Fred Vargas - Fliehe weit und schnell

  • Autorin:
    Fred Vargas, geb. 1957, ist hauptberuflich als Archäologin beim Institut CRNS tägtig und lebt in Paris. Ihre Kriminalromane schreibt sie fast ausschließlich in den Ferien - unter einem Pseudonym. Ihre Fachpublikationen erscheinen unter ihrem wirklichen Namen Frédérique Audoin-Rouzeau.


    Zum Inhalt (Amazon, gekürzt):
    An einer Metro-Station in Montparnasse steht der bretonische Seemann Joss Le Guern und verliest Nachrichten. Zweimal am Tag, für jeweils 5 Franc. Sein Urahn, »Ausrufer« im Zweiten Kaiserreich, ist ihm in einer weinseligen Nacht erschienen und hat ihn dazu inspiriert. Seit kurzem aber finden sich unter den Nachrichten düstere Texte in mittelalterlichem Französisch oder in Latein. Von kleinem Getier ist darin die Rede, das Schrecken über die Menschheit bringen werde. Zur gleichen Zeit erscheint auf Wohnungstüren im 18. Arrondissement eine seitenverkehrte Vier. Und als eines Morgens der erste Tote in einer Wohnung liegt, dann ein zweiter, mit Flohbissen übersät und schwarz, wie die Legende von den Pesttoten des Mittelalters berichtet, erfaßt Panik die Pariser Bevölkerung.


    Meine Meinung:
    Der Krimi fängt recht gemächlich an, die Autorin nimmt sich viel Zeit die Personen vorzustellen, was aber unterhaltsam ist, weil alle irgendwie schrullig und einmalig sind.
    Dann wird es spannend, allein das Thema Pest birgt für mich Grauen und eine gewisse morbide Faszination. :pale: Es stimmt wohl, dass sich eine angstvolle Erinnerung an diesen Schrecken in das kollektive Unterbewußtsein eingegraben hat.
    Die Auflösung fand ich überraschend, der Fall ist ungewöhnlich, nun ja man könnte auch sagen etwas unrealistisch - insgesamt ist das Buch aber in sich sehr stimmig.
    Der Krimi kommt ohne übertriebene Brutalitäten aus, ist humorvoll geschrieben, und lebt vor allem von seinen eigenwilligen, liebenswerten Figuren, die sich irgendwie in keine Schablone pressen lassen.
    Der legere, unkonventionelle Kommissar Adamsberg geht mit viel Gelassenheit vor und vertraut bei der Lösung seiner Fälle mehr auf sein Bauchgefühl als auf logisches Kombinieren. Schwierigkeiten macht ihm sein mangelndes Namensgedächtnis, witzig sind seine Notizen, die er sich als Gedächtnisstütze anlegt. Sein gutmütiger Kollege Danglard, alleinerziehender Vater von 5 Kindern, verläßt sich lieber auf seine Computerdatenbanken u. sein beachtliches Allgemeinwissen.


    Ich freue mich, dass ich die Autorin für mich entdeckt habe, endlich wieder einmal eine Reihe, die sich durch ihren sehr individuellen Stil wohltuend von vielen durchschnittlichen Reihenkrimis abhebt. :cheers: Mir jedenfalls sind die beiden Ermittler so ans Herz gewachsen, dass ich gleich mit dem nächsten Band weitermache.
    Dieser Band ist übrigens der 3. Dritte Fall mit Kommissar Adamsberg, ich habe die chronologische Reihenfolge recherchiert, ob es dazwischen Bände gibt, die noch nicht übersetzt wurden, kann ich allerdings nicht sagen.

    Es geht noch ein Zug von Gare del Nord (L´Homme aux cercles bleus, 1996)
    Bei Einbruch der Nacht (L´homme à l´envers, 1999)
    Fliehe weit und schnell (Pars vite et reviens tard, 2001)
    Der vierzehnte Stein (Sous les vents de Neptune, 2004)

    Gruß Bibliomana :cat:
    "Man kann im Leben auf vieles verzichten, aber nicht auf Katzen und Literatur!"

    Einmal editiert, zuletzt von Bibliomana ()

  • Hallo Bibliomana!


