte sind einfach fantastisch und erinnern an Jean-Paul Sartres „Der Ekel“. Schöne kurzweilige Prosa für einen regnerischen Nachmittag. 5 Sterne
-
Ich weiß, dass es schon ziemlich lange her ist, dass sich mal jemand für dieses Buch interessiert hat, doch ich habe mich nun endlich dazu entschlossen, für dieses Buch Partei zu ergreifen, denn ich weiß aus Erfahrung, dass es die wenigsten Leute mögen - wir hatten es als Schullektüre in der 11. Klasse und es wurde viel gejammert - doch ich muss sagen, dass es mir gefallen hat. Natürlich ist es nicht mit Patrick Süskinds berühmtesten Werk "Das Parfüm" zu vergleichen, doch das macht es noch lange nicht zu einem schlechten Buch, oder? Ich finde diese Erzählung wirklich lesenswert und hoffe, dass es auch noch andere Leser gibt, die das finden werden, denn das Buch hat wirklich mehr Fans verdient.
Also ich stimme dir zu, es ist DOCH ein tolles Buch!
Seine Art, die Dinge zu beschreiben.... Irgendwie poetisch und komplett pervers zugleich - so morbide, das mag ich!
-
Eine wahrlich entzückende Geschichte. Trotz ihrer Kürze gewährt sie einen tiefen Einblick in alle möglichen Gedankenwirrgänge, die sich auftun können, wenn man unerwarteten Lebenssituationen ausgesetzt wird. Selbst als geringfügig einzuschätzende Schwierigkeiten können manchmal zu scheinbar unlösbaren Konfrontationen mutieren. Besonders musste ich immer dann schmunzeln, wenn ich eigene Züge, natürlich in gemilderter Form, im Wesen des Protagonisten erkannt habe. So sehr man sich anfangs über Jonathan amüsieren mag, habe ich zunehmend auch Verständnis und Sympathie für ihn entwickelt. Rundum ein wunderbares kleines Buch. Einzig fand ich persönlich Begriffe wie "Pisse" völlig überflüssig, zudem auch irgendwie unpassend zu dem sonst ganz wunderbaren Text.
-
Dies ist mein erstes Buch von Herrn Süskind und ich fand es köstlich. Die nüchterne Schreib- und Erzählweise haben mir gut gefallen. Mehr als einmal musste ich schmunzeln. Zum einen ist das Verhalten des Protagonisten amüsant, zum anderen kann er einem wirklich leid tun. Die bildhaften Passagen sind auch herrlich und man kann sich Jonathan und seine Umgebung total gut vorstellen.
Ich kann seine Gefühle und Gedanken recht gut nachvollziehen, denn wir haben in unsrem Bekanntenkreis solch einen Herrn Noel (allerdings ist sein Verhalten nicht ganz so extrem). Es ist für den Leser wirklich erstaunlich, wie das Leben eines solchen Menschen aus den Fugen gerät wegen für uns eigentlich nichtiger Kleinigkeiten, die ihm aber sehr viel bedeuten. Und solch ein Mensch kann ganz schön schnell agressiv und wütend werden, beruhigt sich aber dann wieder genauso rasch. Ich weiss nicht, ob dies « nur » ein Charakterzug oder eine Krankheit ist – kommt wahrscheinlich auf den Grad des Zwanges an.
Jedenfalls ein schönes Büchlein, das von mir bekommt. -
Das Buch hat man schnell gelesen ; es sei – so sagten einige hier – leicht verständlich oder zu lesen. Mag sein. Ich kann mich nicht damit begnügen zu schmunzeln oder die Geschichte einfach als Groteske, Satire, als Witzgeschichte oder absolute Übertreibung wegzutun.
Apropos Monotonie : Und wie oft begnügen wir uns bei den « same procedures as last year ». Das Störende, Dazwischenkommende, Aufwühlende – lieben wir das denn nun wirklich so heiss und innig ?
Man erwähnt es, aber man gleitet eventuell drüber hinweg : Vor der Monotonie, der so heiß geschätzten Gleichförmigkeit und ersehnten Ereignislosigkeit des Tagesablaufs Jonathans gab es ein Vorher, eine Kindheit und eine junge Erwachsenenwelt. Sie wird nur kurz umrissen, aber sie ist traumatisch : Eltern verloren durch Vertreibung (Drancy steht für die Zusammenpferchung der jüdischen Franzosen durch Franzosen!) ; Irrfahrt durch Frankreich ; Aufnahme bei anscheinend ihn ausnützenden Leuten ; Verhöhnung und als dumm verkauft werden ; Verlassenwerden von einer ihm aufgedrängten, schon schwangeren Frau… Tja, das mag genügen, oder ? Dann hat man der Ereignisse genug, und sucht seinen Frieden. Und das, woran man sich halten kann, eventuell Routinen, Wiederholungen... Das andere wird als störend erfahren.
