Patricia Cornwell - Gefahr/ At Risk

  • Winston "Win" Garano arbeitet als Ermittler für Monique Lamont, Oberstaatsanwältin für Massachusetts, und es ist ein ausgesprochen angespanntes Arbeitsverhältnis, das von gegenseitiger Abneigung bekennzeichnet ist. So ist es nicht unverständlich, daß Win auch den jüngsten Auftrag als reine Schikane betrachtet: Gerade hat man ihn gegen seinen Willen zu einem Forensikseminar nach Tennessee geschickt, dann wird er mitten aus den Seminaren herausgerissen und zurück nach Boston beordert, damit Lamont ihn für ihre jüngste Profilierungsübung auf dem Weg zum Gouverneursposten einspannen kann. Win soll unter Benutzung ultramoderner Methoden in der forensischen Genetik den zwanzig Jahre zurückliegenden Mord an einer alten Frau in Tennessee aufklären und damit Lamonts neuester Verbrechensbekämpfungskampagne die nötige Publicity beschaffen. Doch noch bevor Win überhaupt Gelegenheit hatte, sich mit dem Fall vertraut zu machen, erhält er eine Drohung - offensichtlich ist jemand nicht sonderlich erpicht darauf, daß Win schlafende Hunde weckt ...


    Nach den jüngsten Flops aus Patricia Cornwells Feder wurde Gefahr (Originaltitel At Risk, 2006) von der Kritik verhalten als Erfolg gelobt - eine Rückkehr zu ihrer früheren Form. Nun ist das eins von jenen Versprechen - wie "verbesserte Rezeptur auf Fertiggerichten -, die immer ein gewisses Unbehagen wecken ... wenn es vorher denn wirklich so schlecht war, wie gut kann es selbst nach Verbesserung sein. Und soweit es Cornwells jüngstes Werk betrifft, lautet die Antwort eindeutig "miserabel". Laut einigen Buchkritiken ist die einzige wirkliche Enttäuschung in Bezug auf den Krimi seine Kürze. Und ja, die ist enttäuschend. Hier werden rund 180 Seiten als ausgewachsenes Hardcover und zum Preis desselbigen verkauft. "Ein Win-Garano-Roman", verkündet Hoffmann & Campe großspurig - und verzichtet darauf zu erwähnen, daß Gefahr als Fortsetzunggeschichte in der New York Times das Licht der Welt erblickte. Und genau darin liegt eins der größten Probleme des Buches, denn eine gelungene Fortsetzungsgeschichte ergibt nicht zwangsläufig einen gelungenen Roman (wie ja auch die einseitigen Kurzkrimis in Zeitschriften nicht mit regulären Krimikurzgeschichten zu vergleichen sind). Das Ganze ist eher eine Fingerübung - ein sehr grobes Handlungsgerüst, an dem das absolute Minimum an benötigten Szenen aufgehängt ist. Es gibt keine ausgefleischten Figuren, und was "ausgeklügelt" und "verwirrend" sein sollte, ist schlicht "verworren".


    Was mich persönlich aber bedeutend mehr enttäuscht hat, ist die völlige Emotionslosigkeit des Buches. Nicht so sehr von Cornwells Seite her, denn Gefahr ist eine weitere ihrer inzwischen berüchtigten Tiraden gegen Machtspiele und die menschenverachtenden Praktiken von Politikern und Polizisten und allen anderen, die nur von ihrer persönlichen Gier angetrieben werden. Aber Cornwell treibt den Zynismus (an sich ja nicht unbedingt etwas Schlechtes) in diesem Buch zu neuen Höhen: Praktisch alle Figuren sind flach, aber abstoßend oder auch schlicht nervtötend, da sie allein von ihren Minderwertigkeitsgefühlen getrieben zu sein scheinen.

    Nichts an dem Buch vermochte, mich als Leser zu berühren, mir war das "Schicksal" der Figuren und der Ausgang der Geschichte vollkommen egal. Es gibt Momente, in denen Cornwell zu ihrer ehemaligen sprachlichen Brillanz aufläuft, aber es bleiben einzelne Sätze, nicht einmal ganze Absätze, und es macht das Leseerlebnis für (ehemalige) Fans nur um so schmerzlicher.


    Das Traurigste an Gefahr (und gleichzeitig wohl auch das Ironischste) ist, daß im Verlauf des Buches etlichen Figuren vorgeworfen wird, sie würden sich einen feuchten Kehricht um den Mord an der alten Frau scheren - und genauso verfährt Cornwell mit dem besagten Fall.


    Falls es tatsächlich noch eingefleischte Cornwell-Fans gibt, die allen Enttäuschungen zum Trotz unbeirrt weiter auf einen neuen "Klassiker" dieser einstmals überragenden Autorin hoffen, werden diese wohl auch Gefahr lesen (ich selber muß wohl ebenfalls in diese Kategorie gehören :uups: ). Allen anderen kann ich nur abraten, selbst wenn das Buch irgendwann in einer billigeren Taschenbuchausgabe erscheinen sollte. :thumbdown:


    Gruß
    Ute

  • Vielen herzlichen Dank Ute, :cheers:


    für die ausführliche Rezi. Schade, dass es doch nicht so toll ist, hatte es schon auf meiner Liste stehen, werde es aber nun wieder streichen. Dachte wirklich, dass sie mit dem neuen Serienhelden, und der Inhalt klingt ja recht gut, wieder neuen Schwung hineingebracht hat. :(

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • Zitat

    Original von Helga
    Schade, dass es doch nicht so toll ist, hatte es schon auf meiner Liste stehen, werde es aber nun wieder streichen.


    Das hast Du hoffentlich auch getan.


    Um ehrlich zu sein eine Rundum-Enttäuschung geschrieben von, naja, man könnte meinen eben nicht von Cornwell. Zumindest hatte ich nicht ein einziges Mal das Gefühl ein Cornwell-Buch in der Hand zu halten.
    Bleibt zu hoffen, dass sie daraus keine Serie macht und Winston Garano schnellstens wieder in der Versenkung verschwinden läßt wie Andy Brazil nach seinem letzten Abenteuer auf der "Isle of dogs".


    Nach Predator hatte ich gehofft es kann nicht schlechter werden und wurde eines Besseren belehrt.
    Fazit für mich, etwas was ich nie für möglich gehalten hätte: ich werde mir das Geld für die zukünftigen Cornwell Romane sparen und nur noch kaufen wenn die Kritiken mir empfehlen es zu kaufen. Und zwar nur die Kritiken der Leser !

  • Habe es mir nun doch aus der Bücherei mitgenommen.



    Originaltitel: At Risk
    159 Seiten


    Meine Meinung:
    Der Beginn einer neuen Serie mit den Ermittler Win Garano. Nichts Weltbewegendes, aber doch eine nette Geschichte zwischendurch. Da es sehr dünn ist, hat man es schnell durchgelesen.


    Die Personen sind nicht besonders ausgeprägt, obwohl Garano recht sympathisch wirkt. Die Geschichte läuft in verschiedenen Handlungssträngen ab und es ist alles sehr oberflächlich gehalten, da es vordergründig wieder einmal um Politik und den Posten des Gouverneurs geht.


    Ich hoffe, das der nächste Fall etwas an Länge und Intensität zunimmt. Werde ihn auf jeden Fall auch noch lesen.

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • Irgendwie hatte ich gehofft, nach den letzten Enttäuschungen der "Kay Scarpetta"-Reihe, mit diesem Roman um Win Garano etwas von Cornwells altem, gutem Schreibstil zu lesen zu bekommen.
    Fehlanzeige. Dieses Buch, vielmehr Büchlein, ist eine Aneinanderreihung von nichtssagenden Sätzen.
    Die Charaktere sind allesamt flach und lieblos, Win Garano der gutaussehende, aber arme Held, der vor der dominanten Staatsanwältin Lamont kuscht.
    Der Fall selbst langweilig und irgendwie undurchsichtig, unnötig.


    Ich werde sicherlich kein weiteres Buch dieser Reihe lesen und bin der Meinung, dass sich Patricia Cornwell lieber in den Autorenruhestand begeben sollte, bevor sie weiterhin so schlechte Bücher schreibt.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Das klingt nicht besonders toll, was ihr über das Buch schreibt, dann wird es wohl vorerst noch auf dem (eh nicht allzu kleinen) SUB-Stapel bleiben

    lg Schattenlady


    Bücher lesen heißt: wandern gehen in fernen Welten, aus den Stuben über die Sterne
    (Jean Paul)

  • Vor einiger Zeit habe ich dieses Buch gelesen und für mich war es nicht gerade ein Highlight.


    Klappentext:
    Win Garano, Ermittler bei der Massachusetts State Police, soll einen nie gelösten Mordfall, der nun 20 Jahre zurückliegt, mit modernster DNA-Analyse neu aufrollen. Seine Chefin, die Bezirksstaatsanwältin, erhofft sich von der Aufklärung Rückenwind für ihren Wahlkampf um das Gouverneursamt. Seltsam nur, dass sie Garano nicht einmal die Polizeiakte zu diesem Fall zur Verfügung stellen kann. Und noch viel seltsamer ist die Drohung, die Garano kurze Zeit später erhält. Als er seine Chefin zur Rede stellen will, kommt er gerade noch rechtzeitig, um ihr das Leben zu retten…


    Inhalt:
    Win Garano arbeitet als Polizist bei der Polizei von Massachusetts. Eigentlich sollte er seine Zeit bei einer Weiterbildung in Knoxville/Tennessee verbringen, aber seine eigenwillige Chefin Lamont, die Bezirksstaatsanwältin von Massachusetts, beordert ihn zurück nach Boston um ihn nur mitzuteilen, dass er einen 20 Jahre alten Mordfall in Tennessee aufklären soll, da es für sie Publicity verspricht, wenn er dies schafft. Win Garano, stinksauer über Lamont, fährt zu ihrer Wohnung um sie zur Rede zu stellen, und findet sie in einer lebensgefährlichen Situation vor. Was geht hier vor und wieso muss ausgerechnet er, mit so einer Chefin herumschlagen? Und wieso ist die Akte nicht auffindbar. Je länger er sich mit Syke, einer Kollegin aus Tennessee, um den alten Fall kümmert um so merkwürdiger verhalten sich die Menschen.


    Meinung:
    Dies war mein erster Patricia Cornwell Roman. Ich sage Roman, weil nicht wirklich Spannung auf kam. Die Geschichte plätschert vor sich hin und eine Spannung kommt bis zum Ende hin nicht auf. Auch ist die gesamte Story nicht ganz durchschaubar und manches bleibt einfach unklar.
    Gut gefallen haben mir hingegen die Charaktere der Handlung. Vor allem der Ermittler Win Garano kommt sehr sympathisch herüber, sei es im Umgang mit seiner Großmutter oder mit der Hündin „Miss Dog“, oder seiner Nachbarin Suzie. Hingegen wurde mir die Figur Lamont nie sympathisch. Sie sehr schön dargestellt mit ihrer Arroganz und Hinterlist, aber einen positiven Aspekt habe ich bei ihr nie gefunden.
    Und wäre nicht die gute Zeichnung der Charaktere und die kurzweilige Unterhaltung für einen Abend gewesen, würde das Buch wesentlich schlechter abschneiden. So ist es ein Buch für zwischendurch, nicht mehr und nicht weniger.

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



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