Albert Camus - Die Pest / La Peste

  • In der Stadt Oran bricht die Pest aus. Camus schildert das Ausmaß einer solchen Katastrophe (welches natürlich auch auf andere Katastrophen übertragbar ist) aus Sicht eines "Miterlebenden". In welchen geistigen Zustand man gerät und wie unterschiedlich die Menschen damit umgehen. Zwar "stirbt die Hoffnung zuletzt", es ist jedoch nicht zu vermeiden, dass der "seelische" Schaden immens groß ist.


    Ich würde diesen Roman nicht als besonders spannend bezeichnen oder als Unterhaltung. Eher ist es eine Beantwortund existentieller Fragen verpackt in einer Geschichte, welche das Nachdenken darüber anregen soll.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen, nicht zuletzt auch wegen dem flüssigen Sprachstil, der es dem Leser nicht erschwert den Kern des Romans zu erkennen (wie es m.E. bei vielen Klassikern der Fall ist).

    "Gern lesen heisst, die einem im Leben zugeteilten Stunden der Langeweile gegen solche des Entzückens eintauschen."

  • Jenny


    Habe das Buch vor langer Zeit gelesen und war völlig begeistert. Vor kurzem habe ich es mir noch einmal vorgenommen, und nach fast dreißig Jahren ist meine Einstellung zu dem Buch sicher etwas abgeklärter, aber ich finde es immer noch sehr beeindruckend, ebenso wie auch Camus' Der Fremde. Viele Texte des Existentialismus' wirken heutzutage schwerfällig und sogar veraltet, aber Camus' Figuren und Schilderungen haben nichts von ihrer Eindringlichkeit verloren. Zurecht ein Klassiker.


    Gruß
    Ute

  • Ich habe von Camus "Les Justes", die Gerechten gelesen - und zwar im Französisch Leistungskurs. Das Buch fand ich ungemein interessant und es bot auch viel Diskussionsstoff (z.B. über die Frage nach der Legitimation - wenn es sie denn gibt?! - von Gewalt.) Nur wurde die Diskussionsfreude leider von der nicht so optimalen Ausdrucksfähigkeit im Französischen geschmälert.
    Und irgendwie habe ich dann kein Buch mehr von Camus gelesen, ich glaube, ich war krank, als "L'Etrangère" dran war, zumindest musste ich den nicht auslesen und habe absolut keinen Schimmer mehr von dem Buch, außer, dass es wohl in Algerien spielt?!


    grüße von missmarple

  • Super Buch, zuerst hatte ich mir das Hörbuch angehört, hab mir es aber dann sofort gekauft und noch mal gelesen. Fand ich wirklich genial, einerseits Spannend andererseits auch Lehrreich.
    Ist leider das einzige Buch was ich von Albert Camus kenne.


    Sokrates

    Ich lese gerade: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod von Bastian Sick

  • und das hier sind die anderen (von Wikipedia kopiert):


    Der Mythos des Sisyphos. Ein Versuch über das Absurde. (Le Mythe de Sisyphe, 1942)
    Der Fremde (L'Étranger) (1942)
    Die Pest (La Peste) (1947)
    Der Belagerungszustand (L'état de siège) (1948)
    Die Gerechten (Les Justes) (1949)
    Der Mensch in der Revolte (L´Homme Révolté) (1951)
    Der Fall (La Chute) (1956)
    Der glückliche Tod (La Mort heureuse) (Frühe Version bzw. Vorgänger zu Der Fremde, postum veröffentlicht, 1970)
    Der erste Mensch (Le premier homme) (Camus starb als er am Manuskript arbeitete, postum veröffentlicht, 1995)
    L'hôte (Der Gast)
    Le malentendu (Das Missverständniss)


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • "Die Pest" habe ich auch vor längerer Zeit gelesen und war recht begeistert von diesem Buch.
    Ein paar Szenen (bes. Beschreibungen der Krankheit :pale: ) sind mir schon ziemlich hängengeblieben und machen mir heute noch ein seltsames Gefühl.
    Müsste es eigentlich auch nochmal lesen....Gute Idee :!:

  • Ich habe "Die Pest" letztes Jahr begeistert gelesen. Camus gehört zu den ganz großen Autoren...
    Trotz der inneren Revolte, eines gewissen Gefühls der Sinnlosigkeit, der Unverständlichkeit bleibt das Fünkchen Hoffnung, das Menschen weitergehen lässt. Ich las von ihm auch "Der Fall", "Der Mythos des Sysîphos", "Der Fremde" und werde bei Gelegenheit die Serie fortsezten.

  • Auch ich bin begeistert von diesem Buch. Habe es erst kürzlich mal wieder gelesen, und war wieder einmal beeindruckt, wie Camus aus einem so schwierigen Thema einen Roman zaubert. Es regt sehr zum Nachdenken an. Volle Punktzahl :-)

    Um zu verstehen, warum manche überall ihren Senf dazugeben, musst Du lernen, wie eine Bratwurst zu denken.

  • Ich finde, dass der Philosoph Camus die Botschaft, die ich hinter dem Buch vermute, wirklich großartig "verpackt" hat. Außerdem war es sehr interessant, mal etwas über die (fiktionale) Pest in der Neuzeit zu lesen und wie die Stadt damit umgeht.


    Leider war mir die Geschichte, unbeabsichtig oder beabsichtigt, zu trocken und blutleer erzählt, sodass ich mit den Figuren nicht so recht warm wurde.


    Fazit: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    Ich :study:
    J.M.Coetzee - Das Leben der Tiere
    Erzählungen von Franz Kafka
    Gedichte von Allen Ginsberg und Cummings

  • Sehr gut, dass A. Camus hier angesprochen wird. Nach "Der Mythos des Sisyphos" lese ich gerade "der Mensch in der Revolte". Beides sind reine philosophische Texte, dass der Herr auch Romane veröffentlicht hat, war mir bisher nicht bewusst. Gleich morgen werde ich deshalb aufbrechen um mir aus der Bücherei ein Exemplar von "die Pest" zu organisieren.

    Die Menschen glauben alles, was sie unterhält, befriedigt oder ihnen irgendeinen Nutzen verspricht.
    G. B. Shaw


  • Ich lese das Buch gerade und es gefällt mir sehr gut. Laut Wikipedia hat Camus in seinem Roman auch auf den 2. WK angespielt. Außerdem schreibt wiki:
    "Auch innerhalb seiner Philosophie stellt der Roman eine Weiterentwicklung Camus' dar. In seinem Essay „Der Mythos des Sisyphos“ (1942, franz.: „Le mythe de Sisyphe“), dem Bühnenstück „Caligula“ (Uraufführung 1945) und in „Der Fremde“ entwickelt Camus seine Philosophie des Absurden, die einige Anklänge zum Existenzialismus besitzt. Camus wehrte sich jedoch sein ganzes Leben lang gegen diese Zuschreibung.
    Auch „Die Pest“ hat diese Philosophie als Basis, geht jedoch über sie hinaus. Camus führt hier das Element der ständigen Revolte gegen die Sinnlosigkeit der Welt ein, wie sie in seinem Essay „Der Mensch in der Revolte“ („l’homme révolté“, 1958 ) später voll entwickelt wird. Insbesondere kommen aber die Werte Solidarität, Freundschaft und Liebe als möglicher Ausweg hinzu, wenn auch die Absurdität nie ganz aufgehoben werden kann."

    "Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken..." (H. Hesse)

  • Während ich mich durch den Mythos des Sisyphos quäle (Ende offen) erinnere ich mich an die Pest und den Fremden. Der Fremde ist eines der wuchtigsten beeindruckendsten Bücher meiner Lesekarriere. Die Pest hat die dadurch riesigen Erwartungen nicht erfüllt. Es ist ein gutes, tiefsinniges Buch, aber ich fand es nicht sehr , nun ja, unterhaltsam. Man spürt die tiefen Gedanken, die dahinterstecken und das ist sehr anregend. Aber ich mochte die handelnden Personen nicht wirklich. Auch hatte ich mir einen Einblick in das Leben in Algerien erwartet, meine eigene Schuld. Wurde halt nicht erfüllt. Da kann Camus nichts für. Aber machte mir das Vergnügen ein bisschen madig.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Die Pest von Albert Camus“ zu „Albert Camus - Die Pest / La Peste“ geändert.
  • Ich habe heute "Die Pest" von Alber Camus beendet. Der Titel war in meinem Lesekreis dran, was sich gut traf, da er ohnehin schon länger auf meiner Leseliste stand.


    Und ich stimme meinem Vorposter Klaus V. zu: das Buch ist gut und tiefsinnig, aber nicht sehr unterhaltsam. Streckenweise fand ich es auch ziemlich langatmig, insbesondere auch die beschriebenen Predigten des Pfarrers.


    Einen tieferen Bezug zu den handelnden Personen konnte ich nicht aufbauen, ich hatte beständig das Gefühl einer Distanz. Vermutlich liegt es an den eher sachlich beschreibenden Stil von Camus. Viele an sich sehr emotionale Gegegebenheiten werden doch sehr nüchtern und faktisch beschrieben. Auf der anderen Seite ist eben sehr viel tiefgründige Philosophie vorhanden.


    Grüsse

    mosaique

    "Baumhaus ist, wenn man die Leiter hochzieht, Bauchschmerzen kriegt vom Kirschenessen, Vogeldreck im Haar trägt und trotzdem nie wieder runterkommen will." (Juli Zeh in Corpus Delicti)

  • Nein, ich möchte nicht die tausenddrölfzigste Rezension zu „Die Pest“ schreiben, auch maße ich mir nicht an, zu dem Buch etwas sagen zu können, was nicht schon gesagt wurde.


