Katharina Hacker - Die Habenichtse

  • Katharina Hacker - Die Habenichtse


    Isabell ist Jakobs große Liebe, doch beachtet hat sie ihn nie. Als er ihr auf einer Party wieder begegnet, scheint es endlich die große Liebe zu werden. Jakob und Isabell heiraten. Er bekommt eine Stelle in London als Nachrücker für seinen Kollegen, der am 11.September Opfer der Anschläge auf das WTC wurde. Isabell überläßt ihre Werbeagentur in Berlin ihren Mitstreitern und folgt ihm von einer Weltstadt in eine andere. Beide lassen alles zurück und gleichzeitig doch gar nichts. London ist wie Berlin. Sie scheinen keine Schwierigkeiten mit der neuen Umgebung zu haben und gleichzeitig gibt es dieselben Probleme wie vorher.
    Im Haus nebenan wohnt eine Familie mit zwei Kindern, Dave und Sara. Sara ist zurückgeblieben, Dave kümmert sich um sie. Beide Elternteile vernachlässigen die Kinder, arbeiten den ganzen Tag. Und Sara ist nur eine Last, weil sie nicht so ist wie alle anderen.
    Jim, auch er wohnt in der Gegend, ist auf der Suche nach seiner drogensüchtigen Freundin und dealt selbst. Isabell fällt ihm auf, aber auch die Kinder beobachtet er. Und so kommt es zwischen zu Berührungen im Leben von Menschen mit höchst unterschiedlichem Hintergrund, denen eins gemeinsam ist: Sie haben keine Zukunft.
    Die Liebe zwischen Jakob und Isabell ist schon beendet als sie beginnt. Eher halten sie Wünsche und Hoffnungen zusammen als Gefühle. Und Gefühle fehlen auch Jim. Die Sehnsucht nach seiner Freundin ist nur noch die Angst vor der eigenen Einsamkeit. Die Eltern von Dave und Sara sind abgestumpft und gleichzeitig verzweifelt. Die Kinder haben niemals Liebe kennengelernt.
    Katharina Hacker hat einen sprachlich wundervollen Roman verfaßt, der in seiner Ziellosigkeit eine Welt von heute präsentiert, wie sie vielleicht sogar stellenweise ist: Menschen, deren Leben von Zufällen, Unglücken, Wünschen und Mutlosigkeit bestimmt wird. Menschen, die sich gegen ihre Umwelt nicht mehr auflehnen können, weil sie in sich nicht oder nicht mehr die Kraft verspüren, dem äußeren Durcheinander etwas entgegensetzen zu können.
    Diese Situationen hat vielleicht jeder schon einmal durchgemacht; in dieser geballten Form machen sie Angst. Eine teils wirklich harte Schilderung des Verlustes menschlicher Emotionen.

  • @ tom fleo,


    richtig! Über diese Tatsache hat Morse uns hier bereits informiert.

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Ich kann den Hype rund um dieses Buch leider nicht ganz nachvollziehen, meine Begeisterung hält sich doch sehr in Grenzen.


    Sprachlich durchaus interessant - weil nüchtern, unverblümt und sachlich - wird die Geschichte dieser 3 Familien bzw. Personen erzählt. Jede für sich beinhaltet Stoff, der Bücher füllen könnte. Sei es die - offenbar zurückgebliebene - ungeliebte, misshandelte Sara, der Drogendealer Jim auf der Suche nach ein bisschen Glück oder die lieblose, eher zweckmäßige Ehe zwischen Jakob und Isabella, die Umstände rund um 9/11.


    Der Versuch, diese Schicksale miteinander in Verbindung zu bringen, scheiterte meiner Meinung nach kläglich. Die Geschichte wirkt aufgesetzt, künstlich, fast zwanghaft. Irgendwie hatte ich den Eindruck, die Autorin wollte "noch unbedingt was zum Thema 9/11" schreiben, denn auch dieses Ereignis findet im Buch seinen Niederschlag.


    Die beiden Hauptpersonen Jakob und Isabella blieben mir bis zur letzten Seite völlig fremd, unnahbar und ihre Handlungen und ihr Verhalten unverständlich.


    Wie schon gesagt finde ich Stil und Ausdrucksweise bemerkenswert, und ich werde wohl nach einem anderen Buch von Katharina Hacker Ausschau halten.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich kann mich Rosalitas Meinung nur anschließen: Der Schreibstil an sich hat mir sehr gut gefallen, aber die Beschreibung der Personen bleibt zu sehr an der Oberfläche, man wird nicht warm mit ihnen. Außerdem fand ich die Story zu konstruiert, den Zsammenhang mit dem 11.9. an den Haaren herbei gezogen und zuviele "Schicksale" in einem Buch.
    Da mir ihr Schreibstil mit den langen, verschachtelten Sätzen aber gut gefällt, habe ich mir "Der Bademeister" direkt hinterher gekauft und erwarte mir mehr von der Handlung.

  • Ich schließe mich Rosalita und Stuppi an. Ich bin nicht begeistert.


    Da musste NOCH jemand was in Verbindung mit dem 11. September schreiben. Sehr konstruiert!


    Auch erschreckt mich die Darstellung von Gewalt gegen Kinder, da bin ich vielleicht zu zart beseidet....


    Übrigens habe ich das Buch als Hörbuch gelesen.


    Mein Gesamturteil: :-?

  • Ich habe das Buch gerade angefangen und frage mich jetzt, nach den ersten 40 Seiten, ob ich überhaupt noch weiterlesen soll. Der Schreibstil gefällt mir überhaupt nicht, ständig diese abgehackten, durch Kommata verbundenen Sätze, wo jeder normale Mensch einen Punkt setzen würde, und immer nur diese Gedankenstriche vor Dialogen. Dann dieses Oberflächliche, man lernt die Charaktere gar nicht richtig kennen. Und das Ganze hat so eine negative Atmosphäre, als wäre die ganze Welt schlecht und korrupt und kriminell und überhaupt das Leben völlig unerträglich. Ich weiß wirklich nicht, ob ich davon noch mehr lesen will, aber ich breche Bücher so ungern ab, weil ich immer denke, dass sie vielleicht noch besser werden und dann hätte ich etwas verpasst. :-?

  • Ich habe das Buch gerade angefangen und frage mich jetzt, nach den ersten 40 Seiten, ob ich überhaupt noch weiterlesen soll. Der Schreibstil gefällt mir überhaupt nicht, ständig diese abgehackten, durch Kommata verbundenen Sätze, wo jeder normale Mensch einen Punkt setzen würde, und immer nur diese Gedankenstriche vor Dialogen. Dann dieses Oberflächliche, man lernt die Charaktere gar nicht richtig kennen. Und das Ganze hat so eine negative Atmosphäre, als wäre die ganze Welt schlecht und korrupt und kriminell und überhaupt das Leben völlig unerträglich. Ich weiß wirklich nicht, ob ich davon noch mehr lesen will, aber ich breche Bücher so ungern ab, weil ich immer denke, dass sie vielleicht noch besser werden und dann hätte ich etwas verpasst. :-?


    So wie Jule ging es mir auch. Ich hatte das Buch in der Bibliothek ausgeliehen und war einfach nur froh, es nicht gekauft zu haben. Ich glaube, dass ich noch nicht einmal über Seite 30 hinausgekommen bin. Ich fand es einfach nur langweilig geschrieben und bis heute ist es mir ein Rätsel, wie dieses Buch, den Buchpreis gewinnen konnte. Aber nun ja!


    Liebe Grüße von der buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Ich habe den Roman schon seit langem im Auge gehabt und nun erst gelesen. Mit Interesse verfolgte ich Eure Beitraege. und "verstehe" hoffentlich die verschiedenen Reaktionen.


