B. Traven - Das Totenschiff

  • Klappentext:
    Dies ist die Geschichte des Seemanns Gerard Gale, der in den Kneipen Antwerpens sein Schiff verpaßt, mittel- und staatenlos durch Europa gejagt wird und schließlich in Barcelona auf dem Totenschiff >Yorikke< anheuert - einem jener schwimmenden Särge, die mit Fracht und Mannschaft zum Untergang bestimmt sind, um dem Besitzer die Versicherungsprämie einzubringen.


    Autor:
    "Die Biographie eines kreativen Menschen ist absolut unwichtig. Meine persönliche Geschichte ist allein meine Sache, und ich will sie für mich behalten." (B. Traven)
    Er beherrschte sein Versteckspiel virtuos. Durch die Benutzung mehrerer Pseudonyme und zahlreicher Decknamen gelang es ihm, bis heute ein rätselhafter Autor zu bleiben. Sicher ist, daß Traven um 1882 geboren wurde, eine Zeitlang in Deutschland lebte, danach nach Mexiko auswanderte und dort 1969 starb. Mit einem scharfen Blick für gesellschaftliche Zusammenhänge und einem tiefen Mitgefühl für die Leidenden und Entrechteten schuf er zahlreiche abenteuerlich-sozialkritische Erzählungen und Romane.


    Meine Meinung:


    In diesem Buch wird eindeutig mit aller Seemannsromantik aufgeräumt, nichts da mit düseligen Sonnenuntergängen auf dem Ausguck, entweder es wird gearbeitet, oder geschlafen, zu was anderem ist man nach jener harten Arbeit gar nicht fähig. Unmenschliche Bedingungen und grausames Essen zwingen einen dazu, sein Leben als Toter zu akzeptieren, die Schmerzen zu ertragen und einfach zu tun, was getan werden muss: arbeiten.
    Zunächst aber wird die unverständliche Politik auf dem Lande erläutert, wo man zwischen den einzelnen Staaten hin und her geschoben wird, und keinerlei Chance beim eigenen Konsul hat, ja ohne Papiere nicht einmal für geboren erachtet wird.
    Nebenbei erfährt man einige Lebensweisheiten des Protagonisten, die er sich so auf hoher See zu recht gelegt hat.


    Zitat

    Ich habe Packzüge von Kamelen, von Lamas, von Eseln und von Maultieren getrieben. Ich habe Dutzende unter diesen Tieren gesehen, die sich hinlegten, wenn sie nur mit drei Kilogramm überladen waren, die sich hinlegten, wenn sie sich schlecht behandelt glaubten, und die sich klaglos hätten zu Tode peitschen lassen [..]
    Nicht einmal Mais vermochte ihren Entschluß zu ändern. Aber der Mensch? Der Herr der Schöpfung? Er liebt es Sklave zu sein, er ist Stolz, Soldat sein zu dürfen und niederkartätscht zu werden, er liebt es, gepeitscht und gemartert zu werden.
    Warum? Weil er denken kann. Weil er sich Hoffnung denken kann. Weil er hofft, daß es auch wieder bessergehen wird. Das ist sein Fluch und nie sein Segen.

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Von einem meiner Lieblingsautoren ist mir das hier das zweitliebste Buch (nach den Baumwollpflückern und noch vor der Brücke im Dschungel) und als solches kann ichs auch empfehlen.
    Allerdings fand ich die Politik in Europa nicht ganz unverständlich - als Mensch ohne festen Wohnsitz, als Bürger niederer Klasse, hat man eben einen recht geringen Wert für den Staat und dementsprechend besteht die Tendenz dazu die Leute bei Gelegenheit loszubekommen. Wäre er vermögend gewesen, hätter er Land und Grund in seinem Heimatland gehabt, dann hätte es beim Konsul keine Probleme gegeben. Schön fand ich da auch immer den Kontrast zwischen dem Staat, der den Bürger nur braucht, wenn er ihn verwerten kann, und den einfachen Leuten, die sich - natürlich - in keinster Weise darum kümmern und ihn offen aufnehmen.

    Warum ich Welt und Menschheit nicht verfluche?
    - Weil ich den Menschen spüre, den ich suche.

    - Erich Mühsam