Richard J. Evans - Das europäische Jahrhundert: Ein Kontinent im Umbruch 1815-1914 / The Pursuit of Power

  • Anschauliche Darstellung der Geschichte Europas von 1815 - 1914


    Dieses Buch mit dem Untertitel „Ein Kontinent im Umbruch 1815-1914“ ist die Geschichte Europas zwischen dem Ende der Napoleonischen Ära und dem Beginn des Ersten Weltkrieges.


    Es ist das dritte in der Penguin-Reihe „Die Geschichte Europas“ und schließt an das Buch „Das Streben nach Ruhm“, das die Zeit zwischen 1648 und 1815 behandelt, an.


    Richard J. Evans setzt sich nach einem langen Vorwort in folgenden acht Kapiteln mit dem Europa nach dem Wiener Kongress auseinander. Er tut dies aus verschiedenen Blickwinkeln:


    • Das Erbe der Revolution
    • Die Widersprüche der Freiheit
    • Der europäische Frühling
    • Die soziale Revolution
    • Die Eroberung der Natur
    • Das Zeitalter des Gefühls
    • Aufstieg der Demokratie
    • Die Auswirkungen des Imperialismus

    Dabei stützt er sich unter anderem auf Augenzeugenberichte, wie die Lebenserinnerungen des Ellwangener Steinmetzes Jakob Walter (1788-1864), der den Russlandfeldzug im Heer Napoleons mitgemacht und überlebt hat.


    Evand beschreibt den Fortschritt durch die industrielle Revolution, die Europas Vormachtstellung erst möglich macht. Die Folgen sind die Verwandlung der Gesellschaft, die aus bäuerlichen Leibeigenen geknechtete Fabriksarbeiter macht, soziale Spannungen und Revolutionen 1830 bzw. 1848 inklusive. Das Bürgertum emanzipiert sich und läuft den Adeligen (fast) den Rang ab.


    Das Bestreben Nationalstaaten (Italien, Deutschland) zu bilden und die bisherigen Legitimationen der Herrscher zu hinterfragen, wird letztlich in die Katastrophe des Ersten Weltkriegs führen.


    Meine Meinung:


    Trotz der 1.024 Seiten lässt sich das Buch sehr gut lesen. Das Werk enthält ein ausführliches Personen- und Ortsregister sowie acht Seiten weiterführende Literatur, die in unterschiedliche Themenkreise wie Biografien, Nationalgeschichte der Länder vom Balkan bis zur Schweiz, Politik, Wissenschaft und Forschung sowie Geschlechterbeziehungen und Religion gegliedert ist. Da lässt sich
    das eine oder andere Buch vertiefend zur Hand nehmen. Neben zahlreichen Abbildungen befinden sich auch 20 Karten, die die Veränderungen Europas von 1815 bis 1914 darstellen.


    In jedem Kapitel sind die Kernthemen anhand einer konkreten Person - wie eben Jakob Walter - herausgegriffen und akkurat dargestellt. Damit werden die Leser direkt in die Epoche, das Land und die entsprechende Gesellschaft zurückversetzt und erhalten einen Einblick in das damalige Leben.


    Der Schreibstil ist anregend, sachlich fundiert und lässt sich auch von historischen Laien gut lesen. Allerdings ist einiges Durchhaltevermögen erforderlich, denn so für zwischendurch ist dieses umfassende Werk der Geschichte des Kontinents im Umbruch 1815-1914 nicht.


    Fazit:


    Wer gerne ein gut geschriebenes Werk über Europa zwischen 1815 und 1914 lesen will, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)