Bei genauem Lesen taucht das Kindertraumamotiv übrigens auf den letzten Seiten nochmals auf. Ganz fein, und knallhart. Nachlesen !
Schön. Und dann « aus einer Taube einen Elefanten machen ». Ist es die Taube an sich, ist es Anlass, Auslöser ? Es ist müssig, aber wer nur lächelt hat sich eventuell selber noch nicht beobachtet ???
Wie oft reagieren wir daneben, weil wir etwas « falsch » interpretiert haben ? Werden wir wie aus den Angeln gehoben durch Winzigkeiten ? Machen nicht aus der Taube, sondern aus der Mücke einen Elefanten ? Ist das sooo wahnsinnig daneben ? Hat das keiner erlebt ? Und plötzlich bricht mitten in unserem friedlichen Alltag ein Weltbild, man könnte natürlich hart sagen : eine Lebenslüge, ein Konstrukt zusammen. Davon spricht oft existenzielle Literatur oder teils auch das absurde Theater ?! Andere kennen die Referenzen da besser.
"Objektiv"? Wer fragt nach objektiv dabei? Stehen wir manchmal nicht an den Abgründen, und wissen selber nicht genau, wie wir da gelandet sind?
Nun werde ich schockieren (?), aber ich fand dieses Buch interessanter und lebensnäher (für mich) als Das Parfüm. Damit ist es noch kein Fünfsternebuch, aber doch eine interessante Entdeckung. Sprachlich fand ich Das Parfum wohl stärker durch die Reihungen und Wörterzusammenstellungen. Doch mich persönlich treffender und ansprechender ist wohl eher dieses hier ?!
-
lebensnäher (für mich) als Das Parfüm
Na, das wollen wir doch hoffen.
-
Na, das wollen wir doch hoffen.
Kann ich verstehen ... Aber denke an mein Lieblingsbuch Dr Jekyll und Mr Hyde...
-
Ich finde Tom Leo hat einige Aspekte dieses Buches wunderbar beschrieben.
Doch würde ich gerne noch meine eigenen Gedanken dazu anfügen.
Wer hier Lesestoff ähnlich dem von "das Parfüm" erwartet wird enttäuscht werden. Dieses Buch ist etwas vollkommen anderes, nicht nur die Thematik oder, dass "das Parfüm" ein Roman ist, während man es hier mit einer Novelle zu tun hat, sondern auch oder vor allem der Hauptcharakter.
Während Grenouille im Grunde der Anti-Mensch schlechthin war, der mit seiner Art die Welt um ihn herum beeinflusst hat, ist es Patrick Süskind mit der Beschreibung von Jonathan Noel gelungen das ungeschönte Bild eines Menschens zu zeichnen, der sich ein unaufgeregtes Leben in seiner Nische der Welt eingerichtet hat. Für mich ist er schon fast der Anti-Grenouille.
Auf der Rückseite meiner Ausgabe steht der Kommentar der Münchner Abendzeitung: "Seinen fast schon klassischen Spinnereien um merkwürdigste Individuen setzt Süskind immer wieder die Krone auf." Dem möchte ich mit aller Vehemenz widersprechen.
Jonathan vereint in sich vielleicht Einzelgänger, Spießbürger, gewöhnlicher Gewohnheitsmensch (oh hallo, ihr Charakterschubladen), doch eines ist er mit Sicherheit nicht: merkwürdig und auch keine Spinnerei.
Weit entfernt von jedweder Idealisierung seines Charakters gibt Süskind ihm einen Tiefgang der mich atemlos und gebannt zurücklässt.
Ich möchte hier, die 5. Strophe von Tim Minchins Lied "Not perfect" zitieren, denn kaum etwas erscheint mir zutreffender, um Jonathan zu beschreiben:This is my brain and I live in it
[...]
It's tucked away behind my eyes
Where all my fucked up thoughts can hide
Cause god forbid I hurt somebodyAnd the weirdest thing about a mind
Is that every answer that you find
Is the basis of a brand new cliche(Quelle: genius.com)
Das ist mein Gehirn und ich lebe darin,
[...]
es liegt versteckt hinter meinen Augen,
wo sich all meine kaputten Gedanken unbesehen verstecken können,
denn Gott bewahre, ich könnte jemanden verletzen.
Und das Merkwürdigste an einem Geist ist,
ist dass jede Antwort die er bietet,
die Basis für ein brandneues Klischees ist.
