Originaltitel: The Amateur Marriage
Inhalt:
Klappentext
Es beginnt an einem Montagnachmittag im Kriegsjahr 1941: Ein Mädchen im roten Mantel betritt den Lebensmittelladen von Michaels Mutter und um Michael ist es geschehen. Unter den aufmerksamen Blicken der Nachbarschaft werden er und Pauline ein Paar. Doch was als große Liebe anfängt, muss keineswegs als glückliche Ehe enden: Die lebhafte Pauline, die spontan und mit vollem Risiko durch die Welt stürmt, und der ruhige, überlegte Michael, der für den Laden und seine Familie lebt, haben ganz unterschiedliche Wünsche und Träume. Dennoch heiraten sie, bekommen drei Kinder - und kämpfen unaufhörlich gegeneinander. Zwei Menschen, die das Schicksal aneinander gebunden hat und die ohne den anderen wohl glücklicher wären - die Geschichte einer dramatisch verunglückten Ehe und einer großen Liebe.
Meine Meinung:
Was für ein umwerfendes Buch! Absolut wunderbar! Ich war sehr bewegt beim Lesen und mehr als einmal habe ich mich ertappt gefühlt. Manchmal muss man einfach akzeptieren, dass man nicht zueinander passt und keiner bewusst und gewollt die Schuld daran trägt, dass eine Beziehung nicht mehr stimmt. Fehlendes Verständnis und allzu verschiedene Charaktere müssen zu Krisen führen. Es ist allerdings nicht leicht zu erkennen, ob man in eine Sackgasse rast oder noch Hoffnungen leben darf.
Es gibt an eine Stelle, die ich schön finde:
ZitatEhen sind wie Obstbäume [..], die mit Zweigen anderer Sorten an den Stämmen veredelt werden. Nach einiger Zeit vermischen sie sich, wachsen zusammen, und es ist egal wie verrückt die Mischung ist - Pfirsich auf einem Apfelbaum, oder Kirsche auf einem Pflaumenbaum -, doch würdest du sie trennen, würdest du ihnen eine tödliche Wunde zufügen.
Seite 211
Und gerade dieser Sachverhalt lässt so manchen weiter machen.
Dies ist ein Buch, dessen Original- und Übersetzungstitel sehr stimmig sind. Beide kehren zwar verschiedene Aspekte der Handlung hervor, haben aber beide eine Berechtigung.
Anne Tyler versteht es, die Familie Anton so darzustellen, dass man jedes Mitglied der Familie kennenlernt. Man leidet mit allen Beteiligten, freut sich aber auch mit ihnen über ihre Triumphe. Trotz allem bewahrt man eine gewisse Distanz zu den Vorgängen, auch wenn die wechselnde Erzählperspektive in jedem Kapitel dem Leser wertvollen Einblick in die Gedanken der jeweiligen Person bietet. Die Autorin nimmt für keinen Partei und gerade diese Neutralität ist wohl auch die Stärke des Romans.
Je nachdem, wie man selbst ist, kann man das Buch neutral lesen oder für Pauline, Michael oder eines der Kinder Partei ergreifen. Durch diesen Kunstgriff, wird sicher jeder Leser den Roman auf verschiedene Weise angehen und dadurch etwas ganz eigenes herauslesen.
Es passiert nichts besonderes - "Im Krieg und in der Liebe" erzählt einfach ein durchschnittliches Familienleben. Eine Ehe, die mit hohen Erwartungen begonnen wurde, die den Tatsachen der Wirklichkeit nicht standhalten. Schon alltägliche Angelegenheiten wie Ordnungsliebe, Konfliktbewältigung, die Frage nach der Positionierung im Leben oder das Bedürfnis nach sozialen Kontakten birgt großes Gefahrenpotential, das nicht immer gebannt werden kann.
Traurig und erheiternd zugleich ist das Kapitel über Paulines und Michaels 30. Hochzeitstag, an dem ihnen ihre Kinder gerahmte Bilder aus ihrer Jugend schenken. Genauer gesagt, die letzten Aufnahmen von Pauline und Michael bevor sie sich 1941 kennenlernten. Die beiden beginnen sich zu erinnern und zum Entsetzen der Kinder bestehen die meisten dieser Anekdoten aus Streitigkeiten. Pro Person erwähnen sie nur eine positive Erinnerung... ( - ohne Kommentar - )
Ich könnte ewig weiterschreiben, breche hier aber ab, damit ich euch nicht die Neugier wegrede
Noch ein Jahreshighlight für mich!