Peter Dempf - Die Herrin der Farben

  • Kurzmeinung

    easymarkt3
    Die „Fuggerstadt“ Augsburg und sein Textilhandel. Etwas langatmig!
  • Autor Peter Dempf entführt uns in diesem historischen Roman in das Augsburg des 18. Jahrhunderts.

    Anna Barbara Koppmair ist die Tochter eines Goldschlägers und wächst neben dem Formenschneiderbetrieb der Familie Gignoux auf. In der Augsburger Textilbranche haben die beiden Gewerke immer wieder Berührungspunkte, sodass die wissbegierige Anna Barbara ihre Zeit mit Johann Friedrich Gignoux verbringt, um mit den Farben für die Textilfärberei zu experimentieren. Dabei gelingen ihr
    einige Rezepturen, die Farben mit besonderer Leuchtkraft und Haltbarkeit hervorbringen.


    Nach Johann Friedrichs Walz wird geheiratet und die beiden bauen, unter äußerster Auslegung der Zunftregeln eine Kattunfärberei auf. Das Unternehmen floriert. Nach nur wenigen gemeinsamen Jahren stirbt Johann Friedrich an einer Lungenkrankheit, die durch die giftigen Dämpfe beim Farbenmischen hervorgerufen worden ist.


    Obwohl das Testament Anna Barbara bis zur Volljährigkeit des Sohnes als Betriebsleiterin vorsieht, ficht der Zunftmeister Anna Barbaras Position an. Absprachen werden nicht mehr eingehalten, denn Frauen sind keine Vertragspartner. Natürlich spielt hier der Neid auf die geschäftstüchtige Witwe eine große Rolle. Man beginnt Intrigen zu spinnen, in denen sich Anna Barbara verheddert und letztlich mit Georg Christoph Gleich, einen Mann heiratet, der sie nicht nur über sein eigenes (nicht vorhandenes) Vermögen täuscht, sondern sich das Unternehmen Gignoux unter den Nagel reißen will. Allerdings hat er nicht mit der Zähigkeit von Anna Barbara gerechnet. Um den Betrieb für ihren Sohn zu retten, beschreitet sie ungewöhnliche Wege ...


    Meine Meinung:


    Peter Dempf, der den eigenen Worten nach, „immer neugierig und wissen wollend, woher Gebäude stammen und wer die Menschen auf Bildern und Gemälden waren, was die Schriften auf Wänden und Steinen bedeuteten, wie und was die Menschen ehedem bewegt haben“, Geschichte studiert hat, hat mir diesem historischen Roman einer starken Frau ein Denkmal gesetzt. Denn Anna Barbara Gignoux, geborene Koppmair (1725-1796) ist eine fortschrittlich denkende Frau, die es mit dem verkrusteten Denken der Zünfte aufnimmt. Dabei denkt die Unternehmerin nicht ausschließlich an Gewinnmaximierung, sondern zeigt auch soziales Gewissen. erst als sie ihren Betrieb beinahe verliert, rückt ihre Anteilnahme an der Belegschaft, die vorrangig aus Frauen und Kindern besteht, in den Hintergrund.


    Wir erfahren einiges über die strenge Zunftordnung, die noch aus dem Mittelalter stammt und für damalige Manufakturen geschaffen wurde und längst nicht mehr zeitgemäß ist. Vieles davon ist mir bekannt. Nicht gewusst habe ich, dass gerade in Augsburg die „Gerechtigkeiten“ (also die Betriebsgenehmigungen) streng paritätisch, nach Religionszugehörigkeit vergeben wurden:
    Je acht für Protestanten und Katholiken. Das gefällt mir an Peter Dempfs Romanen. Wir Leser bekommen Geschichtsunterricht, ohne es zu bemerken. Die historischen Zahlen, Daten und Fakten werden subtil in die Handlung eingebaut.


    Fazit:


    Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Roman rund um Anna Barbara Gignoux 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • Die Hauptprotagonistin des Romans ist eine bewunderte Person der Zeitgeschichte. Im Augsburg des 18.Jahrhunderts wächst Anna Barbara Koppmair in einer Welt auf, in der Männer die Frauen auf Familie und Kinder eingrenzen und Bildung und Lesen den Frauen vorenthalten, weil ihr Gehirn zu klein sei.
    Die kleine Anna ist jedoch wissbegierig und lernt das Lesen. Sie und der Nachbarsjunge Johann interessieren sich für Farben und heiraten später. Sie wird später als Anna Barbara Gignoux bekannt.

