In Heidelberg geht ein Aufschrei durch die Bevölkerung, als Lukas Schneider, der wegen Mordes im Gefängnis saß, vorzeitig entlassen wird. Online werden die Rufe nach Selbstjustiz immer größer und die Menschen wollen ihn am liebsten lynchen. Tatsächlich verschwindet Schneider kurz darauf spurlos und seine abgetrennte Hand wird mitten in Heidelberg gefunden. Die Leiterin des Dezernats für Kapitaldelikte Sofija Marković stellt ein Team zusammen und holt dafür Kriminaloberkommissar Alex Schwerdt zurück in ihre Einheit. Die Ermittlungen gehen in verschiedene Richtungen und gerade Schwerdts unkonventionelle Ideen finden nicht immer Anklang. Allerdings scheint er als Erster eine heiße Spur zu haben: Der Fall könnte etwas mit Heidelbergs Vergangenheit zu tun haben.
„Wahnspiel“ ist der erste Kriminalroman von Kilian Eisfeld, der ansonsten unter dem Namen Daniel Wolf schon zahlreiche historische Romane geschrieben hat. Das „Historische“ konnte er auch hier nicht sein lassen und hat dieses gekonnt mit einer spannenden Krimihandlung kombiniert.
Da der Roman der Auftakt einer Reihe um die knallharte Chefin Marković und den als Nerd verschrien Ermittler Schwerdt ist, war ich überrascht, dass im Roman sieben Kommissare sowie eine Kommissarsanwärterin vorkommen und man als Leser fast alle begleitet. Es waren also ziemlich viele Perspektiven vorhanden, was zunächst ungewöhnlich wirkte, aber bei mir nicht zu Verwirrungen geführt hat, sondern den Roman nur etwas komplexer gestaltet hat. Ich fand die beiden Hauptfiguren interessant ausgearbeitet. Natürlich läuft nicht alles reibungslos, dafür sind die beiden einfach zu unterschiedlich, aber auch das wirkte stimmig und authentisch.
Der Kriminalfall war spannend, auch wenn ich von der historischen Richtung vorher nichts wusste und mich diese Entwicklung daher überrascht hat. Sie hat sich aber nahtlos in den Fall integriert. Außerdem werden einige aktuelle Bewegungen und Themen wie die Incelsszene, Misogynie, Hass und Rassismus zu einer interessanten und teils erschreckenden Handlung mit großem Realitätsfaktor verwoben. Ich hatte jedoch erwartet, dass das Thema Selbstjustiz aus der Kurzbeschreibung des Verlags noch etwas stärker thematisiert werden würde.
Fazit: Ein neues Ermittlerduo in Heidelberg arbeitet an seinem ersten Fall, welcher eine spannende Mischung aus aktuellen Themen in Zusammenhang mit historischen (zum Teil fiktiven) Geschehnissen darstellt.