Anja Marschall - Als der Sturm kam

  • Kurzmeinung

    claudi-1963
    Ein beeindruckend recherchiertes Buch über die Hamburger Sturmflut 1962, bei dem der Leser hautnah dabei ist.
  • "Der Strahl der Lampe erfasste ein Häuschen, auf dem eine Familie mit Kindern kauerte" (Buchauszug)

    Im Polizeihaus ist Schreibkraft Marion Klinger während der Sturmflut dem Polizeisenator Helmut Schmidt unterstellt. Sie versucht in ihren schwersten Stunden, die Sorge um ihre Mutter zu vergessen zum Wohl der Hamburger Bevölkerung. Hubschrauberpilot Georg Hagemann, dessen Traum ist, einmal die Starfight F-104 fliegen zu dürfen, ist in dieser Nacht ebenfalls im Einsatz. Trotz Einsatz seines Lebens versucht er möglichst viele Menschen aus den überschwemmten Gebieten zu retten. Während Dieter Krämer beim THW kräftig mit anpackt, ist er erleichtert, seine Familie in Sicherheit zu wissen. Er ahnt ja nicht, dass Klein-Uschi krank wurde und Marion mit den Kindern zurück in die Laubenkolonie gegangen ist. Ausgerechnet in die Region, die von Hochwasser am stärksten betroffen ist.


    Meine Meinung:

    Aus der Reihe "Schicksalsmomente der Geschichte" geht es im zweiten Band um die Hamburger Sturmflut. Als die Sturmflut mitten in der Nacht am 16. Februar 1962 über Hamburg hereinbricht, sind viele nicht darauf vorbereitet. Keiner rechnet damit, dass so viele Deiche brechen und ganze Regionen unter Wasser setzen würden. In jener Nacht werden 100 000 Menschen vom Wasser eingeschlossen und 1500 Helfer versuchen möglichste viele Menschen und Tiere zu retten. Ihnen und dem schnellen Eingreifen der vielen von damals wie z. B. Senator Helmut Schmidt ist es zu verdanken, dass nur 315 Menschen diese Sturmflut nicht überlebt haben. Für die Hamburgerin Anja Marschall ist dies sicher eines von vielen historischen Ereignisse Hamburgs. Ich kann ehrlich gesagt gut verstehen, warum sie es uns in diesem Buch näherbringen möchte. Zum besseren Verständnis erlebe ich private Schicksale von fiktiven Personen hautnah mit, die mir allesamt unter die Haut gehen. Dieses Erlebte basiert alles auf wahrem Hintergrund, nur die Namen wurden aus Respekt umbenannt. Außerdem erlebe ich viele reale Persönlichkeiten von damals wie z. B. Senator Helmut Schmidt, Bürgermeister Nevermann, Polizeioberrat Martin Leddin bei ihrem Einsatz zum Wohle der Menschen. Dass aus lauter Not in dieser Nacht viele Handlungen am Rand der Legalität stattfanden, hat mich extrem beeindruckt. Denn es zeigt mir, wie wichtig den Verantwortlichen die Menschen Hamburgs gewesen sind. Am schlimmsten betroffen ist Wilhelmsburg und die Laubenkolonie, die im Buch beschrieben werden, gab es wirklich. Ich spüre wieder einmal, wie sehr ich beim Lesen mit den Charakteren mitfiebere und leide. Die Geschehnisse von damals gehen mir ans Herz und ich vergieße bei einigen Szenen sogar regelrecht Tränen. Maßgebend dafür sind die emotionale Schreibweise und ihre gute Recherche der Autorin und Historikerin. Die hat nämlich wieder einmal ihr ganzes Herzblut in dieses Buch gesteckt. Deshalb liebe ich ihre historischen Bücher, weil sie so zeitnah und authentisch dargestellt sind. Damals konnten viele Menschen nicht vorgewarnt werden, den es gab kaum Telefone, geschweige den Handys. Allerdings, selbst in der heutigen modernen Zeit sind wir noch immer den Naturgewalten ausgeliefert. Das müssen wir vor allem im Juli 2021 im Ahrtal miterleben, wo viele vom Hochwasser überrascht werden und wieder 135 Menschen sterben. Die Reihe der Schicksalsmomente der Geschichte gehen weiter, doch für mich ist dieser Band überaus wertvoll. Ich kann ihn euch nur ans Herz legen und gebe 5 von 5 Sterne dafür. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:  :thumleft: :applause:

  • Sturmflut, packend und authentisch erzählt


    Das Jahr 1962 beginnt mit einem gewöhnlichen, nasskalten Winter. In diesem Februar tobt sich ein Orkan an der Nordseeküste aus. Doch die Menschen in Hamburg fühlen sich sicher und nicht von diesem Sturm bedroht. Als dann das Wasser kommt, liegen die Einwohner der Stadt im Schlaf. Ca. um Mitternacht brechen die ersten Deiche und dann geht alles ganz schnell. Von den Straßen ist nichts mehr zu sehen, sie gleichen reißenden Flüssen. Der Strom fällt in der gesamten Stadt aus und Panik bereitet sich aus. Der Polizeisenator von Hamburg ist noch nicht mal richtig im Amt und steht schon vor seiner ersten Bewährungsprobe, doch der Politiker Helmut Schmidt zögert keine Sekunde und beginnt seine Rettungsaktionen zu koordinieren.


