KLR: 5. Kapitel

  • 5. Kapitel beendet:


    Aufstieg an die Macht. Diederich buckelt sich nach oben. Und obwohl ganz deutlich zum Vorschein kommt, dass er keine eigene Meinung vertritt, dass er Hin und Her gerissen ist, und fadenscheinig seine Loyalität als Mittel für seine privaten Angelegenheiten nutzt, und sich dabei bei Vielen in eine Abhängigkeit setzt, schafft er es. (Wobei ich mich frage inwieweit seine Abhängigkeit, jetzt auch gleichzeitig seine eigene Grube bedeutet? Die Herren merken doch was für ein „Hampelmännlein“ Diederich ist. Diesen Strick wird er sich selber zuziehen, oder?)


    @ Karthause
    Welchen Zusammenhang hat denn „Lohengrin“ mit dem „Untertan“? So ganz verstehe ich diese Andeutung nicht.
    Es geht wohl in die Richtung der Komplementärfiguren, Diederich und der junge Buck, um Imperialismus und Liberalismus, oder Politik und Kunst.
    Aber vielleicht versteht man diese Anspielung zum Schluss besser.


    PS Heßling soll ursprünglich Hänfling geheißen haben.

  • Im 5. Kapitel ist Diederich der Macht bzw. dem Mächtigen ganz nahe. Er ist zum Empfang beim Regierungspräsidenten geladen. Wulkow lässt ihn holen. Was dann passiert, hat mich doch schmunzeln lassen.



    Aber die beiden einigen sich und für Diederich Heßling gibt es die Chance, der Macht wieder etwas näher zu rücken.



    Heidi
    Im Lohengrin gibt es doch diese "Dreiecksgeschichte" (ich nenne es jetzt einfach mal so) zwischen Telramund und Elsa, die verlobt waren, und Gottfried. Als Gottfried verschwindet, denkt Telramund, Elsa hätte damit etwas zu tun und löst die Verlobung. Da sehe ich den Zusammenhang zu Wolfgang Buck und Guste (und auch zu Diederich).
    Außerdem war ja Richard Wagner auch ein Revolutionär, der 1849 aus Sachsen wegen der Teilnahme am Maiaufstand in Dresden fliehen musste. Da schließt sich der Kreis zu Buck sen., der 1848 auch den revolutionären Kräften angehörte und zum Tode verurteilt war.


    Als Hänfling kann ich mir Diederich gar nicht vorstellen. Er ist in meinen Gedanken doch etwas schwammig und wohlbeleibt. Damals hätte man ihn vielleicht als stattlich bezeichnet.

  • Zitat

    Original von Karthause


    Im Lohengrin gibt es doch diese "Dreiecksgeschichte" (ich nenne es jetzt einfach mal so) zwischen Telramund und Elsa, die verlobt waren, und Gottfried. Als Gottfried verschwindet, denkt Telramund, Elsa hätte damit etwas zu tun und löst die Verlobung. Da sehe ich den Zusammenhang zu Wolfgang Buck und Guste (und auch zu Diederich).


    Ja, das leuchtet mir ein, aber ich dachte mehr an das Ende von "Lohengrin", was dieses Finale hiermit zu tun hat? :-k (Ob überhaupt und wie?) Bin doch ganz wild darauf Diederich fallen zu sehen ;)

  • Ich bin jetzt mitten im 5. Kapitel...


    Heßlings Populärität zahlt sich mittlerweile auch für die Schwestern aus. Bestes Beispiel dafür ist die Einladung von Frau Wulckow.


    Diederich versucht Guste bei einer Führung durch die Fabrik zu imponieren und erfährt das sie mehr Geld geerbt hatte als er wusste. Und das macht Guste für ihn natürlich noch interessanter. Er möchte sie Herrn Buck ausspannen.


    In dem Theaterstück zu dem Diederich und seine Schwestern eingeladen sind sind Theaterwelt und Wirklichkeit miteinander verwoben. Z.B. sind in dem Theaterstück auch Lehren über Heßlings Verhalten enthalten.


    Ich denke dieser Wulckow und Diederich sind sich sehr ähnlich:


    Zitat

    ...dafür das es weniger Arbeitslose gibt will ich nicht bluten. Mein Geld ist mein Geld!"


    Ich finde auch das kann man gut in die heutige Zeit übertragen.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Das 5. Kapitel hab ich nun beendet.


    Heßling will nun Stadtverordneter werden. Napoleon Fischer hilft ihm dabei und im Gegenzug dazu sichert ihm Diederich seine Hilfe beim Bau eines Gewerkschaftshauses zu. Natürlich gewinnt Diederich mit viel Glück die Wahl.


    Als Diederich Herrn Wulckow besucht wird er von ihm zuerst ignoriert. Erst nach einem wütendem Ausbruch schenkt er ihm seine Aufmerksamkeit. Er sagt ihm seine Unterstützung gegen die Konkurrenzfirma Klüsing zu, wenn Diedercih ihm gegen Buck hilft. Vor seinen Schwestern spielt er dann den erfolgreichen Geschäftsmann, der er garnicht ist.


    Buck trennt sich von Guste und Diederich ergreift die Gunst der Stunde, kommt mit ihr zusammen und genießt seinen neuen Reichtum in vollen Zügen.


    Begeistert ist Diederich von der Oper "Lohengrin", die er gemeinsam mit Guste besucht. Ihm gefällt Elsas "germanischer Typ" und das in dem Stück alle "nationalen Forderungen" erfüllt werden. Das ist doch was für Diederich :D.


    Am Tag seiner Hochzeit mit Guste muss Diederich sein Grundstück zu einem geringen Preis verkaufen und ist in dementsprechender Stimmung.


    Mir tut Guste jetzt schon leid.

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  • Zitat

    Original von Fezzig
    Diederich muss seine Angst überwinden und geht eine Verbindung mit Napoleon ein. Ich warte noch darauf, dass D. Napoleons Hilfe zu einer schlechten Sache macht und letzteren mit der illegalen Manipulation erpressen, bzw. aus dem Unternehmen jagen wird.


    ... kaum geschrieben - und 2 Seiten weiter besiegeln Diederich und Napoleon ihr Bündnis weiter. Das nimmt ganz sicher ein böses Ende für Napoleon... selbst schuld! :twisted: Mit seiner Bemerkung:


    Zitat

    Wer uns mit Agitationsstoff versorgt, hat nichts zu fürchten. [..] Intimitäten aus den ersten Kreisen sind für uns doch wichtiger als -[..] so ein Mädchen. (S. 205)


    verlor er jegliche Sympathien. :-#

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Zitat

    Original von Heidi Hof
    Welchen Zusammenhang hat denn „Lohengrin“ mit dem „Untertan“? So ganz verstehe ich diese Andeutung nicht.


    Da bist du nicht allein. Beim Projekt Gutenberg gibt es die Textfassung der Saga. Hier ist der Link zu Lohengrin. Und hier ist das der Link zum Libretto der Wagner Oper.


    5. Kapitel:


    Diederichs Mißwirtschaft und "Großzügigkeit" macht sich verstärkt bemerkbar und mich wunderte es nicht, dass er zum Schluss sein Grundstück verkaufen musste. Seine armen Schwestern und Mutter! :cry:
    Diederichs Mutter ist der große Verlierer in der Familie. Magda und Emmi haben ja beide eine Fähigkeit, das Schicksal zu ihren Gunsten zu beeinflussen, auch wenn sie unter Diederichs eigenmächtigen Entscheidungen zu leiden haben.


    Klatsch und Tratsch beherrschen das Kapitel - mit positiven Folgen für Diederich (und Guste) aber auch für Wolfgang Buck, der sich endlich aus seiner ungewünschten Verlobung lösen kann. Die Art, wie er Guste benachrichtigt, ist mehr als feige. Ein Glück für Diederich, dass er sich als "Retter" der verschmähten "Jungfrau" und ihres Vermögens.


    Auf Seite 226/227 (dtv-Ausgabe von 1975) ist Diederich angerührt vom Schicksal der heimlichen Gräfin. Die Geschichte rührt sein "weiches und idyllisches Herz". :pukel:
    Reflektion ist nicht Diederichs Stärke...


    Allgemein ist zu sagen, dass sich Diederich von immer mehr Menschen abhängig macht und strategisch nicht besonders schlau dabei vorgeht. So langsam stößt er immer mehr Mitbürger vor den Kopf. Der niedrige Verkaufspreis seines Grundstückes und sein Zwang, zu verkaufen, kann ein Vorgeschmack seines Niedergangs sein (der hoffentlich noch kommt :twisted: ).


    Die Theatervorstellung bietet sehr viel Sozialkritik. Allein der Satzzeigt das Wesen des deutschen Untertan! Der ideale Untertan! Verehre die Macht, ohne nachzufragen, wofür sie steht, bzw. woher sie kommt oder wie sie an die Macht kam:


    Zitat

    Dafür war der junge, soeben eingetroffene Gottfried in drei Tagen der dritte Landesfürst, dem Edle und Mannen, treu und bieder wie immer, ihre Huldigung darbrachten.


    Hauptsache, es gibt eine Autorität, an der man sich orientieren und erfreuen kann!

