Vladimir Nabokov - Lolita/Лолита

  • Danke, liebe Hypocritia, für deinen umfassenden Kommentar, ich nicht als weitschweifend oder ausufernd empfand. Im Gegenteil, du hast mich neugierig gemacht auf ein Buch, das ich bereits 2x abgebrochen habe, nachdem ich es vorher auf genau das als Vorurteil in meinem Kopf reduzierte, um die Auseinandersetzung mit der Psyche eines Päderasten. Da ja alle guten Dinge bekanntlich 3 sind, werde ich "Lolita" noch einmal eine Chance geben. Vorher werde ich mir deinen Beitrag noch einmal zu Gemüte führen. :friends:

  • Hypocritia@: Auch sage ein Dankeschön für deinen ausführlichen Kommentar. Und ich denke, dass ich deinen Rat annehmen werde und das Buch in ca. 10 Jahren noch einmal lesen werde. :D

  • @ Hypocritia
    Auch ich habe deine Erläuterung mit Spannung gelesen! Danke! Und ich musste die ganze Zeit daran denke, dass man Nabokov wohl ebenso zu einer Rechtfertigung nötigen wollte Lolita geschrieben zu haben, wie man sie als Leser empfindet geben zu müssen, wenn man sie gelesen hat.


    Das Buch (indem Autor, Inhalt und Hauptfigur leichtfertig vermischt werden) zu verurteilen fällt soviel leichter, und irgendwie meint man in der Pflicht zu sein, das tun zu müssen.
    Humbert ist manipulativ, aber stellenweise auch einfach nur lächerlich. Eine Kunstfigur, so hab ich ihn auch emfpunden. Und er hat auch Humor. Und darf man bei so einer solchen Person, einem solchen Thema lachen? Ohne dass es einem im Halse stecken bleibt? Ich finde man darf.


    Aber neben all dem habe ich auch eine dunkle, traurige Seite empfunden. Eben in all dem was Humbert verschweigt, und nicht detailliert berichtet. Wenn Lolita einmal selbst in den Fokus gerät, was Humbert ohnehin zu vermeiden versucht und so wenig wie möglich zulässt, schlägt Nabokov damit eine ganz unkomische (und plötzlich sehr reale) Seite an. Was ist damit? Oder ist das die Vergeltung für unsere heuchlerischen und morbiden Absichten? Ist das der voyeuristische Spiegel und die Rache dafür, das Buch (aus welchen Gründen auch immer) in die Hand genommen zu haben?


    Vielleicht ist Lolita wie ein Autounfall, und die Leser sind die Gaffer die rundherum stehen und Fotos machen. Gut vielleicht macht man keine Fotos, und vielleicht zwingt man sich den Blick geradezuhalten und daran vorbeizufahren. Aber den inneren Drang, doch hinzusehen, muss jeder Mensch (tief, tief) in sich schon einmal gespürt haben. Schrecklich, schrecklich, aber gelesen hat man es doch.

  • Humbert ist manipulativ, aber stellenweise auch einfach nur lächerlich. Eine Kunstfigur, so hab ich ihn auch emfpunden. Und er hat auch Humor. Und darf man bei so einer solchen Person, einem solchen Thema lachen? Ohne dass es einem im Halse stecken bleibt? Ich finde man darf.


    Hallo Milka,
    Danke für Deinen Beitrag - wenn da jetzt die Gedanken so toll ins Rollen kommen über Nabokov's Lolita, freue ich mich wahnsinnig - jetzt geht der Thread in eine produktive Richtung - Danke also.
    So aus dem Bauch heraus sage ich auch ganz überzeugt, man darf über Humbert lachen. Es ist und bleibt eine unangenehme Geschichte, die da beschrieben wird, aber wie Du sagst, er wirkt wirklich stellenweise überzogen und lächerlich - und an jemandem wie Nabokov braucht man, was das schriftstellerische Können betrifft, wohl nicht zu zweifeln - solche Züge am Hauptcharakter müssen vom Autor beabsichtigt sein, wie auch alles andere an diesem Buch. In einem Artikel in einem Spiegel-Magazin von 1977 (hier) ist die Rede davon, dass "Spiel und Parodie essentials der Kunst dieses gelehrten Virtuosen sind", das hast Du ja nun auch selbst herausgefunden. Man sollte definitiv mehr von Nabokov lesen, das müsste sich wirklich lohnen ...


