"Der Arzt von Stalingrad" von Heinz G.Konsalik

  • Hallo @ll,


    mit diesem Buch möchte ich unsere neue Rubrik >Kriegs-und Politromane< einweihen. "Der Arzt von Stalingrad" gehört zu den wenigen Kriegsromanen die ich bis heute gelesen habe, bei diesem Thema bevorzuge ich eigentlich Dokumentationen, vor allem weil mein Vater zu den Menschen gehörte, die in russischer Kriegsgefangenschaft ( auch in Odessa) waren. Er kam 1943, als 19- jähriger in Gefangenschaft, kehrte 1949 als Spätheimkehrer und kranker Mann wieder zurück.


    Inhaltsangabe bei Amazon kopiert;


    Das Grauen des Krieges, die Weite der russischen Steppe und das Schweigen des Todes sind die beherrschenden Themen dieses realistischen Romans. Den erschütternden Hintergrund bildet das riesige Kriegsgefangenenlager von Stalingrad mit den Resten der deutschen 6. Armee. Es ist der große tragische Bericht über jene Männer, die in eisigen Winterstürmen und unter primitivsten Verhältnissen, ohne ausreichende Instrumente nur eine Aufgabe kannten. Anderen zu helfen. Da ist der Lagerarzt Dr. Böhler, der jene legendäre Operation vollzieht, die in Windeseile in allen Gefangenenbaracken von Odessa bis Astrachan mythischen Ruhm gewinnt.
    Autorenportrait
    Heinz G. Konsalik wurde 1921 in Köln geboren. Er studierte zunächst Medizin, wechselte jedoch sehr bald zum Studium der Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Zeitungswissenschaft. Im Zweiten Weltkrieg war er Kriegsberichterstatter. Nach Kriegsende arbeitete er als Dramaturg und Redakteur, seit 1951 war er freier Schriftsteller. Im Oktober 1999 verstarb Heinz G. Konsalik im Alter von 78 Jahren. Er galt als international erfolgreichster deutscher Autor.


    Soweit mir bekannt ist, beruht dieses Buch auf wahren Gegebenheiten, ist spannend und humorvoll (trotz traurigem Hintergrund) geschrieben.
    Ich habe dieses Buch schon vor vielen Jahren gelesen (meine Ausgabe ist noch Leinengebunden von 1958 ) und habe es als wirklich lesenswert in Erinnerung.


    Grüsse von Bonprix

  • Hallo Bonprix,


    "Der Arzt von Stalingrad" war eines der ersten Bücher, die ich über den zweiten Weltkrieg gelesen habe und es hat mich damals sehr beeindruckt.


    Noch intensiver als den Arzt habe ich aber "Das Herz der sechsten Armee" in Erinnerung. Und dann gab es noch ein Buch um eine Gesichtsversehrten-Klinik ("Das geschenkte Gesicht" oder so ähnlich).


    Es ist allerdings inzwischen schon fast zwanzig Jahre her, dass ich das alles gelesen habe. Und ich könnte mir nicht vorstellen, dass ich es heute noch mögen würde. Zum einen würde mir der Konsalik-Stil einfach nicht mehr liegen und zum zweiten möchte ich bei solchen Themen doch lieber auf Sachbücher/Biographien etc. zurückgreifen.


    Aber ich finde es interessant, dass du dieses Buch hier vorstellst. Das stimmt mich direkt ein bisschen nostalgisch ;-)

  • Hallo sunnyside,


    bei mir ist es auch schon lange her, dass ich einiges von Konsalik gelesen habe, an das >geschenkte Gesicht< erinnere ich mich auch noch.
    Irgendwann mochte ich seinen Schreibstil nicht mehr, so nach dem Motto- wenn man einen Roman gelesen hat, kennt man sie alle (immer die Personenähnlichkeiten). =;
    Da Du auch sagst, dass Du lieber Sachbücher/Biographien liest, kennst Du die Bücher von Paul Carell, >Verbrannte Erde, Unternehmen Barbarossa ect.?
    Ich habe meinem Vater seinerzeit so ziemlich alle Bücher von ihm geschenkt und ich erinnere mich, dass er sie als sehr realistisch empfand.