(freie Übersetzung von mir)
Wir beschönigen unsere Gedanken, verschweigen unsere Urteile, stemmen uns gegen die Schubladen in unserem Kopf und haben ein Bild davon, wie ein "gesunder" Mensch zu leben, zu denken und zu handeln hat und ignorieren dabei, dass Keiner von uns diesem Ideal entspricht.
Ich empfinde es daher als ziemlich eindrücklich, dass man, während man Jonathan mit all seinen Facetten, seinen Gedanken, Bewertungen, Vorurteilen und Verurteilungen, liest, das Gleiche mit ihm macht. Man lacht über ihn, man schüttelt den Kopf, man verzieht das Gesicht, ob seiner Gedanken, man stempelt ihn ab als alten, tattergreisigen Mann, als jemanden der zutiefst vom Schicksal geprägt und gezeichnet ist, man führt eine Charakterstudie aufgrund dessen, wie er sein Leben führt, wie er denkt, agiert und reagiert an.
Dabei ist er kein von Altersmarotten gezeichneter Charakter, er ist gerade mal 53 Jahre alt. Ein reflektierter Mann, der sein unaufgeregtes, zufriedenes Leben führt und sich vollauf dort eingerichtet hat.
Lange Rede, noch längerer Sinn: Meine Empfehlung ist lesen, lesen, LESEN. Man merkt vielleicht, dass ich ein großer Fan dieses Buches bin
Ich schließe es wieder mit einem lachenden und einen weinenden Auge, weil mir Süskind einen Tag im Leben eines Menschens geschenkt hat, der sich von den eigenen Tagen, mit den kleinen und großen Katastrophen nicht unterscheidet. Bei Jonathan ist es die Taube, bei einem Anderen ist es ein Brief, eine Rechnung, ein Telefonat, der Nächste fällt völlig aus der Rolle wegen eines Vortrags, einer Prüfung, eines Referats und bei wieder anderen ist es der Zahnarztbesuch.
Man denke nur an all die vermeintlich ausweglosen Situationen, die ein Anderer einfach weggelächelt hätte. Die Schreckensszenarien im eigenen Kopf mit Angstschweiß auf der Stirn, ohne Logik und Rationalität. Die Momente an denen man sich gewünscht hat, es möge sich ein Loch im Boden auftun oder die Türen zu Räumen, die man (fast) nicht öffnen konnte, weil man der Letzte war der diesen Raum beträte. All die Momente in denen man gestottert und gebrabbelt hat und im Nachhinein dachte:"Warum hab ich nicht einfach den Mund gehalten?"
Dann ist Jonathan plötzlich gar nicht mehr so weit weg, nicht mehr merkwürdig, keine Karikatur, sondern nur ein ungeschönter Spiegel unserer selbst, der mich aber zum Lächeln bringt.
-
Meine Empfehlung ist lesen, lesen, LESEN.
kann ich dir nur zustimmen. Ich fand die Erzählung großartig.Es sind zwar schon etwa 10 Jahre her als ich das gelesen habe, aber ich erinnere mich noch in etwa an die Gefühle, die bei mir die Erzählung hervorgerufen hat. Bei mir ist es meistens so, dass ich inhaltlich vielleicht nicht mehr alles weiß, allerdings, was ich beim Lesen gefühlt habe, weiß ich noch. Ich habe mit dem Protagonisten der Erzählung mitgelittenf: Er war so gefangen in seiner Welt. Ich konnte es gut nachempfinden, wie es so ist, wenn man ein penibel durchdachtes und durch strukturiertes Leben hat, und auf einmal mit einer "Störung" von außerhalb konfrontiert wird. Die Störung erscheint dem Leser auf ersten Blick womöglich lächerlich, doch nicht so für unseren Protagonisten. Stellenweise hab ich mich schon über den Charakter amüsiert, aber alles in allem hat er meinen Mitgefühl gehabt und ich mochte ihn irgendwie.
Damals dachte ich mir, ich muss unbedingt weitere Bücher von Süskind lesen, meint ihr, ich bin dazu gekommen Ich habe nur das aller Welt bekannte "Das Parfüm" gelesen. Was auch nicht schlecht war, doch "Die Taube" hat mir besser gefallen. Ich habe es eindringlicher erlebt
-
Ich habe nur das aller Welt bekannte "Das Parfüm" gelesen. Was auch nicht schlecht war, doch "Die Taube" hat mir besser gefallen. Ich habe es eindringlicher erlebt
Ja, genau so. Das Parfüm war zweifelsohne sehr spannend; aber meine Gefühle wurden besser in diesem Buch abgeholt.
