Barbara Erskine - Das Lied der alten Steine/Whispers in the Sand

  • Das Lied der alten Steine
    Autorin: Barbara Erskine
    Heyne 01/13551 (Softcover, 2002)
    ISBN 3-453-21099-9
    480 Seiten
    Euro: 7,95
    :farao:
    Ägypten ist ein Land, dass die Gedanken und Gefühle der Menschen schon immer bewegt hat und seit der archäologischen Amateurforschung der viktorianischen Zeit hat dieses Interesse nicht mehr abgenommen. Jeder neue Bericht, jede neue Entdeckung ruft ein enormes Medienecho und ein noch größeres Publikumsinteresse hervor. Sogar Verfilmungen mit B-Movie-Charakter wie die letzten „Mumien“-Filme locken Millionen von Zuschauern in die Kinos und vor die Videorekorder.


    Vor dem Hintergrund ist der vorliegende Roman rein von seinem Erscheinungsdatum klug gewählt gewesen und von seiner allgemeinen Handlung durchaus mit dem Geschmack der Zeit verbunden. Ähnlich wie in „Die Mumie“ wird auch hier auf mehreren Zeitebenen erzählt, wobei allerdings nicht zwei sondern drei Zeitebenen eingebaut wurden. Die chronologisch erste Zeitebene betrifft das Aufeinandertreffen zweier hoher ägyptischer Priester – Amhotep und Hatsek – das nach einem Streit über den Umgang mit einem bestimmten Kultgegenstand dazu führt, dass beide in gewaltsamer Form ihr Leben lassen. Von da ab wird im weiteren Verlauf des Romans die Wanderung des besagten Gegenstands durch Ägypten beschrieben.


    Die zweite Zeitebene wird durch die Tagebuchaufzeichnungen Louisa Shelley dargestellt, die nachdem sie verwitwet ist für einige Zeit nach Ägypten geht um dort an einer Nilfahrt teilzunehmen. Louisa ist eine anerkannte Künstlerin des viktorianischen Zeitalters und sie möchte gerne das fremde Ägypten mit all seinem heidnischen Zauber porträtieren und dabei natürlich auch näher kennen lernen. Dieses Kennenlernen geht so weit, dass sie sich sogar in ihren Dragomann Hassan verliebt, eine Liaison, die in der damaligen Zeit sowohl aus standesrechtlichen, sittliche und „rassischen“ Gründen als verwerflich galt. Von Hassan bekommt sie einen Gegenstand geschenkt, der wenig später bei einem anderen Engländer, der sich in Ägypten aufhält und der den Ruf eines englischen Aleister Crowley innehat, große Begehrlichkeiten hervor ruft und der bei dem Versuch, diesen Gegenstand zu erhalten vor wirklich gar nichts zurück schreckt, noch nicht einmal vor dem Einsatz „schwarzer“ Magie.


    Diese „schwarze“ Magie soll auch über hundert Jahre später Anne Fox - eine direkte Nachfahrin von Louisa Shelley - zu spüren bekommen, als sie – nach der Scheidung von ihrem Mann Felix – ebenfalls zu einer Nilkreuzfahrt aufbricht. Zur Lektüre auf dieser Fahrt bekommt sie von ihrer Tante Louisas Tagebuch mit und sie selber nimmt einen kleinen Kunstgegenstand mit, den sie schon in ihren Kindheitstagen von ihrer Großtante erhalten hatte. Auch bei den Teilnehmern der neuen Kreuzfahrt wecken sowohl das Tagebuch als auch der Gegenstand zunehmend seltsame Begehrlichkeiten, was durch eine höhere Anzahl an Teilnehmern und durch die Anwesenheit eines Mediums noch unübersichtlicher wird. Anne merkt, wie die Geschichte ihrer Vorfahrin mehr und mehr auf ihr eigenes Leben und auf die Leben der Menschen um sie herum Einfluss nimmt und diese zum Teil lebensgefährlich bedroht. Und diese Bedrohung geht nicht nur 100, sondern tatsächlich Tausende von Jahren in die Vergangenheit zurück.