    Und ich habe gerade den "Vierzehnten Stein" im Juni auf französisch gelesen und war ganz begeistert davon. Ich muss hinzufügen, dass ich seltenst Krimis lese..., aber ich fand die Figuren rundherum toll. Und die Geschichte ziemlich gut konstruiert! Ich hoffe, dass Du nun genauso viel Spass hast, wie beim anderen, ersten Buch!

  • Vielen Dank für die interessante Vorstellung, Bibliomana. Das Buch habe ich auf meiner Wunschliste notiert.

    Grüßle


    Andrea


    Nichts ist gerechter verteilt als die Intelligenz. Jeder glaubt, er habe genug davon. - René Descartes



    Ich lese gerade:
    Owen Meany von John Irving


  • Da ich ja auch gerne Vargas lese, habe ich heute nochmal nachgeschaut. Dies scheint der derzeitige Stand der Dinge zu sein:

    L'homme aux cercles bleus, 1990,deutsch: Es geht noch ein Zug von der Gare du Nord.


    Un peu plus loin sur la droite, 1996 deutsch: Das Orakel von Port Nicolas.


    Sans feu ni lieu, 1997 deutsch: Der untröstliche Witwer von Montparnasse.


    L'Homme à l'envers, 1999, deutsch: Bei Einbruch der Nacht


    Pars vite et reviens tard, 2001, deutsch: Fliehe weit und schnell.


    Sous les vents de Neptune, 2004 deutsch: Der vierzehnte Stein.


    Dans les bois éternels, 2006 deutsch: Die dritte Jungfrau,

  • Die Bände, die Bibliomana aufgezählt hat, sind die Adamsberg-Krimis. Es gibt noch Louis Kehlweiler (Das Orakel von Port Nicolas, Der untröstliche Witwer von Montparnasse) und die drei Studenten Marc, Mathias und Lucien (Die schöne Diva von St. Jacques, Der untröstliche Witwer ...). Außerdem ein Buch, das zu keiner Reihe gehört: Im Schatten des Palazzo Farnese (Ceux qui vont mourir te saluent)



    Folgende Titel sind noch nicht in deutscher Übersetzung erschienen. Vielleicht sind sie für Dich interessant, @ Tom.
    Les Jeux de l’amour et de la mort (1986)
    Les quatre fleuves (mit Edmond Baudoin) (2000)
    Petit traité de toutes vérités sur l’existence (2001)
    Coule la Seine (2002)


    (alle Informationen von Krimi-Couch)


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Originaltitel "Paris vite et revient tard" 2001


    Es fängt wie immer harmlos an: An mehreren Türen in Paris wird nachts eine "4" gemalt, aber spiegelverkehrt und mit 2 Querstrichen.
    Außerdem erhält ein "Ausrufer", also jemand, der sich drei mal am Tag auf einen Pariser Platz stellt und Nachrichten, die ihm gegen Entgeld zugesteckt wurden, ausruft, seltsame Nachrichten.


    Dies kommt alles unserem Kommissar Adamsberg zu Ohren, und da der ja einen Riecher für Außergewöhnliches hat, vermutet er Schlimmes, was dann auch bald darauf in Form von drei Morden eintritt. Die Opfer hatten keine "4" an der Tür.


    Nach und nach stellt sich heraus, dass der Mörder sich eines alten Rituals bedient, das zu Zeiten, in denen die Pest in Paris wütete, gang und gäbe war, sich durch eine "4" vor der Pest zu schützen. Außerdem haben die geheimen Botschaften auch etwas mit der Pest zu tun, den sie sind aus einem alten Buch über die Pest.


    Was noch bleibt ist die Motivlage und den Mörder zu finden, was Adamsberg natürlich wieder auf seine unnachahmliche Art und Weise gelingt.


    Auch in diesem Buch findet sich wieder eine Ansammlung seltsamster Persönlichkeiten, die einen ständig zum Schmunzeln bringen.


    Einfach genial ****

  • Für mich ein ausgezeichnetes Buch aus der Adamsberg-Reihe! Was ich übrigens auch gern habe bei Vargas ist, dass es letztlich selten ein "Schwarz-Weiss" Schema gibt, zumindest sind manche Täter auf gewisse Weise zu verstehen, und die "guten" Leute haben auch so ihre Macken.
    Einfach gut! Prima Unterhaltung!