    Vielleicht ist Lolita wie ein Autounfall, und die Leser sind die Gaffer die rundherum stehen und Fotos machen. Gut vielleicht macht man keine Fotos, und vielleicht zwingt man sich den Blick geradezuhalten und daran vorbeizufahren. Aber den inneren Drang, doch hinzusehen, muss jeder Mensch (tief, tief) in sich schon einmal gespürt haben. Schrecklich, schrecklich, aber gelesen hat man es doch.


    Darf ich ehrlich sein? - Im ersten Moment klang das mit dem Autounfall etwas schockierend, weil es aus einem ganz anderen Bereich genommen ist. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir Dein Vergleich - die Gier nach der Gafferei, die "Schaulust" war, glaube ich das, was ich auch bei mir selbst verspürt habe. Das passt richtig gut.

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Nabokov, der in Lolita absichtlich in seiner Detailgetreue Zurückhaltung übt, bleibt jedoch unverstanden. Und warum? - weil er nämlich, statt das unschuldige Mädchen in seiner Erzählung mit ausgiebigen Details zu demütigen, lieber den Leser direkt um seiner (natürlich nicht vorhandenen) Morbidität und (selbstverständlich auch nicht existenten) moralischen Heuchelei willen verbal züchtigt.


    Zunächst einmal - wow du hast du dich aber mit diesem Roman auseinander gesetzt - das erzeugt ja mächtigen Druck :wink: Klasse!


    Jetzt mal zu den Empfindungen, wenn man das Spiel von Nabokov durchschaut hat, und du, weil du ja ein anständiges Mädchen bist - wie etwa 99% der Leser/innen, die einen solchen Klassiker lesen (Ich weiß nicht, ob man "Lolita" aus sexueller Begierde heraus lesen möchte/liest. Mein Mann hat das Buch noch nie gelesen, weil er befürchtet Details zu finden, die er nicht lesen möchte. Und ich erst recht spät, weil das auch nicht so Ding gewesen wäre.) - also genauer gesagt, eben Leser, die sich nicht ein wenig sexuell erregen möchten bei der Lektüre, die also diesen Fingerzeig nicht brauchen ... Das habe ich doch so richtig verstanden, oder?


    Also kurz gesagt - aus diesem Grund fand ich diesen Roman emotional ekelhaft! Mich turnt das nicht an, mich stößt das ab - und so konnte ich auch die Ironie - nein Zynismus - nicht als unterhaltsam (lustig?) finden. Ich weiß aber genau was du meinst, und unterstütze deine These, alles andere wäre für Nabokov auch zu plump/platt gewesen.


    Edit: Da ich den letzten Kommentar noch nicht gelesen hatte, ergibt sich hier doch eine Art von unterschiedlicher Auffassung. Und nun? Also bleibt doch letztlich die Sinnfrage offen: Warum hat Nabokov diesen Roman geschrieben, oder was will uns der Roman sagen. Antwort: Für die Mehrheit der Masse, wie beispielsweise eben dann auch für "Die Wanderhure"? Aber gibt es bei den Lesern überhaupt eine Mehrheit der Masse?
    Persönlich hatte ich ja noch gedacht, ich würde die Innensicht von Männern erklärt bekommen, die auf kleine Mädchen stehen - das hätte ich interessant gefunden - naiv gedacht - oder?


    In einem anderen Forum habe ich erst letztlich geschrieben, Nabokov wollte sich auch immer irgendwie profilieren. So betrachtet tut er dies dann auch bei "Lolita", nicht nur bei "Ada" - und deshalb kann ich wenig mit diesen Autor anfangen :-?

  • Ich hatte zuerst nur bis zur Stelle meines Zitates gelesen und bin darauf eingegangen - verwirrend muss mein Beitrag gewesen sein für Leser die schon den ganzen Fred gelesen hatten und verwirrend war es auch für mich als ich dann weiter las :pale:


    Das Buch habe ich mir jetzt noch einmal zur Hand genommen, im Netz geschaut und komme zu der Frage - verhält es sich wirklich so? Die Kommentare die MRR zu Lolita schreibt (sexuelle Hörigkeit), meine Gedanken zum Buch und ganz viele andere Stimmen ... - alles würde ja dann im luftleeren Raum stehen. Allerdings würde ich das Buch nie und nimmer nochmals lesen wollen, ich mochte den Stil nicht, das Überhebliche, die Thematik, eigentlich alles, auch wenn diese Fragestellung nun interessant wäre.

