Angelika Rehse – Josses Tal

  • Kurzmeinung

    Bartie
    gut recherchiert, authentisch dargestellt, regt zum Nachdenken an
  • Kurzmeinung

    Emili
    Einsame Kindheit, schuldbeladene Jugend in Nazideutschland. Empfehlenswert.
  • Kurzmeinung

    Buchbesprechung
    Die oft gestellte Frage nach der Schuld
  • Klappentext/Verlagstext
    1930: Josef ist ein uneheliches Kind und eine Schande für seinen Großvater, der ihn seine Enttäuschung mit Schlägen täglich spüren lässt. Mit seiner Mutter im Haus der Großeltern erlebt Josef eine Kindheit, die geprägt ist von Angst und Schuld, fehlender Nähe und Geborgenheit. Als er seinen Nachbarn Wilhelm kennenlernt, erfährt er zum ersten Mal in seinem Leben Freundschaft und Zuneigung. Wilhelm beschützt und fördert Josef – und nutzt dessen Arglosigkeit aus, um für ihn, der Hitler treu ergeben ist, die Bewohner im Ort auszuspionieren. Stolz auf diese Aufgabe und seine neue Uniform wird er zu einem folgsamen Gehilfen, doch dann erfährt Josef etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt …


    Die Autorin
    Angelika Rehse wurde in Sande/Kreis Friesland geboren und wohnt heute mit ihrer Familie in Bad Salzuflen. Sie wuchs in einem Umfeld von Heimatvertriebenen auf. Unter dem Eindruck der erzählten und verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer Eltern, hat sie in einer späten Lebensphase mit »Josses Tal« einen poetisch kraftvollen und politisch hellsichtigen Roman geschrieben.


    Inhalt
    Eine Ansichtskarte des norwegischen Jotunheimen-Gebirges, die 1945 nach Reichenbach/Schlesien geschrieben wurde, bringt Helen auf die Spur ihrer Familiengeschichte. Sie trifft dort Josse/Josef Tomulka, der 1925 unehelich geboren wurde und in Reichenbach aufwächst. Nach dem frühen Tod seiner Mutter lebt Josef bei den Großeltern. Zuhause und im Dorf erfährt er nicht enden wollende Ablehnung als unehelich Geborener. Als Wilhelm Reckzügel, ein Medizinstudent zu Besuch in seinem Elternhaus, sich Josef zuwendet, ihn fördert und für die Hitlerjungend begeistert, wird der Junge zum ersten Mal in seinem Leben wahrgenommen. Das märchenhafte Szenario eines Studenten aus einfachen Verhältnissen, der über grenzenlose Freizeit und unbeschränkte Mittel für Geschenke an Josef zu verfügen scheint, klingt anfangs wie das Lehrbeispiel einer Missbrauchssituation. Wilhelm hat sich ein vernachlässigtes Kind herausgepickt, für das sich niemand interessiert, ausgehungert nach Zuwendung und zu unbedingter Loyalität gegenüber seinem Förderer bereit. Radikalisierung und Indoktrination benötigen genau diese Loyalität. Der Medizinstudent ist entschlossen, seinen Heimatlandkreis vorbildlich im Sinne des Nationalsozialismus zu säubern. Josef wird zu Wilhelms Werkzeug, bespitzelt den gesamten Ort und erstattet Wilhelm Bericht über jedes fehlende Hitlerbild, jedes undeutsche Lied und jeden respektlosen Spruch - filmreif in einem toten Briefkasten. Als er sogar dem Handarbeitskränzchen nachspioniert, hört er von Zwangsarbeit, verschwundenen Menschen und fragt sich nicht zum ersten Mal, welche Rolle Werner in diesem System spielt und welche Rolle ihm als Werners Handlanger zugedacht ist. Ein Zusammentreffen Josefs damals mit Helens Urgroßmutter Else hat Helen nun nach Norwegen geführt.