  • @ morse,


    ich glaube, so langsam muss ich mich doch mal um Herrn Vargas kümmern :wink:.
    Sollte man die Bücher der Reihe nach lesen, auch wenn man nicht unbedingt zu den "der-Reihe-nach-Lesern" gehört? :scratch:

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Zitat

    Original von Rita
    ich glaube, so langsam muss ich mich doch mal um Herrn Vargas kümmern :wink:.


    Rita


    Wenn, dann müsstest du dich um Frau Vargas kümmern...denn Fred ist der Diminutiv von Frédérique und Vargas ihr Pseudonym als Autorin ihrer "romans policiers„! (Bei morse "geklaut"... :mrgreen: )


    Gruss Bonprix :wink:

  • Zitat

    Original von Bonprix
    Rita


    Wenn, dann müsstest du dich um Frau Vargas kümmern...denn Fred ist der Diminutiv von Frédérique und Vargas ihr Pseudonym als Autorin ihrer "romans policiers„! (Bei morse "geklaut"... :mrgreen: )


    Gruss Bonprix :wink:


    :mrgreen: :mrgreen:@ bonprix,


    das habe ich vorhin in morses Portrait auch gelesen :wink:. Man kann sich auf nichts mehr verlassen. Gerade lese ich das Buch "Die Attentäterin" von Yasmina Khadra und war ganz überrascht, dass es sich um einen ER handelt :wink:

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Zitat

    Original von Rita
    Sollte man die Bücher der Reihe nach lesen, auch wenn man nicht unbedingt zu den "der-Reihe-nach-Lesern" gehört? :scratch:


    Ich denke, morse erlaubt mir, an seiner Stelle zu antworten. :wink:


    Fred Vargas - Die schöne Diva von Saint-Jacques habe ich zuerst gelesen (einfach, weil es das Buch in der SZ-Krimireihe so billig Gab / gibt). Danach Fred Vargas, Der vierzehnte Stein , weil meine Bücherei es gerade vorrätig hatte.


    Es gibt zwar einige private Stränge, die von einem zum anderen Band laufen, doch man kann ihnen problemlos folgen, auch wenn man nicht chronologisch liest. Und da Du auch keine unbedingte "der-Reihe-nach-Leserin" bist, hast Du ja Übung.


    Marie

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  • Zitat

    Original von Marie
    [
    Ich denke, morse erlaubt mir, an seiner Stelle zu antworten. :wink:


    Marie


    aber sicher doch, ich will mir ja hier kein Denkmal setzen!

  • @ Bibliomana,


    danke für den Hinweis, das ist mir total durchgegangen :uups:. Ich habe die Threads zusammengefügt.


    @ Marie,


    danke für deine Erläuterungen :)

    Liebe Grüße,
    Rita


    ~Ich wäre lieber ein armer Mann in einer Dachkammer voller Bücher als ein König, der nicht lesen mag.~
    Thomas Babington

  • Ich bin wieder absolut begeistert, ein Spitzenroman der Autorin. :thumright: :thumright: :thumright:


    Die Hintergründe des Falls, die Geschichte der Pest in Europa, v.a. in Frankreich, die Auszüge aus den alten Schriften, das Ganze verbunden mit den wunderbaren originellen Figuren und den Verwicklungen zum Schluss - pures Vergnügen.


    Was mir auch gefällt: Wie Vargas mit ihren Protagonisten umgeht, wie nicht ein und derselbe / dieselben die Bände bevölkern. Im vorliegenden Buch setzt sie Adamsberg und den "Evangelisten" Marc ein.
    So wie Adamsbergs Paris beschrieben ist, das er meist zu Fuß durchwandert, gleicht es eher einer gemütlichen Kleinstadt als einer Metropole. (Ist zwar nicht real, aber schön.)


    Marie


    edit: Kann einer der Mods mal bitte nachsehen, wo es hakt: Wenn ich im Rezensionsindex auf dieses Buch gehe, heißt es: ungültiger Link.

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    Einmal editiert, zuletzt von Marie ()