Eoin Colfer: Artemis Fowl

  • "Artemis Fowl" hat mir insgesamt gut gefallen. Dies lag allerdings nicht unbedingt an dem titelgebenden Protagonisten; Artemis ist ein zwölfjähriges Genie, das bereit ist, sehr viel zu tun und zu opfern, um sein Ziel zu erreichen. Oft scheint es, als sei er skrupellos und obwohl er gelegentlich menschliche, emotionale Rührungen zeigt und der Autor verdeutlicht, dass mehr hinter dem Charakter steckt, als man denken könnte, konnte ich keine richtige Verbindung zu ihm aufbauen. Das mag gewollt sein, da auch in der Handlung selbst deutlich wird, dass die anderen Figuren Probleme haben, ihn zu durchschauen, doch bei mir hat es letztlich dafür gesorgt, dass ich mehr mit anderen Charakteren - wie Holly und Root - mitleben konnte und dadurch ihre Perspektiven spannender fand. Trotzdem hat Colfer mit Fowl eine komplexe Figur geschaffen und ich bin gespannt, wie er sich in den nächsten Bänden weiter entwickeln wird. Es gibt keine schwarz/weiß-Zeichnung, was definitiv ein Plus ist, und man stellt oft in Frage, was nun richtig oder falsch ist.


    Die Handlung selbst war fesselnd, sodass man das Buch schnell gelesen hat, und der Plan, den der Protagonist sich ausgedacht hat, ist definitiv genial. Als Leser war ich nie ganz sicher, ob ich mir jetzt wünschen sollte, dass alles schief geht oder dass alles klappt, also hat der Autor die verschiedenen Sichtweisen und auch das 'Dilemma' gut dargestellt. Besonders gerne mochte ich aber, dass die nicht-menschlichen Wesen in vielen Aspekten so ganz anders waren, als man es erwartet hätte. Wie bereits erwähnt fand ich diese Figuren sehr interessant und ich hoffe, dass sie auch in der Fortsetzung wieder eine Rolle spielen werden.
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    Carpe Diem.
    :study: Yrsa Sigurðardóttir - Gespenstisches Island

    2024 gelesen: 13 Bücher | gehört: 4 Bücher

  • Diese Reihe hab ich vor vielen Jahren zum ersten Mal gelesen und war damals sehr begeistert - da im Frühjahr 2020 die Verfilmung zu Band 1 ins Kino kommt, wollte ich die Reihe unbedingt vorher nochmal lesen :)


    Der Klappentext beschreibt schon sehr gut, worum es geht. Der 12jährige Artemis Fowl ist zwar noch relativ jung, aber hochintelligent und auf einen sehr raffinierten Coup aus. Das Gold vom Erdvolk ist überall auf der Welt bekannt, aber in die Sphären von Mythen und Sagen verschwunden. Doch Artemis hat genug Hinweise gesammelt, die die Existenz bestätigen und seine lange Suche spielt ihm schließlich etwas in die Hand, mit dem er seinen Plan verwirklichen kann.

    Man muss aber auch wissen, dass die Familie Fowl schon seit Generationen legendäre Verbrecher sind und im Laufe der Zeit eine Unmenge an Reichtum angehäuft haben. Allerdings ist Artemis´ Vater seit einiger Zeit verschollen und seine Mutter seit dessen Verschwinden erkrankt. Und zwar auf eine psychische Art und Weise, die dem jungen Artemis trotz abgeklärter Denkweise doch an die Nieren geht.


    Sein Plan, mit dem er sich natürlich auch selbst herausfordern und sein Genie beweisen will, wirkt auch etwas wie eine Flucht vor der Realität, der er sich nicht stellen möchte und die ihm beweisen wird, dass er irgendwann an die Stelle seines Vaters treten und das Unternehmen sozusagen weiterführen kann. Wobei er natürlich insgeheim immer noch hofft, dass sein Vater zurückkehren wird, auch wenn es ihm nicht bewusst ist.

    Trotzdem wirkt er immer kühl und unnahbar, sein Humor ist kaum der Rede wert und er setzt viel aufs Spiel, um seinen Willen durchzusetzen.


    Vor allem Butler hat damit zu kämpfen. Obwohl er seit der Geburt von Artemis als sein Leibwächter abgestellt ist, hat das Verhältnis der beiden eine freundschaftliche Basis dazu gewonnen, und Butler würde sein Leben für den Jungen geben. Die Figur von diesem hünenhaften Eurasier, der auf seine Aufgabe schon lange Jahre vorbereitet wurde, ist ziemlich cool und gibt einige witzige Momente her.


    Ein bisschen erinnert das ganze an "Heist Movies", also Gaunereien wie Raubüberfälle mit einem spektakulären Coup, nur dass der Protagonist hier erst 12 Jahre alt ist und unterirdische Elfenwesen das Ziel sind. Aber überraschende Details der Pläne und einige Handgreiflichkeiten oder auch Waffengewalt in Maßen runden dieses Gaunerbild perfekt ab.


    Holly Short ist neben Artemis die andere Perspektive, aus der erzählt wird. Sie kommt aus dieser sagenumwobenen Unterwelt, die völlig anders ist, als man es sich wahrscheinlich vorstellt. Als erster weiblicher Offizier der Aufklärungseinheit der Zentralen Untergrund Polizei (ZUP) wird sie in Artemis´ Manöver hineingezogen. Sie ist eine taffe Elfe und hat durch ihre Entscheidungen einen dicken Freundschaftsbonus bei mir.

    Aber auch Foaly, der technik-affine Zentaur, der die Überwachungsanlagen im Untergrund leitet und trotz oder auch wegen seiner Paranoia und den kleinen Spitzen, die er gerne auch an Vorgesetzte verteilt, ein wunderbar eigenwilliger Charakter ist.


    Die Technik spielt bei den magischen Wesen wirklich eine große Rolle und sie sind viel weiter entwickelt in dem Bereich als die "Oberirdischen" - zumindest was die damalige Zeit anbelangt. Die Beschreibungen dazu sind detailreich, wobei man alles gut verstehen kann ohne mit zuvielen Fremdwörtern überschüttet zu werden und es ergibt einen Vorgeschmack darauf, was in den Fortsetzungen noch alles kommen wird.

    Im Erdland leben übrigens nicht nur Elfen wie Holly, sondern auch Feen, Gnome, Kobolde, Trolle und auch Zwerge. Ein Zwergenexemplar spielt auch eine wichtige Rolle, und zwar der Kleptomane Mulch Diggums. Ich finde die Ideen zu den Zwergen total genial und selbst diesen schrulligen Charakter hab ich irgendwie in mein Herz geschlossen.

    Sie alle haben sich perfekt an ihre unterirdische Umgebung angepasst mit all ihren technischen Finessen, aber wie schon erwähnt wohnt ihnen auch eine Magie inne, die ihnen einige beeindruckende Möglichkeiten bietet.


    Der Schreibstil an sich ist etwas trocken, was mich aber nicht gestört hat, da es vor allem um den Spannungsaufbau geht, der sich immer mehr steigert und sich auf die Vorstellung aller Beteiligten und ihr Leben richtet - also einen guten Einstieg bietet für die Fortsetzungen. Und natürlich das Projekt von Artemis, mit dem er sich Möglichkeiten eröffnet, von denen er wahrscheinlich noch nicht einmal geträumt hat.

    Ich freu mich jedenfalls schon sehr, auch die weiteren Bände nochmal zu lesen!


    Mein Fazit: 4 Sterne