    Josef braucht in der Gegenwart seine Zeit, um Helen über seine Kindheit, die erste Begegnung mit Wilhelm im Jahr seiner Einschulung 1931 zu erzählen, wie er sich den Ruf eines vertrauenswürdigen Kerls erwarb – und wie er schließlich als Einsiedler in einem abgelegenen norwegischen Bergtal landete. Aus der Rahmenhandlung in der Gegenwart heraus entfaltet Angelika Rehse eine spannende Spurensuche, die schon fast zu viele Details aus dem deutschen Alltag zwischen 1930-43 enthält. Da sehr viel Bekanntes genannt wurde, kam m. A. die Handlung zu langsam in Gang, konnte mich jedoch mit der Suche danach fesseln, was Wilhelm mit seinem verdächtigen Bündnis mit einem Minderjährigen bezweckte. Sehr angenehm fand ich, dass durch Jahreszahlen stets deutlich war, wie alt Josef zum genannten Zeitpunkt ist. So fällt natürlich auch auf, dass Wilhelms Gespräche mit einem Grundschulkind für die Epoche teils zu abgehoben wirken.


    Fazit

    Ein spannender, etwas zu märchenhafter Roman vor sorgfältig recherchiertem historischem Hintergrund.


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    :study: -- Edel - Porträt meiner Mutter

    :study: -- Kegel - Mit Pflanzen die Welt retten

    :musik: -- Dabos - Die Verlobten ... (4.)


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • REZENSION – Mit ihrem Roman „Josses Tal“, im März beim Pendragon Verlag erschienen, hat Angelika Rehse (74) ein beeindruckendes Debüt veröffentlicht, das sich durch seine ganz eigene Art wohltuend von anderen Romanen über die Jahre des Nazi-Regimes unterscheidet. Hintergrund ihres historisch wie psychologisch interessanten Buches sind Erzählungen ihrer aus Schlesien stammenden Eltern sowie in ihrer Kindheit von Heimatvertriebenen gehörte Geschichten. Daraus entstand ihr Schicksalsroman um den Dorfjungen Josef Tomulka. Dessen Entwicklung begleitet die Autorin über dreizehn Jahre vom fünfjährigen Vorschulkind bis zum fast 18-jährigen Wehrfähigen.

    Josefs Geschichte beginnt 1930 mit dem Umzug der Familie ins dörfliche Dorotheenthal im niederschlesischen Landkreis Reichenbach. Für Großvater Fritz Tomulka ist die uneheliche Geburt seines Enkels eine unverzeihliche Familienschande, die er den Fünfjährigen täglich mit Schlägen spüren lässt. Josef wächst in ständiger Angst und mit Schuldgefühlen auf. Auch seine vom Schicksal gebrochene Mutter Helene vermag nicht, ihrem Sohn im Haus der Großeltern Nähe und Geborgenheit zu geben. Allein der Nachbarsohn Wilhelm Reckzügel, Student der Medizin in Berlin, erweist sich als Josefs Schutzengel, gibt ihm das Gefühl von Freundschaft und Zuneigung. Als Josefs Mutter bald stirbt, nimmt die Familie Reckzügel den kleinen Josef als Pflegesohn auf. Wilhelm beschützt den Jungen weiterhin, macht ihm großzügige Geschenke, fördert nicht nur, sondern – wie sich bald herausstellt – manipuliert dessen Persönlichkeit und Selbstbewusstsein: „Eines Tages werde ich wichtiger sein als der Großvater. Dann ... werden sich alle vor mir ducken.“ Bei Wilhelm hat Josef den Halt gefunden, der dem Kind bisher fehlte. Ein für ihn entscheidendes Ereignis ist 1935 seine durch Wilhelm vermittelte Aufnahme als Pimpf „in einer schicken Uniform“ ins Jungvolk der Hitler-Jugend: „Es war genauso, wie Wilhelm es angekündigt hatte. Ab heute würde ihn keiner mehr spöttisch ansehen.“

    Endlich ist für Wilhelm Reckzügel – längst ein überzeugter Nazi mit Verbindung zu hohen Parteikreisen – der richtige Zeitpunkt gekommen, Josef als willfährigen Gehilfen vollends für die Nazis einzunehmen. Er soll die Dorfbewohner bespitzeln: „[Josef] hatte kein schlechtes Gewissen dabei. Alles, was er tat, tat er für seinen Wilhelm, und auch ein bisschen für den Führer.“ Sogar vor der eigenen Familie macht Josef nicht Halt und handelt „gegen sein eigenes Blut“ – eine Notiz Wilhelms, deren doppelter Wortsinn später im Roman deutlich wird. Erst 1940 bekommt der inzwischen 15-Jährige nach einer aufrüttelnden Entdeckung und Kontakt mit verbotener Literatur, Musik und Malerei moralische Zweifel: „Hier saß er also, in Reckzügels Küche, … und log sie an. Einen Lügner zu beherbergen, das hatten sie nicht verdient.“

