Charles Dickens - Geschichte aus zwei Städten / A Tale of Two Cities

  • Mitten in der französischen Revolution am Ende des 18. Jh. sind verschiedene Schicksale aus Frankreich und England auf geheimnisvolle Weise miteinander verknüpft.
    Nach vielen Jahren der Gefangenschaft in der Bastille wird ein greiser Vater freigelassen und von seiner nunmehr erwachsenen Tochter liebevoll in London gesund gepflegt. In London lernt sie einen jungen Mann kennen und lieben, dessen Schicksal auf rätselhafte Weise mit Frankreich verknüpft ist. Nach Jahren des gemeinsamen Glücks erfährt der junge Gatte, dass sich sein alter Diener in höchster Gefahr im revolutionären Paris befindet. Er will ihn retten und begibt sich dabei selbst in grösste Lebensgefahr.


    Die Geschichte erzählt uns von den verschiedenen Lebensdramen und vorallem schildert sie uns, besser vielleicht als alle Geschichtsbücher, das Grauen rund um die Guillotine.


    Ich habe Ch. Dickens eigentlich ein wenig spannender aus anderen Romanen kennen gelernt, aber diesen Roman fand ich doch sehr interessant. Eben weil alles doch so lebendig und zeitnah geschildert wurde.

    Liebi Grüessli von Billa


    Wer in Glaubensfragen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten.


    Wilhelm Busch

  • Von Dickens' "Grosse Erwartungen" war ich hin und weg, da mir aber damals "Oliver Twist" weniger gut gefallen hat, war ich neugierig darauf zu erfahren, wie mir ein drittes Werk des Grossmeisters gefallen würde.


    Tja, ich war ein weiteres Mal hin und weg.


    Wieder bedient sich Dickens seiner wundervollen Sprache, in die ich einfach eintauchen kann, ohne vorher gross Luft geholt zu haben. Ein begnadeter Erzähler, feinfühlig, interessiert und geschickt darin, eine dichte Handlung zu weben. Dicht wie ein kuscheliger Pullover an einem kalten Winterabend. Dickens lesen tut der Seele gut.


    Von der Französischen Revolution hören wir im Geschichtsunterricht immer wieder. Doch was danach geschah, davon erzählen die Lehrer weniger gerne. Davon, wie die Revolution ihre eigenen Kinder frass und ein ganz neues Terrorregime entstand, das die Strassen von Paris in Blut tränkte.


    Davon erzählt uns Charles Dickens in "Eine Geschichte zweier Städte". Dieses Buch ist weniger umfangreich wie z.B. Tolstois "Krieg und Frieden", funktioniert aber auf ähnlicher Ebene. Gut recherchierte Hintergründe gehen auf in der Geschichte der Helden. Als Leser erhält man so einen Ausflug in die Geschichte, ohne dabei gelangweilt Blümchen auf ein Aufgabenblatt malen zu müssen, und lernt dabei noch Figuren kennen, die, ganz Dickens, einem ans Herz wachsen und dort zu bleiben pflegen.


    Trotz des Themas und der 500+ Seiten wirkte das Buch an keiner Stelle langatmig auf mich, sondern durchdacht und gut komponiert. Die Figuren brauchen ihre Zeit, um sich zu entwickeln und Vertrauen zum Leser zu fassen (und umgekehrt). Dickens ist keiner, der sich beeilt, nur weil das vielleicht jemand von ihm verlangen könnte. Er nimmt sich die Zeit, die die Geschichte und die Charaktere brauchen, um das auszusagen, was ihm wichtig ist.


    Deshalb hat mich "Eine Geschichte zweier Städte" auch so berührt. Dieses Buch geht tief, nicht nur bei den Helden, sondern auch bei mir. Es hat mir gezeigt, dass jeder Mensch zu etwas Grossem fähig ist. Dass immer noch ein Stückchen Kraft in uns ist, um weiterzumachen. Dass schlimme Zeiten, die wir ertragen müssen, uns stark machen und uns zukünftig helfen können. Dass es immer etwas gibt, wofür es sich lohnt, zu kämpfen.


    Danke dafür, Mister Dickens.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Charles Dickens "Geschichte aus zwei Städten"“ zu „Charles Dickens - Geschichte aus zwei Städten / A Tale of Two Cities“ geändert.
  • Generell fand ich die Geschichte sehr unterhaltsam, auch wenn der Roman mir im Vergleich zu "Bleak House" und "David Copperfield" ein bisschen weniger zusagte. Gestört hatte mich bspw, dass plötzlich inmitten der Unruhen die komplette Familie in Paris auftaucht, sich mehr oder weniger frei bewegen kann.

    Und natürlich die nicht erklärte Ursache für Sydney Cartons Depression oder seine Ähnlichkeit zu Darnay. Irgendwie sind das so Ungereimtheiten, die ich so von Dickens nicht kenne, aber dennoch fand ich gerade das letzte Drittel des Buches recht spannend und actionreich - und hervorragend geschrieben. Und wie immer werden einige Charaktere und Schilderungen noch lange im Gedächtnis bleiben, bspw die strickende Mme Defarge oder der Sturm auf die Bastille.