Mariusz Wilk - Schwarzes Eis. Mein Russland

  • Schwarzes Eis. Mein Rußland
    von Mariusz Wilk


    Der 1955 in Polen geborene Mariusz Wilk war u.a. bei der Solidarnosc aktiv und arbeitete dann als Reporter in Moskau, Berlin, den USA etc. Eines Tages verspürt er das Bedürfnis eines Abstandes und landet „durch Zufall“ auf den abgelegenen Solovki-Inseln im Weißen Meer, von wo aus er regelmäßig Artikel an eine polnische Zeitung, Kultura, senden wird. Aus Wochen werden Monate und Jahre und er lässt sich mit Leib und Seele auf Russland ein, bleibt trotz seiner polnischen Abstammung doch nicht nur Fremder, sondern versucht, sich einem Verständnis dieses immensen Landes anzunähern. In diesem Buch teilt er mit uns verschiedenste Gedanken und Ausführungen zu Russland, seiner Kultur, seinem Glauben, der Geschichte. Dabei geht er von der konkreten Wirklichkeit vor Ort, sprich auf diesen von 1100 Menschen bewohnten Inseln aus, und nicht – wie die von ihm kritisierten Journalisten des Westens – von der Fassade in Petersburg und Moskau. Diese Inseln sind geprägt durch eine reiche Geschichte des berühmten, im 15. Jahrhundert gegründeten Klosters als auch dann insbesonders die Umwandlung in den ersten Gulag am Anfang der 20iger Jahre.


    Manchmal scheint seine Vision apokalyptische Züge anzunehmen, wenn er z.B. von den Folgen des weit verbreiteten Alkoholismus oder den ökonomisch schweren Lebensbedingungen spricht, wenn er „das Tier“ (im Menschen?) nicht nur weit weg oder in der Vergangenheit unterscheidet, sondern auch noch im Hier und Heute. Und doch geht eine Anziehungskraft von manchen seiner Beschreibungen (der Landschaft z.B.) und von diesem Land aus, das uns vielleicht fremd erscheint und dennoch – wie Wilk und viele andere mit ihm – nicht loslässt.


    Es ist ein vom Inhalt her sehr breit gefächertes Buch, das jedem Russlandliebhaber – ob von je her, oder seit kurzem – wirklich neue Ideen, Eindrücke, Analysen, Berichte vom heutigen und „ewigen“ Russland vermitteln kann. Gerade war ich selber in Russland und auf den von ihm beschriebenem Archipel und fand in diesen Ausführungen vieles Erahnte bestätigt oder erläutert. Ich habe in dieser Art nichts Vergleichbares über dieses Land gelesen und kann somit dieses Buch ausdrücklich empfehlen.

  • Inzwischen ist eine Taschenbuchausgabe herausgekommen. Der Preis wird dementsprechend vielleicht interessanter für einige?

  • Das hört sich total interessant an. :loool: Nein nicht wegen dem Preis,
    ich habe den Thread erst heute entdeckt. ;)

    Ich habe die meiste Zeit meiner Kindheit in Russland gelebt ( obwohl ich nicht wirklich weiß wo da die Altersgrenzen liegen :-, )
    Daher freue mich Russland mal anders als mit Kinderaugen zu entdecken und mehr Hintergrundwissen zu sammeln.

    :rambo: >>Nur ein Feigling stirbt für die Republik, ein Jakobiner tötet für sie!<< G. Büchner: Dantons Tod


    :study:

  • Es wäre total interessant (für mich) zu hören, zu lesen, wie eine in Russland Aufgewachsene dieses Buch aufnimmt. Es ist sicherlich ein untypisches, nicht schönmalendes Buch! Aber ehrlich, und vielleicht nah dran am echten Leben dort?!

  • Im September erscheint die Fortsetzung des "Tagebuchs aus dem Norden" und also des oben von mir vorgstellten Buches auf Deutsch. Ich lese es derzeit mit Begeisterung auf Französisch.


    Für alle Rußlandinteressierten fast schon ein Muß! Ich werde das Buch nach Ende der Lektüre wohl vorstellen.

  • Hallo Tom,
    schön, das du den Thread noch einmal hochgeholt hast! Ich habe auch dieses Buch auf meine Wunschliste gesetzt. :study:

  • Inzwischen habe ich also das fortsetzende Buch HIER: Mariusz Wilk - Das Haus am Onegasee vorgestellt!


    Ja, Hermia, ich denke wirklich, dass die Bücher von Wilk dem Russlandinteressierten etwas zu sagen haben. Seine Sicht der Dinge entgeht dem allgemeinen Gelaber über dieses Land...

  • Hier der polnische Originaltitel "Wilczy notes". Wilk sandte in den 90iger Jahren seine regelmäßigen Aufzeichnungen von seinem Leben im hohen Norden an die polnische Exilzeitung "Kultura". Gelegenheit, die nahe Verwandtschaft zwischen seinem Namen und dem "Tiernamen "Wolf" zu erwähnen...


    Hier die polnische Verlagsseite über dieses Buch (der Verlag Noir sur Blanc editiert auf Französisch und Polnisch!): http://www.noir.pl/ksiazka/341/Mariusz-Wilk-Wilczy-notes