    Rehses Roman „Josses Tal“ überzeugt vor allem durch das Fehlen intellektueller Abgehobenheit. Gerade das Bodenständige, die Schilderung des schlichten Lebens im abgeschiedenen Dorotheenthal, fernab der großen Politik und Propaganda-Maschinerie, lässt ihre Geschichte so wahrhaftig werden. Berlin ist weit weg. Entsprechend ist von großen zeitgeschichtlichen Ereignisses nur punktuell zu lesen. Im Vordergrund stehen die Bewohner von Dorotheenthal. Die Autorin zeigt uns am Beispiel eines einzelnen, völlig unschuldigen Kindes, des arglosen Josef, wie leicht Kinder und Heranwachsende – von Misstrauen und Skepsis noch unberührt – in ihrer Sehnsucht nach persönlicher Wertigkeit manipulierbar sind und damals in gutem Glauben, recht zu handeln, für die Ideologie der Nazis gewonnen werden konnten. Dieses Verständnis will Rehse aber nicht als Entschuldigung verstanden wissen. Auch ihr Protagonist Josef erkennt sein Handeln als unrecht, allerdings erst sehr spät: Als 17-Jährigem gelingt es ihm endlich, sich vollständig aus den manipulativen Fängen Wilhelms zu befreien. Mit ihrem leicht zu lesenden Roman wirft Angelika Rehse erneut die schon oft an Angehörige der Kriegsgeneration gerichtete schwierige Frage auf: Wie konntet ihr damals nur mitmachen? Mit Josefs Lebensgeschichte scheint die 74-jährige Autorin, vielleicht für sich selbst eine mögliche Antwort gefunden zu haben.

  • Über die Autorin:

    Angelika Rehse wurde in Sande / Kreis Friesland geboren und wohnt heute mit ihrer Familie in Bad Salzuflen. Sie wuchs in einem Umfeld von Heimatvertriebenen auf. Unter dem Eindruck der erzählten und verschwiegenen Geschichten der Generation ihrer Eltern, hat sie in einer späten Lebensphase mit »Josses Tal« einen poetisch kraftvollen und politisch hellsichtigen Roman geschrieben.


    Kurzbeschreibung:

    1930: Josef ist ein uneheliches Kind und eine Schande für seinen Großvater, der ihn seine Enttäuschung mit Schlägen täglich spüren lässt. Mit seiner Mutter im Haus der Großeltern erlebt Josef eine Kindheit, die geprägt ist von Angst und Schuld, fehlender Nähe und Geborgenheit. Als er seinen Nachbarn Wilhelm kennenlernt, erfährt er zum ersten Mal in seinem Leben Freundschaft und Zuneigung. Wilhelm beschützt und fördert Josef – und nutzt dessen Arglosigkeit aus, um für ihn, der Hitler treu ergeben ist, die Bewohner im Ort auszuspionieren. Stolz auf diese Aufgabe und seine neue Uniform wird er zu einem folgsamen Gehilfen, doch dann erfährt Josef etwas, das sein bisheriges Leben aus den Fugen geraten lässt …


    Meine Gedanken zu dem Roman:

    Zu dieser Geschichte möchte ich so wenig wie möglich von dem Inhalt berichten. Denn die Story ist schnell erzählt, und bietet nur einige wenige überraschende Momente für den Leser.

