Missy Marston – Fliegen oder Fallen / Bad Ideas

  • Klappentext/Verlagstext
    Ihre Mutter und ihre Schwester haben mit 17 ihr erstes Kind bekommen. Als auch Trudy früh schwanger wird, beschließt sie, abzutreiben. Das Leben in der kanadischen Kleinstadt in den Siebzigern hat ihr bisher nicht viel zu bieten. Aber es muss doch noch etwas anderes geben, als frühe Mutterschaft, abwesende Männer und harte Arbeit. Wo bleibt das Abenteuer, das Glück?
    Trudy lebt mit ihrer Mutter und ihrer vierjährigen Nichte direkt am Sankt-Lorenz-Strom, der natürlichen Grenze zwischen Kanada und den USA. Das Trio versucht, sich so gut es geht über Wasser zu halten. Trudy glaubt nicht an die große Liebe - bis sie den Draufgänger Jules trifft. Die beginnende Romanze wird schnell von Jules' großem Traum überschattet: Er will mit seinem getunten Raketenauto über den zwei Kilometer breiten Fluss springen, der die Stadt teilt. Ein Fernsehteam bietet ihm viel Geld dafür. Doch kann der lebensgefährliche Stunt gutgehen?
    Frei inspiriert vom Stuntman Ken Carter, "The Mad Canadian", der in den 1970er Jahren den großen Sprung über den Sankt-Lorenz-Strom wagen wollte, ist Missy Marston ein witziger und kluger Roman über Unzulänglichkeiten und die Tücken des Lebens gelungen, der lange in Erinnerung bleibt.


    Die Autorin
    Missy Marston wuchs in der Nähe von Iroquois/Ontario auf, in derselben Straße, in der der Stuntman Ken Carter in den Siebzigern eine riesige Rampe baute, um über den Sankt-Lorenz-Strom zu springen. Sie gewann den Ottawa Book Award, sowie weitere Preise und lebt in Ottawa. (… gekürzt)


    Inhalt
    Claire und ihre Tochter Trudy arbeiten in Preston Mills in der Nachtschicht der Textilfabrik und betreuen gemeinsam die kleine Tochter von Trudys Schwester Tammy. Tammy ist einfach abgehauen, um ein paar Kilometer entfernt in einer Tankstelle zu arbeiten. Schon Claire war mit 17 ungeplant schwanger, wurde vom Vater ihrer Töchter verlassen und träumt bis heute davon, ein Mann würde sie aus der Ödnis der kanadischen Kleinstadt herausholen. Mutter, Tochter und die inzwischen 5-jährige Enkelin Mercy sind offenbar glücklich miteinander, auch wenn das Geld so knapp ist, dass Claire auf der Wohnzimmer-Couch ihres winzigen Häuschens schlafen muss. Als Trudy Jules kennenlernt, zieht eine Ahnung von Reichtum in ihr Leben; denn der Stock-Car-Fahrer will mit seinem Raketen-Auto-Projekt das ganze große Geld machen. Da Jules kein Geschäftsmann ist und in seiner Karriere bisher hauptsächlich gebrochene Knochen „kassiert“ hat, sieht es mit seinem großen Coup jedoch schlecht aus. Tammy lebt inzwischen mit dem schmächtigen Fenton zusammen, der damit verblüfft, dass er Mercy am Wochenende abholen möchte und damit eine Art Familienleben aufbauen.


    In Kapiteln von höchstens 1-2 Seiten, deren Überschrift jeweils mit „Weil …“ beginnt, ist „Fliegen oder Fallen“ am Rande auch ein Roman über einen aberwitzigen Stunt nach realem Vorbild, zeigt jedoch drei Generationen von Frauen (Tammy und Trudy sind Mitte der 50er geboren, Mercy 1974) und ihre überaus bescheidenen, unerfüllbaren Wünsche. Wir lernen Mutter, Töchter und ihre jeweiligen Partner kennen und werden mit einer spießigen Moral konfrontiert, die ungeplant schwangere Teenager verhöhnt und die jugendlichen Väter einfach davonkommen lässt. Dass, laut Trudy, nur der Hausarzt Dr. Cameron ein Ehrenmann ist, lässt tief blicken …


    Fazit

    Abgesehen von dem tatsächlich abgefahrenen Raketen-Auto-Stunt eine treffsichere Sozialstudie vom Leben als Frau in der tiefsten Provinz.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow