Klaus Mann - Mephisto

  • Inhalt (von amazon bzw. Buch der 1000 Bücher)


    Im Jahr 1936 beginnend, zeigt der Roman Höfgen als umjubelten Günstling des nationalsozialistischen Regimes auf der Geburtstagsfeier des preußischen Ministerpräsidenten. Retrospektiv wird die Geschichte dieser Karriere nachgezeichnet.
    Nach schauspielerischen Erfolgen in Hamburg bekommt Höfgen Ende der 1920er Jahre ein erstes Engagement am Berliner Staatstheater. Seine Bekanntheit steigert sich stetig und in der Rolle des Mephisto wird er zum Star. Zum Zeitpunkt der Machtergreifung befindet sich Höfgen im Ausland und befürchtet zunächst wegen seiner ehemaligen Mitarbeit in einem kommunistischen Kabarett nicht nach Deutschland zurückkehren zu können. Durch die Fürsprache einer Kollegin erlangt Höfgen dann aber das Wohlwollen des Ministerpräsidenten und setzt seine Arbeit in Berlin fort.
    Seine vitale Darstellung der mephistotelischen Figur wird für die Nationalsozialisten zu einer faszinierenden, ästhetisch überhöhten Darstellung des Bösen. Die eigene Situation klar reflektierend, erreicht Höfgen mit der Ernennung zum Intendanten und Staatsrat einen neuen Höhepunkt seiner Karriere. Ganz mit der Sorge um sein selbst empfundenes schauspielerisches Versagen in der Rolle des Hamlet beschäftigt, lehnt er am Ende des Romans in der Konfrontation mit einem kommunistischen Widerstandskämpfer jede politische Verantwortung ab und zieht sich voller Selbstmitleid auf seine Position als »gewöhnlicher Schauspieler« zurück.


    Meine Meinung: Die Figur des Höfgen stellt relativ unverschlüsselt den Schauspieler Gustaf Gründgens dar mit dem Klaus Manns Schwester Erika einige Jahre verheiratet war. Die Grundidee des Roman, die Verstrickungen eine Künstlers in das Regime des Nationalsozialismus, ist interessant dargestellt, an manchen Stellen vielleicht ein bißchen überzeichnet und böse. Höfgen ist im Grunde feige und ein Mitläufer, Politik interessiert ihn nicht wirklich, oder nur insofern sie seiner Karriere nützt - in diesem Fall seine Unterstützung durch den Ministerpräsidenten (Göring) und dessen Freundin/Frau, die selbst Schauspielerin ist. Seinen kommunistischen Freund und Kollegen Otto versucht er zu helfen, aber nur solange es ihn selbst nicht gefährdet und mit dem Hintergedanken, dass im solche Dinge nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs helfen könnten.
    Der Roman war für mich sehr lesenswert, auch wenn mir die klaren Bezüge zu den dargestellten Personen (die alle reale Vorbilder haben) praktisch völlig fehlt. Sprachlich kommt Klaus Mann nicht ganz an seinen Vater heran, trotzdem ein sehr empfehlenswertes Buch!
    Den Film kenne ich leider nicht, ich werde aber Ausschau halten, wenn er mal wieder im Fernsehen läuft...


    Katia

  • Ohja, das Buch haben wir in der Schule gelesen "damals". Mir hat es auch sehr gut gefallen, auch wenn mir ebenso die genauen Bezüge zu den realen Vorbildern gefehlt haben. Das bringt es halt mit sich, wenn man selbst zu einer anderen Generation gehört.


