José Saramago - Die Stadt der Blinden / Ensaio sobre a Cegueira

  • So, ich habe es (nach etlichen Wochen) endlich geschafft das Buch fertig zu lesen. Ich glaube so lange habe ich noch nie für so ein dünnes Buch gebraucht...


    Die Geschichte an sich fand ich interessant und erschreckend ehrlich. Die ganzen Auswirkungen die das Erblinden der Menschen auf die Gesellschaft, andere Menschen, Beziehungen usw. hatte waren echt oft einfach nur schrecklich, aber auch total rührend


    Am schlimmsten fand ich


    Das Ende an sich war für mich eher enttäuschend.


    Alles in allem war es ein relativ interessantes Buch, das mich aber nicht wirklich gefesselt hat. Ich werde es vermutlich nicht nocheinmal lesen. Deshalb *** Sterne


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  • Der Schreibstil hat mir überhaupt nicht zugesagt. Das war das erste Mal, das mir von einem Buch "schlecht" geworden ist. Konnte mich überhaupt nicht hinein finden und habe das Buch deswegen auch nicht beendet.

  • Was für ein fantastisches Buch. Ich habe das Buch verschlungen, wie viele, die hier einen Kommentar geschrieben haben. Der Stil war ein wenig gewöhnungsbedürftig, doch dies ist er bei anderen Schriftstellern ebenfalls. Der grundlegende Plot ist natürlich der "Pest" von Camus nachempfunden, auch wenn man sagen kann, dass die beiden Bücher am Ende nicht miteinander zu vergleichen sind. Mein Fazit: Lesen, auf jeden Fall lesen. Es lohnt sich. :winken:

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Für mich ist dieses Buch ein zweischneidiges Schwert.
    Die Geschichte an sich ist sicherlich sehr packend und auch atmosphärisch - der allgemeine Verlust unseres wichtigsten Sinnesorgans, da wird man wirklich dazu angeregt, sich auszumalen, was man selbst in dieser Situation machen würde ... eine wahrhaft alptraumhafte Vorstellung.
    Generell ist das Buch für mich in 2 Abschnitte gegliedert, der Situation der Internierten in der Irrenanstalt und dem Abschnitt in der


    So beeindruckend und atmosphärisch ich den letzteren Teil fand, so mies fand ich doch den Abschnitt im Lager.


    Wie schon beschrieben - der Abschnitt in der Stadt war dann wieder sehr ansprechend, wenn ich mir auch gerade hier ein bisschen mehr Tiefe und Ausführlichkeit erhofft hätte - dafür hätte man gerne an der Beschreibung der Geschehnisse im Lager sparen können, nunja.
    Die Charaktere blieben - sicher auch aufgrund ihrer für mich oftmals nicht nachzuvollziehenden Handlungen und Ansichten eher flach und unnahbar, vielleicht ist das gewollt, wirkungsvoll fand ich das nicht.
    Auch Saramagos Art, die Dialoge zu beschreiben... nunja, irgendwie hat mir das auch nicht wirklich gefallen - aber es war interessant, einen derartigen Stil mal kennenzulernen :wink:


    Nun, da gehe ich mit dem Buch offensichtlich recht hart ins Gericht - ich möchte aber erwähnen, dass ich es trotzdem als lesenswert empfunden habe - es ist an vielerlei Stellen sehr parabelhaft mit einer Vielzahl an Interpretationsmöglichkeiten.
    Allerdings bin ich mir unschlüssig, inwiefern das von Saramago wirklich so gewollt ist - da kann man geteilter Meinung sein.
    Alles in allem: ein Buch, welches durchaus überzeugen kann, allerdings für meinen Geschmack leider auch viel Potential verschenkt.

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag:

  • Das Buch ist einfach großartig - die Geschichte fußt auf einer guten Idee und die Sprache ist einfach toll. Ich hatte anfangs ein paar "Eingewöhnungsprobleme" (direkte Rede wird nicht als solche markiert, so dass die Sätze gerne mal extrem lang sind), aber das hatte den Vorteil, dass ich das Buch irgendwie viel bewusster gelesen hab - so als ob ich es mir selbst vorlesen würde. Auch der leise Humor, der immer mal durchscheint (ok, hier jetzt nicht so sehr, das war bei "Der Doppelgänger" etwas mehr), hat mir sehr zugesagt. Es hat mich nicht mal gestört,


    Alles in allem sehr empfehlenswert! :thumleft: Ich bin extrem auf den Film gespannt!