    Wenn mir der Roman haengenbleibt, dann wohl sicherlich nicht wegen seiner inhaltlichen Schoenheit. Da empfand ich aehnlich wie Eumelbaer:



    Katharina Hacker hat einen sprachlich wundervollen Roman verfaßt, der in seiner Ziellosigkeit eine Welt von heute präsentiert, wie sie vielleicht sogar stellenweise ist: Menschen, deren Leben von Zufällen, Unglücken, Wünschen und Mutlosigkeit bestimmt wird. Menschen, die sich gegen ihre Umwelt nicht mehr auflehnen können, weil sie in sich nicht oder nicht mehr die Kraft verspüren, dem äußeren Durcheinander etwas entgegensetzen zu können.
    Diese Situationen hat vielleicht jeder schon einmal durchgemacht; in dieser geballten Form machen sie Angst. Eine teils wirklich harte Schilderung des Verlustes menschlicher Emotionen.


    Ja, Hacker zeigt eine gewisse Beliebigkeit, auch Distanz, Austauschbarkeit, die schon weh tun, da wir uns alle nach anderem sehnen. Gleichzeitig fragte ich mich ebenfalls, ob ich nicht manchmal mitmische und ebenfalls von einer gewissen Abgestumpftheit bedroht bin.


    Von DIESER Warte aus gesehen, wird der Roman ungemuetlich, und vielleicht auch wichtig? Auch wenn ich mich fragte, ob man der anderen Seite in uns nicht mehr Raum haette geben koennen?


    Ich sehe wie Rosalita auch verschiedenste Themen angeschnitten - nicht nur den 11.9., der den einen toetet, den anderen ueberleben laesst, "zufaellig". Hacker spricht auch die Nachwendezeit in Deutschland und Europa an, auch - insbesondere durch die Gestalten von Andras und Bentheim stellt sich nochmals die Frage nach der Stelle der Juden. Weit zurueck reicht eine gewisse Auseinandersetzung um Grundstuecksrechte, in denen Jakob verwickelt ist.
    Da steckte Stoff fuer mehr.


    Definitv kein 'schoenes' Buch, aber es mag dem ein oder der anderen einige Fragen stellen?

  • Ich muss sagen, vom Inhalt her halte ich das Buch für sehr gelungen. Es wird völlig emotionslos beschrieben, wie abegestumpft und kalt die Gesellschaft zum großen Teil geworden ist. Es war nicht eine Figur dabei, die auch nur ansatzweise Symathie erwecken konnte. Wenn man mal von dem ewigen Opfer Sara absieht. Was diesem Nachbarskind angetan wird ist einfach nur grausam und wird so gefühllos mitgeteilt, dass man am liebsten "in die Geschichte reinspringen" und eingreifen möchte. Als Isabelle, die die Tragödie nebenan doch miterlebt, dann endlich den Notruf wählt, ist es wirklich schon reichlich spät.


    Ich fand es interessant, mitzuverfolgen, wie die Figuren ihre Beziehungen ausleben. Die verschiedenen Konstellationen, die sich im Laufe der Handlung ergeben. Andras, der seine unerwiederte Liebe zu Isabelle schließlich doch noch überwindet. Isabelle und Jakob, die sich irgendwie und unbewusst auseinanderleben. Jakob und seine uneingestandene Liebe zu seinem neuen Vorgesetzten. Und dann noch der Dealer Jim (zuerst fand ich ihn noch sympathisch, aber dann nur noch abstoßend), der Isabelle völlig in seinen Bann bringt und eiskalt mit ihr spielt.


    Doch doch trotz der interessanten Handlungsstränge hätte dem ganzen Buch ein besseres Lektorat nicht geschadet. Lesefreundlicher wären schon mal eingefügte Absätze und Punktsetzung anstelle der ewigen Kommasetzung gewesen. Außerdem fragt man sich schon, wieso jetzt Buchpreis ? und eine Kaufempfehlung würde ich für das Buch auch nicht geben. Aber eine Büchereiausleihe kann schon interessant sein, zumal dieses Buch wirklich speziell in seiner Erzählform ist.


    Fazit: Kein leichter Stoff, was die Schreibweise angeht, aber inhaltlich gutes Potenzial. Meine Bewertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    :study: Jeder Tag, an dem ich nicht lesen kann, ist für mich ein verlorener Tag!