KLR: 6. Kapitel

  • Schade, nun bin ich mit dem 6. Kapitel fast fertig. Ich werde für heute aufhören zu lesen, da habe ich noch einen kleinen Rest für morgen.


    Unser Diederich ist mit seiner Guste auf Hochzeitsreise in der Schweiz. Aber diese für die beiden glückliche und lustvolle Zeit wird jäh unterbrochen, als Diederich erfährt, dass der Kaiser auf dem Weg zum Staatsbesuch nach Rom ist. Spontan verlässt er mit seiner Angetrauten Zürich, Guste wäre gern noch geblieben. Aber er ist wieder ganz der Untertan.


    Wie schon im 1. Kapitel rennt Diederich schreiend, den Hut schwenkend und blitzend neben dem Kaiser her. Er will immer da sein, wo der Kaiser auch auftritt. Dazu nutzt D.H. auch alle Beziehungen und Möglichkeiten, die sich ihm bieten. So kommt es zu weiteren Begegnungen.


    Auf S. 346 steht:


    Zitat

    Dann aber stand Diederich pünktlich an der Spitze seines Häufleins, sah die siebente Uniform aussteigen und schrie. Und dann wandte der Kaiser den Kopf und lächelte. Er erkannte ihn wieder, seinen Untertan! Den, der schrie, den, der immer schon da war, wie der Swinegel. Diederich, federnd vor Hochgefühl über die Allerhöchste Aufmerksamkeit, blitzte das Volk an, in dessen Mienen heiteres Wohlwollen stand.


    Auch bei diesen Treffen ist er wieder der Rausch mit im Spiel. Aber dazu ein anderes Mal.

  • 6. Kapitel beendet und vollbracht:


    Zunächst dieses Abenteuer in Rom, das fand ich sehr witzig, und hat mir Spaß gemacht. Aber dann habe ich doch mit jeder weiteren Seite festgestellt: Das endet nicht so wie ich es mir wünsche! Und ehrlich gesagt, es würde ja keinen Sinn ergeben, wenn Diederich diesen großen Fall erleben würde, dies würde ins Kitschige ausarten. Aber als es mir bewusst wurde, wurde mein Lesetempo immer langsamer, ich wollte es hinauszögern, denn ich hätte diesen Diederich so gerne einen letzten Tritt gegeben.
    Zum Schluss stirbt dann der alte Buck, und mit ihm all seine Ideale von Freiheit, Gerechtigkeit und Offenheit. Dem Protagonisten ist dies zwar nahe gegangen, aber wie im normalen Leben, am Ende siegt das was am besten Treten, Mauscheln und Betrügen kann.


    Ich freue mich schon auf eine anregende Diskussion :thumleft:

  • Ich habe es auch geschafft.


    "Der Kaiser und sein Untertan"


    Diederich und Guste brechen ihre Hochzeitsreise ab und in einer Art wettrennen fahren sie demselben Ziel wie der Kaiser entgegen - Rom. Er folgt ihm durch die ganze Stadt und sorgt für Applaus und Gelächter. Diederich ist immer schon zur Stelle wenn "sein" Kaiser eintrifft. Und auch der Kaiser nimmt "seinen" Untertan wahr.


    Zurück aus Rom gründet er zusammen mit Kunze, Kühnchen und Zillich die "Partei des Kaisers".


    Zitat

    Mein Kaiser hat das Schwert geschlagen , und wenn mein Kaiser ans Schwert schlägt, dann gibt es keine ehelichen Pflichten mehr.!"


    Das spricht wieder einmal für den Menschen Diederich.


    In Netzing gewinnt Diederich an Ansehen und nachdem Buck den Beleidigungsprozeß verliert und von seinen Ämtern zurücktritt beruft er Heßling zum Generaldirektor von Gausenfeld.


    Auch typisch Diederich:
    Seine Frau hat mit ihrem Sohn Horst eine schwere Geburt. Er erklärt seiner Frau, das - hätte er wählen müssen wer von den beiden stirbt - er hätte sie sterben lassen. Auch entzieht er sich immer mehr seinen ehelichen Pflichten und geht lieber in die Kneipe.


    Selbst als am Ende der alte Buck stirbt kann er seine Triumpfgefühle nicht unterdrücken.


    Was für ein Mensch [-(
    Auch ich hätte ihm gerne zum Schluß noch einen richtigen Tritt gegeben.


    Mir hat es wieder sehr viel Spass gemacht und auch das Buch fand ich echt klasse. Freue mich schon auf die nächste Runde.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Ich habe zwar erst 13 Seiten von Kapitel 6 gelesen, aber eben beim Verfassen meiner Meinung zu Kapitel 5 gemerkt, dass ein einziger Beitrag nicht genügt. Also diesmal mehrere Beiträge zu kleineren Abschnitten.


    Zu der Hochzeitsreise wurde ja bereits vieles gesagt. Was ich noch ergänzen möchte, ist Diederichs Sturz von den Treppen am Kapitol! Er blamiert sich mal wieder, ohne dass er es selbst merkt. :tongue: (fällt betrunken die Stufen herunter, landet in einer Lache aus Urin?Bier? und schläft. ...)


    Guste muss damit leben, in ihrer Ehe immer nur den dritten Platz einzunehmen - an erster Stelle steht der Kaiser, dann Diederich und für sie ist Zeit, wenn die "nationale Sache" pausiert. Nicht sehr befriedigend...
    Ich bin gespannt, ob Guste ihm irgendwann den Kopf wäscht und auf den Pott setzt! Eigentlich ist sie ja der Typ dafür, der sich nicht einschüchtern und beherrschen lässt. Bei Diederich erscheint sie mir seltsam gefügig und milde...


    Ich habe eine Frage:


    Hat Diederich nur das Grundstück verkauft? Oder auch seine Fabrik und das Haus? Wo wohnt seine Familie derzeit?


    :?: Droht er allgemein oder seinen Arbeitern im Besonderen, als er sagt:


    Zitat

    ... es kann euch passieren, dass ihr mit zwanzig Mark weniger Lohn alle vierzehn Tage nach Hause geht!


    Herrlich widersinnig, bzw. sinnlos finde ich auch das Programm der "Partei für den Kaiser":


    Zitat

    Einziges Programm: Der Kaiser!


    Wem soll das was nutzen? [-X
    --> Die Zeit radikalisiert sich und Diederich, Zillich, Kühnchen sowie Kunze schließen einen Pakt, der allen (ihnen) nutzt. Und alles unter dem Deckmäntelchen des gerechten Lebens... :pukel:

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Ein freier Tag. Wie kann ihn besser gestalten, als auf dem Balkon liegend lesen und so die Pflichten kurzzeitig zu vergessen?! :cheers:


    Noch 30 Seiten und "Der Untertan" ist beendet.


    In Kapitel 6 spitzt sich Diederichs Lage zu - er wird von allen Seiten bedrängt und ist dann aber handlungsunfähig durch



    Aber Diederich wäre nicht Diederich, wenn er nicht auf irgendeine Weise wieder Oberwasser gewinnt...


    Nun wird es ausgesprochen:


    Zitat

    Und es ist das einzig Wahre, denn jeder muss über sich einen haben, vor dem er Angst hat, und einen unter sich, der vor ihm Angst hat.


    Die Stelle erinnerte mich an die Diskussion im Thread zu Michael Crichtons "Welt in Angst". Ein Volk das Angst hat, ist so mit der eigenen Angst beschäftigt, dass es nicht widerspricht...


    Als Beweis der These freut sich Diederich am Erfolg der Nationalen, um im nächsten Moment angstvoll den nächsten Arztbesuch bei Dr. Heuteufel zu erwarten. Dem Moment des Triumph folgt der der Abhängigkeit. Schöner kann es nicht dargestellt werden...


    Emmi...


    Diederichs grüblerische Stimmung dauert nicht lange, weil er sich mal wieder bedroht sieht. Er muss handeln...


    wie wird sich zeigen, sobald ich weiterlese... ;)

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  • Zitat

    Original von Fezzig
    Ich bin gespannt, ob Guste ihm irgendwann den Kopf wäscht und auf den Pott setzt! Eigentlich ist sie ja der Typ dafür, der sich nicht einschüchtern und beherrschen lässt. Bei Diederich erscheint sie mir seltsam gefügig und milde...


    Darauf warte ich eigentlich auch! Guste unterscheidet sich von den anderen "Frauen des Diederich" (Agnes, Käthchen) doch m.E. darin, dass sie selbstbewusster ist und auch um ihren Wert (aufgrund der Mitgift) weiß. Ihr würde ich es am ehesten zutrauen, sich einmal zu wehren.


    Worauf mir gleich ein anderer Ansatz einfällt: Wie würdet ihr die Beziehungen zu den Frauen beschreiben?


