Annette Spratte - Die Tochter der Hungergräfin

  • Kurzmeinung

    Tine13
    Beeindruckendes historisches Frauenporträt mit einer gehörigen Portion Frauenpower
  • Kurzmeinung

    Chattys Buecherblog
    Ein toller historischer Roman, gespickt mit vielen Details.
  • Der hier vorgestellte historische Roman von Annette Spratte erschien am 1. November 2022 mit dem Titel "Die Tochter der Hungergräfin" im Francke Verlag.


    Allgemeines zur aktuellen Ausgabe:

    ISBN: 978-3963622823

    Sprache: Deutsch
    Ausgabe: Broschur mit 320 Seiten
    Preis: 16,95 €


    Klappentext:

    Die Grafschaft Sayn im Westerwald, Mitte des 17. Jahrhunderts: Behütet wächst Ernestine von Sayn und Wittgenstein hinter den schützenden Mauern des elterlichen Schlosses auf, bis das Schicksal ihr Leben auf den Kopf stellt. Mit dem Tod des jüngeren Bruders endet die männliche Erbfolge und ihre verwitwete Mutter, Gräfin Louise Juliane, sieht sich einer ganzen Reihe von Feinden gegenüber: Die mächtigen Kurfürsten von Köln und Trier erheben ebenso Anspruch auf die Grafschaft wie verschiedene Mitglieder der eigenen Familie. Gefangenschaft, Hunger und Flucht bestimmen plötzlich das Leben der Gräfinnen, bis sie einen sicheren Hafen erreichen. Von dort aus startet Louise Juliane einen beispiellosen Kampf um das Erbe ihrer Töchter, der bis in die höchsten Instanzen geht. Ernestine steht jedoch vor einer ganz anderen Frage: Wen wird sie gezwungen sein zu heiraten? Dieser Roman zeichnet das wahre Leben einer außergewöhnlichen Frau nach, deren beeindruckende Haltung auch heute noch zu inspirieren vermag.



    Mein Leseeindruck/Fazit:


    Der Kampf um Anerkennung


    Da ich bereits "Die Kannenbäckerin" von Annette Spratte gelesen, nein, geradezu verschlungen habe, war ich ziemlich gespannt, was sich unter diesem Roman nicht verbergen würde.

    In bildhaften Beschreibungen (z.B. wie ein Rest Schnee in einem Moosbett) treibt die Autorin den Prolog voran. Man spürt, dass etwas unbeschreibliches geschehen war: Der Erbgraf war im Alter von nur sieben Jahren gestorben. Was sollte nun aus allen werden? Denn von nun an gab es nur noch Frauen im Grafhaus zu Sayn.

    Der erste Abschnitt des historischen Roman spielt in der Zeit von Juli 1636 bis August 1637 und umfasst somit ein komplettes Jahr. Auffällig ist auch die stilvolle Zeichnung der Burg Freusburg zu Beginn des ersten Kapitels, der den reißerischen Namen "Verrat" trägt und eine Fortsetzung des Prologs ist. Mit einfühlenden Worten beschreibt die Autorin nun die Beisetzung ihres geliebten Sohnes, neben seinem Vater. Man spürt die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Kaum kommt die Familie etwas zur Ruhe, kommt die unausweichliche Nachricht, dass der Kurfürst von Köln die Grafschaft Sayn zum erloschenen Lehen erklärt und sie Franz Wilhelm von Wartenberg, dem Bischof von Osnabrück, übertragen hat.

    Der Roman wird aus Sicht von Ernestine Salentine, Tochter von Ernst Salentin geschildert.
    Man erlebt die Ängste und Sorgen der Damen, hofft und bangt mit ihnen.

    Wer historische Romane mag, wird hierin eine ansprechende Lektüre finden.


    Meine Bewertung: ⭐⭐⭐⭐⭐

  • Niemals aufgeben


    Mitte 17. Jahrhundert, nach dem Tod ihres jüngeren Bruders Ludwig von Sayn und Wittgenstein, dem Erben der Grafschaft, stehen die Schwestern Ernestine, Nannette und ihre Mutter, die Gräfin, vor einem ernsten Problem. Wie die Hyänen stürzt sich die männliche Verwandtschaft auf ihr Erbe, selbst zwei Bischöfe erheben Ansprüche und versuchen die Frauen zu vertreiben. Doch Gräfin Luise Juliane lässt sich nicht so leicht einschüchtern und kämpft verbittert um ihre Grafschaft und das Erbe ihrer Töchter. Besonders für die verwöhnte Ernestine brechen harte Zeiten an, aber langsam versteht die immer mehr die edlen Beweggründe ihrer Mutter, denn diese kämpft für ihr Recht, den Frieden und um eine bessere Zukunft für alle.