    Es geht um einen kleinen Jungen Josef Tomulka, ein Kind ohne Vater, mit all der Bürde eines unehelichen Kindes in der damaligen Zeit. Beschrieben wird eine Zeitspanne von 13 Jahre, von dem 5. Lebensjahr des Jungen bis seinem 18. Der Roman spielt sich in den unruhigen, schlimmen Zeiten der Nationalsozialistischen Deutschland. Josef Tomulka ist ein unsicherer, verängstigter Junge, der nichts Nettes in seinem jungen Leben sieht. Sein Großvater sorgt dafür, dass seine Tochter, die Mutter des Jungen und Josef selbst sich nie wohlfühlen dürfen. Da kommt der junge Mann aus der Nachbarschaft, Wilhelm, mit seiner Fürsorge, Freundlichkeit und herzlichen Wärme für den Jungen gerade gelegen. Er und seine Familie sorgen dafür, dass das Kind zum ersten Mal sich geliebt und gewollt fühlt. Josef Tomulka verdankt dem Wilhelm viel. Gerne übernimmt der Kleine die Ideologie des Medizinstudenten und Parteiangehörigen Wilhelm. Diese Entwicklung und ihre Folgen macht das große Thema des Romans.


    Sehr ruhig, bedacht und gut überlegt, berichtet die Autorin von dem Leben in dem Dorf und der Beziehungen, die für diese Geschichte von Belang sind. Vater und Tochter, Großvater und Enkel, ein kleiner Junge und sein Beschützer und Idol, Kinder und Lehrer, Parteimitglieder und Hitlerjugend. Man spürt die Liebe der Autorin zu ihren Figuren, die so gezeichnet sind, dass die für den Leser lebendig werden.


    Die Sicht eines kleinen Jungen hat mir besonders gut gefallen. Mit viel Gefühl und Verständnis für ihre Protagonisten beschreibt die Frau Rehse die Menschen in ihrem Roman. Es ist ein Genus zu beobachten, wie wer sich im Laufe der Geschichte entwickelt. Sehr gut gefallen hat mir in diesem Fall die unaufgeregte Stimme der Autorin bei einem Thema, dass einen sehr aufwühlt.


    Es ist erschreckend, wie leicht die Menschen manipulierbar sind, wie leicht man in die Klauen einer Politik gerät, die schädlich für die Menschheit ist. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, die historischen Entwicklungen jener Zeit in einem Roman vorzustellen. Die Handlungen der Charaktere sind nachvollziehbar und wirken sehr realitätsnahe.


    Da ich dieses Buch nicht nur gelesen, sondern abwechselnd auch gehört habe, möchte ich noch einiges zu dem Hörbuch sagen. Die Lesung dauert 10 Stunden, ist jedoch keine einzige Minute langweilig, auch wenn die Geschichte sehr ruhig erzählt wird. Gesprochen ist das Hörbuch von Brigitte Carlsen, die eine sehr angenehme und melodische Stimme hat. Ich finde, dass die Sprecherin ein besonderes Lob verdient. Dank ihrer Stimme wirkt die Geschichte noch eindringlicher und emotionaler. Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Ich würde es uneingeschränkt weiterempfehlen, sowohl als Buch als auch als Hörbuch.

    Von mir gibt es 4,5 Sterne.

    2025: Bücher: 6/Seiten: 2 505

    2024: Bücher: 207/Seiten: 92 669

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    Lese gerade:

    Fitzek, Sebastian - Die Einladung

  • Josef Tomulka wächst in Schlesien als uneheliches Kind bei seiner Mutter und seinen Großeltern auf, die ihn täglich spüren lassen, dass er unerwünscht ist. Wärme findet er bei der Nachbarsfamilie Reckzügel. Deren ältester Sohn Wilhelm, ein glühender Nationalsozialist der ersten Stunde, zeigt Josef gegenüber eine sonderbar große Zuwendung. Unter Wilhelms Einfluss und begünstigt durch Josefs liebloses Elternhaus, verfängt auch bei ihm das braune Gedankengut, er findet die ersehnte Anerkennung im Jungvolk und wird ein willfähriger Helfer Wilhelms.



    Josefs bittere Kindheit und seine Sehnsucht nach Liebe werden eindrücklich und glaubhaft beschrieben. Relativ früh waren mir Wilhelms wahre Absichten und die Hintergründe zu Josef klar, so dass das Ende des Buches vorhersehbar war.