  • @ Hypocritia
    Der Vergleich mit dem Autounfall war irgendwie intuitiv, er hinkt an einigen Punkten.


    Irgendwie arbeitet dieses Buch durch den Thread hier erneut wieder in mir. Obwohl es schon einige Zeit her ist, dass ich es gelesen habe, besitzen die Eindrücke noch immer sehr viel Kraft.


    Wenn Lolita ein wertvolles Buch ist, das noch immer wert ist gelesen zu werden, dann weil es von sehr vielen Seiten betrachtet werden kann. Aber ich habe auch das Gefühl, das man es nie voll und ganz ergründen wird. Trotzdem gibt es wohl keinen Leser, der nach der Lektüre keine Meinung dazu hätte. Diese eigene Meinung ergründen zu wollen, die eigenen Reaktionen verstehen zu wollen, - damit führt Nabokov den Leser mehr zu sich selbst als in irgendeine andere Richtung. Was widert mich an? Was bringt mich zum Lachen? Was beschämt mich? Was macht mich wütend? Und warum? Ich merke zumindest, dass ich bei der Suche nach meiner Meinung viel mehr in mich selbst hineinschaue, als nach den Motiven von Humbert oder Nabokov selbst zu suchen.


    Zitat von Buchkrümel

    Persönlich hatte ich ja noch gedacht, ich würde die Innensicht von Männern erklärt bekommen, die auf kleine Mädchen stehen - das hätte ich interessant gefunden - naiv gedacht - oder?


    Naja, auch wenn das wahrscheinlich nicht Nabokovs hautsächliche Motivation war (was er soweit ich weiß auch selbst gesagt hat), ich finde Humberts Gedankengänge, seine Ausflüchte, seine Anbiederungen, sein Machtmissbrauch, seine Erpressungen und Bestechungen, seine wohldosierte Preisgabe von Informationen, das alles lässt doch schon sehr tief blicken. Nur weil der Autor keinen Stellung beziehen kann (weil Ich-Erzähler) heißt das ja nicht, dass der Leser keine Schlüsse ziehen bzw. sich kein Urteil bilden kann.
    Nabokov lässt den Leser damit völlig allein und auf sich gestellt. Kein Wunder, dass er sich zu seiner Zeit alle möglichen Vorwürfe hat anhören müssen.


    Was ist eigentlich mit dem Schluss? Ich kann mir erinnern, dass sich Humbert in seinen Aufzeichnungen gegen Ende hin bei Datumsangaben widerspricht, und damit die Schlussfolgerung nahe legt, dass ein großer Teil seiner letzten Handlungen (zB im Haus von Quilty) gar nicht wirklich passiert ist, sondern nur seinen immer abgedrehteren Phantasie entsprungen sein könnte. Seht ihr das auch so?
    Ich meine mich zu erinnern, dass im Nachwort angedeutet wird, dass sich Nabokov selbst geirrt haben könnte. Seine Russische Übersetzung unterscheidet sich ja. Kann man das glauben? Oder war dieser Widerspruch nicht doch Absicht? Dieser Verfolgungswahn durch Quilty war doch schon sehr abgedreht.


    Mich erinnert dieser unzuverlässige Erzähler, der den Leser manipuliert und beeinflusst, an „Der Meister des jüngsten Tage“ v. Leo Perutz. Der Erzählton beginnt nüchtern, fast trocken, wird gegen Ende hin aber immer ausufernder und endet in einer surrealen Wahnvorstellung.

    Ich kann allem widerstehen, nur der Versuchung nicht.
    Oscar Wilde



  • Edit: Da ich den letzten Kommentar noch nicht gelesen hatte, ergibt sich hier doch eine Art von unterschiedlicher Auffassung. Und nun? Also bleibt doch letztlich die Sinnfrage offen: Warum hat Nabokov diesen Roman geschrieben, oder was will uns der Roman sagen.


