Joe Klein - Das Naturtalent

Joe Klein
Das Naturtalent – Die verkannte Präsidentschaft des Bill Clinton
Siedler (Hardcover/2003)
ISBN 3-88680-780-X
223 Seiten
Euro 19.90

Joe Klein – der Autor von „Primary Colors“ („Mit aller Macht“) – hat dieses Buch als eine Art Tribut an den letzten Präsidenten der Vereinigten Staaten, bzw. an seine Präsidentschaft geschrieben. Als ein etablierter und bekannter Autor und Journalist im politischen Bereich setzt er dabei von seinen Leserinnen und Lesern gewisse Grundkenntnisse voraus, die es auch für ein deutsches Publikum nicht immer einfach zugänglich macht.

Bill Clinton ist in der Weltpresse in erster Linie für seine Skandale bekannt geworden, wobei man sich bei Dingen wie der Whitewater-Affäre und der Lewinski-Affäre oft gefragt hat, was die Presse und die Politiker der Opposition und auch der eigenen Partei eigentlich wirklich erreichen wollten, denn in der Whitewater-Affäre wurden nie wirkliche Nachweise für illegale Handlungen nachgewiesen und Newt Gingrich und auch einige der anderen Verfolger Clintons haben in der Folge ihre eigenen – von der Presse weitestgehend unbeachteten - Lewinskis gehabt. So ist ein großer Teil der Kritik an Clinton weniger auf sein eigenes Fehlverhalten zurück zu führen, als vielmehr auf die Art, wie die Presse mit ihm umgegangen ist – und wie er selber, teilweise sehr ungeschickt, mit der Presse umgegangen ist. Ähnliches gilt auch für den Umgang mit Politikern aus der eigenen Partei. Sehr interessant ist in diesem Buch auch zu sehen, wie sich die demokratische Partei in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat und wie es Clinton in seiner Zeit gelungen ist, in diesem Bereich einiges zu bewegen.

Joe Klein ist kein Apologet Clintons und er geht mit dessen politischen und persönlichen Fehlern teilweise sehr hart ins Gericht. Aber er zeigt auch, welche politischen Erfolge – die im Großen und Ganzen positive innen- und außenpolitische Aspekte hatten – Clinton erzielt hat. Dabei hat er sich häufig einer Politik der kleinen Schritte bedient und unermüdlich gearbeitet, was eine starke Belastung für die Menschen in seinem Arbeitsumfeld darstellt und was wenige sensationelle Elemente enthielt, so dass die Presse immer mehr darin interessiert, etwas Skandalträchtiges an dem jungen Präsidenten zu finden, statt seine Arbeit wirklich kritisch zu beleuchten, denn die war häufig so komplex strukturiert, dass selbst Politprofis lange überlegen mussten um zu verstehen was er tat und Journalisten sich oft gar nicht erst die Mühe machten, seine Tätigkeit zu verstehen, bzw. ihrem Publikum transparent zu machen. Da war sein Umgang mit Zigarren einfacher zu erklären. Und auf solche Dinge haben sich die Medien dann auch gestürzt.

Neben dieser Betrachtung des öffentlichen Bill Clinton, versucht sich Klein auch an einer Betrachtung des Verhältnisses zwischen Bill und Hillary, wobei er allerdings zugibt, dass dieses Verhältnis genauso komplex ist, wie Clintons Politik selbst, so dass hier Politisches und Privates einander sehr stark bedingen und darum Vieles dem Außenstehenden nicht wirklich ersichtlich sein kann.

Alles in Allem ein sehr informatives Buch, das den Leserinnen und Lesern aber auch Einiges an eigener Denkarbeit und Zusatzrecherche abverlangt. Doch für denjenigen, der das Phänomen Clinton wirklich verstehen möchte, sicherlich ein unverzichtbares Buch, auch weil man hier die Entwicklungen des investigativen Journalismus seit Watergate sehr gut dargestellt bekommt.