    Grüsse von Bonprix :wink:

  • Es ist meines Erachtens das beste Buch das Konsalik je geschrieben hat. Trotzdem fand ich, daß die Geschichte des Arztes - er stammte übrigens aus Kaiserslautern, also ganz in der Nähe von mir - einen besseren Autoren verdient hätte.

  • Das ist ja weit über 20 Jahre her, da hatte ich die Konsalik-Romane verschlungen, darunter auch "Der Arzt von Stalingrad". Das war's dann aber auch schon, weil ich mag überhaupt keine Kriegsromane oder -filme.

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • Hallo Bonprix,


    Zitat

    Irgendwann mochte ich seinen Schreibstil nicht mehr, so nach dem Motto-wenn man einen Roman gelesen hat, kennt man sie alle (immer die Personenähnlichkeiten).


    Genau so empfinde ich das auch. Deswegen könnte mich ein Kosalik heute überhaupt nicht mehr locken. Aber damals war ich da einfach noch nicht so kritisch. Jung und leicht zu beeindrucken ;-)


    Zitat

    Da Du auch sagst, dass Du lieber Sachbücher/Biographien liest, kennst Du die Bücher von Paul Carell, >Verbrannte Erde, Unternehmen Barbarossa ect.?


    Nein, das sagt mir leider gar nichts. Aber ich lese inzwischen auch nicht mehr viel zu diesem Thema.

  • Tja, ich mußte "Der Arzt von Stalingrad" im Rahmen eines Literaturwissenschaftshauptseminars an der Uni Kiel lesen. Daß es Trivialliteratur ist, war mir schon vorher klar. Aber was für ein Schrott dieses Buch wirklich ist, war erschreckend. Der Inhalt weist faschistoide Tendenzen auf. Deutsche Kriegsverbrechen werden verharmlost gegenüber den sowjetischen Verbrechen an deutschen Kriegsgefangenen. "Der Russe", "der Kommunist" wird als debiler Untermensch dargestellt, den man schnell mit "Eiermanns Schnellpudding" von den Vorzügen der westlichen Gesellschaft überzeugen kann - wie flach! Mit Pudding den Kommunismus angreifen - ich habe mich gekringelt vor Lachen!
    Frauen sind in seinem Roman beeinflußbar, naiv und hinterlistig. Nur "der Deutsche" ist ein aufrichtiger Mensch, welcher zu seinen Idealen steht und unerschütterlich seine (richtige) Weltanschauung verteidigt.
    Dies soll Konsaliks bester Roman sein! Ich möchte kein anderes Buch von ihm lesen, sonst wird mir noch ganz anders. Nein, nein, Heinz kann seinen Taiga-Titten alleine hinterherjagen!

  • Hallo @ll.


    Erst vor kurzem habe ich den "Arzt von Stalingrad" noch ein Mal aus dem Bücherregal genommen und gelesen.
    Wenn ich die Handlung von "damals" mit der heutigen vergleiche, erscheint mir der Roman noch als "harmlos"..!
    Wie unsinnig ein jeder Krieg auf unserer Welt ist, habe ich am eigenen Leib (und Seele) erfahren m ü s s e n..
    Wünsche niemandem, dass es ihm so ergehen mag.
    LG, 723AMC :pirat:

  • Hallo,
    hm, die Beiträge sind doch sehr unterschiedlich. :-k Das Buch steht bei meiner Mutter im Regal und bis jetzt habe ich immer einen großen Bogen um die KONSALIK's gemacht :wink: ... habe vor ca. 20 Jahren mal aus Langeweile einen gelesen und war nicht gerade begeistert, allerdings war ich da erst 16 und wohl noch nicht reif dafür? 8-[


    Sollte ich es doch nochmal wagen? Und mir den "Arzt von Stalingrad" antun? :scratch: .... die Meinungen gehen ja doch stark auseinander. Mal gucken, wenn ich das nächste Mal bei meiner Mutter bin, werde ich mal einen Blick reinwerfen. Wenn allerdings der Faschismus verherrlicht wird, nee ... das wäre nix für mich :puker:


    LG, Steffi :cat:


    bin gerade "zwischen den Büchern", d.h. weiß noch nicht, was ich als nächstes lese :scratch:

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

  • Ich habe das Buch gerade gelesen. Das Buch spielt in der Nachkriegszeit. Es ist also völlig abwegig, wenn verlangt würde, dass Konsalik deutsche Kriegsverbrechen darin hätte aufzählen sollen. Dennoch erwähnt er darin zwei SS-Ärzte, die Versuche an Kriegsgefangenen getätigt hatten. Ob er diese in ihrem kurzen Auftreten ausreichend kritisch darstellt, kann sicher kontrovers betrachtet werden.