  • Auch ich fand das Buch grandios!
    Oft stellte ich mir vor, wie es mir gehen würde, was ich machen würde, wenn ich in dieser Situation wäre. Oder was wäre, wenn ihnen ein anderer Sinn gefehlt hätte.
    Wenn alle nicht mehr hätten reden können etc.
    Das Buch regt wirklich sehr zum nachdenken an, besonders einer der letzten Sätze



    Sind Saramagos andere Bücher auch so? Sein Schreibstil hat mich übrigens gar nicht gestört!

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Ich finde das Buch genial, der Stil ist zwar ungewohnt, aber passt irgendwie total gut ...
    Vor allem die Handlung ist phänomenal, sie erinnert mich ein bisschen an "Die Pest" Von Albert Camus.


    Meine Lieblingsszene ist die Kirchenszene, sie ist so wunderschön philosophisch ...
    Auch die Hundeszene, also


    Das Namenlose an der Charakteren macht das Buch anpassungsfähig, es zeichnet nur den Menschen ab, lässt jedem Leser frei sich in die Figur hineinzudenken oder Personen aus dem Umkreis des Leser hineinzudenken ...


    Ein Klassiker!

  • Was für ein Buch! Ich bin sehr beeindruckt.


    Anfangs hat mich der Schreibstil Saramagos ziemlich genervt und ich dachte mir, dass ich dem Buch, auch wenn es mir super gefällt, nicht mehr als 4 Sterne geben kann.
    Letztendlich habe ich mich dann doch ziemlich daran gewöhnt und konnte ganz und gar der außergewöhnlichen Geschichte hn geben.


    Die Handlung ist einmalig und die meiste Zeit während der Lektüre war ich unheimlich traurig, wie die Menschheit verkommt, nur, weil ihnen das Augenlicht abhanden gekommen ist. Und das ist auch meine Interpretation: Wir sind blind gegenüber unserer wahren Natur, beziehungsweise gegenüber dem, was in uns schlummert und durch Zivilisation verdrängt wurde. Wir sind nur Tiere in Anzügen und dessen sind wir uns nicht bewusst.
    Das wäre meine Interpretation. Aber es gibt wohl ebenso viele, wie es Leser gibt...


    Auch das Ende fand ich nicht enttäuschend.


    Fazit: Absolut lesenswert! (Besonders für Fans der Endzeitszenarien, wie ich einer bin.) :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Nun muss ich mir noch irgendwoher den Film besorgen. (Auch, weil der absolut bezaubernde Gael Garcia Bernal da mitspielt. :) )

    Ich :study:
    J.M.Coetzee - Das Leben der Tiere
    Erzählungen von Franz Kafka
    Gedichte von Allen Ginsberg und Cummings

  • Ich habe das Buch vor kurzem gelesen und war anfangs vom Schreibstil auch einfach nur genervt. Weil der aber wirklich nicht das Entscheidende an diesem Buch ist, hab ichs weiter probiert und muss schon sagen, die Geschichte ist packend. Allein die Idee, dass alle auf einmal erblinden, ist schon außergewöhnlich (obwohl für Saramago nicht so untypisch, wie ich irgendwo aufgeschnappt habe) und war für mich mal schöne Abwechslung.


    Ich fand es auch schön, dass es schöne und unschöne Stellen gab, rührende und schreckliche, eine wirklich gelungene Mischung. An manchen Stellen war es mir ein bisschen zu langatmig und kurz bevor



    Das Ende fand ich gut, es war nicht supertoll, aber ich muss sagen, ich wüsste kein besseres und deshalb trage ich es dem Autor bestimmt nicht nach.


    "Ein Schiff, das im Hafen liegt, ist sicher. Aber dafür werden Schiffe nicht gebaut."

  • Ein Mann sitzt in seinem Wagen und wartet darauf, dass die Ampel auf Grün schaltet. Doch noch bevor das rote Licht auf Grün umspringt, ist er urplötzlich erblindet. Ein Passant begleitet ihn nach Hause, seine Frau bringt ihn zum Augenarzt - wenig später erblinden alle, mit denen der Mann Kontakt hatte.


    Die unerklärliche plötzliche Blindheit scheint hochansteckend zu sein. Der Staat befürchtet eine Katastrophe und sperrt alle Blinden sowie Menschen, die Kontakt mit Erblindeten hatten, in ein leerstehendes Irrenhaus, um die Verbreitung des sogenannten "Weißen Übels" zu stoppen.


    Immer mehr Blinde landen in der Quarantäne, die Versorgung ist schlecht, unter denen, die noch sehen können, bricht Panik aus, die Soldaten, die das Irrenhaus bewachen, sind beim kleinsten Anlass bereit zu schießen.