    Als Johann jahrelang vor sich hinkränkelnd später stirbt muss sie sich als erste Frau einer Tuchdruck- "Fabrique" gegen Konkurrenz und die Webergemeinschaft durchsetzen. Bei ihrer zweiten Heirat- einer Zweckheirat- hat sie kein glückliches Händchen. Ihr Mann verprügelt sie, beutet die Fabrik aus und verschwindet irgendwann mit Farb-Rezepturen.

    Leider ist es mir unglaublich schwer gefallen, diesen Roman zu Ende zu lesen.

    Ihr Leben erfolgt in oft nur groben Zeitsprüngen. Der Leser erfährt so ganz emotionslos nebenbei, dass sie in der Zwischenzeit ein Kind bekommen hat ( Beispiel).

    Die Geschichte wird zerpflückt. Ich konnte keinen Bezug zu der Person Anna aufbauen und ich konnte sie auch nicht mehr ernst nehmen.

    Ich hatte erwartet, dass Anna durch ihre Leidenschaft geniale Farbversuche gelingen aber ich wurde enttäuscht.
    Die Farbenherstellung hatte lediglich ihr erster Mann Johann in der Hand. Dagegen bilden Annas unternehmerische Tätigkeiten mit den Finanzen den Schwerpunkt des Romans.Insofern ist auch der Titel des Buches unpassend gewählt.


    Und die Person Anna wurde mir im Laufe der Geschichte immer unsympathischer. Sie war arrogant gegenüber anderen, fühlte sich anderen überlegen, behandelte ihre Dienstboten schlecht und verachtend. Sie beschäftigte Frauen und Kinder in ihrer "fabrique", weil diese billiger waren.

    Insgesamt sind für mich die Personen -alle bis auf die Person "Hallbacher"- "grau" geblieben und es fehlt dem Roman an Spannung, Details und Emotionen. Die Farbherstellung mit neuen Entdeckungen und Versuchen von Anna hätte ich ebenfalls spannend gefunden.

    Insgesamt kann ich leider keine Leseempfehlung geben.

  • Die „Fuggerstadt“ Augsburg und sein Textilhandel


    Das Cover, in Gold und Brauntönen gehalten mit einem Ausschnitt einer mittelalterlichen Stadt am Fluss, gefällt als Hinführung zu diesem historischen Roman. Im Augsburg des 18. Jahrhunderts mit ihrer bedeutenden Weber-, Färber- und Kattundruckindustrie wächst eine intelligente Frau, Anna Barbara Koppmair, auf, die viele Konventionen bricht, angefangen mit ihrem Wunsch der freien Gattenwahl statt vom Vater bestimmt. Als verheiratete Anna Barbara Gignoux kämpft sie gegen die Widerstände der Männerbünde im Stadtrat und in den Weberzünften an. Ihre unternehmerischen Tätigkeiten mit den Finanzen bilden hauptsächlich den Schwerpunkt des Romans statt die Farbenherstellung und Drucktechniken. Die fiktive Figur des Vorarbeiters Hallbacher, Annas Gewissen und Korrektor, wirkt am positivsten, während die Hauptperson Anna von ehrgeiziger, liebender Ehefrau mutiert zu einer durchhaltefähigen, cleveren, aber auch menschlich arroganten, hartherzigen Unternehmerin, weil das Schicksal es nicht gut mit ihr gemeint hat. Eine nachvollziehbare Wandlung! Der Tagebuch ähnliche Schreibstil mit unregelmäßigen Zeitsprüngen lassen einen straffen roten Faden vermissen, immer nur einen schnell verfliegenden Spannungsbogen. Interessante Informationen zur Handwerkskunst der Drucker, Färber, Modelschneider mit ihren Druckergerechtigkeiten im unflexiblen Zunftwesen sind gekoppelt mit den Anfängen der Industrialisierung. Auch wie ein Scheidungsverfahren auf Antrag einer Frau betrieben wurde, ist aufschlussreich. Weitere historische Moden und Ereignisse wie z.B. Soirées, die Revolution in Frankreich oder die Erfindung des Luftballons mit einem Durchmesser von10 Schuhen des Herrn Mongolfier geben diesem Jahrhundert mehr Couleur neben dem überwiegenden Hunger und Elend der Arbeiter. Etwas langatmig!

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