John Irving - Die wilde Geschichte vom Wassertrinker / The Water-Method Man

  • John Irving - Die wilde Geschichte vom Wassertrinker, Originaltitel: The Water Method Man


    Inhalt
    Fred "Bogus" Trumper leidet seit Jahren unter ständigen, verschiedenen Beschwerden beim Wasserlassen. Zum ersten Mal sind diese Krankheiten aufgetaucht, nachdem er sich als Jugendlicher bei einem Mädchen mit dem Tripper angesteckt hatte. Obwohl sein Vater Urologe ist, konsultiert Bogus einen anderen Arzt und dieser empfiehlt ihm - falls er seine enge Harnröhre nicht operativ erweitern lassen will - die Wassermethode: Literweise Wasser trinken. Was Bogus auch macht.
    Er studiert Literaturwissenschaft, versucht seine Promotion durch die Übersetzung eines altniedernordischen Epos über "Akhelt und Gunnelt" zu erlangen, aber mittendrin verlässt ihn die Lust. Er lernt eine Weltcup-Skifahrerin kennen, Sue "Biggi", heiratet sie, bekommt einen Sohn mit ihr; weil er beruflich nicht weiter kommt, dreht der Vater den Geldhahn zu.
    Bogus verlässt Biggi und Sohn, lebt mit Tulpin zusammen und dreht mit seinem Kumpel Ralph alternative Filme. Als Ralph Bogus' Leben unter dem Titel "Der Griff in die Scheiße" verfilmen will, flüchtet Bogus wieder und verlässt auch Tulpen
    .


    Chaotisch? Genau: chaotisch. Dabei habe ich noch einen Teil der Nebengeschichten und Erzählstränge weggelassen und habe die Geschichte, die im Buch zwischen Bogus' einzelnen Lebensphasen vorwärts und rückwärts springt, chronologisch wiedergegeben.



    Das erste Kapitel - der Besuch beim Urologen und die Auflistung all jener Probleme, die ein junger Mann mit diversen Defekten der Harnröhre sowohl beim Sex als auch beim Pinkeln haben kann - macht Spaß: Man erkennt Irvings Handschrift und freut sich auf die nächsten 450 Seiten. Aber das gewohnte Konzept, einen etwas spleenigen Typen durch eine ganze Reihe skurriler Abenteuer zu schicken und ihm hierbei die merkwürdigsten Personen zur Seite zu stellen, geht in diesem Buch nicht auf.
    Ich habe einfach keinen Draht zu Bogus gefunden. Er selbst blieb mir unsympathisch und viele seiner Handlungen fremd und unverständlich. Die Nebenpersonen scheinen mir stärker und prägnanter dargestellt als der Protagonist selbst.



    Irvings Figuren geraten oft in Situationen, die an Slapstick-Szenen erinnern, aber der Autor schafft es meist, diesen Szenen das Abgedroschene zu nehmen und eigene Gags zu schaffen. In diesem Buch leider nicht immer. Angefangen bei Bogus' Versuch, Skifahren zu lernen über ein ausgelaufenes Aquarium bis zu den Freuden eines Vollrausches.


    Hätte nicht "John Irving" auf dem Cover gestanden, hätte ich das Buch wohl nach 100-150 Seiten zugeklappt. So aber hatte ich immer noch Hoffnung, dass es irgendwann besser wird, und diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Allerdings erst auf den letzten 50-70 Seiten, als das gesamte Chaos sich quasi an einem Tag zu einer Friede-Freude-Eierkuchen-Szenerie bündelt.



    Es gibt Irving-Romane, von denen ich absolut begeistert bin, andere finde ich eher mittelmäßig, aber dies ist der erste, den ich nicht mag. Trotzdem: Der Vollständigkeit halber sollte ein Irving-Fan auch diesen Roman gelesen haben.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das klingt ja interessant, Marie


    Ich lese gerade meinen ersten Irving (Gottes Werk und Teufels Beitrag). Bin nicht ganz überzeugt von dem Buch, auch wenn ich - mitten im sechsten Kapitel - noch mehr als die Hälfte vor mir habe. Aber Irvings "Handschrift" ist in dem von dir vorgestellten Buch für mich zu erkennen.
    Ich glaube ich sollte nach der Rezi als zweites Buch ein anderes wählen.


    Grüße, Cassa Dar.

    "Die Erde ist aller Wesen Erhalterin, sowohl des Menschen, der sie bebaut, als auch des Hamsters, der sie durchwühlt." Friedrich Gabriel Sulzer
    Offroader kommen in den Himmel, durch die Hölle sind wir schon gefahren.


    :study: Der Name des Windes - Patrick Rothfuss

  • Für einen Irving habe ich jetzt, nach dem ich mit "Gottes Werk und Teufels Betrag" fertig bin, natürlich auch ein offenes Ohr. Dieses Buch war auch mein erster Irving. Es hat mir sooo gut gefallen, dass es auf keinen Fall mein letzter Irving war. Da kommt mir deine Vorstellung gerade gelegen. Ich habe den Wassertrinker auf meine Wunschliste geschrieben. Danke für die Rezi, Marie!

  • Das klingt mir sehr nach einem Buch, das ich mir nicht unbedingt anschaffen muss, zumal ich mich spätestens seit "Bis ich dich finde" nicht mehr zu den eingefleischten Irving-Fans zähle...


    Danke, Marie, für die wie immer sehr "griffige" Vorstellung. :thumright:


    Liebe Grüße
    Siebenstein :wink:

    :montag: Judith Hermann - Daheim


    "Sehnsucht nach Liebe ist die einzige schwere Krankheit, mit der man alt werden kann, sogar gemeinsam."
    (Bodo Kirchhoff: Die Liebe in groben Zügen)


  • Als einziges No-Go-Einsteigerbuch würde ich nur "Die Bären sind los" nennen. Alle anderen Bücher, die ich bisher von Irving gelesen habe, haben mich nie enttäuscht, und stattdessen immer wieder aufs neue beigeistert.


    Und auch die wilde Geschichte vom Wassertrinker kann ich so nur empfehlen!

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • 1. Was, bitte, ist ein "No-Go-Einsteigerbuch"? (Tut mir leid, ich bin des Neu-Deutschen nicht mächtig.)


    2. "Die Bären sind los" ist ein Kinderbuch von Alan MacDonald. Kann es sein, dass das Buch, von dem Du sprichst "Laßt die Bären los" heißt?


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Zitat

    Original von Marie
    1. Was, bitte, ist ein "No-Go-Einsteigerbuch"? (Tut mir leid, ich bin des Neu-Deutschen nicht mächtig.)


    2. "Die Bären sind los" ist ein Kinderbuch von Alan MacDonald. Kann es sein, dass das Buch, von dem Du sprichst "Laßt die Bären los" heißt?


    Marie


    Wusste ich doch, dass ich besser nach gegoogelt hätte. War wohl doch schon zu spät.


    1. Also, Mit No-Go meine ich, dass wenn man dieses Buch als erstes von Irving liest, einen schlechten Eindruck von ihm bekommt. Als ich das Buch zum ersten Mal gelesen hatte, wusste ich noch nichts von Irving, und hatte auch keinen Biss das zu Ende zu lesen.
    Dann später, nachdem ich einen besseren Eindruck von ihm bekommen hatte, hab ich mich nochmal dran versucht, und es auch bis zum Ende durchgeschafft. Ich will damit nur sagen, dass man von Irvings Genialität in anderen Büchern besser vom "Irving-Wahn" angesteckt wird, und dieses Buch eben eher enttäuschend war, als die darauffolgenden.


    2. Tut mir Leid, wie gesagt, es war wohl schon zu spät für mich...
    Der Titel des Buches, von dem ich die ganze Zeit nörgele, lautet "Laßt die Bären los!"