    Nur die Frau des Augenarztes ist rätselhafterweise von der Blindheit verschont geblieben. Sie gibt vor, ebenfalls erblindet zu sein, damit sie bei ihrem Mann bleiben kann, was ihr ermöglicht, das chaotische Leben in der Quarantäne für ihren Mann und seine Schicksalsgenossen zu strukturieren.


    Wie sich in dieser Extremsituation ungeahnte Konflikte auftun, wie Menschen plötzlich gegeneinander aufgehetzt werden, wie eine ganze Stadt im absoluten Chaos versinkt, weil irgendwann niemand mehr zu Dienstleistungen jeglicher Art imstande ist, da alle ihr Augenlicht verloren haben, ist ganz schön harter Tobak. Teilweise war ich nahe daran, das Buch beiseite zu legen, weil diese um sich greifende Blindheit und die menschlichen Abgründe, die sich durch die Verzweiflung und Hilflosigkeit der Betroffenen auftun, unfassbar niederdrückend wirkten.


    Die Sprache ist auch ein wenig anstrengend, keine wörtliche Rede, sehr lange Schachtelsätze, manchmal konnte ich kaum unterscheiden, wer jetzt gerade spricht und worum es geht, was den Lesefluss teils stark gebremst hat.


    Es ist darum kein Buch, das ich mit Vergnügen gelesen habe, aber eines, das einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Mir fällt die Beurteilung auch ein bisschen schwer, weil es kein flüssiges Buch war, das einfach schön zu lesen ist - andererseits wird es mir lange im Gedächtnis bleiben, deshalb doch 4 von 5 Punkten.

  • Ich habe erste 40 Seiten gelesen, und momentan bin noch sehr skeptisch.
    Die Idee, die dem Roman zu Grunde liegt, ist auf jeden Fall sehr ungewöhnlich und originell, dass ist schon mal ein Plus Punkt.
    Was mich stützig macht ist der Schreibstil des Autors, damit könnte ich Probleme haben. Ehrlich gesagt, spricht mich so ein Schreibstil gar nicht an.
    Ich hoffe, dass es mir nicht all zu große Schwierigkeiten bereitet, denn ich bin schon sehr gespannt auf die Handlung.

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Lapuente, Sofía/Shusterman, Jarrod - RETRO - Geh nicht online

  • Emili: Ist es Dein erstes Buch von Saramago? Sein Stil ist - zugegeben - gewöhnungsbedürftig und nicht alltäglich und verlangt dem Leser schon höchste Konzentration ab. Ich brauche auch meist einige Seiten, um mich hineinzufinden. Doch ist man erst in der Geschichte versunken, fehlen einem auch die Redezeichen nicht mehr! Ich finde seine Art, sich auszudrücken und zu formulieren, großartig.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Emili: Ist es Dein erstes Buch von Saramago? Sein Stil ist - zugegeben - gewöhnungsbedürftig und nicht alltäglich und verlangt dem Leser schon höchste Konzentration ab. Ich brauche auch meist einige Seiten, um mich hineinzufinden. Doch ist man erst in der Geschichte versunken, fehlen einem auch die Redezeichen nicht mehr! Ich finde seine Art, sich auszudrücken und zu formulieren, großartig.


    Rosalita
    Ja, das ist mein erstes Saramago. :)
    Ich wollte unbedingt den Autor kennenlernen. Dass seine Sprache sehr schön ist, ist mir auch schon aufgefallen, er hat so eine besondere Art, die zum Nachdenken anregt, mit so einem leichten philosophischen Touch. :wink: Auf jeden Fall kein Buch für die pure Unterhaltung. Was ich zwischendurch ganz gerne habe.
    Ich werde auf jeden Fall das Buch zu Ende lesen, nur die fehlenden Redezeichen, sehr dichter Textfluss und zu klein geratene Buchstaben - erschweren mir momentan, leider, den Lesegenuss.

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  • Emili: dann wünsche ich Dir Durchhaltevermögen! Ich wünsche Dir, dass Du den Autor für Dich entdeckst, er hat wirklich viel zu sagen!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


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  • Es ist schon ein Weilchen her, dass ich "Stadt der Blinden" gelesen habe, aber es ist mir lebhaft in Erinnerung geblieben. Ich fand es großartig und Saramagos eigenwilliger Schreibstil fand ich auffallend, aber nicht störend. Wahrscheinlich war ich zu sehr von der Handlung abgelenkt, die mich mehr als nur fesselte. Bisher habe ich kein weiteres Buch des Autoren gelesen, aber mir nun sein neuestes Buch "Die Reise des Elefanten" ertauscht. Ich bin gespannt wie ich dieses Mal reagiere. Die Thematik ist ja leichter, denke ich.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Stephen Clarke, Eine kurze Geschichte der Zukunft

