Elizabeth von Arnim: Die Reisegesellschaft / The Caravaners

  • Wenn einer eine Reise tut, dann kann er nicht nur was erzählen, sondern auch sein blaues Wunder erleben. So ergeht es auch Baron Otto von Ottringel.Über seine anstehende Silberhochzeit möchte er nicht einfach so hinweggehen, auch wenn die dazugehörige Jubilarin schon seit 5 Jahren nicht mehr unter den Lebenden weilt.Schließlich hat er wieder geheiratet und kann nun auf insgesamt 25 Ehejahre zurückblicken.Eine Reise ins Ausland - das wäre das Passende. Doch keinesfalls darf diese Reise viel kosten, denn im Hause des Barons herrscht eiserne Sparsamkeit.(...)
    Mit Edelgard, seinem trauten Weib, begibt er sich im August nach Südengland, befindet sich unvermittelt in einer bunt zusammengewürfelten Reisegesellschaft - und erlebt einen Urlaub der besonderen Art.(...)
    Dünkelhaft, deutschnational, demokratie- und frauenfeindlich, mokiert sich Ottringel über nahezu alles, was ihm in England begegnet, tappt in seiner Borniertheit in nahezu jedes Fettnäpfchen, ohne es zu merken...
    (Auszüge aus dem Klappentext, der hier ausnahmsweise mal wirklich zutreffend etwas über das Buch sagt!)


    Elizabeth von Arnim hat in diesem Roman eine wunderbare Satire auf "Den Deutschen" ihrer Zeit, das ausgehende 19.Jh., geschrieben. Sie selbst war mit einem preußischen Baron verheiratet und lebte auf einem Gut in Pommern, wo sie 5 Kinder großzog (erst das 5. Kind war der ersehnte Stammhalter..). Sie ließ ihre Sprößlinge u. a. von E.M.Foster und Hugh Walpole unterrichten.
    Als die Familie in finanzielle Schwierigkeiten geriet, verkauften sie das Gut und zogen nach England, wo ihre Mann starb.
    Sie hatte schon früher begonnen zu schreiben ("Elizabeth und ihr Garten"), und trug durch ihren Erfolg zum Unterhalt der Familie bei.
    Nach dem Tod ihres Mannes hatte sie mehrere leidenschaftliche Affären, u.A. mit H.G.Wells, heiratete auch noch einmal, trennte sich aber von ihrem Mann, und lebte danach abwechselnd in London, an der französischen Riviera und in der Schweiz, dort zusammen mit ihrer Kusine Katherine Mansfield.
    Elizabeth von Arnim starb 1941 in den USA.


    Mir hat dieser Roman so gut gefallen, weil er vordergründig aus der Sicht des Barons von Ottringel geschrieben ist, der überhaupt nicht verstehen kann, dass seine "deutschen" Werte von dieser Reisegesellschaft so garnicht verstanden oder gar geteilt werden. Er, ein deutscher Baron, soll abwaschen???? Dafür sind doch die Frauen von Natur aus viel besser geeignet! Er soll Feuer machen??? Seine Augen, daran nicht gewöhnt, brennen so! Und warum bieten diese Engländer immer den Damen der Reisegesellschaft die bequemen Stühle an - und er muss mit einem Hocker vorlieb nehmen??
    E.v.A. bedient wirklich sämtliche Klischees - aber man lacht Tränen bei der Lektüre, und bekommt Respekt vor Gattin Edelgard, die es doch wenigstens etwas schafft, sich von ihrem despotischen Gemahl zu lösen und ansatzweise eigene Meinungen zu äußern. Schade nur, dass es damit zu Haus wohl bald wieder zu Ende sein wird, denn eine Gattin mit eigener Meinung ist in Storchwerder nicht gefragt...


    Ich werde unbedingt noch weitere Bücher dieser Autorin lesen!


    MfG Sabine

  • Danke fuer Deine Vorstellung, sisebuecherwurm! Klingt nach einer Autorin, die es zu entdecken lohnt. Ich mag Romane aus dieser Zeit ohnehin gerne. Und habe darueberhinaus auch immer Lust, ein Buch zu lesen, dass zugleich ironisch, intelligent und witzig zu sein scheint.



    Gruss Monika

    :study: Olga Tokarczuk - Gesang der Fledermäuse

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















    Einmal editiert, zuletzt von mofre ()

  • Danke für die Vorstellung! Bei deiner Beschreibung musste ich bereits breit grinsen! :flower: Und schon steht die "Reisegesellschaft" in meinem Wunschbuch.

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +