Kai Meyer - Die Bücher, der Junge und die Nacht

  • Kurzmeinung

    Emili
    Bedauerlicherweise konnte mich die Geschichte nicht überzeugen. Ich fand es langatmig.
  • Kurzmeinung

    Bellis-Perennis
    Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln
  • Bücher sind mehr als ...

    Leipzig 1943, die Stadt brennt. Ein Junge der sein ganzes Leben in einer Bibliothek eingeschlossen war, wird von einem seltsamen Mann befreit. Er soll ihm helfen ein bestimmtes Buch aus den Trümmern zu retten, dafür rettet der Mann sein Leben.

    München 1971. Robert Steinfeld sucht, findet, kauft und verkauft seltene Bücher. Er liebt sie und ist bei allen Sammlern als Fachmann bekannt. Seine Freundin Julie bittet ihn um Hilfe, sie soll eine Bibliothek auflösen darin gibt es geheimnisvolle Bücher

    Leipzig 1933, Jacob Steinfeld ist Buchbinder, er gibt alten abgegriffenen Büchern einen neuen Einband, er gibt Bücher ein einheitliches Kleid, so das nur der Titel auf dem Rücken unterschiedlich ist. Er bindet neue Bücher nach der Drucklegung. Er verliebt sich in Juli die ein Buch geschrieben hat, das sie nur von ihm binden lassen will.

    Die Bücher dieses Autors haben immer etwas Besonderes, mal ist es märchenhaft, mal magisch, in diesem Buch sind es Rätsel. Sie ziehen sich durch die ganze Geschichte, einige sind klar erkennbar, warum ist der Junge gefangen gehalten, wer ist sein Retter? Dann gibt es versteckte Rätsel die die Figuren und wir Leser erst erkennen müssen.

    Obwohl sich das Buch auf verschiedenen Zeitebenen bewegt, zieht sich ein roter Faden dadurch. Seltene Bücher sind der Angelpunkt. Je weniger von den einzelnen Titel noch existieren je wertvoller ist das Buch.

    Begeht man deswegen Verbrechen?

    Jede einzelne Figur ist besonders. Jacob ist ehrlich und integer, nichts kann ihn von seinem Gefühl für Recht und Gerechtigkeit abbringen. Robert ist ein Suchender, nach Büchern und nach seiner Identität. Auch die etwas weniger wichtigen Figuren waren großartig gezeichnet, egal ob sie vom Charakter her böse oder gut waren.

    Das Buch hat mich bis zum Ende nicht los gelassen, ich wollte die Rätsel lösen, am Ende war die Liebe zu Büchern genauso groß wie am Anfang.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Mario

    Hat den Titel des Themas von „Kay Meyer - Die Bücher, der Junge und die Nacht“ zu „Kai Meyer - Die Bücher, der Junge und die Nacht“ geändert.
  • Inhalt:

    Dichter Nebel wogt durch die Gassen der Bücherstadt Leipzig, 1933, als das Böse die Macht ergreift. Hier entspinnt sich die tragische Liebe des Buchbinders Jakob Steinfeld zu einer rätselhaften jungen Frau. Juli hat ein Buch geschrieben, das sie einzig ihm anvertrauen will. Doch bald darauf verschwindet sie spurlos.

    Fast vierzig Jahre später ist auch Jakobs Sohn Robert den Büchern verfallen und reist auf der Suche nach seltenen Ausgaben durch ganz Europa. Er liebt seine Arbeit und die Bücher – von Menschen hält er sich meist eher fern. Doch als die Bibliothekarin Marie ihn bittet, ihr bei einem Auftrag der geheimnisumwitterten Verlegerfamilie Pallandt zu helfen, stoßen sie auf das Mysterium eines Buches, dessen Geschichte eng mit Roberts eigener verknüpft ist – es ist der Schlüssel zum Schicksal seiner Eltern.

    Rezension:
    Nach dem Tod von Konrad Pallandt wird Marie Ludwig beauftragt, dessen umfangreiche Bibliothek zu verkaufen und macht in dieser einen interessanten Fund, der die Familie ihres Kollegen Robert Steinfeld betrifft. Dieser weiß nur wenig über seine Wurzeln, sodass Maries Fund für ihn zum Anlass wird, endlich mehr über seine eigene Geschichte erfahren zu wollen. Gemeinsam begeben sie sich auf Spurensuche, lassen die Vergangenheit nicht ruhen und erfahren so die Wahrheit über Roberts Herkunft.


    "Die Bücher, der Junge und die Nacht" ist ein Einzelband von Kai Meyer, der auf drei Zeitebenen erzählt wird.


    Wir dürfen aus der Ich-Perspektive des siebenunddreißig Jahre alten Robert Steinfeld lesen, den wir im Jahr 1971 begleiten, als seine Freundin Marie Ludwig unter den Büchern des Sammlers Konrad Pallandt eine interessante
    Entdeckung macht, die sein Leben auf den Kopf stellt und ihn dazu bewegt, endlich seine Wurzeln erforschen zu wollen und zu versuchen, mehr Licht in die Schatten seiner Vergangenheit zu bringen. Die beiden reisen umher, versuchen Zeitzeugen zu finden, um seine Geschichte aus ihren Erzählungen zusammenzusetzen. Sie erfahren nach und nach, was damals in Leipzig geschehen und was mit Roberts Eltern passiert ist, die er nie kennenlernen durfte.


    Im Jahr 1943 begleiten wir den zehn Jahre alten Robert, wie er den Raum, in dem er sein ganzes Leben lang gefangen gehalten wurde, verlässt und sich in einem brennenden Leipzig wiederfindet. Gemeinsam mit dem mysteriösen Mercurio reist er durch ein kriegszerrüttetes Deutschland, immer auf der Suche nach wertvollen Büchern, bis sie das eine Buch finden, das Mercurio nur für sich will.


    Die dritte Zeitebene spielt im Jahr 1933, wo der Buchbinder Jakob Steinfeld frisch aus dem Gefängnis entlassen, wieder in seine Buchbinderwerkstatt, das Montecristo, zurückkehrt und in eine Welt, in der die Nationalsozialisten immer mehr die Macht übernehmen.
    Als die junge Juliana in seinem Laden auftaucht und er ein Buch für sie binden soll, lehnt er erst ab, aber sie geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Doch dann verschwindet Juli spurlos.


    Früher habe ich sehr gerne Bücher gelesen, in denen eine Familiengeschichte auf mehreren Zeitebenen erzählt wird und auch in "Die Bücher, der Junge und die Nacht" hat mir das richtig gut gefallen! Auch, weil mich die Zeit des Nationalsozialismus schon immer sehr interessiert hat und man hier die Anfänge der Machtübernahme verfolgen konnte, Szenen vom Ende des Krieges gesehen hat und eben auch die Zeit, wo Deutschland in West und Ost geteilt war.


    Kai Meyer erzählt die Geschichte bildgewaltig und wortgewandt, natürlich durfte auch ein obskurer Aspekt nicht fehlen, aber die Geschichte von Robert Steinfeld steht im Fokus und natürlich auch die Liebe zu den Büchern.
    Jakob Steinfeld ist Buchbinder, der alte
    Bücher neu bindet und ihnen ein neues, kunstfertiges Gewand gibt. Er war aber auch immer auf der Suche nach Büchern für seine Kunden, bücherliebende Sammler. Sein Sohn Robert verdient sein Geld damit, Bibliotheken zu Sichten, Katalogisieren und gewinnbringend zu verkaufen, aber auch er liebt die Bücher.
    Gemeinsam mit Jakob durften wir 1933 das Graphische Viertel der Bücherstadt Leipzig erkunden, bevor wir mit Robert erleben mussten, wie es bei den Luftangriffen fast komplett zerstört wurde. Auch das Setting hat mir richtig gut gefallen und es war sehr spannend, so viel über das historische Leipzig zu erfahren!


    Die Geschichte ist sehr komplex und wird mit viel Liebe zum Detail erzählt. Ich habe schon früh ein paar Verbindungen erahnt, natürlich auch, weil man dank Jakobs Handlungsstrang miterleben durfte, was damals passiert ist, aber mit vielen Wendungen konnte mich Kai Meyer echt überraschen, weil es so verworren war, dass man das nie hätte voraussehen können! Zwischenzeitlich konnte mich die Geschichte nicht ganz so stark packen, weil man gefühlt nicht vorangekommen ist, aber ich fand es sehr spannend, wie nach und nach alle Fäden miteinander verknüpft wurden und endlich ein stimmiges Bild ergaben!
    Mir hat es auch sehr gut gefallen, dass wir nicht nach jedem Kapitel in der Zeit gesprungen sind, sondern länger am Stück in einer Zeit verweilen durften.
    Die Geschichte konnte mich überraschen und hat mir insgesamt richtig gut gefallen!


    Fazit:
    Mit "Die Bücher, der Junge und die Nacht" hat Kai Meyer ein großartiges Buch geschrieben!
    Ich fand die Geschichte, die von Kai Meyer wortgewandt und bildgewaltig über drei Zeitebenen erzählt wird, richtig spannend, auch wenn ich zwischenzeitlich das Gefühl hatte, nicht voranzukommen.
    Aber alle Fäden werden nach und nach miteinander verknüpft und auch wenn man manches erahnen konnte, war ich sehr überrascht, wie verworren die ganze Geschichte war! Es war spannend mit Robert und Marie die Zeitzeugen aufzusuchen und zu erfahren, was damals mit Roberts Vater geschehen ist, aber auch die Liebe zu den Büchern ist immer präsent, was es zu etwas ganz Besonderem gemacht hat. Mir hat es richtig gut gefallen und ich vergebe starke vier Kleeblätter!

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ein Buch, geschrieben für Bücherwürmer


    Inhalt: München, 1971. Der Buchverkäufer Robert Steinfeld erhält von seiner Kollegin Marie Ludwig einen Anruf. Marie hat bei der Auflösung der Bibliothek des kürzlich verstorbenen Buchmagnaten Konrad Pallandt einen besonderen Fund gemacht: Sogenannte Steinfelds, hochwertige Buchausgaben, die aus der Werkstatt von Roberts Vorfahren stammen. Das Merkwürdige: Die Werkstatt, ehemals befindlich im Graphischen Viertel Leipzigs, fiel 1943 dem Flammenmeer zum Opfer; auch Roberts Vater überlebte nicht. Dennoch finden sich in der Pallandtschen Bibliothek Ausgaben, die nach 1943 gebunden worden sind – und sich qualitativ nicht von den älteren Ausgaben unterscheiden. Gemeinsam begeben sich Robert und Marie auf die Suche nach dem Ursprung der neueren Ausgaben – und entdecken dabei, dass wenig so ist, wie sie geglaubt haben…


    Persönliche Meinung: Der Inhaltsteaser greift eigentlich viel zu kurz. „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ setzt sich nämlich aus drei Handlungssträngen zusammen, die auf unterschiedlichen Zeitebenen spielen. Der jüngste Handlungsstrang ist die in Ich-Form erzählte Suche Robert Steinfelds, die ich oben skizziert habe. Ein weiterer Handlungsstrang spielt 1943 (zunächst) in Leipzig – gerade zu dem Zeitpunkt, als Bomben auf die Stadt fallen. Hier begleiten wir (aus personaler Sicht) einen 10-jährigen Jungen, der sein ganzes Leben lang in einem Raum voller Bücher eingesperrt worden war, sich nun aber befreien konnte und von einem Bücherjäger unter seine Fittiche genommen worden ist, der ein ganz besonderes Buch sucht. Der dritte Handlungsstrang spielt 1933 in Leipzig. Die Nationalsozialisten erstarken und drangsalieren jede Person, die nicht ihrer Ideologie folgt. So auch Jakob Steinfeld, den Vater Roberts, der gemeinsam mit seinem ulkigen Angestellten Grigori eine kleine Buchhandlung/-binderei betreibt. Diese drei Handlungsstränge laufen allerdings nicht einfach parallel zueinander, sondern sind aufs Engste und sehr schön miteinander verwoben: Es finden sich immer wieder Figuren und Gegenstände, die in jedem Handlungsstrang vorkommen, wodurch ein durchdachtes Verweissystem entsteht, das sich in einer schönen Spannungskurve sukzessiv zu einem stimmigen Gesamtbild zusammensetzt. Der Schreibstil von Kai Meyer ist gewohnt bildhaft. Zügig entstehen eindrückliche Bilder im Kopf, sodass man sich stark in die Szenen hineinversetzen kann: Ein Fabulieren in seiner schönsten Form. Eine genaue Genreeinordnung möchte ich bei „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ gar nicht vornehmen; dafür ist es zu vielfältig. Klar, es spielt in der Vergangenheit und in allen drei Erzählsträngen (besonders in dem, der 1933 stattfindet) finden sich starke Tendenzen eines historischen Romans. Allerdings geht „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ nicht darin auf: Genauso ist das Buch – durch die vielen Mysterymomente – eine Art Spannungsroman; zudem existieren immer mal wieder phantastische Elemente bzw. Tendenzen zum Magischen Realismus. Jenseits einer spezifischen Gattung ist „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ ein Buch über Bücher: Die Protagonisten haben alle etwas mit dem Buchgewerbe (im weiteren Sinne) zu tun, sie durchstöbern Buchhandlungen, Antiquariate und Bibliotheken, bestimmte Bücher spielen innerhalb der Handlung eine gewichtige Rolle und das im 2. Weltkrieg untergegangene Graphische Viertel Leipzigs ist ein wichtiger Handlungsort. Kurzum: „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ ist eine Liebeserklärung an das Medium „Buch“, an die gedruckten Wörter; ein Buch, geschrieben für Bücherwürmer.

  • Die faszinierende Welt der Bücher

    Der zehnjährige Robert Steinfeld wurde Zeit seines Lebens in einem fensterlosen Raum voller Bücher gefangen gehalten. Seine Eltern kennt er nicht und er weiß er nicht, warum er dort ist. Seine einzigen Erfahrungen von der Welt erhält er durch die zahllosen Bücher, die er liest.


    In der Nacht 1943, in der Leipzig bombardiert wird, steht das Gebäude, in dem Robert festgehalten wird, in Flammen. In letzter Minute wird er von einem geheimnisvollen Fremden befreit, der von ihm als Gegenleistung verlangt, ein bestimmtes Buch aus einem zerstörten Raum zu holen. Die beiden entkommen dem Flammenmeer und Robert schließt sich dem Fremden an. Gemeinsam reisen sie durch das kriegszerstörte Deutschland und stehlen wertvolle Bücher aus den Ruinen.


    Viele Jahre später im Jahr 1971 meint Robert den Fremden auf einer Beerdigung wiederzuerkennen. Robert ist inzwischen ein Experte für wertvolle alte Bücher geworden. Eine Freundin, Marie, die im selben Fachgebiet arbeitet, wurde mit der Auflösung einer Sammlung betraut und entdeckt dabei Bücher, die von Roberts Vater, dem bekannten Buchbinder Jakob Steinfeld, gebunden wurden. Dieser starb während des Krieges, doch einige der Bücher aus der Sammlung weisen ein späteres Datum auf. Robert und Marie versuchen, das Rätsel zu lösen und gleichzeitig Fragen nach Roberts Herkunft und Familiengeschichte zu lösen.


    Das Buch spielt auf vier Zeitebenen, 1933, 1943, 1971 und das letzte Kapitel im Jahr 1990. Wir lernen eine Welt von Büchernarren kennen, die für Bücher alles tun würden (und tun). Sehr interessant fand ich die Schilderungen des Graphischen Viertels in Leipzig, in dem vor dem Krieg die wichtigsten und größten Buchverlage Deutschlands ihren Sitz hatten. Man erfährt viel über die Zeitgeschichte, vom Aufkommen und Erstarken des Nationalsozialismus, den Schrecken des Krieges und natürlich Roberts persönlicher Geschichte. Kai Meyer springt zwischen den Zeitebenen hin und her, was manchmal frustrierend ist, weil man gerne wüsste, wie es auf einer Zeitebene weitergeht, andererseits erhöht es die Spannung, die allerdings nicht durchgehend gehalten wird. Trotzdem ist es ein faszinierender Roman, vor allem für Bibliophile und historisch Interessierte. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • "Die Bücher, der Junge und die Nacht" von Kai Meyer erschien (HC, geb. 496 Seiten) 2022 im Verlag Droemer Knaur. Auf diesen Roman war ich aufgrund der Thematik (die Liebe zu Büchern und Zeitgeschichte) mehr als neugierig; da ich Kai Meyer's "Die Alchimistin" vor Jahren sehr begeistert gelesen habe und vom Stil des Autors, der es mühelos schafft, den Leser mit auf Zeitreisen zu nehmen und eine unglaubliche Nähe zwischen den sehr gut ausgeleuchteten ProtagonistInnen und den LeserInnen herzustellen, sehr beeindruckt bin. Er zählt damit zu meinen favorisierten deutschen Erzähltalenten durch seine Themen und seinem atmosphärischen Schreibstil.


    Die Haupthandlung dieses Romans dreht sich um das Auffinden eines verschollen geglaubten mysteriösen Buches, das nur einmal gedruckt wurde und im Grunde zum Selbstgebrauch bestimmt war:


    Leipzig, Graphisches Viertel : (Zeit des 2. Weltkriegs)


    "Das Alphabet des Schlafs" bekommt 1943 Jakob Steinfeld, Inhaber des Antiquariats "Montecristo" (spezialisiert auf Abenteuerliteratur, Geheimbund und Logenromane sowie romantische Literatur) von einer jungen Frau mit der Bitte unterbreitet, das Buch zu binden; mit dem Vater, einem Verleger namens Konrad Pallandt, hat sich Jakob nicht grundlos überworfen hat. Jedoch hat Jakob die Tochter namens Juliane (Juli), sofort nach ihrem Erscheinen in der Buchbinderwerkstatt bereits in sein Herz geschlossen und eine dramatische Liebe beginnt, da Juli nach wenigen Tagen ihres Kennenlernens spurlos verschwindet...


    40 Jahre später; Barockschloss der Verlegerfamilie Pallandt, bei München:


    Marie, eine bekannte Bibliothekarin und Sachverständige für Bibliotheken und wertvolle Bücher, soll die Bibliothek von Maximilian Pallandt, Sohn des Verlegers Konrad P. schätzen und veräußern: Sie entdeckt darin ein Konvolut von Büchern, die von Jakob Steinfeld gebunden wurden; einer der besten Buchhändler Leipzigs zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. Gemeinsam mit Robert Steinfeld, mit dem sie nicht nur den Beruf und die Leidenschaft für Bücher teilt, sondern auch eine Liaison vor Jahren hatte, begibt sie sich auf Spurensuche und hilft ihm fortan, der Geschichte um das Geheimnis des "Alphabet des Schlafs" auf den Grund zu gehen; denn dieses Buch könnte letzten Endes die wahren Eltern von Robert und den Grund seiner Gefangenschaft als Junge während der ersten 10 Lebensjahre enträtseln.


    Wir begegnen vielfältigen Charakteren auf dieser literarischen und für Robert sehr persönlichen "Spurensuche" - sowohl in der Vergangenheit als auch 1971: So lernen wir Grigori Gomorov, Gärtner und besonders im Winter Mitarbeiter von Jakob sowie sein bester Freund in der Zeit der Nazidiktatur kennen (und schätzen); Juli, die Verlegertochter Pallandt, die im Roman eine Hauptrolle einnehmen wird; ihren Bruder Maximilian und die Mutter Aurelia. Die Mutter frönt der okkulten Literatur und ist so besessen von derartigen Werken wie einige historische Figuren der Nazis, z.B. Himmler: Sie verlegt diese Bücher (zum Mißfallen ihres Mannes Konrad) in einem eigenen, sehr reaktionären Verlag und macht auch vor "Experimenten" nicht halt, der ihre Töchter anheimfallen. Auch Mena, Julis Schwester sollten wir später einen Besuch abstatten. Mit Grigori begegnen wir auch der legendären "Rabenfrau", die nachts über die Dächer Leipzigs auf einem Seil tänzelt und Grigoris Herz eroberte.


    Ein wichtiger Hauptcharakter ist ausser den Büchern, um die es in oftmals poetischer Weise geht, ausser Jakob, Juli, Robert und Marie von Beginn an der mysteriöse "Maskenmann", der Bücherdieb, der Robert aus der brennenden Villa rettete und ein Jahr während des Krieges mit ihm durchs zerstörte Deutschland ziehen sollte: Immer auf der Suche nach Raritäten, die nicht den Flammen zum Opfer gefallen waren. Ist dieser Bücherdieb identisch mit dem finsteren Bibliothekar der Pallandts; Mercurio oder auch Flügelschlag genannt, mit dem Konrad Pallandt einst einen Pakt einging?


    Die beiden Zeitebenen, die immer wieder wechseln, lassen die Spannung fast unmerklich sich steigern und sind historisch interessant, da man einige Fakten über die alte Bücherstadt Leipzig und das Graphische Viertel erhält; zudem fand ich Informationen zu wertvollen und vergessenen Büchern, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und Buchmessen sehr interessant (ich habe auch einige Dokus über Leipzig vor dem 2. WK angeschaut, die die beschriebene Atmosphäre des Romans noch verdeutlichen können). Großen Respekt habe und hatte ich vor Jakob, der als einer der besten Buchbinder Leipzigs galt und ein sehr aufrichtiger, sympathischer Mensch und Buchfreund war; ebenso wie Grigori, der den Garten beim Antiquariat "Montecristo" hegte und pflegte. Im letzten Romandrittel nimmt das Buch gar kriminalistische Züge an, so dass man als Leser schier den Atem anhält. Aber auch die Poesie, die trotz der historischen Zeitgeschichte hier und da einfließt, hat mir sehr gefallen:


    Etwa am Ende, als Robert und Marie, die mit Büchern handeln und somit Traditionen fortführen, feststellen, dass "die eigene Bibliothek zu platzen droht, aber dennoch immer mehr Bände hinzukommen:


    - vor allem die alten, die verblichenen, die Geschichten, aus denen ein Ruf ertönt, der durch die Jahrhunderte hallt." (Zitat S. 495)


    Fazit:



    Mit sehr großem Erzähltalent verwebt Kai Meyer sehr gekonnt und mit atmosphärischer Dichte, teils düster, teils hoffnungsvoll in seinem neuen Roman Zeitgeschichte und Historisches zur Bücherstadt Leipzig; zwei Liebesgeschichten (anno 1943/1971) sowie vor allem die Liebe zu Büchern und die Spannung eines Kriminalromans. Der Roman ist gleichbedeutend mit einer abenteuerlichen Suche nach dem Geheimnis und auch dem Vermächtnis eines Buches, das für Robert Steinfeld existenziell wichtig ist und in dem es Kai Meyer gelingt, seine Leserschaft auf eine spannende Zeitreise mitzunehmen - sehr große Nähe zu den Figuren herzustellen: Großartig, spannend und eine Liebeserklärung an die Welt der Bücher!

  • Squirrel

    Zu diesem Buch gibt es bereits einen Bücher-Rezi-Thread von wiechmann8052 erstellt am 05. November 2022. Könntest du diese Rezi vielleicht dorthin verschieben?

  • Das Buch spielt in drei Zeitebenen: 1943, 1933 und 1971.

    Es beginnt damit, dass ein Junge im Jahr 1943 ein mysteriöses Buch aus den Flammen rettet. Dieser Junge namens Robert Steinfeld macht sich im Jahr 1971 mit seiner Kollegin Marie Ludwig auf eine spannende Suche, welche sich um geheimnisvolle Bücher sowie seine Vergangenheit dreht. Der Protagonist des Handlungsstrangs von 1933 ist sein Vater, der Buchbinder Jakob Steinfeld.

    Jede Zeitebene für sich ist schon wirklich spannend, als jedoch der Punkt kommt, an dem die Geschichten beginnen, ineinander zu greifen, kann man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

    Die Themenverknüpfung von Krieg und Bücherliebe ist wirklich gut gelungen.


    Der Schreibstil ist durchgängig sehr angenehm zu lesen, wirkt jedoch manchmal etwas gewollt. Die Protagonisten sind gut herausgearbeitet und man verliert sich komplett in ihren Geschichten.


    Vor "Die Bücher, der Junge und die Nacht" hatte ich nur Fantasyromane von Kai Meyer gelesen, welche ich allesamt sehr gut fand. Dieser zeitgenössische Roman steht den anderen Werken in nichts nach und ist sehr gut gelungen.


    "So war es schon immer gewesen: Beim Anblick der Bücher neige ich dazu, jeden Gedanken an angemessene Vergütungen und gesicherten Lebensunterhalt zu vergessen".


    Dieses Zitat beschreibt das Buch in wenigen Worten: Es ist eine durchweg spannende, mysteriöse und wundervolle Liebeserklärung an die Bücher.

  • REZENSION – Schon in seinen eher für junge Leser verfassten Romanen vergangener Jahre hatte sich der vielfach prämierte Schriftsteller Kai Meyer (53) dem Thema der Bibliomanie, also der übersteigerten bis krankhaften Leidenschaft zum Sammeln von Büchern, sowie der Bibliomantik, mit Hilfe von Büchern magische Kräfte ausüben zu wollen, zugewandt. Doch während sich die Figuren des „Meisters der deutschen Phantastik“ in dessen Trilogie „Die Seiten der Welt“ (2014-2016) sowie im zweibändigen Roman „Die Spur der Bücher (2017/2018) noch in reinen Fantasy-Welten bewegten, ist Kai Meyers neuester Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“, im November 2022 beim Knaur Verlag erschienen, ganz anders konzipiert und allein schon deshalb lesenswert.

    Seine diesmal für erwachsene Leser geschriebene „Liebeserklärung an die Welt der Bücher“, wie es der Verlag im Klappentext ausdrückt, spielt im Gegensatz zu üblichen Fantasy-Romanen nicht in einer mittelalterlich anmutenden Märchenwelt, sondern die fiktive Handlung ist im durchaus realen Umfeld der historischen Bücherstadt Leipzig und dessen Graphischem Viertel verortet und in die Neuzeit der Jahre 1933, 1943 und 1971 verlegt. Gerade dieses Spannungsfeld zwischen einerseits absoluter Realität von Ort und Zeit und andererseits der eher mystisch als phantastisch wirkenden Handlung macht Meyers Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ auch für Nicht-Fantasy-Leser zu einer interessanten und spannenden Lektüre.

    Die Chronologie der Geschichte – in wechselnden Zeitsprüngen abschnittweise erzählt, ohne allerdings den Leser zu verwirren – beginnt 1933, dem Jahr der Machtergreifung der Nazis, im Graphischen Viertel der alten Bücherstadt Leipzig. Juliana Pallandt, Tochter des mächtigen Leipziger Verlegers Konrad Pallandt, mit dem der benachbarte Antiquar und Buchbinder Jakob Steinfeld verfeindet ist, bittet ausgerechnet ihn, das Manuskript eines von ihr verfassten Buches zu binden. Steinfeld lehnt zunächst ab, verliebt sich aber spontan in die junge Frau. Bald darauf ist Juliana verschwunden. Vierzig Jahre später bittet die Bibliothekarin Marie den mit ihr befreundeten Kollegen Robert Steinfeld, Jakobs Sohn, der allerdings seine Eltern nie kennenlernte, die Bibliothek des seit Kriegsende in München wirkenden und nun verstorbenen Verlegers Konrad Pallandt aufzulösen. Einige dort aufgefundene Bände aus der Leipziger Buchbinderei Steinfeld geben den beiden Experten allerdings Rätsel auf, weshalb das Paar den Spuren bis hin zu jenen unheilvollen Ereignissen der 1930er und 1940er Jahre in Leipzig nachgeht. Dabei stoßen sie auf das Mysterium des Buches „Das Alphabet des Schlafs“, dessen Geschichte eng mit Roberts eigener verknüpft ist, und des einzigen Exemplars eines angeblich magischen, vielleicht sogar teuflischen Buches mit dem Titel „Der König im Exil“, das einst im Besitz der Buchbinder-Loge der „Dreizehn Meister“ war.

    Kai Meyer versteht es ausgezeichnet, seine rein fiktive Geschichte um die bibliophilen Steinfelds, die Drucker- und Verlegerfamilie Pallandt sowie Pallandts geheimnisvollen Sekretär Flügelschlag und die historische Buchbinder-Loge im Umfeld des Graphischen Viertels so plastisch, in atmosphärischer Dichte packend und realitätsnah zu schildern, dass man versucht ist, im Internet Informationen über die „Dreizehn Meistern“ zu finden. So ist der Roman „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ einerseits eine spannend geschriebene Fiktion, wobei die Tragik des Geschehens hin und wieder humorvoll aufgelockert wird, andererseits aber auch ein interessantes Stück Zeitgeschichte über die Bücherstadt Leipzig während der Weimarer Republik und der Kriegsjahre bis hin zu jener Nacht am 4. Dezember 1943, in der 1 800 Menschen im Bombenhagel umkamen und das Graphische Viertel zerstört wurde. Zudem dürfte dieser Roman mit seinen Beschreibungen des Steinfeld'schen Antiquariats, des Handwerks der Buchbinder, der Pallandt'schen Bibliothek und den Bezügen zu Werken klassischer Literatur wohl jeden wahren Bücherfreund begeistern.

  • Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln ...


    Dieser interessante Roman spielt gekonnt auf mehreren Zeitebenen: vorwiegend 1933, 1943 und 1977.


    Zunächst lernt der Leser einen kleinen Jungen kennen, der in einer fensterlosen Bibliothek aufwächst kennen. Als 1943 Bomben auf Leipzig fallen, wird er von einem geheimnisvollen Mann aus dem brennenden Haus gerettet, für den er in Folge Bücher aus den Trümmern der zerstörten Städte Deutschlands retten muss.


    Dazwischen gibt es Rückblenden in das Jahr 1933 in dem Jakob Steinfeld ein kleines Antiquariat und eine Buchbinderei im Graphischen Viertel von Leipzig betreibt. Immer im bedrohlichen Schatten der reichen Verlegerfamilie Pallandt.


    Nahezu gleichzeitig begeben wir uns im Jahr 1977 mit Robert Steinfeld und seiner Freundin Marie auf Spurensuche nach Roberts Wurzeln. Steinfeld, wie unschwer zu erkennen ist, ist mit Jakob verwandt und Marie soll die gigantische Bibliothek der Pallandts nach dem Tod des Patriarchen verkaufen. Dafür müssen sie von München aus auf die Buchmesse nach Leipzig, in das Hinterland und nach einem Hinweis auch nach Wien.


    Meine Meinung:


    Kai Meyer ist wieder ein fesselnder Roman gelungen, der durch seine komplexe Handlung besticht.


    Was zu Beginn ein wenig verwirrend erscheint, erschließt sich den Lesern nach und nach. Doch der rote Faden sind zwei Bücher, denen die unterschiedlichen Protagonisten in jeder Zeitebene aus verschiedenen Gründen nachjagen.


    Ich habe recht schnell eine Idee gehabt, wie die Ereignisse zusammenhängen. Trotzdem hat mich der Beweggrund, warum der kleine Junge gefangen gehalten wurde doch ein wenig überrascht.


    Das Buch zieht seine Leser in einen Sog, der sie die Umwelt vergessen lassen und unbedingt weiterlesen wollen/müssen.


    Die historischen Ereignisse sind gekonnt in die Handlung eingeflossen.


    Fazit:


    Gerne gebe ich diesem fesselnden und komplexen Roman 5 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • In diesen Buch wird die Geschichte der Familie Pallandt und Steinfeld erzählt. Es erzählt aber auch zu der Liebe zu Büchern und hat einen Schuss Okkultismus. Es gibt keine Fantasy-Elemente.

    Robert soll mit Marie die Bibliothek von dem verstorbenen Verleger Pallandt auflösen. Dabei stößt er auf Hinweise zu seiner Familie. Die beiden versuchen die Geschichte seiner Eltern aufzulösen und reisen dafür durch Europa auf der Suche nach Zeitzeugen. In zwei weiteren Stränge erfahren wir von Ereignissen 1933 und ab 1943.

    Das Buch wird in 3 Zeitebenen in 3 Strängen erzählt, die sich zum Schluss zu einen Ganzen verbinden.

    Jeder Erzählstrang enthält mehrere Kapitel und ist anfangs mit der Zeit überschrieben. Die Personen und auch die Lokalitäten sind gut beschrieben. Man konnte sich richtig hineinversetzen.

    Das Buch ist flüssig geschrieben. Ich habe es regelrecht verschlungen. Ich fand auch gut, dass es nicht in Fantasy abgedriftet ist. Ein wenig Magie lässt sich verkraften.

    Mir hat es gut gefallen und ich vergebe volle 5 Sterne.

    Sub: 5537:twisted: (Start 2024: 5533)

    Gelesen 2024: 14 / 1 abgebrochen

    gelesen 2023: 55/ 2 abgebrochen / 26075 Seiten

    gelesen 2022: 65 / 26292 Seiten

    gelesen 2021: 94 / 1 abgebrochen / 35469 Seiten


    :montag: Anders Roslund - Engelsgabe

    :study: John Katzenbach - Der Wolf


    Lesen... das geht 1 bis 2 Jahre gut, aber dann ist man süchtig danach.

  • Zum Inhalt möchte ich nichts sagen, das haben andere schon genug und ausführlich.

    Diese Buch hat mich von Anfang an gepackt, mitgenommen auf eine Reise durch die Zeiten und der Abenteuer dieser Menschen.

    Einfach fantastisch was da an Kopfkino in meinem Kopf abging.

    Ich möchte nichts verraten.

    Innerhalb von drei Tagen habe ich das

    Buch gelesen. Das mag für den einen oder anderen nichts sein. Doch ich bin ein langsam Leser. Egal.

    Ich empfehle es jeden dieses Buch zu lesen, der Bücher liebt.

    Fantastisch 🖐🏼😎

  • Auf diesen Roman habe ich mich ganz besonders gefreut, denn ich habe nur Positives darüber gelesen. Bedauerlicherweise ist die Geschichte bei mir gar nicht gut angekommen. :-?


    Mit viel Freude zu lesen angefangen, doch die anfängliche Begeisterung war auch schnell vorbei. Die Geschichte bewegt sich nicht vom Fleck, so mein Empfinden. Mag vielleicht der falsche Zeitpunkt für mich sein. Doch auch Charaktere sprachen mich nicht an. Der Robert ist keine Handlungsperson, die einen mitnimmt oder überzeugt.


    Wenn der Vergangenheitsstrang noch mehr oder weniger interessant war, die Gegenwart gar nicht. Vielleicht wäre es noch fesselnder für mich, wenn die längeren Passagen mehr Tempo hätten. Es ist wie es ist, und ich kann es nicht ändern, der Roman hat mir nicht gefallen.

    Schade, ich hatte mehr erwartet. Von mir gibt es 2 Sterne.


    Und wenn ich alle Bücher, die ich von Kai Meyer gelesen habe, betrachte, so hat mich keins davon begeistert. Ich fand die alle höchst durchschnittlich.

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Ich habe mit Meyer schon höchst unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Von furchtbar bis total begeistert war alles dabei. Das Buch hier kenne ich allerdings noch nicht.