Uwe Appelbe - Ein sanfter Mann

  • Klappentext:


    Der Tod ist etwas Endgültiges, unbegreiflich für die, die zurückbleiben. René Sander ist noch jung, Witwer und auf der Suche nach Antworten. ›Sekundentod‹ lautet die Diagnose. Nach dem Verlust seiner Frau Ruth fängt er an, die Menschen um sich herum zu befragen. Er will verstehen, was geschehen ist. Es ist vielleicht noch einzusehen, dass alte Menschen gehen müssen, dass jedoch junge Menschen sterben, ist für ihn ein Skandal. Auf seinem Weg durch Lethargie und Schwermut rafft er sich auf, um einen neuen Grund zu finden, morgens aufzustehen, die Fassung zu wahren und die Freuden des Lebens wiederzuentdecken. Dabei trifft René auf die noch fast jugendliche Gertrud und ihre jüngere Schwester Katharina, die für eine Weile als Untermieter in seinem viel zu groß und leer gewordenen Haus unterkommen möchten. Doch etwas stimmt mit Gertrud nicht, die, von einem Schleier des Mysteriösen umhüllt, sowohl Renés Verlangen als auch seine Skepsis weckt.

    Mein-Lese-Eindruck:

    Das Buch besticht mit seinem schönen Cover: Caspar David Friedrichs Gemälde „Ein Mönch am Meer“. Die romantisch-existenzialistische Schwermut dieses Bildes gibt die Grundstimmung des Buches vor, das mit einem Paukenschlag beginnt: dem Sekundentod der jungen Ruth Sander. Renè, ihr Mann, stürzt in eine Lebenskrise. Die psychische Situation des Protagonisten wird sehr einfühlsam erzählt: sein Allein-Sein, seine Sinnsuche, das Beschwören alter Erinnerungen und die „Gespenster der Nacht“, die ihn heimsuchen.


    Die sieben Kapitel des Buches handeln von seinen Versuchen, seinem Leben wieder Sinn zu geben. Der Autor entwirft eine Art Road Movie, in dem der Protagonist unterschiedlichen Menschen begegnet, die alle eines gemeinsam haben: ihr Leben verläuft nicht wie erwartet und erwünscht, sie alle sind einsame Existenzen, fühlen sich nirgendwo beheimatet und setzen sich über bürgerlich-moralische Vorstellungen hinweg. Sie alle leiden unter Verlusten und stehen dem Leben illusionslos gegenüber. So entstehen teilweise bizarre Szenen, deren Sinnhaftigkeit der Leser nicht immer folgen kann bzw. will. Der Schluss aber ist ein Hoffnungsschimmer in all dem Elend: Renè konsolidiert sich beruflich.


    Unbestritten: der Autor kann erzählen. Er wechselt souverän immer wieder die Erzählinstanz und vermittelt dem Leser dadurch eine gewisse Nähe zu den anderen Figuren. Trotzdem wirken die Personen wie auch ihre Handlungen teilweise eher konstruiert. Viele Motive klingen an und bleiben isoliert wie z. B. die Neigung zur Gewalt bei Renè, seine pädophilen Träume und dergleichen. Immer wieder aber gelingen dem Autor sehr schöne kleine Bilder, etwa wenn Renè eine Blüte vom Boden aufhebt und damit zeigt, dass er seine Isolation beenden und sich wieder dem Leben zuwenden will.

    Seine Sprache habe ich als wendig und elegant erlebt. Allein schon deshalb hätte ich seinem Buch ein sorgfältigeres Lektorat hinsichtlich Rechtschreibung/Grammatik gewünscht.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :musik:Gabriele Tergit, Effingers. Sprecher: Johann von Bülow.

    :study: Mascha Kaleko, Ich tat die Augen auf und sah Helles.

    :study: Franzobel, Hundert Wörter für Schnee.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

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