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  • Hi,


    ich bin jetzt irgendwo im 5.Kapitel... und muss sagen, ich quäl mich so dahin... Diederich ist mir dermassen zuwider...manche Dinge sind schon absehbar.. ich bin mir z.B. sicher, dass das mit Guste und ihm noch was wird ;-)
    Er buckelt weiterhin was das Zeug hält, ist ständig nur auf seinen Vorteil bedacht, dreht und wendet sich... was für ein anstrengendes Leben!
    Besonders witzig fand ich, dass er sich so sehr darüber aufgeregt hat, dass Buck und Guste Geschwister sind... von wegen... es geht dahin mit Netzig, wo sei er da bloss hingekommen?
    Hallo? Er hat 1. das Gerücht gestreut, 2. ist er keinen Deut besser als der Rest... wenn nicht sogar der Schlimmste von allen ! :pukel:
    Aber seine Fähigkeit, die Dinge so zu drehen und zu wenden, dass sie ihm zum Vorteil sind... das ist schon beeindruckend...;-)


    Gruss Silke.

  • Hallo!


    Ich werde in Kürze das 5. Kapitel beenden, ich quäl mich momentan auch ein bisschen, wobei aber immer wieder echte Highlights zu lesen sind.


    Diederich ist widerlich,keine Frage. Er ist auch recht ungeschickt,hat aber mehr Glück als Verstand.


    Die Theateraufführung fand ich auch sehr beschreibend, irgendwie verwebten sich Realität und Aufführung so sehr, dass man glaube, man befinde sich schon wieder im "richtigen" Leben.


    Schmunzeln musste ich auch über den Deal von Diederich und Wolfgang Buck bezüglich der Betreuung von Guste. Als das Gerücht über die nahe Verwandtschaft von Wolfgang und Guste die Runde machte, meinte Wolfgang (bei meiner Fischer-HC-Ausgabe auf S. 317):


    Zitat

    "Wissen Sie, dass ich erst jetzt rechte Lust bekomme, Fräulein Daimchen zu ehelichen? Ich hielt die Sache für - nicht sehr sensationell; aber die Einwohner von Netzig machen geradezu eine Pikanterie daraus."


    Diederich war starr über diese Wirkung [...]


    Zitat

    Buck: "Warum denn nicht? Sie und ich, wir beiden Gegenpole, führen doch hier die vorgeschrittenen Tendenzen der moralfreien Epoche ein....


    Diederich als Vertreter der moralfreien Epoche :mrgreen: Was würde denn da der Kaiser dazu sagen??? :mrgreen:

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Zitat


    Original von silkekerstin
    und muss sagen, ich quäl mich so dahin... Diederich ist mir dermassen zuwider...manche Dinge sind schon absehbar..


    Ich gestehe, dass ich zwischendurch auch ein neues Buch beginnen musste, weil mir die Falschheit, Heuchelei, Hörigkeit und Idiotie auf den Geist ging. Allerdings ist das Denken der Zeit so gewesen - für uns unvorstellbar. Das macht es für mich interessant weiterzulesen und zu sehen, wie weit die Demokratie sich heute durchgesett hat. Natürlich gibt es noch immer verblendete Menschen, die eine mächtige Autorität suchen, aber es hat sich im letzten Jahrhundert doch sehr viel in der Vorstellung der Staatsführung getan!


    Nicht nur das politische Selbstverständnis hat sich verändert sondern auch das Eheleben und die Freiheiten von Frauen.


    Spannend zu lesen, wie es früher war! Und gut für uns, dass wir Diederichs Handlungsweise ablehnen!

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  • Hi,


    ja, genau so ging es mir auch, Fezzig ;-)
    Ich hab mich erst so Seite für Seite dahingequält, überlegt, ob ich es aufhören soll zu lesen... aber irgendwie ist es ja doch interessant... und dann hab ich nun einfach zusätzlich das Buch der anderen Leserunde "In meinem Himmel" angefangen... da sind 50 Seiten nix... ;-)


    Und genau die Vorstellung, dass die Zeit und die Menschen damals tatsächlich SO waren, ist ja so schlimm !!


    Andererseits würden sich die Menschen damaliger Zeit im Grab umdrehen, wenn sie unsere Zustände kennen würden?!
    Denn Falschheit, Heuchelei, Materialismus, Geringschätzung anderen Lebens usw... gibt es ja heute auch... nur in anderen Formen...


    Gruss Silke.

  • „Der Untertan“ und „Lohengrin“


    Zu einem ist es tatsächlich diese zeitgemäße Auffassung von Kunst in der Wilhelminischen Epoche, Kunst zählte damals als trivial, als Zeitvertreib, ohne Sinn und Verstand. Alles was zählte war Vernunft, Pragmatismus … Also es stellt einen ironischen Angriff auf das deutsche Bürgertum dar.


    Und dann gibt es wohl noch einen Zusammenhang zwischen H. Mann und Nietzsche, und Nietzsches „Fall Wagner“ und „Ecce Homo“. Da ich aber beide Werke nicht kenne, kann ich dazu nicht mehr sagen