Carl Djerassi: Cantors Dilemma
OT: Cantor's Dilemma
Inhalt: Djerassi bezeichnet sein Genre als "Science in Fiction", d.h. er schreibt teils autobiographisch angehauchte Roman aus der Welt der Wissenschaft. In diesem Fall ist die Hauptperson Isidor Cantor, ein Zellbiologe, der eine neue Theorie über die Entstehung von Tumoren entwickelt hat. Schon vom ersten Moment an weiß er, dass diese Theorie Nobelpreisverdächtig ist, doch dazu darf sie keine Theorie bleiben - er braucht ein Experiment, das sie stützt. Er findet dies und lässt es seinen jungen, vielversprechenden Mitarbeiter Jerry Stafford durchführen, dem es im ihm vorgegebenen Zeitrahmen glückt. In einem großen Coup veröffentlichen die beiden ihr Ergebnis in "Nature", besonders will Cantor damit seinen Kollegen-Konkurrenten Kurt Krauss in Havard überraschen. Doch der kann das Experiment nicht wiederholen und als Cantor und Stafford es zusammen wiederholen, fällt ein böser Verdacht auf Jerry....
Eingeflochten sind noch zwei Liebesgeschichten: Jerry mit der aufstrebenden Chemikerin Celestine Price, Cantors mit deren Tante Paula Curry. Der Roman gewinnt dadurch menschliche Momente, die Charaktere werden von ihrem reinen Wissenschaftlertum zu Vollblutmenschen.
Autor: Carl Djerassi, Jahrgang 1923 war Professor für Chemie in Stanford. Bekannt wurde er außerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft als "Vater der Anti-Baby-Pille". Nach seine wissenschaftlichen Karriere wendete er sich dem Schreiben über Wissenschaft zu; "Cantors Dilemma" ist sein erster Roman. Daneben verfasst er vorrangig Bühnenstücke.
Meine Meinung: Ich habe diesen Roman mit großem Interesse und Vergnügen gelesen. Natürlich ist er vom Thema recht speziell, wer sich nicht für Naturwissenschaften und die universitären Klüngel und Machenschaften interessiert wird sicher nicht glücklich mit dem Buch werden. Auch für mich sind viele Aspekte fremd, z.B. die Arbeit im Labor. Das Buch hat manche sehr witzige Momente, z.B. Cantor, der statt auf die Overheadfolie zu schreiben, direkt auf die Projektionsfläche malt, aber auch sehr böse, besonders am Ende zwischen Krauss und Cantor. Djerassi schreibt flott und gut lesbar, ohne einen besonders hohen literarischen Anspruch zu verfolgen - er ist mehr ein Chronist der bestehenden Verhältnisse, die er gut, treffend und interessant zu schildern weiß. Der Roman ist im Moment auf deutsch nur als Doppelband mit dem "Bourbaki-Gambit" zu erhalten und ich freue mich schon auf den zweiten Roman.
Katia