    Erzählt wird der historische Roman „Die Tochter der Hungergräfin”, von Autorin Annette Spratte aus der Sicht von Ernestine von Sayn und Wittgenstein, die mit 10 Jahren ihren Bruder Ludwig verliert. Damals eine ziemliche Tragödie, wenn "Frau" in einer von Männern regierten Welt lebt. Obendrein herrscht überall im Reich auch Hunger und Not, denn es ist die Zeit des 30-jährigen Kriegs. Durch das Vorbild ihrer Mutter und einschneidende Erlebnisse verwandelt sich die verwöhnte Jung-Gräfin, in eine mitfühlende und verantwortungsvolle junge Frau. Es gelingt der Autorin sehr anschaulich, diese Verwandlung heraufzubeschwören. Trotz der etwas verwirrenden Verwandtschaftsverhältnisse, Örtlichkeiten und Begehrlichkeiten bleibt die Geschichte überschaubar und wirkt gut recherchiert.


    Mein Fazit:

    Gelungenes Frauenporträt in einer bewegten Zeit, es zeugt von Mut, Beharrlichkeit und einem konsequenten Bestreben nach Selbstbestimmung.

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  • Der Mutigen gehört die Welt...

    17. Jh. Westerwald. Ernestine von Sayn und Wittgenstein verlebt eine behütete Kindheit auf der elterlichen Burg Freusburg, bis ihr jüngerer Bruder und einzige Erbe des Titels und der Grafschaft stirbt. Gemeinsam mit ihrer verwitweten Mutter, Gräfin Louise Juliane, muss sich Ernestine nun so manch mächtigen Gegner entgegenstellen, die alle nur eines im Sinne haben, ihnen den Anspruch auf die Grafschaft streitig zu machen. Dabei ist es nicht nur die eigene Verwandtschaft, auch andere Kurfürsten haben es auf den Landstrich abgesehen und glauben sich den Frauen überlegen. Gräfin Louise und Ernestine sehen sich großen Herausforderungen gegenüber, die ihnen nicht nur Hunger, Gefangenschaft und Flucht mit unvorhersehbarem Ausgang bescheren…


    Annette Spratte hat mit „Die Tochter der Hungergräfin“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der sich am wahren Leben der Gräfin Louise Juliane orientiert und Realität mit Fiktion wunderbar zu vermischen weiß. Der flüssige und bildgewaltige Erzählstil lässt den Leser mit den ersten Zeilen eine Reise in die Vergangenheit antreten, wo er für die Jahre von 1636 bis 1652 an Ernestines Seite steht, die die Erlebnisse dieser Zeit aus ihrer Sicht schildert und dem Leser so auch einen guten Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt gewährt. Spratte hat gut recherchiert und verbindet den historischen Hintergrund hervorragend mit dem Leben der beiden Gräfinnen von Sayn und Wittgenstein und deren Kampf um ihr Erbe sich während des 30-jährigen Kriegs abspielte. Sowohl die Flucht der Familie auf die Hachenburg als auch das gewaltsame Aushungern sind ebenso bildhaft beschrieben wie die damaligen Lebensverhältnisse, die der Leser während der Lektüre lebendig vor Augen hat. Ernestine, die bis zum Tod ihres Bruders ein beschauliches Leben geführt hat, muss sich völlig neu orientieren und schnell erwachsen werden in diesen gefährlichen Zeiten, in der auch die Rolle der Frau als Ehefrau und das Führen des Haushaltes begrenzt zu sein scheint. Spratte gelingt es, ihre Handlung spannend und unvorhersehbar zu gestalten und ihre Hauptcharaktere als starke Persönlichkeiten darzustellen. Dem Leser wird nicht nur Einblick in eine vergangene Zeit gestattet, sondern während der Lektüre auch ein tolles Kopfkino spendiert.


