Eric-Emanuel Schmitt - Das Kind von Noah

  • Eric-Emanuel Schmitt
    Das Kind von Noah
    Ammann Verlag (Hardcover/2004)
    ISBN 3-250-60076-8
    139 Seiten


    Joseph ist ein Kinder jüdischer Eltern, das im Brüssel der 40er Jahre aufwuchs. Nachdem die Nazis Belgien besetzt hatten, wurde auch hier für die Juden das Leben schwieriger und schließlich gefährlich. Als die ersten Verhaftungswellen beginnen, setzen seine Eltern Joseph bei einer adligen Familie ab, die ihnen freundschaftlich verbunden ist und von diesem Zeitpunkt an lebt der Junge als Neffe dieser Familie weiter, die ganz klar christlich orientiert ist. Von hier aus kommt er schließlich in eine katholische Schule, wo er – und einige andere jüdische Jungen – von Pater Bims unter „richtigen“ katholischen Jungen versteckt werden.


    Drei Jahre lang lebt der anfangs siebenjährige Junge in dieser Schule und lernt den katholischen Glauben kennen – und den Vorteil, einer Religion zugerechnet zu werden, die nicht verfolgt wird. Aber Pater Bims sieht sich selbst in der Nachfolge Noahs und in dieser Zeit sieht er die Juden als die von der Sintflut bedrohten „Tierart“, weswegen er der jüdischen Kultur in der Krypta einer alten Kapelle eine Heimstatt gibt und mit Joseph zusammen dort sowohl den katholischen, wie auch den jüdischen Glauben lebt.


    Dis ist keine Auseinadersetzung der beiden Glaubensrichtungen miteinander, sondern ein Plädoyer, Gott in der Sprache anzusprechen, die einem jeweils am Genehmsten ist. Damit gehört dieser Roman genau wie „Mon. Ibrahim“ und „Oscar“ zu Schmitts „Trilogie des Unsichtbaren“ in der der Glaube an sich eine größere Rolle spielt, als die jeweilige Glaubensrichtung und in der gerade der Atheist vielleicht der beste Vermittler zwischen verschiedenen Lagern sein kann. Absolut lesenswert :thumright:

  • Zunächst einmal: Der deutsche Titel des Buches wäre ein Fall für Bastian Sicks Genitivprobleme. Warum nicht "Ein Sohn (von mir aus auch "ein Kind") des Noah"?


    Das Buch liest sich schnell (130 Seiten) und ist wirklich nicht mehr als ein Plädoyer wie Klaus es genannt hat. Ich hätte mir eine breitere Geschichte gewünscht, aber vermutlich ging es dem Autor eher darum, seine Gedanken zur Gleichwertigkeit aller Religionen in einen konkreten Zusammenhang zu stellen.


    Lesenswert? Ja. Aber "Oscar und die Dame in Roas" ging mir mehr unter die Haut.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Zitat

    Original von Marie


    Lesenswert? Ja. Aber "Oscar und die Dame in Roas" ging mir mehr unter die Haut.


    Genau so geht es mir auch mit diesem Buch. Ich teile auch die alle anderen Meinungen. Diese Reihe von Eric-Emmanuel Schmitt gefällt mir persönlich sehr gut, da die Religion im Mittelpunkt steht und man dieses nicht all zu oft vorfindet [Ich glaube, ich hab das schon zu meinem Kommentar zu "Oskar und die Dame in rosa gesagt", aber ich bin mir grad nicht mehr so sicher ;)].


    lg Lene

    Die Zeit vergeht. Sie weiß es nicht besser.
    (Erich Kästner)

  • Auch in diesem Buch handelt es sich wieder um ein Kind, der kleine Joseph, der von seinen jüdischen Eltern bei einem Pater untergebracht wird, damit er den Krieg überlebt. Leider liest man auch in dieser Geschichte die Ansichten von Erwachsenen, nicht die Gedanken eines Kindes, und das finde ich sehr schade. Schmitt hat überhaupt kein Händchen dafür sich in die Rolle eines Kindes zu denken, er geht alles mit einer pragmatischen Logik an, und vergisst dabei, dass die Logik von Kindern, wenn auch naiv, aber messerscharf ist.

  • Habe gestern das Buch während der Lesenacht angefangen und beenden können. Nun meine Rezension.


    "Das Kind von Noah" erzählt die Geschichte des kleinen Jospeh, der aufgrund seiner religion wie alle anderen Juden von den Deutschen verfolgt wird. Er wird versteckt, erst bei angesehenen Brüsseler Bürgern, schließlich bei Pater Bims, der schon mehreren jüdischen Kindern in seinem Waisenhaus Unterschlupf gewährt. Dort sorgt er sich um seine Schützlinge und organisiert Lebensmittel, sorgt dafür, dass christliche und jüdische Kinder je nach ihren Religionen leben können, ohne dass es selbst den Kindern auffällt. Immer mit der Angst, dass dieses Geheimnis doch noch entdeckt wird. Joseph versteht als einer der wenigen Kinder Pater Bims und sieht zu ihm auf, erkennt seine Relgion aber auch, dass alle gleichwertig sind, egal welchen Glauben sie angehören. Eine Erkenntnis, derer viele Fragen voraus gehen und so mamche Beobachtung und Erlebnisse.


    Eric-Emmanuel Schmitt schreibt, wie schon erwähnt, ein Plädoyer für die Gleichheit der Religionen, besonders einprägsam vor dem Hintergrund der Besetzung Belgiens im Zweiten Weltkrieg. Obwohl schon sehr viel, ist es mehr aber auch nicht. Die Perspektive, die Jospeh einnimmt, ist eher die eines Erwachsenen. So denkt und fühlt kein Kind im Alter von sieben Jahren, weder jetzt noch damals. Zumindest kann ich mir das nur schwer vorstellen. Einzig am Anfang und am Ende als er "vorgeführt" wird und auf seine Eltern hofft, sich aber schwer tut, von Pater Bims zu lösen, sind mir seine Gedanken für ein Kind nachvollziehbar gewesen. Ein schön zu lesendes Buch, aber dennoch viel zu wenig.


    Der Schreibstil ist flüssig und klar, die Geschichte logisch und leicht zu lesen. Joseph und Pater Bims werden als einzige Figuren näher beleuchtet, ein paar andere Haupt-Nebenfiguren, von denen man gerne mehr erfahren hätte, bleiben blasser als wünschenswert. Schade, denn die Idee dieser Geschichte, der Grundriss, hätte eigentlich Stoff für eine grandiose Geschichte geben können. So aber bleibt nur ein nettes Kinderbuch, um Kinder an das Thema Religion und Verfolgung erstmalig heranzuführen.


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