    Krimi, Thriller, Reiseroman, Gothic-Novel etc.. „Das Lied der Steine“ (orig. „Whispers in the Sand“) lässt sich problemlos in viele verschiedene Kategorien einpassen und ist auch in jeder von ihnen mehr oder weniger zu Hause. Dabei ist der Roman durchgängig spannend geschrieben, sprachlich ansprechend und von Anfang bis Ende ein wahres Vergnügen für jeden, der ihn in die Hände nimmt. Nicht nur im Sommer eine passende und kurzweilige Lektüre.

  • Ich fand das Buch auch klasse und habe es nur so verschlungen.
    Erst fand ich es ein bischen verwirrend, wegen der verschiedenen Zeitebenen aber Barbara hat über das Kapitel immer ein anderes Zeichen gesetzt, sodass man sie ganz gut auseinanderhalten kann.
    Auch verführt es mich wohl dazu mal eine Nilfahrt zu unternehmen bei nötiger Zeit und Geld :wink:

  • Zur Zeit lese ich "Das Lied der alten Steine" von B. Erskine. Auch mir gefällt es bis jetzt sehr gut und ich bin gespannt, wie sich alles weiter entwickelt. Vor 10Jahren habe ich selbst eine Nilkreuzfahrt gemacht und war begeistert davon. B. Erskine bringt mir die Schauplätze so nahe, ich sehe sie wieder vor meinen Augen und alles ist zum Greifen nah. :farao:


    Es ist das erste Buch, das ich von Barbara Erskine lese und weiß gar nicht mehr, warum ich es immer wieder auf meinem SUB nach hinten sortiert habe. :-,

  • K.-G. Beck-Ewe


    Die Nilkreuzfahrt war super. Auch ohne verfluchtes Parfümfläschchen hatte ich in den Gräbern und Tempel immer wieder so ein Gänsehautgefühl. Es ist alles einfach so überwältigend und beeindruckend. Barbara Erskine hat die Stimmung vor Ort sehr gut beschrieben.


    Ich würde die Fahrt gern noch einmal wiederholen. Das war damals eine Last-Minute-Reise und die Zeit für eine Vorbereitung fehlte uns völlig. Aber wir wollten uns das auch nicht entgehen lassen. Aber wenn man solch eine Reise richtig vorbereitet machen kann, das wäre dann der wahre Traum.

  • Da ich nach meiner Nilkreuzfahrt neugierig auf Bücher wurde die in Ägypten spielen, laß ich "Tod auf dem Nil" und "Eine Liebe in Luxor". Nun möchte ich mehr :lechz: und deine Rezi, K.-G. Beck-Ewe, hört sich ganz nach dem passenden Buch für mich an. :thumleft:

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier

  • Ich hab das Buch neulich im Schrank wieder gefunden (hatte es ganz vergessen)... Bei Amazon zB stand in einer Bewertung, das Buch würde am Ende ziemlich viel offen lassen, die Leserin hat sich ziemlich geärgert.


    Seht ihr das auch so oder kann man mit dem Ende an sich zufrieden sein? Sonst überlege ich mir das mit dem lesen nochmal... :-? :lol:

    Wer keine Fehler macht, macht wahrscheinlich auch sonst nicht viel.

  • Barbara Erskine ist eine Autorin, die mich schon seit vielen Jahren begleitet. Immer mal wieder lese ich Bücher von ihr und wurde noch nie enttäuscht. Diese Frau besitzt ein gutes Händchen für ihre Geschichten, in denen Stimmung, Figuren, Schauplätze und Handlung wirklich gut miteinander harmonieren. "Das Lied der alten Steine" ist hier keine Ausnahme.