    Liebe Buchkrümel,
    ich stimme mit Dir überein, dass Lolita keine unbedingt angenehm zu lesende oder leichte Lektüre darstellt, die außerdem ganz und gar nicht leicht zu deuten ist - deshalb ist ja wohl auch schon so viel darüber geredet worden ... :-k


    Um auf meinen eigenen Kommentar zurückzukommen: Im Nachwort von Nabokov über das Buch Lolita findest Du, wenn Du Dir vielleicht doch noch einmal die Lektüre zur Hand nehmen möchtest, wörtlich:

    Zitat

    Gewisse Techniken zu Beginn von Lolita (so zum Beispiel Humberts Tagebuch) verführten einige meiner ersten Leser zu der irrigen Annahme, dass der vorliegende Roman ein ausschweifendes Buch sein würde. Sie erwarteten eine zunehmende Folge erotischer Szenen. Als diese aufhörten, hörten auch die Lektoren zu lesen auf und waren gelangweilt und enttäuscht.

    Mit diesem Zitat wird meines Erachtens nach die Aussage aus meinem Beitrag bestätigt. Kein weiterer Kommentar hierzu.



    Ich hatte zuerst nur bis zur Stelle meines Zitates gelesen und bin darauf eingegangen - verwirrend muss mein Beitrag gewesen sein für Leser die schon den ganzen Fred gelesen hatten und verwirrend war es auch für mich als ich dann weiter las. Das Buch habe ich mir jetzt noch einmal zur Hand genommen, im Netz geschaut und komme zu der Frage - verhält es sich wirklich so? Die Kommentare die MRR zu Lolita schreibt (sexuelle Hörigkeit), meine Gedanken zum Buch und ganz viele andere Stimmen ... - alles würde ja dann im luftleeren Raum stehen. ...


    Buchkrümel, grundsätzlich ist es leichter, wenn Du direkt den Link in Deinem Beitrag einfügst, auf den Du Bezug nimmst, dann müssen andere nicht erst suchen. Ich nehme an, dass Du Dich auf dieses Interview auf der Seite der FAZ mit Herrn Marcel Reich-Ranicki über Nabokov beziehst: "MRR" über Nabokov (Gehe ich richtig in der Annahme, dass Du mit einer Abkürzung wie „MRR“ diesen Herrn Kritiker meinst?)
    Worüber Herr Reich-Ranicki redet, nämlich diese wirre physische und emotional einseitige Beziehung, ist meiner Meinung nach ein ganz anderer Punkt. Die Darstellung der emotionalen Seite hat doch gar nichts mit der schriftstellerischen Ausarbeitung der physischen Details zu tun, oder?


    [Off Topic: An und für sich höre ich nur ungern zu, wenn Herr Reich-Ranicki von bedeutenden Emotionen oder gar Liebe redet (und auch von anderen Punkten, um ganz ehrlich zu sein); sein Gehabe wirkt auf mich etwas lächerlich mit seiner forciert anmutenden Indignation und dem gepressten Geplärre und Gefuchtele (Entschuldigung, seine Stimme wirkt auf mich persönlich wirklich gepresst und geplärrt – ist mein persönlicher Eindruck, OK?): Er scheint stets auf Show und weniger auf Ernsthaftigkeit abzuzielen. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck, und sicherlich hätte er als gemessener Charakter mit diskreterem Auftreten weitaus weniger Aufmerksamkeit auf sich gezogen; er wäre demzufolge wahrscheinlich als entsprechend weniger geeignet für Fernsehauftritte eingeschätzt worden (es geht ja schließlich um Einschaltquoten, das kennen wir ja schon zur Genüge …).]


    „MRR“, wie Du ihn so schön abkürzt, wird im FAZ-Interview wie folgt zitiert:

    Zitat

    … Ein reifer Mann verfällt einem zwölfjährigen Mädchen und heiratet, um diesem Mädchen stets nahe zu sein, dessen Mutter. Immer wieder versucht dieser Mann zu beschreiben, was ihn an dem kleinen Dämon mit der Grazie eines Kobolds fasziniert und entwaffnet: Es ist die sinnliche, rein körperliche Attraktivität Lolitas. Sie versetzt ihn in einen Zustand der Erregung, der an Wahnsinn grenzt. … Das zentrale Thema des Romans ist die sexuelle Hörigkeit, demonstriert an einem pathologisch-exzentrischen Beispiel. …


    Damit beschreibt Herr Reich-Ranicki ganz grob in einem Satz den Handlungsfaden und seiner Meinung nach das zentrale Thema, aber eben nur ganz grob. Dann geht es im Interview weiter mit:

    Zitat

    … Aber er vergreift sich an dem Mädchen nicht: Nicht er verführt Lolita, sondern sie verführt ihn. Nicht sie ist ihm ausgeliefert, sondern er ihr. Das Mädchen ahnt nicht einmal, was das Wort „Liebe“ bedeutet….