    Der Roman zeigt, wie maipulierbar der Mensch ist, wie perfide die Propaganda der Nazis war und welch gefährliche Anziehungskraft deren Jugendorganisationen hatten. Thematisch hat mich der Roman sehr interessant, doch leider hat er mich handwerklich nicht überzeugt, und man spürt die Unerfahrenheit der Autorin. Die Charaktere sind zu eindimensional und werden häufig entweder nur positiv oder absolut negativ dargestellt; hier hätte ich mir etwas mehr Ambivalenz gewünscht. Werner und die Eltern Reckzügel sind fast zu gut, um wahr zu sein, Fritz, Frieda und Helene Tomulka sind das absolute Gegenteil. Fritz' Verhalten ist für mich kaum nachvollziehbar und sehr extrem. Sicher war ein uneheliches Kind damals eine Schande, aber sein kompletter Verhaltenswandel gegenüber allen, auch Leuten außerhalb der Familie, und die Konsequenzen, die er für sich und die ganze Familie zog, erscheinen mir unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar. Insbesondere sein Benehmen am neuen Wohnort gegenüber den Nachbarn konterkariert seinen Wunsch, an einem anderen Ort unbelastet anzufangen. Insgesamt wundert es mich, dass im Roman so wenig vom Krieg spürbar ist, keine Haupt- oder Nebenfigur bis auf den Lehrer Ritter wird eingezogen oder fällt. Werner Reckzügel wirkt über die gesamten 13 Jahre immer wie ein Jugendlicher, obwohl er am Ende ca. 33 Jahre alt sein dürfte. Weder ist sein Beruf bekannt noch heiratet er bzw. hat eine Freundin. Dies alles zusammen lässt die Figuren auf mich konstruiert wirken. Die Rahmenhandlung um den alten Josse und Helen erscheint künstlich, Helens Uroma Else, die eigentlich eine zentrale Rolle spielen sollte, taucht nur kurz auf. Die äußere Geschichte wirkt so unglaubwürdig und eher wie ein halbherziger schriftstellerischer Kniff.


    Insgesamt ein interessanter Roman mit vielen guten Ansätzen, aber leider Schwächen in der Umsetzung.

  • Ein Teil der deutschen Geschichte


    Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger Nachweis der Schande, die seine Mutter Helene über die Familie gebracht hatte. Schwanger und ohne einen Mann an ihrer Seite ist sie aus Breslau nach Hause zurückgekommen. Seitdem muss Helene die ständigen Demütigungen ihrer Eltern ertragen und das Leid ihres Sohnes erdulden. Um dem Spott der Nachbarn zu entgehen zieht die ganze Familie nach Reichenbach um, doch der Umzug ändert nichts an der bisherigen Lage der beiden.


    Bis eines Tages ein junger Nachbar Wilhelm eingreift und dem Großvater weitere Misshandlung des Kindes verbittet. Wilhelm beschützt den kleinen Josef, schenkt ihm Zuneigung und ermöglicht ihm die schulische Ausbildung. Der freundliche und verständnisvolle Wilhelm ist aber auch ein überzeugter Nazi und Verehrer des Führers. Geschickt manipuliert er Josef und macht ihn zu seinem Helfer, der die bestimmten nützlichen Informationen an seinen Gönner liefert. Bis eines Tages die sterbenskranke Helena ihrem Sohn das streng gehütete Geheimnis verrät.



    So fängt Josses Geschichte an; eine Geschichte, die berührt und bewegt. Das Leid des kleinen Jungen, der seinen Vater nicht kennt und von der Mutter und den Großeltern keine Zuneigung erhält, ist schwer zu ertragen. Umso mehr hat mir am Anfang Wilhelms Fürsorge für Josef gefallen; endlich konnte das Kind Herzenswärme und Anerkennung erfahren.


    Aber dieser glückliche Lebensabschnitt endet abrupt. Denn Josefs Lebensgeschichte verläuft so wie das Zeitgeschehen damals: rasend und dramatisch, schmerzhaft und verhängnisvoll.


    Realistisch und gefühlvoll erzählt die Autorin über diese turbulente Zeit. Angelika Rehse, die in einem Umfeld von Heimatvertriebenen aufwuchs, hat ausgiebig für ihren Roman recherchiert. Sowohl die Details aus den Gesprächen mit den Zeitzeugen, wie auch die historisch belegten Fakten flossen in die erzählte Geschichte ein. So ist es ein wichtiger Roman entstanden, der einen Teil der deutschen Geschichte authentisch darstellt. Eine starke Stimme, die auf die Gefahren der Manipulation und Propaganda hinweist. Eine wichtige Stimme, besonders in der heutigen Zeit.

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