    In der Nachkriegszeit, in der, wie gesagt, die Geschichte spielt, fanden russische Verbrechen an Kriegsgefangenen statt. Deutschland ist besiegt und war dazu nicht mehr in der Lage. Das die Russen nicht pingelig mit Gewalt und Brutalität waren, ist unumstritten. Warum sollte diese Tatsache verschwiegen werden. Aus Angst, man könnte den deutschen Soldaten ehrvoller darstellen? Unsere automatisierte Selbstbeschuldigung, die bis in die heutigen Generationen reicht, hätte sicher Schwierigkeiten, damit klar zu kommen. Eine automatisierte Selbstbeschuldigung, die uns sogleich als Faschisten einstuft.


    "Faschistoiden Tendenzen" kann ich nicht festellten. Da fallen mir andere Bücher ein, die es Hintergründig in sich haben. Ich vermute, dass "TimoKiel" dies aus einer Analyse von Hausaufgaben.de übernommen hat. Auch empfinde ich es nicht als schlimm, wenn Konsalik den deutschen Kriegsgefangenen das russische System, den Kommunismus, kritisch betrachten lässt. Ich für meinen Teil möchte nicht in einem kommunisten System leben. Wer würde das freiwillig, der die Freiheit des Kapitalismus kennt? Entsprechend hat auch dies nichts mit "Faschismus" zu tun. Was man nicht alles als faschistisch einstufen kann, wenn man es darauf anlegt...


    Was die russischen Frauen im Roman betrifft, so habe ich ein positives Bild von diesen im Roman gewonnen; abgesehen von der Küchenhilfe. Die leidenschaftliche Liebe von Alexandra und Janina galten nur jeweils einem Mann, was sollte daran schäbig sein.


    Die russischen Wachen und die Lagerleitung vollziehen im Roman einen Prozess, in dem die Menschlichkeit Rohheit und Gewalt durchbricht und nahezu vollständig sprengt. Am Ende des Romans verabschieden sich die Kriegsgefangenen sogar als Freunde von den russischen Soldaten.


    Viele Kriegsgefangenen wurde einfach zu Kriegsverbrechern erklärt, um diese länger als Arbeitskraft ausbeuten zu können. Es ist hart, was diese Menschen durchmachen mussten! Und ja, es waren aus diesem Grunde durchaus auch Helden. Unabhängig davon, dass sie gezwungen wurden, für eine kranke Ideologie zu kämpfen.


    Der Roman ist insgesamt sehr lesenswert. Anzumerken sei, dass der Roman auf wahre Begebenheiten beruht. Ottmar Kohler ist als "Arzt von Stalingrad" bekannt gewesen. Dieser durfte erst nach 10 Jahren Kriegsgefangenschaft heimkehren.


    Wer sich dafür Interessiert, was der Soldat unmenschliches durchmachen musste, so empfehle ich auch "Mir selber seltsam Fremd" von Willy Reese. Es umschreibt zwar für mein Empfinden wiederholt überstreckt Eindrücke von Landschaft und Umgebung, doch stellt dies ein Kontrast zu den anderen Erlebnissen von Reese dar. "In stolzer Trauer" von W. Heinrich ist ebenfalls zu empfehlen, auch wenn es sicher weniger auf Tatsachenberichte beruht.

  • Zu diesem Buch habe ich keine ISBN und will sie auch gar nicht. Konsalik ist für mich der Inbegriff für literarischen Müll. Das ist hier in den Antworten zur Rezension sicherlich auch schon deutlich geworden. Wie bitte? Mit Pudding den Kommunismus besiegen? Das kann doch wohl nicht wahr sein. Das muss doch Satire sein. Ansonsten muss ich mein Urteil über Konsalik revidieren. Vllt. hat er ja am Genre vorbei geschrieben. Vllt. ist das ja alles Satire? Alles nur eine große Veralberung? Aber nein, ich fange zu träumen an. Konsalik ist und bleibt Müll, nichts als geschriebener Müll. Hoffentlich wandert der Schriftsteller mit seinem Gesamtwerk in der Toilettenpapierfabrik. :thumbdown:

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Ralf, du gehst ja ganz schön hart mit HG Konsalik ins Gericht.
    In der Tat kann man seine Bücher nicht als hohe Literatur bezeichnen und die Krimis und Arztromane haben für mich den Stellenwert leichter Urlaubsunterhaltung. dennoch darf man ihm seinen wirtschaftlichen Erfolg nicht absprechen. Er war einer der deutschen Erfolgsautoren der Nachkriegsgeneration.
    Seine Kriegserlebnisse hat er in Büchern wie "Der Arzt von Stalingrad" oder "Strafbataillon 999" niedergeschrieben. Dabei kam es ihm primär darauf an, die schlimmen Erlebnisse, die die gemeinen Soldaten der Wehrmacht an der Ostfront erleiden mussten zu thematisieren und öffentlich laut auszusprechen. Denn die damals sehr beliebten "Landser"-Heftchen zeichneten noch immer ein sehr heroisches Bild der Wehrmacht, genau wie die damals regelmässig ausgestrahlten "Wochenschauen". Von daher finde ich es schon bemerkenswert, wie Konsalik die Grauen des Krieges darstellt, sowohl auf deutscher wie auch auf russischer Seite. Da wird davon gesprochen, wie sowohl russische Gefangene einfach mal so eben abgeknallt wurden, wie Fahnenflüchtige Deutsche von Kettenhunden aufgeknüpft wurden, aber auch wie deutsche Überläufer dann nach brutalen Verhören doch erschossen wurden. Brutalität und Verbrechen in einemverbrecherischen Krieg auf beiden Seiten. Wenn man jetzt in den Büchern, die knapp nach Kriegsende geschrieben wurden, nach einer grossen und ambivalente Vergangenheitsbewältigung sucht, ähnlich einer Wehrmachtsaustellung aus jüngerer Zeit, dann wird man natürlich nicht fündig. Denn dafür war die Zeit noch lange nicht reif. Findet man aber auch bei anderen Kriegsromanen dieser Zeit, wie Kirsts "08/15" oder Bauers "So weit die Füsse tragen" nicht. An Littells "Wohlgesinnten" sieht man ja auch ganz stark, dass selbst 60 Jahre nach Kriegsende noch nicht alle Kapitel des Dritten Reiches und des Zweiten Weltkrieges literarisch aufgearbeitet sind.
    Von daher sollte man in Konsalik und dem "Arzt von Stalingrad" nicht mehr versuchen zu sehen, als das er letztlich ist: Ein erfolgreicher Unterhaltungsroman als kleiner und früher Wegbereiter der Geschichtsaufarbeitung.

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Wenn man jetzt in den Büchern, die knapp nach Kriegsende geschrieben wurden, nach einer grossen und ambivalente Vergangenheitsbewältigung sucht, ähnlich einer Wehrmachtsaustellung aus jüngerer Zeit, dann wird man natürlich nicht fündig.

    Ich sehe es allerdings nicht ein, dass jedes Buch, dessen zeitlicher Rahmenzwischen 1933 und 1945 spielt, sich mit Vergangenheitsbewältigung zu beschäftigen hat.


    Wer sich - ergänzend zu der in der Schulzeit zigfach wiederholten Thematik "2. Weltkrieg" - fortführend mit "Vergangenheitsbewältigung" befassen möchte, dem steht es frei, entsprechende Literatur zu lesen. Auch ich habe mich weiter informiert.


    In einem Roman, der ggf. sogar auf Tatsachen beruht und der den Blickwinkel eines einfachen bis höheren Soldaten einnimmt, hat "Vergangenheitsbewältigung" nichts, schon gar nicht auf höherem Niveau, zu suchen.


    Wenn ich einen derartigen Roman lese, möchte ich mich weder mit dem "großen Ganzen" komplex auseinandersetzen noch nationales Schuldgefühl bis zum Tilt eingetrichtert bekommen.

  • Worotilow, dem möchte ich zwei Dinge entgegenhalten:


    Erstens hat eine Aufarbeitung oder Bewältigung einer Vergangenheit nichts mit "Eintrichterung eines Schuldgefühls" zu tun. Zumal die Menschen, die 33-45 Schuld auf sich geladen haben, zumeist schon nicht mehr unter uns Lebenden weilen. Ich für meinen Teil übernehme nur für meine eigenen Taten Schuld.