    Nur ein paar Gedanken dazu auf dem Hintergrund der derzeitigen Situation in der Welt erlaube ich mir.


    Schon die einleitenden Seiten verblüfften mich. Camus schildert die Besonderheiten der Stadt Oran und ihrer Bewohner bevor die Pest ausbricht: Kein schöner Ort, keine Natur, keine Gärten, keine Vögel, heiße Sommer, Hochwasser im Herbst, nur im Winter ist es auszuhalten. Die Bewohner „arbeiten viel, aber nur um reich zu werden. … … sie sparen das Vergnügen sehr vernünftig auf den Samstagabend und den Sonntag auf und versuchen, während der übrigen Woche viel Geld zu verdienen.“ Liebe äußert sich in einem schnellen Geschlechtsakt oder als „Gleichförmigkeit eines langen Lebens“. Ausgeblendet werden Krankheit und Tod; die Kranken und Sterbenden allein gelassen und „gefangen hinter Hunderten von Mauern, …, während in derselben Minute eine ganze Bevölkerung am Telephon oder in den Kaffeehäusern von Tratten, Frachtbriefen oder Diskonto spricht.“


    Zuerst erscheinen Ratten, die überall tot herumliegen. Und dann die ersten Krankheits- und Todesfälle mit Symptomen, die nicht erkannt werden (oder werden wollen). Die Stadtgrenzen werden verschlossen, Wächter aufgestellt, ein Entkommen ist unmöglich.

    Zunächst geht das Leben in der Stadt weiter, die Kranken sterben, die Gesunden gehen tagsüber ihren Geschäften nach und treffen sich abends in Bars und Restaurants. Allmählich wird der Platz auf den Friedhöfen knapp. Lebensmitteln werden rationiert, vieles wird unbezahlbar. In Quarantäne müssen nur diejenigen ihre Tage verbringen, die unmittelbaren Kontakt mit einem Pestkranken hatten. Es herrscht Ausnahmezustand.


    Im Mittelpunkt steht Dr. Rieux, der Arzt, der als erster von der Pest spricht, und der trotz seiner medizinischen Erfahrung und all seinen Bemühungen zum Trotz keinem Infizierten helfen kann. Neben ihm treten ca. fünf namentlich genannte Figuren auf, die weniger als Individuen gezeichnet sind denn als exemplarische Personen, keine Frau unter ihnen.

    Ist die Pest die Strafe Gottes? Kann man gegen sie ankämpfen, sie sogar besiegen? Und wenn Ja, wie? Wie verändert sich der Mensch, wenn die Katastrophe eintritt? Bleiben nicht auch bei den Überlebenden Schäden zurück?


    In den ersten Jahren nach Erscheinen des Buches war es klar, dass Camus einen Schlüsselroman über den Krieg geschrieben hat. Darauf verweisen die Jahreszahl 194. und zahlreiche Vergleiche, die die Figuren immer wieder zwischen der Pest und dem Krieg ziehen.


    Am Beispiel von Camus‘ „Die Pest“ lässt sich ganz einfach erklären, was einen Klassiker auszeichnet: Er drückt unabhängig von der Zeit und ihren Problemen eine Art universale Wahrheit aus, die sich nicht auf eine Deutung eingrenzen lässt, sondern in ihren Mustern offen bleibt für verschiedenartige und immer wieder neue Situationen.

    Dass man diesen Roman, 1947 erschienen und über 70 Jahre lang als Anti-Kriegsroman gedeutet, heute mit einem neuen Blick betrachten kann und feststellt, dass seine Aussagen auch in dieser unserer Zeit gültig sind --- ist es nicht großartig, dass Literatur dazu fähig ist?

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Um die Zitate richtig zuzuordnen, zeige ich hier die Übersetzung, die ich gelesen habe; meine zeigt allerdings dieses Cover.


    Auf dem Vorblatt ist zu lesen: "Einzig berechtigte, vom Verfasser autorisierte Übersetzung aus dem Französischen von Guido C. Meister." Die im Eingangsbeitrag angegebene Übersetzung stammt von Uli Aumüller.


    Meisters Übersetzung liest sich schwer und sperrig, zeichnet sich durch Substantivismus und Verben aus, die Distanz und Starre ausdrücken. Das entzieht dem Buch Lebendigkeit. Auch verleiht das oft gebrauchte deutsche "man" einem Satz ein unnahbares Gefühl, anders als das französische "on".


    Ich habe die ersten Seiten meiner Ausgabe mit der Leseprobe aus der Übersetzung von Uli Aumüller auf Amazon verglichen und kann jedem, der das Buch lesen möchte, zu dessen Übersetzung raten.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)