Bei diesem Roman kann ich den begeisterten Meinungen und guten Bewertungen nicht anschließen. Ich möchte dabei allerdings betonen, dass es mir fern liegt, die Qualität eines Buchs zu beurteilen, es geht mir einzig und allein um mein persönliches Empfinden während des Lesens.
Obwohl ich die Erzählkunst von Philipp Claudel sehr schätze und schon an anderen Büchern von ihm kennenlernen durfte, mochte ich den Roman "Die grauen Seelen" so gut wie gar nicht.
Der Autor vermag unbestritten, mit wenigen präzisen Worten einen Charakter, Situation oder Stimmung treffend und bildlich zu beschreiben, doch in diesem Buch fehlte mir das Gefühl, das Leben. Aber vor allem hat mich der Aufbau der Geschichte gestört.
Der Ich-Erzähler, ein pensionierter Gendarm, erinnert sich und berichtet. Über seinen Bericht sagt er an einer Stelle: „Dem Leser erscheinen wahrscheinlich meine Ausführungen als nicht zusammenhängendes Geschwätz..." - und ja, genauso habe ich das auch erlebt. Als nicht zusammenhängend, unstrukturiert, nicht chronologisch, springend von einem zum anderen.
Eine Episode z.B. wird auf ca. Seite 30 erzählt, und auf ca. Seite 90 fortgesetzt. Dazwischen ist keine Rede von diesem Vorfall. Diese Episodenhaftigkeit mag ich persönlich gar nicht. Ich kenne kaum ein Buch, das in der Art erzählt worden ist, und mir gefallen hat.
Die Stimmung des Romans ist von Frage nach Schuld, Gleichgültigkeit, Tod und Gewalt geprägt. Es gibt keinen Lichtblick. Ich verstehe, was der Autor vermitteln wollte, allerdings gefiel mir die Art, wie er es getan hat nicht.
Der Roman ist 2003 mit Prix Renaudot Preis ausgezeichnet und fand zahlreiche begeisterte Leser.