    "Wie soll auch eine Generation von Männern, die hauptsächlich von Müttern, Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen umsorgt und erzogen wurde, Frauen glücklich machen?"
    (Generation Doof)

  • Also, es ist schon ein paar Jahre her - mehr als ein Jahrzehnt - aber mir hatte die Geschichte damals ziemlich gut gefallen. Und meiner heutigen Frau und damaligen Freundin eigentlich auch. Aber wie gesagt, das ist ein paar Jahre her :-k

  • Dieser Roman lässt sich am allerbesten mit Skurrilität umschreiben. Dieser Autor hat so genial verschobene außergewöhnliche Ideen, die er da zu Papier bringt, dass man sich so manches mal fragte, wie man auf solche Aneinanderreihung von Worten überhaupt kommt und es dann als Leser tatsächlich in den meisten Fällen noch absolut spaßig findet. :loool:


    Ich habe für dieses Buch ganze 3 Anläufe gebraucht, die ersten beiden Male habe ich das Buch nach nur wenigen Seiten genervt zur Seite gelegt. Heute weiß ich, dass es das falsche Buch zur falschen Zeit war. Und nun, beim 3. Anlauf hat es dieses Buch geschafft, mich zu begeistern. John Irving schafft so absolut lebendige Figuren, dass sich ein richtiger Film in meinem Kopf abspielen konnte. Wie aber auch in einem anderen John Irving Roman (Garp) braucht es eine gewisse Anlaufzeit. Wenn man sich diese Zeit gönnt und ein wenig Geduld aufbringen kann, wird man in eine absolut geniale Geschichte geleitet, die in einem eine breite Palette an Emotionen hervorrufen wird.


    Der Schluß hat mir so einige Tränen entlockt, weil sich die Geschichte so sehr entwickelt hat, dass man mit dem Protagonisten richtig warm wurde. Man sollte sich auf diese Geschichte einlassen, denn die Geduld wird belohnt. Dieser Autor beweist vor allem mit den verschiedensten Figuren sein Können, die nicht nur als Schwarz-Weiß Menschen einen Auftritt haben, sondern tatsächlich lebendig und realistisch erscheinen. Das ist auch eines der wenigen Büchern, bei dem ich sagen würde, dass ich es bei Vollendung direkt von vorne lesen würde.


    Das war in diesem Monat und auch in diesem Jahr bereits mein absolutes Lese-Highlight.





  • Fange es heute an zu lesen.


    Habe bis jetzt gesamt 3 Bücher von Irving gelesen und fand alle extrem gut.
    Gelesen:
    "Das Hotel New Hampshire" (Mein absoluter Liebling, einfach nur traumhaft!)
    "Garp und wie er die Welt sah"
    "Owen Meany"
    Alles Bücher brachten mich zum lachen und weinen, bin gespannt wie es bei diesem sein wird!



    LG

  • "Das Hotel New Hampshire" (Mein absoluter Liebling, einfach nur traumhaft!)
    "Garp und wie er die Welt sah"
    "Owen Meany"

    Da hast du dir aber auch die Schmankerl rausgesucht! :love: Ich fand den "Wassertrinker" nicht so toll. Bin gespannt, wie er dir gefällt.

  • So, :D


    habe das Buch ausgelesen. Ich wurde absolut überrascht, denn laut einigen Rezis soll es ja nicht so gut sein. Aber ich finde es wirklich sehr gut.
    Im Vergleich zu seinen anderen Büchern ist es sehr kurzweilig geschrieben, viele kleine Kapitel. Anders war, dass hier viel mehr skuriler Humor enthalten war, hier treibt Irving es echt auf die Spitze.
    Sobald man sich daran gewöhnt hat, kann man es schnell weglesen. Ich musste sehr oft lachen und manche Stellen mehrmals lesen, weil sie sowas von genial formuliert und geschrieben waren, dass man nicht glauben konnte, was man gerade gelesen hatte.
    Es ist so viel Gefühl enthalten!
    Ja es ist skuril und überspitzt, aber trotzdem so wahr und so voller Menschlichkeit. Am Ende musste ich auch wieder ein paar Tränen verdrücken. Aber das war für mich nicht anders zu erwarten. Seine Bücher sind einfach so tief berührend.
    Eine Stelle erinnert mich an Paul Auster´s "Stadt aus Glas".


    Vergebe gute 4 Sterne. An die anderen Bücher von ihm kommt es nicht ganz ran, aber kann es trotzdem jedem weiter empfehlen. Aber man sollte vorher doch andere Bücher von ihm gelesen haben. Denn für einen Irving-Anfänger währe es wohl zu skuril.


    LG