    Gerne stehe dir deine Meinung zu, dass ein Roman zunächst der Unterhaltung dienen soll. Doch wenn man den Zeitpunkt sieht, in dem "Der Arzt von Stalingrad" entstand und erschein, nämlich 1956, da war es noch Nachkriegszeit und einer der ersten grossen populären Thematisierungen des Dramas Stalingrad und des Zweiten Weltkriegs. 1956 kehrten bekanntlich auch die letzten deutschen Soldaten aus der russischen Kriegsgefangenschaft heim. Ein Roman, der zu diesem Zeitpunkt mit diesem Thema erscheint, kann keine pure Unterhaltung sein, die man mal so eben im Strandbad liest. Ausserdem erreicht man mit einem Roman einfacher ein grösseres Publikum als mit einem Fachbuch. Natürlich kann ein Roman niemals ein Fachbuch ersetzen, doch hat es damals sicherlich vielen Menschen einen Einstieg ermöglicht, sich mit diesem Trauma Stalingrad zu beschäftigen.

    Shalom, kfir


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    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Ja klar habe ich mich mit meiner vernichtenden Kritik ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Doch das war Absicht. Wie sagte einmal Reich Ranicki? "Lieber einen Meter Kafka ungelesen im Regal als einen halben Meter Konsalik, ob gelesen oder nicht." Und Recht hat er. Reich-Ranicki muss ich, denke ich mal, sicherlich nicht vorstellen, der wird doch sicher bekannt sein, oder?


    Natürlich hat K. einen enormen Erfolg gehabt. Doch das ist so ähnlich wie mit Dieter Bohlen. Der hat auch eine Menge Erfolg gehabt und hat dann immer nur den eigenen Kram kopiert. So wie Konsalik auch. Daher wäre K. nichts für mich und ich würde auch niemals den Schund von ihm weiter empfehlen. Zur Geschichtsaufarbeitung kann man auch intelligentere Schriftsteller bemühen. Z.B Kuznezow : "Babi Jar" oder Primo Levi: "Wann, wenn nicht jetzt?"

    Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und machst ihn satt, dann wird er dich nicht beissen. Das ist der Grundunterschied zwischen Hund und Mensch.
    Zitat: Mark Twain

  • Ralf, mit dieser Aussage kann ich dir beruhigt die Hand reichen:
    HG Konsalik möchte ich niemandem, weder als entspannte Unterhaltung und schon gar nicht als guten Kriegsroman, empfehlen. Trotzdem kann man "Den Arzt" oder "Your my Heart, you're my Soul" jeweils als Meilenstein für ihr Genre und ihre Zeit einordnen.


    Vielen Dank auch für dein Zitat von Reich-Ranicki, das kannte ich bislang nicht. :D

    Shalom, kfir


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    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Erstens hat eine Aufarbeitung oder Bewältigung einer Vergangenheit nichts mit "Eintrichterung eines Schuldgefühls" zu tun.

    Das sehe ich anders. Nach meinen Recherchen war es sogar Programm der Siegermächte, alles, was annähernd nach Nationalsozialismus stinkt, zu unterdrücken.


    Hätte man vor 10 Jahren eine Deutschlandfahne ans Auto gehangen, wäre man als Fascho diffamiert worden. Ich trug als Heranwachsender (Mitte 80'ger) eine Bundeswehrhose, wie es viele tragen, wenn sie zum Grillen ins freie gehen. Ich wurde als Fascho betitelt. Später hatte ich - ohne jeglichen Hintergedanken - eine deutsche Dienstfahne im Jugendzimmer aufgehangen und erfuhr selbiges erneut. Dabei war ich nie ein Fascho gewesen und hatte auch keine Sympathie für die in Bomberjacken bekleideten Halbstarken. In der Schule wurde das Thema 3. Reich und Holocaust so oft wiederholt, dass alle stöhnten, als das Thema erneut wiederholt werden sollte. Die Lehrer wechselten tatsächlich das Thema, weil alle protestierten.


    Uns wurde von klein auf ein Stachel verpasst, an dem unentwegt gedreht wird. Drehen nicht die Medien, dreht ausgiebig und leidenschaftlich der Zentralrat der Juden bei geringstem Anlaß.


