Stephen King - Das Mädchen / The Girl Who Loved Tom Gordon

  • Ich habe vor einiger Zeit die weiße Ausgabe dieses Kings ertauscht und hatte vor ein paar Tagen dann plötzlich den Drang, nach Jahren mal wieder einen King zu lesen. Da mir der SUB momentan etwas zu sehr anwächst, habe ich mich kurzerhand für dieses dünne Exemplar entschieden. Eine gute Wahl, wie sich herausstellte.


    Vielleicht etwas "Gemecker" im Voraus: Der Leser begleitet bekanntlich das Mädchen Trisha, das sich unglücklicherweise im Wald verirrt. Wie es hier schon so viele angemerkt haben, kam mir Trishas Alter von 9 Jahren etwas unpassend vor. Zumindest während eines gewissen Teils der Geschichte wirkte sie wirklich viel reifer. An anderer Stelle wiederum fand ich sie sehr authentisch. Aber das nur am Rande.


    Ansonsten habe ich "Das Mädchen" - sofern man das bei einem King sagen kann - sehr genossen und wirklich gern gelesen. Stephen King hat mir in diesem Roman einmal mehr bewiesen, dass er auch in der Lage ist, nahezu poetisch Szenerien zu schildern und auf diese Weise seinen Leser tief in die Geschichte eintauchen zu lassen. Zu erwarteten Schreckensbildern gesellte sich damit auch hier und dort mal eine gewisse Idylle, was mir richtig gut gefallen hat.


    Äußerst sympathisch fand ich auch Trisha (und ja, zum Großteil auch ihre Familie). Ein tolles Mädchen ist sie und ich habe sie, mal mehr und mal weniger, gern auf ihrem harten Weg begleitet. Was für mich neu war: Natürlich tat mir Trisha leid, aber da war noch was anderes. King hat es geschafft, dass ein hilfloses Mädchen mit zutiefst beeindruckt und fasziniert. Ihr ganzes Wesen wurde auf eine so (für mich) eindrucksvolle Art und Weise dargestellt, dass ich nicht nur mit ihr mitgefiebert habe, sondern auch das eine oder andere Mal - und ich weiß, dass das jetzt etwas seltsam klingen mag - richtig stolz auf sie war. Das kannte ich so bisher auch noch nicht. Wieder eine neue Seite, eine neue Art des Lesegefühls, das ich Dank King kennenlernen konnte.


    Trishas Geschichte - und auch das wurde hier schon häufig erwähnt - ist wirklich kein Horror, wie man ihn vielleicht von King, dem Meister des Grauens, erwarten würde. Ganz ehrlich? Ich finde diesen unterschwelligen Horror, der in meinem Kopf entstanden ist, weitaus besser, da intensiver. Was ich so genial finde, ist, dass King in diesem Roman wunderschön mit den Gedanken und Empfindungen seiner Leser spielt. Genauso, wie er es mit Trisha tut. Denn nicht nur sie ist es, die sich im Wald verliert. Irgendwie hatte ich beim Lesen die ganze Zeit das Gefühl, mit ihr verloren gegangen zu sein. Gerade weil es eine meiner tiefsten Ängste ist, mich zu verlaufen oder allein im Dunkeln zu sein oder nicht zu wissen, was da noch in meiner Umgebung auf mich lauern mag, ist dieser King für mich so wahnsinnig gut gelungen. Er hat mich einfach gehabt. Von der ersten Seite an.


    Dieses Buch hatte also für mich alles: Spannung, Emotion (und ja, die ist schon mal ganz schön Achterbahn gefahren) und auch sonst einfach alles, was ich mir von einem guten Buch wünsche. Ich gehöre eindeutig zu denjenigen, die dieses Buch für etwas Besonderes halten und für mich war es sogar der bisher beste King, den ich gelesen habe.


    Von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: und ich glaube, dass ich dieses Mal nicht wieder erst Jahre verstreichen lassen werde, bis ich den nächsten King vom SUB befreie.


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Missi: Eine schöne Rezension.
    Wenn du durch das Buch Lust bekommen hast wieder mehr King zu lesen kann ich dir übrigens "Das Spiel" empfehlen. Dort sind einige ähnliche Ansätze wie in "Das Mädchen" bereits zu erkennen. Vor allem die Tatsache dass es nicht immer etwas Übernatürlichem bedarf um eine Art von Horror zu erzeugen, sondern dass die eigenen Gedankengänge in der "richtigen" Situation mindestens genau schlimm sein können.

    "Greatness evolves from trust–in yourself, in your ideas, and in your ability to know, deep down, what’s best for you. We must not betray that trust, because the moment we do, we betray our own potential."


  • Danbu: Vielen Dank. Freut mich, dass sie dir gefällt. :) Danke auch für deinen Buchtipp. Das werde ich dann mal im Auge behalten. Auf ein Buch mehr in der WuLi kommt es ja auch nicht an. :loool:


    Übrigens: Dein Avatar ist so niedlich. Ich muss immer grinsen, wenn ich ihn sehe. :love:


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Über den Autor:
    "Carrie", "The Shining", "Misery" - es gibt wohl nur wenige Leser oder Kinogänger, die nicht zumindest eine dieser drei Horrorgeschichten von Stephen King kennen. Einen internationalen Bestseller nach dem anderen legt der 1947 in Maine geborene Autor vor. Und nicht wenige davon wurden auch erfolgreich verfilmt. So spektakulär die Geschichten sind, so bürgerlich klingt Kings Werdegang. Nach Schule, Universität und früher Heirat arbeitete er zunächst als Englischlehrer. Seiner Passion fürs Schreiben ging er abends und am Wochenende nach, bis ihm der Erfolg seiner ersten großen Geschichte, "Carrie", erlaubte, ausschließlich als Schriftsteller zu leben. Der Rest ist Legende. King hat drei Kinder und bereits mehrere Enkelkinder und lebt mit seiner Frau Tabitha in Maine und Florida. (Amazon.de)


    Klappentext:
    >Die Welt hat Zähne. Und mit denen beißt sie zu, wann immer sie will<


    Die neunjährige Trisha unternimmt mit ihren Bruder und ihre Mutter eine Wanderung. Trisha verläßt kurz den Weg - und verläuft sich im Wald. Hunger und Durst, Mückenschwärme und wilde Tiere, Einsamkeit und Dunkelheit sind nicht ihre einzigen Begleiter.... "



    Inhalt:
    Trisha McFarland ist ein tapferes neunjähriges Mädchen, das mit seinem Bruder und seiner Mutter eine Wanderung unternimmt. Trishas Mutter ist seit kurzem geschieden und bemüht sich unermüdlich, den Kindern die gemeinsamen Wochenenden schön zu gestalten. Trishas Bruder liegt im Clinch mit der Mutter, weil sie mit ihm von Boston nach Maine in eine Kleinstadt gezogen ist, wo ihn seine Klassenkameraden aufziehen. Trisha verlässt kurz den Weg, um pinkeln zu gehen und um sich eine Ruhepause vom Gezänk zu gönnen -- und dabei verläuft sie sich.


    Trishas Odyssee entwickelt sich auf mehreren Ebenen, und King vermittelt auf meisterliche Art und Weise, wie sie zunehmend Gefahr verspürt -- von der "ersten flatternden Unruhe" in ihrem Bauch über ihre Stürze in der Wildnis bis hin zu ihrem Abstieg in eine Welt voller Halluzinationen -- die schönste ist ihr geliebter Baseballwerfer Tom Gordon von den Red Sox, dessen Heldentaten sie auf ihrem Walkman lauscht.


    Die Beschreibungen der Natur sind genau, spannungsgeladen und gelegentlich auch lyrisch, von der unerträglichen Quengelei einer unsichtbaren Stechmücke bis zum tiefgründigen Obligato des "unterschwellig Wahrnehmbaren" (die Bezeichnung von Trishas Vater für die Anspielungen auf Gott in der Natur). Unsere Identifizierung mit Trisha verstärkt sich, je mehr wir über die von ihr geliebten Menschen erfahren: Ihr Vater, ein Traummann, dessen Alkoholproblem ihn ins Verderben stürzen könnte; ihre liebende, aber sture Mutter; ihre beste Freundin, Pepsi Robichaud, die durch ihre bildhaften Sprüche lebendig gezeichnet wird. Die durch den Vollmond hervorgerufenen persönlichen Assoziationen; der andauernde Monolog, durch den sie verhindert, dass sie den Verstand verliert -- denjenigen unter uns, die sich schon einmal im Wald verlaufen haben, werden diese Dinge bekannt vorkommen. (Amazon.de)


