Martin Cramme war noch nicht neunzehn, als er im Wald von Hannoversch Münden liegenblieb, müde und zufällig, während der Rest der Kompanie den amerikanischen Panzern entgegenmarschierte. Und zufällig fand ihn Hertha Oelschläger, die ihn im Keller versteckt über das Kriegsende brachte, ihn hochpäppelte und weiterschickte. Wohin? Seine Eltern lagen unter den Trümmern von Magdeburg, er brauchte nicht nur eine neue Heimat, sondern auch Trost. Aber Trost und Hilfe brauchten in dieser Zeit viele, die Frauen ohne Männer, die Mütter ohne ihre Söhne. Doch das Leben ist ein Netz aus Zufällen, zum Guten oder zum Bösen. Für Martin Cramme hatte die gute Fee die ersten Maschen geknüpft, und sie klöppelte weiter - zunächst eine Bleibe in Wolfenbüttel im Haus von Dr. Beyfuhr, dann traf er Dora, entdeckte sein Organisationstalent auf dem Schwarzen Markt, fand die Fallschirmseide in der alten Ziegelei, und alles nahm seinen wundersamen Lauf. Blusen aus Fallschirmseide - der Nachkriegshit. Zuerst ein Wohnstuben-, dann ein Waschküchenunternehmen, schließlich über die Stunde Null hinaus die florierende Firma DoMa-Textil. Ein Aufstieg wie aus dem Bilderbuch der neuen Republik. Vergessen die Zukunftsträume im Keller von Hertha Oelschläger - lernen, studieren, Philosophie, Literatur. "Eigentlich wollten wir doch...", sagte Dora noch manchmal zu Martin, aber der Rest blieb ein Lächeln, mit dem man einer alten Illusion hinterherwinkt. "Wir haben uns durchsetzen müssen", erklärte Martin später Verena und Julian, den Kindern des Wirtschaftswunders, in Gelsenkirchen-Buer, wo inzwischen zweihundert Näherinnen für seinen Reichtum arbeiteten. "Eure verdammte Härte!" antwortete Julian, und nur Dora ahnte, daß ihr Sohn einen anderen Weg gehen würde, einen, den auch sie viel lieber gegangen wäre.
Irina Korschunows Roman ist die Geschichte einer Familie in unserer Zeit, die Geschichte vom Ärmelhochkrempeln der jungen Generation nach dem Krieg und von der Rebellion ihrer Kinder - ein Phönixflug im Windschatten der aufstrebenden Bundesrepublik. Aber jeder Flug hält auch den Absturz bereit.
Inhaltsangabe bei Hoffmann und Campe kopiert
Wie zur Zeit unschwer an meinen Buchvorstellungen zu sehen ist, bin ich von Irina Korschunows Büchern begeistert und fasziniert.
"Fallschirmseide" ist das vierte Buch, welches ich hintereinander von ihr lese, und kein Ende "in Sicht".....
Nun, auch dieses Buch gefiel mir wieder ausnehmend gut, mag ich ich doch Geschichten die im Nachkriegsdeutschland spielen, und das "sogenannte Wirtschaftswunder" zum Thema haben.
Von Menschen zu lesen, die mit Geschick, mit Ideen, allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Firmen aufgebaut haben, aber auch zu lesen, das Geld nicht alles ist, dass doch immer etwas auf der Strecke bleibt, und der einmal eingeschlagene Weg nicht immer der Richtige ist, dass manch einer gut daran getan hätte, einmal inne zu halten, zu überlegen ob Menschlichkeit und Humanität nicht vor Gewinnen und Firmenwachstum hätten stehen sollen.
Auch wenn ich mich wiederhole, ich habe es bereits bei den anderen vorgestellten Büchern von Irina Korschunow gesagt, diese Autorin hat einen einzigartigen, unverwechselbaren Schreibstil, der mir sehr gut gefällt! Bei ihr habe ich das Gefühl, diese Frau "steht mit beiden Beinen auf der Erde, hat den Kopf nicht in den Wolken", so realistisch, so packend, aber auch voller Wärme schreibt sie. =D>
Ein gute Empfehlung die ich mit **** wohl verdienten Sternen auf den Weg bringen möchte.
Gruss Bonprix ;)
Informationen zur Autorin findet ihr *hier*!