Bei mir war es eben, dieses Ding, dass ich mich zwischendrin bei dem Obdachlosen über ihn geärgert, ist das falsche Wort, aber eben den Kopf geschüttelt habe, wie er so über ihn denken kann. Spießbürger - war in meinem Kopf und dann kam mir so, dass ich doch die ganze Zeit eigentlich nicht besser bin mit meinem Urteil.
Das war dann so eine Situation, die mich das Buch erstmal weggelegt hatte und weiter mit anderen Augen gelesen habe.
Es gibt sie diese Stellen, da lacht man über ihn und im nächsten Moment ist es so bittersüß, dass es wirklich eindringlich ist.
Schön zu lesen, dass es dir ebenso gut gefallen hat. Vor allem, dass es dich selbst noch nach 10 Jahren "abholt". Schön.
-
-
Lange Rede, noch längerer Sinn: Meine Empfehlung ist lesen, lesen, LESEN. Man merkt vielleicht, dass ich ein großer Fan dieses Buches bin
Ich schließe es wieder mit einem lachenden und einen weinenden Auge, weil mir Süskind einen Tag im Leben eines Menschens geschenkt hat, der sich von den eigenen Tagen, mit den kleinen und großen Katastrophen nicht unterscheidet. Bei Jonathan ist es die Taube, bei einem Anderen ist es ein Brief, eine Rechnung, ein Telefonat, der Nächste fällt völlig aus der Rolle wegen eines Vortrags, einer Prüfung, eines Referats und bei wieder anderen ist es der Zahnarztbesuch.
Man denke nur an all die vermeintlich ausweglosen Situationen, die ein Anderer einfach weggelächelt hätte. Die Schreckensszenarien im eigenen Kopf mit Angstschweiß auf der Stirn, ohne Logik und Rationalität. Die Momente an denen man sich gewünscht hat, es möge sich ein Loch im Boden auftun oder die Türen zu Räumen, die man (fast) nicht öffnen konnte, weil man der Letzte war der diesen Raum beträte. All die Momente in denen man gestottert und gebrabbelt hat und im Nachhinein dachte:"Warum hab ich nicht einfach den Mund gehalten?"
Dann ist Jonathan plötzlich gar nicht mehr so weit weg, nicht mehr merkwürdig, keine Karikatur, sondern nur ein ungeschönter Spiegel unserer selbst, der mich aber zum Lächeln bringt.
Nach den ersten 40 Seiten war ich kurz davor das Buch abzubrechen, weil ich Jonathan und sein Gehabe recht dämlich fand. Dann habe ich deinen Post gelesen und meine Sichtweise geändert. Ich habe nicht mehr gedacht, was ich in Jonathans konkreter Situation getan und gefühlt hätte, sondern es allgemeiner betrachtet, d.h. die Taube einfach als anderes Problem gesehen (wie du A-Punkt schon treffend aufgezählt hast).
Danach fand ich das Buch sehr gut und kann es nur jedem empfehlen!
-
### Inhalt ###
Der eigenbrötlerische, menschenscheue Jonathan Noel ist Anfang 50 und arbeitet bei einer Bank als Wachmann und das schon seit vielen Jahrzehnten. Tagein, tagaus lebt er einen geregelten, ereignislosen Tagesablauf. Ende diesen Jahres wird er sogar die kleine Wohnung, in der er ebenfalls schon viele Jahrzehnte wohnt, abbezahlt haben und sein eigen nennen können. Doch dann gerät sein Leben und seine innere Gelassenheit völlig aus den Fugen, denn eines Morgens auf dem Weg über den Flur zur Gemeinschaftstoilette versperrt ihm eine Taube seinen Weg ...
### Meinung ###
Süskind lässt uns teilhaben an der absurden, von Verfolgungswahn und Angstneurosen geprägten inneren Welt eines Sonderlings. Seine Art zu schreiben gibt einem das Gefühl direkt im Kopf des Protagonisten zu sein. Dieser hektische innere Monolog erinnert mich teilweise an einen Louis de Funès Film, einer aus energischem, teilweise wirrem und aufgeregten Geplapper gewirkten Handlung, die teilweise auch komisch, aber meistens befremdlich wirkt. Jonathan wird fast umgeworfen von der Begegnung mit der Taube, denkt sogar bald an Selbstmord. Zuerst dachte ich "Was für eine maßlose hahnebüchene Übertreibung!" Aber vielleicht ist die dort geschilderte Welt gar nicht so weit weg von der, in der so manch ein Mensch tatsächlich lebt.
### Fazit ###
Fazit: Einblicke in die Gedankenwelt eines von Neurosen geprägten Menschen, absurd befremdlich, teilweise komisch.
-