    Agnes hat es bisher als einzige geschafft, Diederich aus seinem Wahn zumindest stundenweise zu befreien. Mit ihr verbrachte er wunderbare Zeiten, wo er sein ewiges Machtstreben doch vergaß. Hier wurde er richtig menschlich.


    Käthchen war irgendwie doch nur Mittel zum Zweck.


    Und durch die Heirat mit Guste stehen ihm plötzlich viele Türen offen. Er scheint sein Ziel erreicht zu haben, bewegt sich in der oberen Gesellschaft.


    Und dann natürlich seine Mutter , die immer wieder glaubt, alles gutmachen zu müssen und zu können, und seine Schwestern
    Magda scheint er ja doch gut im Griff zu haben, doch Emmi hat ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Vorstellungen. Da beißt sich der große Bruder wohl die Zähne aus..... :lol:


    Zitat

    Original von Fezzig
    Ich habe eine Frage:


    Hat Diederich nur das Grundstück verkauft? Oder auch seine Fabrik und das Haus? Wo wohnt seine Familie derzeit?


    Das hab ich eigentlich auch nicht so richtig mitbekommen. Es war mal die Rede davon, dass er das "alte Haus" verkauft.


    Zitat


    Herrlich widersinnig, bzw. sinnlos finde ich auch das Programm der "Partei für den Kaiser"


    das fand ich auch ziemlich lächerlich! Und dann diese Reden und Lobhudeleien, einfach furchtbar.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

    Einmal editiert, zuletzt von Rosalita ()

  • Zitat

    Original von Rosalita
    Wie würdet ihr die Beziehungen zu den Frauen beschreiben?


    Die Frage finde ich gut. Darüber habe ich mir auch schon Gedanken gemacht, kam aber lange Zeit zu keiner Entscheidung.


    Auf mich wirkt es so, als ob Diederich seiner Mutter in der Kindheit sehr nahe stand und das, was sie ihm gab brauchte. Die Angst vor dem Vater und das vorgelebte Verhalten, ließen seine Liebe zu ihr in Verachtung und Respektlosigkeit umschlagen. Er ist ihr sehr ähnlich und wahrscheinlich zog er daraus den Schluss, er müsse anders sein, um von seinem Vater und anderen "wichtigen" Personen geliebt zu werden. Was aus diesem Spannungsverhältnis wurde, wissen wir ja.


    Zu seinen Schwestern hat er anfangs überhaupt kein Verhältnis, sieht sie nur als Shmarotzer an seinem Erbe. Er zwingt sich zu seiner Pflicht, sie zumindest zeitweilig zu unterstützen. Lässt sie ihre Abhängigkeit von ihm immer spüren. Magda ist die berechnenderen der beiden Schwester und nutzt die erste Gelegenheit, dem ungeliebten Heim zu entfliehen. Diederichs Verhältnis zu ihr verbessert sich daraufhin. Wahrscheinlich bedingt durch seine Erleichterung darüber, einen Esser loszuwerden. Andererseits bewundert er sicher auch ihre Tatkraft.


    Emmi ist ein anderes Blatt. Ich glaube, vor ihr hat Diederich Angst. Sie handelt oft auf eine Weise, die er nicht nachvollziehen kann. Sie scheint die romantische in der Familie zu sein und will sich nicht für eine Hochzeit verkaufen. Erst nachdem sie sitzengelassen wird, stellt Diederich sie auf ein Podest und billigt ihr Freiheiten zu, die er keiner anderen Frau in seiner Umgebung zugesteht.
    Ein bißchen spielen dort sicher auch Schuldgfühle Agnes gegnüber mit. Emmi gut zu behandeln, heißt ja auch, versäumtes an Agnes wiedergutzumachen.


    Was Agnes angeht, glaube ich, dass sie seine große Liebe war! Diederich, nicht dazu erzogen, echte Gespräche zu führen, findet hier eine Freundin, die ihn ernst nimmt und ihm zeigt, dass es im Leben mehr gibt als Ernst, Pflichterfüllung und Dünkel. Aber genau dies schürt neue Ängste und so blockt er eine mögliche Zukunft unter dem Vorwand der Vorteilsnahme ab. Ob die beiden aber wirklich glücklich geworden wären und Diederich sich nicht so früh radikalisiert hätte... man weiß es nicht.


    Guste sieht einladend aus, verspricht Fülle und Wohlergehen und bringt zudem noch Geld mit in die Ehe. Wie kann man diese Frau nicht zur Frau wollen? ;)
    Kaum hat er sie, beginnt schon die Unterjochung. Doch auch sie erhält die Chance, über ihn Macht zu erlangen (wenngleich sie diese gar nicht worklich will). Man arrangiert sich.


