Kurzbeschreibung:
Ausgerechnet an ihrem 50. Geburtstag bekommt die Psychologin Liv Bentele Besuch von einem attraktiven Südländer in schwarzem Cape. Leider hat sich der Mann nur in der Tür geirrt. Aber dann ist plötzlich die alte Dame tot, nach der er sich erkundigt hat, und Liv stellt ihn zur Rede. In Wahrheit sei er Thanatos, der griechische Gott des sanften Todes, antwortet er freundlich, und ja, es deprimiere ihn zutiefst, wie unwürdig das Sterben heute sei. Liv sieht in ihm eher einen von Todessehnsucht geplagten Neurotiker und bietet ihm therapeutische Hilfe an. Bei ihrem lebhaften Austausch stellt sich heraus, dass Livs neuer Klient tatsächlich der Sensenmann ist – und sich nicht in der Tür geirrt hat. (Amazon)
Über den Autor:
Hans Rath, Jahrgang 1965, studierte Philosophie, Germanistik und Psychologie. Nach Jobs als Tankwart, Bauarbeiter, Bühnentechniker, Theaterkritiker und Drehbuchlektor lebt er heute als freier Autor und Drehbuchautor mit seiner Familie in Berlin. Zuletzt sind unter dem Pseudonym Moritz Matthies, zusammen mit Edgar Rai, die Erdmännchen-Romane ›Der Wald ruft‹ und ›Da ist was im Busch‹ bei dtv erschienen.
Jetzt ist Sense ist nicht mein erstes Buch von Hans Rath. Ich mag seine Art zu erzählen und wie locker er mit sensiblen Themen, gern auch religiöser Art, umgeht ohne dabei respektlos zu werden.
Und auch mit seinem neuen Roman habe ich mich bestens unterhalten. Er reißt viele aktuelle Themen an, auf die er aber mehr ein kurzes Schlaglicht wirft als sich eingehend mit ihnen zu beschäftigen. Mit viel Wortwitz, Situationskomik und schrägen Einfällen hat er sie in eine eher durchschnittliche Geschichte hineingewoben, so was kann er richtig gut. Man könnte kritisieren, dass es ein wenig an Tiefe mangelt, was nicht zuletzt an der locker-leichten Erzählweise liegt. Mir hat es jedoch gefallen, wie der Autor die kleinen und großen Dramen des Lebens, denen man hier durchaus begegnet, auf so undramatische und ironisch-humorvolle Weise in Szene setzt. Auch hat er einen scharfen Blick auf Absonderlichkeiten unserer Zeit, z. B. was political correctness angeht (siehe Olivias Überlegungen zum Zigeunerbaron gleich zu Beginn ), oder auch den Umgang mit sozialen Netzwerken. Dabei bleibt er stets freundlich, für mich hätte er da auch mal etwas bissiger sein dürfen.
Die Sprache ist eher unkompliziert, doch eloquent und mit einem gewissen Niveau. Den Tod zu personifizieren und ihm menschliche Züge (und Schwächen) zu verleihen ist nicht neu, aber hier modern und in die heutige Gesellschaft passend umgesetzt. Mal abgesehen davon, dass er gleich zu Anfang mit Sense und Kapuzenmantel erscheint, der Grund für diesen archaisch-bizarren Auftritt folgt dann etwas später. Man erfährt so Manches über den Tod, seinen Hintergrund in der griechischen Mythologie und seine aktuellen Nöte. Hier ist er Grieche, nennt sich Zino und ist optisch ein Sahneschnittchen, wie vor allem Olivias Freundin Conny findet. Olivia eigentlich auch, sieht ihn aber etwas differenzierter.
Die Figuren haben mir gut gefallen, allen voran Conny, und Olivia sowieso, zwei kluge und pragmatische Frauen. In den Nebenrollen wirken die Personen leicht bis mittelschwer überzeichnet. Stellvertretend für bestimmte Werte und Positionen bieten sie von daher einen Wiedererkennungswert, der einen beim Lesen immer wieder grinsen lässt.
Aber es gibt auch andere, ernstere Aspekte, die ein manchmal ein wenig unterzugehen drohen in all dem launigen Geplauder und den witzig-spritzigen Dialogen. Doch sie sind da, die Fragen zu elementaren Dingen des Lebens und des Sterbens – und Zinos/Thanatos ebenso kluge wie zeitlose Anmerkungen dazu stimmen sicher den ein oder anderen nachdenklich.
Das Ende fand ich dann ein bisschen – nun ja, esoterisch? Märchenhaft? Simpel? Aber insgesamt passt es nicht schlecht, und irgendwie muss die Sache ja aufgelöst werden .