    Die Charaktere sind lebendig und glaubwürdig ausgestaltet und in Szene gesetzt. Der Leser fühlt sich ihnen schnell verbunden und folgt ihnen auf Schritt und Tritt, um ihr Schicksal hautnah mitzuerleben. Louise Juliane ist eine starke und mutige Frau, die sich nicht unterkriegen lässt, einen festen Glauben hat und sich ihrer Verantwortung für ihre Familie und ihrer Untertanen voll bewusst ist. Sie lässt sich nicht bevormunden und besitzt genügend Hartnäckigkeit, ihr Vorhaben nie aus den Augen zu lassen. Ernestine wirkt zu Beginn verwöhnt, die Ereignisse lassen sie schnell reifen und zu einer großen Stütze ihrer Mutter werden. Aber auch Ernestines kleine Schwester Johannette sowie weitere Protagonisten bereichern die Handlung mit ihren Episoden.


    „Die Tochter der Hungergräfin“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman vor dem Hintergrund des 30-jährigen Krieges, der neben einem spannenden Erbstreit vor allem zwei starke Frauenrollen präsentiert, die ihren Mut, ihre Menschlichkeit und ihr Geschick trotz gefährlicher Widerstände nie verloren haben. Absolute Leseempfehlung für alle Geschichtsliebhaber!


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    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Adeliges Frauenleben während des Dreißigjährigene Krieges


    Dieser historische Roman basiert auf der wahren Geschichte der Gräfin Louise Juliane von Sayn und Wittgenstein, die zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges gelebt hat. Als ihr Sohn, der Erbgraf, im Alter von nur 7 Jahren stirbt, erlischt die männliche Linie. Die Gräfin und ihre beiden Töchter Ernestine und Johannette sehen sich vielen Feinden gegenüber. Alle, egal ob Verwandtschaft oder die Kurfürsten, strecken gierig ihre Hände nach der Grafschaft aus.

    Selbst ein Bischof versucht, um die Grafschaft unter seine Regentschaft zu bringen, die Gräfin und ihre Töchter auf deren Schloss zu belagern und auszuhungern.


    Die Flucht gelingt und dann beginnt ein zermürbender juristischer Kampf umd das Erbe ihrer Töchter. Ein Bischof versucht sogar sie auf ihrem Schloss auszuhungern und bald befindet sich die Gräfin mit ihren Töchtern auf der Flucht. Als sie endlich einen sicheren Ort gefunden haben, beginnt die Gräfin einen beispiellosen Kampf um das Erbe ihrer Töchter.


    Meine Meinung:


    Das Buch wird aus der Sicht von Ernestine, der ältesten Tochter der Gräfin, erzählt.

    In vier Teilen wird die Geschichte, die zwischen 1636 und 1652 spielt, erzählt. Der Roman zeigt deutlich, wie gering Frauen und Töchter geschätzt wurden und wie leicht es in dieser von Männern dominierten Männer war, rechtmäßige Ansprüche durch Waffengewalt zu unterlaufen. Auch die Kirche hat da ihre Finger im Spiel und ist um kein Jota besser als die anderen Herrscher.


    Autorin Annette Spratte hat penibel recherchiert und zahlreich Dokumenten aus diversen Staats- und Landesarchiven eingesehen.


    Im Epilog werden die nachfolgenden Lebensjahre der drei Frauen kurz angerissen.


    Fazit:


    Eine gelungener historischer Roman rund um eine kämpferische Frau. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)

  • Aufbegehren gegen die Dominanz der Fürsten

    Gräfin Louise Juliane von Sayn und Wittgenstein musste im 17. Jahrhundert zwei schwere Schicksalsschläge ertragen, zunächst starb ihr Mann, dann auch noch der Erbprinz Ludwig. Zwar hat der Graf verfügt, dass in diesem Falle seine beiden Töchter Ernestine und Johannette in die Erbfolge treten, aber dies wird nicht akzeptiert. Es beginnt ein auszehrender Kampf um die Grafschaft. Verschiedene Fürsten und Bischöfe versuchen, die Region an sich zu reißen, jedes Mittel ist ihnen recht.

    Aber Louise Juliane verliert nicht ihren Stolz und kämpft weiter für die Rechte ihrer Familie. Sogar als man versucht, die Familie und den Hofstaat auszuhungern, verliert sie nicht den Mut, obwohl selbst ihre beiden Töchter große Not leiden. Sie organisiert eine gewagte Flucht und kämpft weiter....

    Für mich ist dieser historische Roman besonders interessant, weil die besagte Region in nächster Nachbarschaft zu uns liegt. Aber über die Geschichte habe ich bislang kaum etwas erfahren. Ich wurde auf das Buch aufmerksam, als ich direkt vorne auf einer der ersten Seiten ein Bild der erhabenen und beeindruckenden Freusburg sah, die auch zu den Besitztümern gehörte und mittlerweile als Jugendherberge ausgebaut wurde. Wenn man dort droben auf den Felsen in dem dicken Gemäuer schon mal übernachtet hat, kann man sich die Situation noch besser vorstellen.