    Was ich von Anfang an sehr spannend fand, war die Tatsache, dass die Geschichte um Anna und ihre Vorfahrin Louisa in Ägypten spielt. Das Land der Pharaonen trifft man in meinem Bücherregal kaum bis gar nicht an, daher war es definitiv eine schöne Abwechslung. Zu Beginn konnte mich diese doch recht untypische Kulisse auch direkt für sich einnehmen: Hitze, Sand, uralte Grabkammern. Absolut mein Ding! Es war wie immer faszinierend, wie detailreich und liebevoll Erskine die Bilder in meinem Kopf entstehen ließ. Jedoch muss ich zugeben, dass ich mir im Laufe der Geschichte vielleicht doch etwas mehr Vielfalt in Hinblick auf die Schauplätze gewünscht hätte. Diese blieben nämlich größtenteils gleich: Passagierschiff, Wüste, Grabmal/Sehenswürdigkeit. Auch die Ereignisse schienen sich dadurch ab und an etwas "festzufahren", Handlungen der einzelnen Charaktere wurden in ähnlicher Weise mehrmals durchgespielt - nur eben an einem anderen Ort. Es hatte für mich manchmal etwas von "Täglich grüßt das Murmeltier".


    Dennoch ließ sich "Das Lied der alten Steine" (wie ich es von Erskine gewohnt bin) sehr gut lesen. Ihre Figuren blieben für mich zwar dieses Mal meistens bis zum Ende undurchsichtig, wirkten eventuell aber gerade dadurch auch menschlich/natürlich und gestalteten den Fortgang der Geschichte spannend und nicht unbedingt vorhersehbar. Anna war eine Protagonistin, die ich gern begleitet und als absolut sympathisch empfunden habe. Sie fehlt mir ein bisschen, seitdem ich das Buch vorhin zugeklappt habe. Aber auch das bin ich schon von Erskine gewohnt. Ihre Charaktere begleiten mich sehr oft noch nach dem Lesen. Gut so.


    Was ich wieder sehr gelungen fand, war dieser leichte Schleier aus düsterer Vorahnung und bedrückendem, wenn auch nicht aufdringlichem Spuk, den die Autorin auch in dieser Geschichte über die Geschehnisse gelegt hat. Sie verwebt gekonnt Realität und Fiktion miteinander und erschafft dadurch eine beeindruckende Tiefe der Dinge, die fesselt und zum Weiterlesen animiert. Dabei schafft Erskine es jedoch meiner Meinung jedes Mal, das Übersinnliche nicht ins Lächerliche abdriften zu lassen, wodurch sich angenehme, schaurig-schöne Lesemomente ergeben.


    @Pinguinchen Ich weiß nicht, ob deine Frage noch einer Antwort bedarf, aber ich kann dir sagen, dass ich das Ende gelungen finde. Ich bin der Meinung, dass alles gesagt wurde, was zu sagen war. Auf jeden Fall würde ich wegen dieser Aussage nicht darauf verzichten, das Buch zu lesen. Geärgert habe ich mich jedenfalls nicht. :lol:


    Alles in allem wies "Das Lied der alten Steine" kleine Schwächen auf, war aber ein typisches Erskine-Buch, das mich mal wieder für sich gewinnen konnte und gut unterhalten hat. Ich vergebe solide :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: und freue mich schon auf die anderen Leckerbissen, die in meinem Regal (und in denen der Buchhandlungen) auf mich warten.


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • @Pinguinchen Ich weiß nicht, ob deine Frage noch einer Antwort bedarf, aber ich kann dir sagen, dass ich das Ende gelungen finde. Ich bin der Meinung, dass alles gesagt wurde, was zu sagen war. Auf jeden Fall würde ich wegen dieser Aussage nicht darauf verzichten, das Buch zu lesen. Geärgert habe ich mich jedenfalls nicht.

    Das ist ja lieb das du dazu nochmal was schreibst. :) Danke! :friends:

    Wer keine Fehler macht, macht wahrscheinlich auch sonst nicht viel.

  • Ich habe das Buch mehrfach gelesen, es gehört zu meinen absoluten Lieblingen. Ich finde das Ende nicht unschön oder zu offen, sondern sehr passend.
    Jedes Mal wieder tauche ich förmlich ein in die geheimnisvolle Atmosphäre, die B. Erskine in diesem Buch schafft. Es gehört, meiner Meinung nach, zu den besten Büchern, die in verschiedenen Zeiten im alten und neuen Ägypten spielen.