Mein Lese-Oktober
war wieder recht recht gemischt. Ich hatte einiges um die Ohren und war unterwegs. Aber ich hatte wieder Glück: da waren Romane dabei, die mir sehr gut gefallen haben und die sich mir eingeprägt haben.
279. Gitta Edelmann, Der verschwundene Gärtner. Band 1 der Serie McTavish & Scott. 1,5
Sprecherin: Bettina Storm.
Die Sprecherin hat eine angenehme und klare Stimme, sie macht ihre Sache tadellos. Aber einem nackten Mann kann man bekanntlich nicht in die Tasche greifen: der Krimi wird durch die Sprecherin nicht besser. Er bleibt geschwätzig, trivial und hat zu viele unglaubwürdige Elemente. Und das ständige modische „nicht wirklich“ hat nur noch genervt.
280. Ann-Helén Laestadius, Das Leuchten der Rentiere. 5
Mein Lese-Eindruck steht hier
Der Roman entführt in die heutige Welt der Samen, ohne jede idyllisierende Naturschwärmerei. "Samisch zu sein bedeutete, seine Geschichte in sich zu tragen, als Kind vor dem schweren Rucksack zu stehen und sich zu entscheiden, ihn zu schultern oder nicht" (S. 190).
281. Leigh Bardugo, Die Sprache der Dornen. 4
Ein Sammelband von märchenhaften Geschichten, die in anderen Werken bereits veröffentlicht wurden.
Bardugo bedient sich aus dem Motivschatz der Volks- und Kunstmärchen, deren Elemente sie neu zusammensetzt. Vor allem der Schluss ist es, der in einen neuen Kontext gesetzt wird und der damit der Geschichte eine völlig andere, aber immer stimmige Stoßrichtung gibt.
282. Fernando Aramburu, Die Mauersegler. 5
Ein zweites Monats-Highlight!
Tagebuch eines miesepetrigen und anfangs recht oberflächlichen Misanthropen - aber wie Aramburu das erzählt, meisterhaft!
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283. Hervè Le Tellier, Ich verliebe mich so leicht. 4,5
Im Unterschied zu den anderen Rezensentinnen hat mir die Geschichte sehr gut gefallen.
Ein kleiner Roman um einen "amourösen Schiffbruch", und im Mittelpunkt steht ein ältlicher und hormongebeutelter Mann, mit dem man sich nicht identifizieren kann und und auch nicht soll.
Aber wunderbar spritzig und bissig erzählt.
284. Ralf Rothmann, Die Nacht unterm Schnee. Sprecher: Nina Petri und Markus Hoffmann. 5
Rothmann erzählt die Geschichte einer Frau, seiner Mutter, deren Jugend von Gewalt, harter Arbeit, Hunger und Lieblosigkeit geprägt war. Wie Rothmann sich mit Hilfe der Sprache von seiner Mutter befreit, wie er ihre Ausschweifungen, ihren nicht zu stillenden Lebenshunger, ihre Verlogenheit und vor allem ihre Gewalttätigkeit den Kindern gegenüber aus ihren Kriegs- und Fluchterlebnissen heraus erklärt – das ist ein ganz besonderes Lese“vergnügen“.
285. Neil Richards/Matthew Costello, Tödliche Fracht. Reihe Mydworth. Ein Fall für Lord und Lady Mortimer.
Ich fand den Inhalt zu banal und geschwätzig, und die Sprecherin hat mich auch geärgert, wenn sie das falsche Wort im Satz betont und damit den Sinn verändert. Dass sie nicht „Tenòr“ und „Tènor“ unterscheiden kann, ist auch kein Pluspunkt.
286. John Galsworthy, Das Herrenhaus. 4
Ein Roman, der erst nach und nach seinen Biss entfaltet. Der Autor kritisiert nicht nur die herrschende Rechtssituation bei Ehescheidungen, sondern er hält der britischen Oberschicht, der er selber angehört, einen Spiegel vor und kritisiert ihre Rückwärtsgewandtheit, ihre Borniertheit und ihr Schmarotzertum.
„Die meisten füllten ihr Dasein damit aus, dass sie Pferde laufen ließen, Füchse jagten oder auch Vögel schossen. Von einigen individuell Veranlagten wusste man, dass sie Klavier spielten und zum Katholizismus übergetreten waren.“
Über den Pfarrer heißt es:
„Seine Persönlichkeit, der es an Selbstvertrauen nie gemangelt hatte, war durch diesen günstigen Umstand nur noch gefestigt worden und sie schützte ihn vor der Notwendigkeit der Selbstbeobachtung und geistigen Ringens, mit der seine Mitmenschen sich abzufinden hatten.“
287. Monique Roffey, Die Meerjungfrau von Black Conch. 5
Märchenhafte Erzählung mit Schwarz-Weiß Zeichnungen der Charaktere, aber trotzdem sehr ansprechend umgesetzt.
288. Claire Heywood, Wir Töchter von Sparta. 2
Nebenfiguren eine Stimme zu geben – das ist eine beliebte Technik im Creative Writing und kann zu originellen Ergebnissen führen. Nichts spricht dagegen, Homers Epos abzuändern und/oder neue Schwerpunkte zu setzen. Entscheidend ist halt, dass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt, und das ist hier nicht der Fall. Zu viele Leerstellen bleiben offen.
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289. Tanya Pyankova, Das Zeitalter der Roten Ameisen. 4
In drei Erzählstimmen erzählt die Autorin über den sog. Holodomor, den Völkermord durch Aushungern in der Ukraine in den 30er Jahren. Ich habe die aktuellen Ereignisse besser verstehen können durch diesen Blick in die Geschichte.
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290. Romy Fölck, Die Rückkehr der Kraniche. 2
“Der Wind spielte in den wehenden Schilfrohrhalmen an der Wasserkante ein uraltes Lied, eine sehnsuchtsvolle Melodie, die vom Zauber der unangetasteten Natur erzählt.“ (S. 7)
Oh je...
„Grete hatte interveniert und ... die Tradition der Hansens gerettet“ (S. 28). Was ist das für eine Tradition, Teewasser auf einem Holzofen zu kochen und nicht auf einem Elektroherd? Schmeckt der Tee dann besser?
Ich habe bis zur Hälfte gelesen und dann querbeet. Mir hat es nicht gefallen.
291. Neil Richards/Matthew Costello, Spur nach London. Reihe Mydworth. Ein Fall für Lord und Lady Mortimer. 2,5
Harmloser Krimi, der alle Klischees bedient, mit einem Ermittlerpaar, das einen neckischen Umgang miteinander pflegt und immer, wenn es eng wird, die richtigen Leute und Gegenstände zur Hand hat.