Autorin:
Michelle Good ist eine kanadische Indigene-Autorin und Anwältin, Mitglied der Red Pheasant Cree Nation in Saskatchewan.
Buch:
Kenny, Clara, Howie, Maisie und Lucy sind die fünf Charaktere, aus denen Five Little Indians besteht. Sie sind indigene Kinder, die Ende der 1960er Jahre ihren Eltern brutal entrissen wurden, um „entindianisiert“ zu werden. Als Teenager aus einem abgelegenen, von der Kirche geführten Internat an der Küste von British Columbia entlassen, geflohen oder gerettet, betreten die fünf Jugendlichen eine feindselige Welt mit wenigen Lebenskompetenzen und sozusagen keine Ressourcen. Individuell machen sie sich auf den Weg in Vancouvers Downtown Eastside, sind oft konfrontiert mit systemischem Rassismus und immer auf der Flucht vor dem Trauma ihrer Kindheit.
Der Großteil des Buches konzentriert sich auf ihre Zeit als junge Erwachsene und die scheinbar unmögliche Suche nach einem Sinn für ihr Leben oder gar ihr Überleben. Die Erzählung folgt jedem Charakter einzeln und verwebt sich in und aus ihrem Leben, nicht immer auf lineare Weise. Ihre Wege kreuzen sich, und jeder teilt ein Trauma, das die meisten nicht verstehen, selbst andere indigene Charaktere, die von der Internatserfahrung verschont blieben.
Zum Glück verbringt das Buch nicht allzu viel Zeit in der Internatsschule (die Verbrechen werden nur verstohlen erwähnt), aber die Kinder werden leider nie wirklich dem entkommen können, was ihnen dort getan wurde. Die Auswirkungen dieses psychologischen Traumas wirken sich bei jedem Charakter und auch bei ihren Familien unterschiedlich aus. Was dieses Buch trotz all dieser Dunkelheit so liebenswürdig macht, ist seine Fähigkeit, unter diesen schrecklichen Umständen so sympathische und liebevolle Charaktere zu erschaffen.
Fazit:
Dieses Buch ist informativ und herzzerreißend über die Gründe für die aktuellen stereotypen Ansichten, die viele über die nordamerikanischen Ureinwohner haben (Drogen, Faulheit, Alkoholismus ...) Nicht nur über die Stereotypen, sondern auch über die Realität.
Michelle Good ist eine herausragende Wortschöpferin. Sie hat die Fähigkeit, von einer gewaltigen Szene in der Hastings Street an die poetische Küste von British Columbia zu gelangen. Ihre Sprache schwankt von brutal zu lyrisch, von volkstümlich zu evokativ. Deswegen sind die Buchpreise, die ihr verliehen wurden, meines Erachtens verdient.
Deshalb von mir:
Dies ist ein Buch, das ich jedem empfehlen würde, der sich weit weg von den Klischees für „Indianer“ interessiert. Schon seit über einem Jahr auf Französisch erhältlich, hoffe ich, dass es auch irgendwann auf Deutsch übersetzt wird.