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Das war mein erster Saramago. Was für ein Buch.
    Unglaublich beeindruckend, verstörend, bewegend. Das ist einer der Bücher, die ihren Eindruck für immer hinterlassen. Große Literatur.
    Ich werde ganz sicher dem Roman in meiner Meinungsäußerung nicht gerecht werden, da mir die Worte fehlen.
    Ich kann nur sagen, dass ich zu tiefst bewegt war. Die Bilder, die der Autor, vor dem inneren Auge entstehen lässt, sind unglaublich und erschreckend.
    Das schlimmste, was ich beim Lesen gedacht habe, ist, dass ich, obwohl ich ein optimistischer Mensch und an das Gute in den Menschen glaube, den Gedanken nicht los werden konnte, dass falls so was in der Realität passieren würde, genau so würden sich die Menschen verhalten, nicht anders.
    Von Not, Unglück, Trauer, Hunger und Angst getrieben ...
    Es haben sich Abgründe des menschlichen Verhaltens aufgetan, die man in einem normalen Leben, nicht wahr haben möchte, dennoch, so erschreckend es auch ist,
    die sind Wahr. Das hat mich wahrscheinlich am meisten bewegt.
    Wie der Autor an einer Stelle schrieb: dass der losgelöster Geist dieser Blinden... freier ist zu tun, "was er tun möchte, vor allem etwas Böses, das, wie alle Welt weiß, immer am leichtesten zu vollbringen ist."
    Mich an das Schreibstil des Autors zu gewöhnen fiel mir doch recht schwer, aber vielleicht gerade das hat dazu beigetragen, dass der Roman so anders ist. Der Saramago Stil hat so eine unglaubliche Aussagekraft, ohne pathetisch zu wirken. Er hat so eine unglaublich dichte Atmosphäre in dem Roman geschafft, man glaubt, dabei zu sein.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Ich bin sehr froh, dass Buch gelesen zu haben. Ein außergewöhnliches Leseerlebnis. Ganz gleich wie viele Bücher man schon gelesen hat, von diese Sorte werden immer wenige sein.

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Bei mir ist es auch schon einige Jahre her, dass ich dieses Buch gelesen habe. Es war damals eine Empfehlung eines guten Freundes. Ich habe das Buch verschlungen. Es ist erschreckend Ehrlich und es zeigt meiner Meinung nach, wie schnell die Menschen zu mitläufern werden und mit welcher Grausamkeit Menschen vorgehen. Gewalt ist meist Hausgemacht. Mich hat das Buch sehr inspiriert und ich habe es nie vergessen.

    Ein Wort, ein Buch, ein Autor sind nichts als einzelne Wassertropfen. Alle zusammen ergeben den Strom, der alles hinwegreist und den keine Kraft zurückfließen lassen kann. Adalbert de Chamisso

    :study:Brumm- Helmut Barz

    :study:Harry Potter und der Feuerkelch - J.K. Rowling

    :study:Das andere Geschlecht - Simone de Beauvoir

    :study:Meine Reise zum Tadsch Mahal

    :musik:Die kleine Bäckerei in Brooklyn - Sophie Caplin und Julie Caplin

    :study:Testleserin für einen bis dato unveröffentlichten Roman von Anette Schaumlöffel

  • Amazon.de:


    In einer unbekannten Stadt in einem unbekannten Land wird ein Mann, der in seinem Auto sitzt und darauf wartet, daß die Ampel auf Grün schaltet, plötzlich mit Blindheit geschlagen. Aber anstatt in Dunkelheit gestürzt zu werden, sieht dieser Mann plötzlich alles weiß, als ob er "in einem Nebel gefangen oder in einen milchigen See gefallen wäre". Ein barmherziger Samariter bietet an, ihn nach Hause zu fahren (um ihm danach das Auto zu stehlen); seine Frau bringt ihn mit dem Taxi in eine nahegelegene Augenklinik, wo er an den anderen Patienten vorbei in das Behandlungszimmer gebracht wird. Innerhalb eines Tages sind die Frau des Mannes, der Taxifahrer, der Arzt und seine Patienten und der Autodieb allesamt Opfer dieser Blindheit geworden. Als die Epidemie sich ausbreitet, gerät die Regierung in Panik und beginnt, die Opfer in einer leerstehenden Nervenheilanstalt unter Quarantäne zu stellen. Dort werden sie von Soldaten bewacht, die den Befehl haben, jeden, der zu fliehen versucht, zu erschießen.
    So beginnt die Geschichte des portugiesischen Schriftstellers José Saramago über eine Menschheit im Belagerungszustand. Ein erheblicher Mangel an Absätzen, begrenzte Zeichensetzung und eingeschobene Dialoge ohne Anführungszeichen und Attribute erscheinen im ersten Moment als eine ziemliche Herausforderung, aber dieser Stil trägt tatsächlich zum Spannungsaufbau und zur Einbindung des Lesers bei.
    In dieser Gemeinschaft von blinden Menschen gibt es noch ein Paar sehender Augen: die Frau des Arztes hat ihre Blindheit nur vorgetäuscht, um ihren Mann in die Quarantäne begleiten zu können. Als die Zahl der Opfer wächst und das Asyl aus allen Nähten platzt, beginnt die Versorgung zusammenzubrechen: Toiletten laufen über, Lebensmittellieferungen kommen nur noch sporadisch, es gibt keine medizinische Versorgung für die Kranken und keine Möglichkeit, die Toten richtig zu begraben. Zwangsläufig beginnen die gesellschaftlichen Konventionen ebenfalls zu zerfallen -- eine Gruppe der blinden Insassen übernimmt die Kontrolle über die schwindende Lebensmittelversorgung und benutzt sie, um die anderen auszubeuten. Währenddessen bemüht sich die Frau des Arztes, ihre kleine Gruppe von blinden Schützlingen zu beschützen, und führt sie schließlich aus dem Asyl in die mittlerweile schrecklich veränderte Landschaft der Stadt zurück...


    Meine Meinung:


    Der portugiesische Autor Jose Saramago, der 1998 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde, hat es geschafft, von der ersten Seite an eine beklemmende, erschreckende Atmosphäre zu schaffen. Durch einen Schreibstil mit geringer Anzahl von Absätzen, langen Kapiteln und dem Fehlen wörtlicher Rede provoziert der Autor Orientierungslosigkeit beim Leser, die wohl an den Zustand der Blinden erinnern soll. Zugleich bewirkt der Stil eine Atemlosigkeit, das Gefühl der Unaufhaltsamkeit des Geschehens und zieht den Leser somit in einen Bann.
    Über große Teile des Romans beschreibt Saramago die Hoffnungslosigkeit der Blinden, ihre Versehrtheit, den Zerfall der Gesellschaft und die menschlichen Abgründe, die daraus entstehen. Zusammen mit der einzigen sehenden Frau wird der Leser Zeuge dieser Gräueltaten, oder besser gesagt: Saramago zwingt den Leser, Zeuge zu werden und treibt ihn damit an die Grenzen der Belastbarkeit. Immer wenn ich dachte, es gäbe keine Steigerung mehr, entstanden neue Horrorszenarien, die Saramago dem Leser gnadenlos wie mit einem Blick durchs Mikroskop "vors Auge" führte.
    Gegen Mitte des Romans wird dem Leser langsam wieder Hoffnung zurückgegeben, es gelingt einem Teil der Blinden durch Zusammenhalt in der Quarantäne zu überleben und schließlich zu entkommen. Momente der Menschlichkeit, sogar der Schönheit blitzen wieder auf. Saramago streut immer wieder philosophische, psychologische und soziokulturelle Betrachtungen ein und gibt dem Leser die Möglichkeit, das "Gesehene" zu verdauen. War es die Angst, die den Menschen blind machte? Waren die Menschen nicht schon immer blind? Aber auch die Frage nach der menschlichen Würde wird aufgeworfen: wie kann der Mensch sie trotz Überlebenskampf schützen? Wie können wir (über-)leben? Dies sind nur einige Themen, mit denen sich die Blinden auseinandersetzen.


    Fazit: "Die Stadt der Blinden" ist ein schwer verdaulicher, erschütternder Roman, der nachklingt. Seine detaillierten Beschreibungen von Gewalt und Schmutz eignen sich nicht für zarte Gemüter, auch ich mußte einige Passagen überfliegen, weil ich es nicht mehr "mitansehen" konnte. Als Klassiker der Weltliteratur hat das Buch jedoch das Potential, dem Leser die Augen zu öffnen.


    Übrigens wurde das Buch 2008 u.a. mit Julianne Moore und Mark Ruffalo verfilmt.

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

    Einmal editiert, zuletzt von cyphella ()

  • Danke für deine Rezension, cyphella! Ich sollte das Buch wirklich nicht so lange auf meinem SuB liegen lassen, gut das du mich wieder daran erinnert hast!

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024