    Den Film kann ich nur empfehlen, denn ich finde die Verfilmung sehr gelungen - er bringt die Atmosphäre gut rüber und lässt nichts Wesentliches weg, wie es bei anderen Filmen leider oft der fall ist. :thumright:

  • Selber kenne ich den >Mephisto< von K. Mann nur in Auszügen. Jedoch begegne ich den beiden Kontrahenten Mann - Gründgens in vielen Biografien.
    Was sich für mich herauskristallisierte ist: Klaus Mann's Triebfeder, dieses Buch zu schreiben war einerseits eine Abrechnung mit allen Künstlern des Dritten Reiches, die sich mit den Nazis arrangierten - und andererseits auch eine Art Verarbeitung seiner enttäuschten Liebe zu Gründgens. Man sagt K. Mann nach, er hätte zeitlebens nie aufgehört, Gründgens zu lieben.
    Deshalb vielleicht auch die vernebelten, unklaren Bezüge zu den dargestellten Personen.
    Noch eine interessante Geschichte: Gründgens hat immer behauptet, er hätte den "Mephisto" nie gelesen, obwohl er genauestens Bescheid wusste, worum es in dem Buch ging.
    Nach dem Tode von Gründgens wude der Roman auf Betreiben seines Adoptivsohns Peter Gorski verboten. Erst 1981, kurz bevor Istvan Szabos Mephisto-Film in die Kinos kam, erschien eine TB-Ausgabe bei Rowohlt.


    Einige dieser "Weisheiten" habe ich aus der Gründgens-Biografie v. Peter Michalzik


    aixela

  • Viele interessante Informationen findet man auch im Wikipedia-Artikel zum Roman , unter anderem eine unvollständige Liste der "entschlüsselten" Personen.
    Das Nachwort meiner Ausgabe enthält ebenfalls einiges über die Veröffentlichungsgeschichte, das Verbot und Klaus Manns Beweggründe.


    Katia

  • Ich wiederum kenne bislang "nur" den Film, war aber von ihm total begeistert. Es spielt dortdrin ein toller Klaus-Maria Brandauer. Die Atmosphäre des totalitären Regimes, das Höfgen nach und nach "umwendet", ist sehr beeindruckend dargestellt. Empfehlenswert!

  • Das ist ganz toller Lesetipp !
    Ich selbst kenne auch " nur" den Film mit dem brillianten Klaus Maria Brandauer und finde ihn fantastisch !


    Die Inszenierung ( Filmarchiv) von " Faust" mit Gustav Gründgens als Mephisto habe ich vor Jahren gesehen und war begeistert,deshalb habe ich mir den Film "Mephisto" überhaupt angeschaut.


    Sobald ich mit dem mir von tom fleo ( merci bien! ) empfohlenen Buch " Die Umkehr" von Vladimir Volkoff fertig bin ( Tom : habe eine Erstausgabe bei ebay ersteigert ,juhu! ;-) werde ich mich an " Mephisto" ranschleichen ...


    Mensch,ich freue mich richtig darauf-komisch, daß ich selbst nie auf die Idee gekommen bin das Buch zu lesen :scratch:



    Danke nochmals,Katia!


    LG
    Simonja

  • Ich habe das Buch gelesen, den Film gesehen und das Theaterstück und fand alle drei Darbietungen sehr interessant. Aber ich werde das Buch wohl bald noch einmal lesen, denn erstens kann ich mich nur noch bruchstückhaft erinnern und dann war ich noch recht jung, als ich es las und das auch noch mit Zwang.

  • Dem Beitrag von aixela ist im Grunde nichts hinzuzufügen.Es handelt sich bei diesem Buch um eine persönliche Abrechnung.Es war nicht nur das Arrangement Gründgens mit dem Regime des Nationalsozialismus ,es war auch der mangelnde Erfolg und die fehlende Anerkennung Klaus Manns in dessen eigenem Umfeld.Ganz im Gegensatz zu Gründgens,der genau diese Dinge im Übermass genoss.

    Gründgens war und bleibt zwiespältig,wenngleich es auch zahlreiche Belege gibt für dessen erfolgreiche Interventionen für verfolgte Kollegen.Er war nach dem Krieg der Glücklichere,etwa im Gegensatz zu seinem Schauspielerkollegen Heinrich George,der in einem sowjetischen Lager elend starb,weil er während des Nationalsozialismus weiterspielte.

    Manns Buch als Zeitdokument zu nehmen ist jedoch gefährlich und kann zu Fehlschlüssen verleiten,zu sehr ist es von Emotionen beherrscht.