    Schon als ich die Vorschau zu diesem Roman gelesen hatte, wusste ich, den muss ich lesen. Die Sturmflut von 1962 habe ich zwar nicht erlebt, aber doch sehr viel darüber gelesen und erzählt bekommen. Anja Marschall gibt hier nun die Ereignisse dieser Nacht wieder. Ihre Protagonistin Marion, die als Schreibkraft im Polizeipräsidium arbeitet, begleitet durch die Handlung. Marion ist eine junge Frau, mitten aus der einfachen Bevölkerungsschicht gegriffen. Sie lebt in einer Schrebergartenkolonie und kümmert sich um ihre Mutter, die allein nicht mehr zurechtkommt. Immer noch sind hier die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs zu spüren. Die Häuser sind lange noch nicht alle instandgesetzt. Die Menschen leben auf engstem Raum und niemand denkt in dieser Zeit an eine Naturkatastrophe. Als dann die Flut kommt, trifft es die Bevölkerung völlig unerwartet.


    Die Autorin hat es gut verstanden, diese Stunden zu schildern. Sie geht die Geschichte langsam an und stellt ihre Protagonisten und deren Leben vor. Vor jedem Kapitel stehen die Uhrzeit und der Ort, sodass man die Ereignisse chronologisch lesen kann. Ich fühlte mich sehr schnell von der Handlung gefesselt und mochte das Buch kaum aus der Hand legen. Die Ereignisse überschlagen sich schließlich und spitzen sich dramatisch zu. Anja Marschall schildert gekonnt von den einzelnen Schicksalsschlägen und davon, wie sich die Situation gestaltet hat. Sie schildert davon, wie die Menschen versucht haben, sich zu retten, wie es mal gelang und mal leider auch nicht. Sie gibt die Geschehnisse rund um Helmut Schmidt wieder und wie er versucht hat, die Lage in den Griff zu bekommen.


    In einem Vorwort schildert die Autorin, was sie dazu bewegt hat, diesen Roman zu schreiben. Am Ende des Buches werden noch einmal die Fakten, Fiktionen und Hintergründe aufgegriffen, sodass man einen wirklich guten Eindruck davon bekommt, wie sich damals die Lage gestaltet hat. Ich mag solche Hintergrundinformationen immer sehr gern lesen.


    Fazit:

    „Als der Sturm kam“ schildert von der Sturmflut 1962 in Hamburg. Die Autorin Anja Marschall hat dieses Ereignis lebendig geschildert. Schnell hat man Bilder im Kopf und ist mitten dabei, gleichzeitig erfährt man aber auch spannende Details über die Rettungsaktion und wie alle zusammen diese Situation gemeistert haben. Mit dieser Geschichte erhält man als Leser einen spannenden Einblick in diese gewaltige Naturkatastrophe. Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen, ich empfehle es gern weiter.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Penibel recherchiert und gekonnt erzählt


    Wie wir es von Anja Marschall gewöhnt sind, verquickt sie die realen Ereignisse rund um die Sturmflut, die Hamburg im Februar 1962 überrascht hat, sehr geschickt mit Fiktion,
    so dass ein authentischer historischer Roman entstanden ist.


    Den historischen Personen wie Helmut Schmidt oder seiner Sekretärin Ruth Wilhelm stellt die Autorin fiktive Charaktere wie Marion Klinger, eine Schreibkraft im Polizeihochhaus, und
    Georg Hagemann, Hubschrauberpilot des Fliegerhorstes Faßberg sowie zahlreiche andere, die entsprechende reale Vorbilder haben, zur Seite. Diese fiktiven Personen erleiden, stellvertretend für die echten Menschen, die traumatischen Ereignisse. Dabei begegnet sie den Opfern mit Respekt.


    Penibel recherchiert Anja Marschall an Hand von Dokumenten, Einsatz- und Zeitungsberichten und anderer Quellen die dramatischen Ereignisse vom in der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 und verarbeitet sie zu einem gelungenen, authentischen historischen Roman.


    Fazit:


    Gerne gebe ich dieser emotionalen Darstellung der Katastrophe, die in Hamburg nach wie vor präsent ist, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

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