Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt von Henning Mankell

  • Hallo @ll,


    ich habe die Vorstellung dieses Buches gerade in der Wiederholung der ZDF-Sendung >Lesen< mit Elke Heidenreich gesehen und bin der Meinung - obwohl ich das Buch noch nicht gelesen habe - das es hier unbedingt vorgestellt werden muss.


    Inhaltsangabe bei Amazon kopiert;
    Henning Mankell, mit seinen Wallander-Romanen international längst zum Auflagenmillionär geworden, knüpft mit dem vorliegenden Buch thematisch an seine Afrika-Romane Der Chronist der Winde, Die rote Antilope und Das Auge des Leoparden an. Allerdings handelt es sich bei Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt nicht um eine fiktive Geschichte, sondern um eine autobiographische Reminiszenz, die durch weitere Texte ergänzt wird.
    Zwar ist Henning Mankell gebürtiger Schwede, seinen zweiten Wohnsitz hat er jedoch in Mosambik, und auf seinen Reisen hat er viele andere Gebiete des afrikanischen Kontinents besucht. Das Buch erzählt von seinen Reisen nach Uganda, seinen Gesprächen mit an Aids erkrankten Menschen und von den “Erinnerungsbüchern” -- meist mühevoll von Hand geschriebene oder diktierte Lebensbeichten für Kinder, die sich bald ohne ihre Eltern werden durchschlagen müssen. Werner Bauch und Marianne M. Raven von Plan International e.V. berichten über die Arbeit ihres Vereins, der die Kultur der “Memory Books” mit ins Leben gerufen hat und fördert.


    Beispielhaft ist das Erinnerungsbuch von Christine Aguga für Everlyn Akoth abgedruckt. Ohne große Abschweifungen erzählt die todkranke Lehrerin ihrer Tochter von ihrer Familie, ihrer Kindheit und Ausbildung, der Entdeckung ihrer Krankheit und dem tapferen und verzweifelten Versuch, mit ihr fertig zu werden. Den Schluss bildet ein kurzer Beitrag von Ulla Schmidt, Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung, der mit einigen Zahlen und Fakten zur weltweiten Ausbreitung von Aids aufwartet.


    Es ist schlicht unmöglich, dieses Buch nach gewöhnlichen, gar literarischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Mankell spricht eindrucksvoll und ohne Pathos von seinen Erfahrungen in Afrika. In knappen Worten legt er dar, dass Millionen von Menschen nur deshalb einem baldigen Tod entgegensehen, weil der Preis der durchaus vorhandenen Medikamente ihren Monatslohn um ein Vielfaches übersteigt. Christine Agugas Lebensbericht lässt die von Mankell beschriebene Welt in erschütterndem Maße Wirklichkeit werden -- und das ist wohl auch die einzige angemessene Reaktion auf dieses Buch: Erschütterung und die sich daraus zwangsläufig ergebende Frage, was man selbst dazu beitragen kann, um die bestehenden Verhältnisse zu ändern.


    Der Reingewinn aus dem Verkauf von Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt geht an das Aidsprojekt von Plan International: ein -- erster -- Schritt in die richtige Richtung. --Hannes Riffel


    Ohne Wert auf schriftstellerische Raffinesse zu legen, gibt er das weiter, was ihm von Sterbenden und Überlebenden anvertraut wurde. Erschütternd ist es ohne Frage, auch wenn eine leicht missionarische Absicht zwischen den Zeilen erkennen kann. Am tiefsten trifft das Buch an den Stellen, an denen die Betroffenen selber sprechen, ohne den Vermittler Mankell, der die bekannte Grenze zwischen Schwarz und Weiß zieht und zum Thema macht.


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Eine Besprechung dazu habe ich auch schon gelesen, und ich werde mir dieses Buch demnächst zulegen. Es ist bestimmt keine leichte Kost - aber das Leben ist auch kein leichter Roman, oder?


    Die Afrika-Bücher von Mankell gefallen mir übrigens besser als die Wallander-Krimis (ich habe Schweden auch viel heller und freundlicher in Erinnerung)

  • Ich habe das Buch gestern Abend bei Buchticket ertauscht und bin sehr gespannt darauf.


    LG
    Rita

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Inzwischen habe ich es gelesen und finde es sehr empfehlenswert.


    Es ist eine Sache, Zahlen Daten Fakten zu kennen, Informationen über Aids in Afrika zu lesen. Es ist eine andere Sache, die Stimme einer Betroffenen zu vernehmen. Das Buch verdeutlicht am Schicksal einer Person das Ausmaß, das diese Epidemie annimmt....


    In der Amazon-Beschreibung ist schon alles gesagt über die Erschütterung - kauft es, lest es!!

  • Habe es heute "ungewollt" aus der Bücherei mitgebracht (eigentlich wollte ich es mir kaufen, aber erst Weihnachten abwarten ...). Der Kunde, der vor mir an der Ausleihe stand, brachte es gerade zurück, und da konnte ich natürlich nicht widerstehen.


    Ich melde mich hier nochmal, wenn ich es gelesen habe.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habs gelesen und mir direkt gekauft.


    Man kann natürlich keine normale Buchbesprechung schreiben, dazu sind die Teile zu unterschiedlich; auch steht ja nicht das Literarische im Vordergrund, sondern das Anliegen des Projektes "Memory-Books".


    Mankell selbst hat das erste Wort mit seiner Erzählung "Die Mangopflanze". Über diesen Autor brauche ich wohl nichts zu sagen; seine kurze Erzählung vermittelt eindringlich, wie wichtig es ist, das Thema "Afrika und Aids" ins Bewusstsein zu rücken. Mankells Zorn auf das Schweigen der westlichen Welt, ihre Überheblichkeit und das Verhalten der Pharmaindustrie ist deutlich ausgedrückt.
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich auch immer gefragt habe: Wieso ist es nicht möglich, die Afrikaner den Gebrauch von Kondomen zu lehren? Jetzt weiss ich, dass dieses Denken aus meiner europäischen Unwissenheit rührte, und dass ich jetzt die Schwierigkeiten besser verstehe.


    Bewegend ist das Memory-Buch von Christine, einer afrikanischen Lehrerin, die inzwischen an Aids gestorben ist. Es ist für uns kaum nachzuvollziehen, was es für sie hieß, ihren Wunsch nach Ausbildung bei ihrem Mann und ihrer Familie durchzusetzen. Gleichzeitig wird klar, wie wichtig Familie und deren Zusammenhalt sind; oft so sehr, dass die Interessen eines einzelnen dahinter zurückstehen müssen.


    Nicht besonders gelungen finde ich den letzten Teil, die Informationen, die unsere Gesundheitsministerin Ulla Schmitt zum Thema gibt. Die nackten Zahlen hätte auch ein Bericht der WHO oder der UNICEF darstellen können. Ich hätte mir an der Stelle einen Bericht gewünscht von jemandem, der in der Beratung oder Krankenpflege oder Selbsthilfegruppe vor Ort arbeitet.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)