    Ich finde den Roman atmosphärisch etwas düster, aber das passt hervorragend in die Zeit des 30-jährigen Krieges, als überall um die Besitztümer gekämpft wurde, die einfachen Leute die unschuldigen Leidtragenden waren und es überall Gemetzel, Hunger und Not gab.

    Der Roman wird erzählt aus Sicht der älteren Tochter Ernestine, die zunächst sehr unsympathisch wirkt, sehr verwöhnt, egoistisch und auf die Untergebenen herabblickend, was besonders ihre erste Zofe zu spüren bekommt. Doch nach und nach muss sie immer mehr Verantwortung übernehmen und findet Zugang zu den Gefühlen ihrer Untertanen. Diese Entwicklung und die Auslöser dafür hat die Autorin eingehend geschildert.

    Auf der anderen Seite empfindet man auch Mitleid mit ihr, denn sie kann ihre Rolle nicht verlassen und muss sich ihrer starken Mutter fügen, die ihr sogar den Ehemann vorschreiben will, um die Grafschaft zu halten. Hier zeigt sich die unausweichliche Ohnmacht der Frauen der damaligen Zeit, die ihr Leben lang in Abhängigkeit blieben, denn sie durften ja keine Berufe ergreifen, sondern waren nur Spielbälle und Unterstützer für die Familie. Die Autorin hat diesen Zusammenhang sehr treffend beschrieben.

    Louise Juliane ist hier die große Ausnahme, aber auch sie muss sich einiges gefallen lassen und wird oft nicht ernst genommen. Trotzdem hat sie die Schicksale ihrer Töchter positiv geprägt, auch wenn sie manchmal wie eine erbarmungslose Mutter erscheint.

    Der Schreibstil der Autorin hat mir gefallen, auch wenn manche Passagen etwas langatmig waren. Ich habe das Buch gern gelesen und historisch einiges über unsere 'Nachbarschaft' hinzugelernt.

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  • Interessante Romanbiographie von der Tochter der Hungergräfin

    Das Buchcover gefällt mir sehr gut und der Buchtitel hat mein Interesse geweckt. Es geht um die Gräfin Louise Sayn-Wittgenstein, die Hungergräfin genannt, die im Westerwald während des 30 jährigen Krieges gelebt hat. Als der Erbgraf Ludwig stirbt und nur noch die Töchter Ernestine und Nanni übrig sind, die per Testament die zukünftigen Gräfinnen sein werden, beginnt der Kampf um die Grafschaft. Annette Spratte erzählt diese Geschichte aus der Sicht der ältesten Tochter Ernestine in der Ich-Form. So wird die Hungergräfin als Kämpferin beschrieben, die vom Volk geliebt wurde.

    Mir gefällt der Schreibstil von Annette Spratte und ich habe das Buch innerhalb weniger Tage gelesen. Ein Personenregister mit kurzen Erläuterungen der realen Personen wäre hilfreich gewesen.

    Eine klare Kauf- und Leseempfehlung für alle Fans von historischen Romanen, die sich für den Westerwald interessieren.

  • Hachenburg und seine Hungergräfin

    Dies ist mein erstes Buch von Annette Spratte und es hat mir sehr gut gefallen. Es geht um die verwitwete Gräfin Louise Sayn-Wittgenstein, die nach dem Tod ihres Sohnes Ludwig, die Grafschaft ihren beiden Töchter sichern möchte. Per Testament hat dies ihr verstorbener Ehemann zwar festgelegt, doch seine Halbbrüder scheren sich nicht darum und in den Wirren des 30 jährigen Krieges besetzen sie einfach diese Grafschaft. Da Louise sich weigert, Hachenburg zu verlassen, wird die Burg belagert und die Burginsassen sollen ausgehungert werden. Diese Geschichte um die Hungergräfin Louise und ihren Töchtern, die sich der männlichen Willkür widersetzen, bot mir nicht nur sehr interessante historische Fakten, sie hat mich außerdem auch gut unterhalten.

    Fazit:

    Dies ist eine in großen Teilen flüssig lesbare historische Romanbiographie aus einer Zeit, in der Frauen eine untergeordnete Rolle spielen und es selbstverständlich war, wenn diese benachteiligt wurden.