Sean Conway hat in schon vieles gemacht, was für Außenstehende verrückt klingen mag: er war der erste Mensch, der von Land's End nach John O'Groats hält geschwommen ist, hat entlang der britischen Küste mit über 4200 Meilen den damals längsten Triathlon absolviert und mit unter 24 Stunden und 18 Minuten den Rekord für die schnellste Solodurchquerung Europas mit dem Rad.
Der Schnellste, der Erste und der Längste... was kann da noch kommen? Für Sean war es eine wichtige Frage, denn er musste sich entscheiden, ob er als professioneller Ausdauersportler weitermachen oder den sicheren Weg als Lehrer einschlagen wollte. Nach erster, lang und schnell blieb noch eine Option: am meisten. So kam die Idee auf, den Rekord von James Lawrence zu knacken, der mit 101 Triathlons in Folge den damaligen Rekord hielt.
Ein Ironman umfasst 3,862 km Schwimmen, 180,246 km Radfahren und einem Marathonlauf. Jedes für sich ist eine Herausforderung, die Kombination ist für die Meisten undenkbar. Wie kann jemand das über 100 Tage am Stück durchhalten? Sean Conway konnte es nicht, zumindest nicht beim ersten Versuch. Der war für ein so großes Vorhaben vielleicht zu hastig geplant, zu wenig durchdacht und wurde letztendlich durch eine Verletzung nach nur wenigen Tagen gestoppt.
2023 kam dann der nächste Versuch. Dieses Mal war das Tam größer, es gab mehr Sponsoren und vor allem der wichtigste Muskel, nämlich Seans Gehirn, war perfekt trainiert. Wie wichtig ein klarer Kopf ist, wurde mir beim Lesen immer wieder deutlich. Das Ausblenden von kleineren oder größeren Unannehmlichkeiten, das Abhaken von Pannen und die Fähigkeit, sich immer wieder selbst zu motivieren: das alles ist so wichtig wie der perfekt trainierte Körper.
Ich habe den Iron 105 im letzten Jahr verfolgt, mehr als einmal gesehen, wie Sean noch im Pyjama ins Schwimmbad geschlurft ist und dann die Verwandlung vom Morgenmuffel zum Schwimmer gesehen. Vom Eintauchen ins Wasser bis zum Läuten der Glocke nach den letzten Metern des Marathons wirkte er unglaublich fokussiert. In seinem Buch erzählt er, was hinter der Maske ablief. Von der Einsamkeit der ersten Tage, bevor immer mehr Menschen ihn begleiteten. Von den sozialen Medien, in denen ihm vorgeworfen wurde, er würde betrügen. Und von seiner Familie, die er kaum noch sah, eine Tatsache, die ihm mehr und mehr zu schaffen machte.
Was macht man, wenn man den Rekord gebrochen hat? Hört man auf? Nach einer so langen Zeit ist es schwierig, wieder ins normale Leben zurückzukehren. Aber die Frage, wann der richtige Zeitpunkt zum Aufhören ist, konnte und wollte niemand beantworten, auch Sean Conwy selbst nicht Deshalb hat eine Münze entschieden, wann der richtige Zeitpunkt da war.
Es geht bei Iron 105 nicht unbedingt um die Distanz. Es geht um die richtige Einstellung und auch oder hauptsächlich darum, dass man sich mit den richtigen Menschen umgibt, die so eine Leistung möglich machen. Wenn man das hat, kann man alles schaffen.
Mittlerweile wurde Seans Rekord von Jonas Deichmann gebrochen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bevor jemand Anderes kommt, der noch einen draufsetzt. Vielleicht dieses Mal eine Frau?
Eine deutsche Ausgabe ist noch nicht erschienen.