    Meine Meinung (in aller Kürze, da es schon etwas her ist, dass ich das Buch gelesen habe):
    ICh habe dieses Buch auf Empfehlung eines Freundes gelesen (seine Rezension siehe unten) und muss sagen, dass ich am Anfang nicht sehr überzeugt war. Allerdings, je weiter man sich im Wald mit der kleinen Trisha verläuft, umso spannender wird das Buch. Die düstere Atmosphäre und die quälende Einsamkeit, die Trisha erleben muss, kann man, von einigen sehr langatmigen Passagen, in denen ich mir mehr "Drive" gewünscht hätte abgesehen, sehr gute nachvollziehen.
    Es ist mit Sicherheit nicht Kings bestes Buch, aber es gehört auf jeden Fall eher zu den besseren.
    Was mich sehr fasziniert sind die Parallelen zum Baseball, die King durch das gesamte Buch immer wieder anführt. Diese Struktur steht im krassen Gegensatz zur Orientierungslosigkeit der kkleinen Trisha.
    Insgesamt finde ich das Buch fesselnd, bin mir aber nicht sicher, ob ich der Weiterempfehlung meines Freundes nochmal folgen würde.
    (Hier noch der Link zu seiner Kritik, für diejenigen, die es interessieren sollte: http://www.youtube.com/watch?v=EV5bDyDm-lk)

    Nicht lesen wollen ist schlimmer, als nicht lesen können.
    © Volkmar Frank

  • Hallo Saitenfeuer
    Ich muß gestehen, ich habe Stephen King erst sehr spät für mich entdeckt. "Es" war mein erstes und natürlich "Friedhof der Kuscheltiere".
    "Das Mädchen" hat mir zwar gefallen, aber es ist keins, das ich ein zweites Mal lesen würde.


    Donnerstag kommt ein Bericht über Stephen Kind und anschließend "Misery", interessiert dich sowas auch?



    Viele Grüße


    Sylvia, Brownie, Pearly und Gimli
    :study::study::study:

    :study:Jack McDevitt: Hexenkessel




  • Mal eine ganz andere Seite von Stephen King!!


    Bewertet mit 5 Sternen


    Dieses Buch ist nicht nur Toll sondern ich kann auch eine ganz andere Seite des Autors festellen. :-)


    Man kann genau Spüren wie sich das kleine Mädchen fühlt und alleine klar
    kommen muß...allein und abgeschnitten von der Welt (ausser Ihr kleines
    Walkman, was sie bei sich führt und sie ab und an Radio hören kann, um
    nicht ganz abgeschnitten zu sein) muß sie einen Weg alleine finden. Ihre
    Gedanken und Ihr Mut sind bewunderswert. Ich Habe dieses Buch in einem
    Tag durchgelesen.....und war gebannt und Traurig zugleich.....das
    Mitfiebern ist aber nicht auf der Strecke geblieben......


    Ein muß, finde ich für jeden Stephen King Fan.... ;-)


    Ich denke das dieses Buch eher ein DRAMA ist.....Psychothriller wie wir sie
    von Stephen King gewohnt sind, werden wir in diesem Buch nicht
    finden. Einzigartig halt! :)

    :love: Liebe grüße :winken: ...
      :study: Lara Kessing "Lisdor Academy - Fallende Masken"; Band 9

      :study: Chuck Spenzzano "Wenn es verletzt ist es keine Liebe"

      :study: Sandra Temmen "7 Wochen 7 Chakren"

      :study: Kira Licht "Kaleidra - Wer die Liebe entfesselt"; Band 3

     
     
     
     
    Bücher 2022; 30/9.506 Seiten



  • Mit der Protagonistin habe ich gelitten und konnte sehr gut nachfühlen, was in ihr vorgeht. Das hat King hervorragend gemacht. :thumleft: Allerdings finde ich nicht, dass es ein typischer Roman von Stephen King ist. Aber eins ist klar, der ist der große Meister der Erzählung, er kann aus nichts eine Geschichte zaubern. Mir hat es recht gut gefallen, da aber diese Geschichte durchgehend im Wald sich abspielte und davon berichtete, wie ein Mädchen da herumirrt, fand ich es stellenweise langweilig. War zu wenig Action für mich. Aber wie gesagt, King kann hervorragen erzählen, sodass es doch Spaß gemacht hat, ihn zu lesen.

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet

  • Dieses Buch von Stephen King hab ich etwas vor mir hergeschoben, da es allgemein keine so große Begeisterung ausgelöst hat bei der Leserschaft. Tja, danach sollte man halt nicht immer gehen und sich lieber eine eigene Meinung bilden: Denn ich fand es wirklich bis auf kleine Kritikpunkte sehr gut!

    Ein Mädchen verirrt sich in den weitläufigen Wäldern von Maine.
    Das ist alles.
    Oder auch nicht.
    Denn King erzählt hier wieder mal mit Bravour, denn dieses Horrorszenario, sich zu verlaufen, mitten im Wald und das auch noch alleine, ist wirklich eine schreckliche Vorstellung - und hier betrifft es auch noch ein kleines Mädchen.

    Was ich meinen Kindern IMMER gesagt habe als sie klein und wir unterwegs waren: wenn wir uns verlieren sollten: bleib stehen. Bleib wo du bist und geh nirgends anders hin, damit wir dich finden können.
    Ein Grundsatz, den Trishas Mutter wohl übersehen hat. Denn sie macht viele Ausflüge mit ihren beiden Kindern, und bringt ihnen auch viel bei - aber man hat das Gefühl, eher um sich selbst nach der Scheidung als "gute Mutter" zu fühlen. Diese wenigen Details bekommt man am Anfang präsentiert als Rahmen, um sich Trishas Situation vor Augen halten zu können und wie es dazu kam, dass sie sich während eines dieser Wanderausflüge verirrt. Und das kann ganz schön schnell gehen.

    Es war faszinierend zu beobachten, wie Trisha versucht, ihre aufkommende Panik zu unterdrücken als sie merkt, dass sie tatsächlich völlig vom Weg abgekommen ist und versucht, logische Konsequenzen zu ziehen, was sie zu tun hat. Anstatt an Ort und Stelle zu bleiben geht sie leider davon aus, beim Weitergehen irgendwann doch auf Menschen oder Weg zu stoßen, was sich als fataler Irrtum herausstellt.
    Die Ängste und die Hoffnungen wechseln sich ab, während sie versucht, in ihre Phantasie zu flüchten und sich immer wieder selber anspornt, zurückzufinden - oder gefunden zu werden. Der Bezug zu dem Spieler Tom Gordon von den Red Sox, in den sie heimlich verliebt ist, hilft ihr - sie stellt sich vor ihn zu treffen, mit ihm zu sprechen, und dessen Stärke und Mut für sich zu beanspruchen. Diese Überzeugungskraft war greifbar und zeigt, wie sehr sie sich auf unseren Willen auswirken kann!

    Völlig in der Einsamkeit kommen natürlich Gedanken auf: an die Eltern und ihre gescheiterte Beziehung, an ihren Bruder Pete und an ihre beste Freundin. Aber auch böse Gedanken tauchen auf, Zweifel diese Sache lebend zu überstehen, vor allem, wenn ihr Missgeschicke passieren.
    Man spürt regelrecht, wie sie sich immer mehr verliert. Dazu kommen natürlich auch Hunger und vor allem der Durst. Denn auch wenn sie einen Rucksack mit ihrer Brotzeit dabei hat, reicht das nicht für lange. Die Kraftreserven schwinden und damit auch der Bezug zur Realität. Unheimliche Gefühle kommen auf und gaukeln ihr Trugbilder vor, die sie ängstigen und während sie ihre Entschlossenheit aufrecht erhält, geht ihr Verstand auf Reisen.

    Ein sehr intensives Erlebnis, das mich total gepackt hat. Der Mut dieses jungen Mädchens, nicht aufzugeben und wie jemand, der in völliger Isolation, mit Hunger und Durst, ums Überleben kämpft, immer weiter abdriftet war psychisch ein Meisterstück.
    Das einzige was mich etwas gestört hat waren die vielen Bezüge zu dem Baseball Spieler Tom Gordon, dem Helden von Trisha. Etwas, woran sie sich festklammern konnte, was mich persönlich jetzt aber einfach nicht so angesprochen hat.


    Mein Fazit: 4.5 Sterne

    Weltenwanderer

  • Ich habe das Buch zwar vor meiner Forenzeit gelesen und deshalb auch nicht rezensiert, aber ich habe es in guter Erinnerung behalten.


    Es ist halt kein actionreiches Buch, aber King kann sich einfach großartig in seine Protagonisten einfühlen, insbesondere in die im Kindesalter.

  • Ich habe das Buch zwar vor meiner Forenzeit gelesen und deshalb auch nicht rezensiert, aber ich habe es in guter Erinnerung behalten.


    Es ist halt kein actionreiches Buch, aber King kann sich einfach großartig in seine Protagonisten einfühlen, insbesondere in die im Kindesalter.

    Absolut! Wie er sich einfühlen - und das vor allem dann auch so in Worte fassen kann ist schon genial :)