    Dieser Stachel funktioniert einwandfrei. Gibt es satirischerweise ein Nazimeter im TV, gehen alle auf die Barrikaden. Schreibt ein Konsalik ein Buch, in dem man faschistische Tendenzen interpretieren kann, wird diese Gelegenheit vollends genutzt. Wir machen das, weil es "artig" ist. Weil es uns so beigebracht, von klein auf eingehämmert wurde.


    Wir schämen uns für alles, was nur annähernd faschistisch eingestuft werden könnte. Das geht so weit, dass, wenn man blöd angemacht wird - wenn man Glück hat gewaltlos nur mit "Scheiss Deutscher!" - sich kaum zu wehren traut, weil man rassistisch eingestuft werden könnte.


    Nennen wir es also meinetwegen nicht Schuldgefühle, sondern Stachel.


    Das Thema ist hier allerdings nicht unbedingt angemessen. Ich muss gestehen, es überkommt mich manchmal, wenn ich mitbekomme, wie schnell Leute in den Dreck gezogen werden von verstachelten Dummschwätzern und klugsch... Pseudointellektuellen (damit ist hier keiner persönlich gemeint). Siehe Fall Günter Grass, der, ach wie schlimm, in der Wehrmacht war und automatisch als Kriegsverbrecher und Massenmörder betrachtet wird. Siehe Fall Papst Benedikt XVI, der am Flag aushelfen musste.


    Auch mein Vater stand am Ende des Krieges am Flag in Deutschland und ging alsbald in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Er war ein normaler Mensch, kein "Nazi", er war ein Jugendlicher, dem diese Zeit keine andere Wahl ließ. In anderen Ländern werden Soldaten als Helden betrachtet. In Deutschland werden Soldaten des 2. Weltkrieges als Verbrecher betrachtet, egal, was diese Menschen geleistet und durchgemacht haben. Das könnte man so fort führen. Egal wo man hinsieht: Stachel!


    So, nun aber Schluß damit! "Der Arzt von Stalingrad" hat mir persönlich gefallen. Natürlich ist es keine gehobene Literatur, das bestreite ich nicht. Und was ein Reich-Ranicki von sich gibt ist mir völlig egal.

  • "Lieber einen Meter Kafka ungelesen im Regal als einen halben Meter Konsalik, ob gelesen oder nicht."


    Nanu? Ich besitze alles, was Kafka geschrieben hat, z.T sogar als HC-Ausgabe. Aber für einen Meter reichts nicht. :o
    Daneben besitze ich auch etliche Konsalik-Bücher. Ich habe beide gelesen, Kafka und Konsalik. Und schäme mich für beide nicht.
    Natürlich gehört Konsalik nicht zur literarischen Elite. Das tun aber diverse Thriller-Autoren, Liebesromanverfasser und Chic-Lit-Schreiber auch nicht. Auch wenn ich sie nicht mag, kann ich trotzdem akzeptieren, dass sie von etlichen Leuten gern gelesen werden.


    @ worotilow,
    ich gehöre zur Generation der Kinder der Kriegskinder, d.h. meine Großelterngeneration gehörte zu den von Naziherrschaft und 2. Weltkrieg "betroffenen" oder sogar zu den Aktiven. Für uns lag das Thema der neuen deutschen Geschichte auf der gleichen Ebene wie das Thema Sex: Tabu. Man durfte nicht fragen. Und wenn tatsächlich jemand mal den Mund aufmachte, war nicht sicher, dass er die Wahrheit sagte.
    Als dann während meiner Schulzeit nach und nach die Tatsachen offenbar wurden, waren wir dankbar, wenn Lehrer sie thematisierten, und schauten uns die Filme interessiert an und lasen Bücher darüber.
    Worin ich Dir recht gebe: Es ist Geschichte, aber auch die schlimmste Geschichte darf nicht bis in alle Ewigkeit zur "Erbsünde" für sämtliche Generationen werden.
    (In einem muss man dem Fußball wirklich dankbar sein: Man darf "für Deutschland" sein ohne gleich als nationalistisch abgestempelt zu werden.)
    Dennoch: Solange rassistisches Gedankengut immer noch blüht und für Gewalt und Hass sorgt, muss man weiterhin auf der Hut sein und darf nicht vergessen, wozu dieser Fanatismus schon einmal geführt hat.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)