    Käthchen ist der andere Frauentyp, den Diederich begehrt und als dieser bleibt sie in seinem Leben. Einerseits ist er entsetzt über ihren Freimut und ihren losen Lebenswandel, andererseits kann er ihr einen gewissen Respekt nicht absprechen. Eine Dreiecksbeziehung ist geboren...


    Generell hat er aber eine gestörte Einstellung gegenüber allen Frauen!

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  • Zitat

    Original von Suspiria


    Auch typisch Diederich:
    Seine Frau hat mit ihrem Sohn Horst eine schwere Geburt. Er erklärt seiner Frau, das - hätte er wählen müssen wer von den beiden stirbt - er hätte sie sterben lassen. Auch entzieht er sich immer mehr seinen ehelichen Pflichten und geht lieber in die Kneipe.


    ... die Rasse ist schließlich wichtiger als die Ehefrau... :-&


    Typisch auch für Diederich,dass er seinen Sohn Horst als Künstler erziehen will. Als ob man einfach bestimmen kann: "Du wirst Künstler! - Lebe zeitgemäß!" Noch wenige Jahre zuvor hätte er den Kopf geschüttelt über diese brotlose Karriere...


    Generell scheint es im letzten Kapitel so, als ob die Kämpfe ausgestanden sind - nur noch wenige Scharmützel am Rande stören die nationale Ruhe und den wirtschaftlichen Aufschwung. Man richtet sich ein.
    Die Reden und Beschreibungen des alten und jungen Bucks wirken dabei als Abgesang auf eine bessere Zeit. Zumindest mir erging es so, dass ich vom gesagten und beschriebenen ganz melancholisch wurde. Da gehen sie hin, die humanitären Ideen, Ideale und Utopien...


    Interessant finde ich hier, dass abschließend etwas genauer auf das Familienleben eingegangen wird. Die Mutter führt anscheinend wirklich nur noch ein Schattendasein. Erwähnt wird sie nicht mehr.


    Und nun - ENDLICH - die Enthüllung des Denkmals!


    Zitat

    Diederich:
    Das ist das Einzige, erstklassige Theater, es ist das Höchste, da kann man nichts machen!


    Das Auftauchen Kätchens und ihr Sitzplatz haben mich sher zum Schmunzeln gebracht. Da ist sie - wahre Macht!!! :thumright: Diederich hat es auch erkannt und überlegt zeitweilig ja sogar, Kätchen zu huldigen. Die Szene hätt ich zu gern gelesen und erlebt!


    Und nun folgt Diederichs großtrabende Rede. Mal sehen, was er zu sagen hat! Es wird sicher eine sehr markige Rede voller Pathos!

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  • Ich habe fertig! :mrgreen:


    Zitat

    Original von Fezzig
    Das Auftauchen Kätchens und ihr Sitzplatz haben mich sher zum Schmunzeln gebracht. Da ist sie - wahre Macht!!! :thumright: Diederich hat es auch erkannt und überlegt zeitweilig ja sogar, Kätchen zu huldigen. Die Szene hätt ich zu gern gelesen und erlebt!


    Ja, die Szene mit Käthchens Sitzplatz, die fand ich auch zum Schmunzeln!!


    Irgendwie habe ich - wie einige von euch auch - auf Diederichs Untergang gewartet. Der kam in dieser Form nicht.


    Allerdings vermittelt die Schilderung der Szenen während der Denkmalsenthüllung und der großen Rede mit dem fürchterlichen Unwetter, Blitz und Donner und Regengüssen eine wahre Weltuntergangsstimmung. Diederich ist - wie er da vor Regen triefend steht - nur mehr eine Karikatur seiner selbst. Auch seine großen Worte verlieren sich im Lärm des Regens und ertrinken im wahrsten Sinne des Wortes.


    Und auch wenn Diederich sagt (S. 474):


    Zitat

    Der Umsturz der Macht von seiten der Natur war ein Versuch mit unzulänglichen Mitteln gewesen. Diederich zeigte dem Himmel seinen Wilhelms-Orden und sagte "Ätsch!" ...


    habe ich als Leser schon den Eindruck, dass er am absteigenden Ast sich befindet, dass er seine "Macht" nicht mehr lange aufrecht erhalten kann. Die Zeit für Veränderungen ist gekommen, und auch Diederich wird sie nicht aufhalten können.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
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