    Wie Herr Reich-Ranicki das jetzt genau meint und miteinander in Einklang bringt, nachdem er drei Sätze zuvor bescheinigt hat, dass das Mädchen erst zwölf Jahre alt war und er Humberts Ausführungen ein pathologisch-exzentrisches Beispiel nennt, liebe Buchkrümel, das ist mir relativ schleierhaft ?( - aber wie gesagt, bei Herrn Reich-Ranicki ist mir persönlich das auch ziemlich egal. Das müsstest Du in dem Falle eben ihn selbst fragen …


    Aber genauso wäre (oder bin) ich Dir überhaupt nicht böse, wenn Dir persönlich jetzt meine Meinung egal ist – in diesem Thread sind, wie in vielen anderen Threads auch, einfach mehrere Meinungen zusammen gekommen, und ich denke, da ist eine Meinung so viel wert wie die nächste oder vorhergehende, und man kann gerne einmal unterschiedlicher Meinung sein. Wie siehst Du das, Buchkrümel? :)


    Noch zu einem Punkt im Interview, in dem es wörtlich heißt:

    Zitat

    Wo aber nur eine Person liebt, lässt sich schwerlich von einer Liebesgeschichte reden. Nein, nicht eine Liebesgeschichte wird hier erzählt, wohl aber die Geschichte einer Liebe. …


    Hier wieder meine Frage: wie passt diese Aussage Reich-Ranickis zu seinem vorhergehenden Satz (siehe oben), dass nämlich Humbert sich an dem Mädchen nicht vergriffen habe, dass nicht er Lolita verführt habe, sondern sie ihn?


    Weiter im Interview:

    Zitat

    …So leuchtet es denn ein, dass am Ende sie ihn verlässt und nicht umgekehrt. Daher kann „Lolita“ nicht als eine moderne Version des klassischen erotischen Romans verstanden werden, das Buch ist vielmehr dessen virtuose Parodie.


    Auch hier stimme ich Herrn Reich-Ranickis Kommentar nicht uneingeschränkt zu - der Punkt, „dass am Ende sie ihn verlässt“, scheint mir unrichtig oder zumindest sehr unglücklich formuliert; ich persönlich hatte den Eindruck, dass Lolita von von Humbert Humbert regelrecht davongerannt, also geflüchtet, ist.


    Ich hoffe, liebe Buchkrümel, Dir ein bisschen weitergeholfen und Dich nicht noch mehr verwirrt zu haben.

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • [align=justify]
    Um auf meinen eigenen Kommentar zurückzukommen: Im Nachwort von Nabokov über das Buch Lolita findest Du, wenn Du Dir vielleicht doch noch einmal die Lektüre zur Hand nehmen möchtest, wörtlich:

    Mit diesem Zitat wird meines Erachtens nach die Aussage aus meinem Beitrag bestätigt.


    Dass es Nabokov Ansichten waren, streite ich gar nicht ab. Das habe ich mit meinem ersten Kommentar auch bei dir gelobt und verstanden. Was ich bis heute nicht verstehe ist deine Ausschließlichkeit warum der Roman gelesen wird. Und zwar von allen, die jemals diesen Roman lesen und noch lesen werden. Diese Anmaßung macht jede andere Deutung und Auseinandersetzung mit dem Stoff zunichte - er steht im luftleeren Raum - um es dir nochmals besser zu verdeutlichen. Mehr möchte ich dazu eigentlich auch nicht mehr schreiben.

  • Ich las in diesen Tagen eine kleine, neu ins Französische übersetzte Sammlung von fünf kürzeren Erzählunegn aus der allerersten Schaffensperiode Nabokovs, circa ab 1921. Da war er gerade mal 21/22 Jahre alt. Und ich war hin und weg, tief beeindruckt! Man spricht eher über die Romane, und ich fand auch hier im BT bislang eben nur die Kommentare zu diesen längeren Werken. Wer aber an seiner Sprache und seinem Stil Gefallen gefunden hat, dem empfehle ich eine Entdeckungsreise in die (kürzeren) Erzählungen. Zu einer Rezi reicht es nicht, und ich weiß auch nicht, ob sich die gelesenen Stücke in einer einzigen deutschen Ausgabe wiederfinden, deswegen hier nur ein allgemein gehaltener Hinweis im Fred zu seinem wohl bekanntesten Roman...