Annegret Held
Das Zimmermädchen
marebuchverlag (Hardcover/2003)
ISBN 3-936384-06-1
250 Seiten
Dieser Roman führt uns auf die schöne Nordseeinsel Langeoog, ein Ort, an dem nur die Feu-erwehr und der Notarzt Auto fahren dürfen und den Familien innerhalb ihrer eigenen Reihen als Ferienort vererben. Doch um hier Urlaub machen zu können muss es auch Leute geben, die einem diesen Urlaub gut gestalten und zu diesen Leuten gehören auch die Zimmermäd-chen in den Hotels und Pensionen. Und von einem dieser Zimmermädchen handelt dieser kleine Roman, der einige private Erfahrungen der Autorin verarbeitet.
Carla ist in den Bergen geboren und nach dem Abitur beschließt sie in die weite Welt hinaus zu gehen um dort etwas zu lernen. Die weite Welt soll zunächst am Meer sein und sie will ganz unten anfangen und bewirbt sich darum als Zimmermädchen auf Langeoog in der Pensi-on „Deichgraf“. Hier stürzt sie sich in Hausarbeit, wie sie es Zuhause niemals in Erwägung gezogen hätte. Und so, dass es ihre Chefin – Frau Sörensen immer wieder irritiert. Ihre Mit-streiterinnen an der Putzfront sind davon eher amüsiert.
Dieser Roman ist bei seinem Herauskommen in der Presse teilweise stark angegriffen worden, weil er zu sehr einen Gutmenschen – Carla – einer Reihe von nicht so guten Menschen ge-genüber stellt. Aber das verkennt – meiner Meinung nach – das Thema des Romans. Genauso wenig ist es eigentlich ein reiner Inselroman, auch wenn er gerne so beworben wird. Begeis-terte Inselbesucher werden ein wenig erstaunt sein, dass man es in sieben Wochen nicht schafft, die Seehundbänke, das Birkenwäldchen, den Hafen, den Flughafen und einiges ande-res auf dieser Insel zu sehen, dass für die meisten „Profis“ selbst in zwei Wochen zum festen Pflichturlaubsprogramm gehört. Aber Carla lernt hier in ihrer Art und Weise eben eine neue Welt kennen und auch ein wenig über sich selbst. Es handelt sich hier nicht um eine Groß-städterin, sondern um eine relativ isoliert aufgewachsene Frau, die hier – in einem relativ si-cheren isolierten Umfeld – ihren ersten kleinen Ausbruchsversuch macht. Wobei sie auf ihre Umgebung genauso fremd wirkt, wie diese auf sie selbst.
Im Umgang mit den Gästen eines Ärztekongresses, mit den Kolleginnen und der Chefin und auch bei Besuchen in der damals noch existierenden Inseldiskothek „Givtbude“ lernt Carla in der kleinen Welt Langeoog wirklich etwas Neues, bevor sie ihren weiteren Lebensweg an anderer Stelle fortsetzt. Stilistisch und emotional mag dieser Roman ein wenig einfältig oder platt wirken, aber diejenigen, die heute über 30 sind, sollten sich bei der Beurteilung ehrlich fragen, wie sie selbst im Alter von 18 oder 19 Jahren über das Leben gedacht haben und wie sie gefühlt haben und wie ihnen ihre Eindrücke von damals heute erscheinen würden. Dieses Fühlen und Denken hat Annegret Held in diesem Roman vor der Kulisse einer sehr heilen Welt – denn das ist Langeoog für viele – wieder zum Leben erweckt und dies so, dass man es in seiner ganzen Peinlichkeit nachvollziehen kann.
K.-G. Beck-Ewerhardy