Margaretha Kopeinig - Vertrauen. Wie die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft der Pandemie begegnen

  • Die Journalistin Margaretha Kopeinig hat sich eines kontroversiellen Themas angenommen: Wie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft der Pandemie begegnen bzw. begegnet sind.


    In drei Kapiteln erläutern anerkannte Fachleute aus Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft, wie sie gemeinsam mit dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig und seinem Krisenstab den durchaus umstrittenen Weg der strengeren Maßnahmen für Wien ein- und durchgesetzt haben.


    • Brennglas Pandemie
    • Skepsis versus Wissen
    • Folgen und Konsequenzen


    Es scheint, als ginge das Vertrauen in die Politik Österreichs jeden Tag ein bisschen mehr verloren. Man kann es Teilen der Bevölkerung deswegen nicht einmal verdenken. Der Zick-Zack-Kurs während der Pandemie, die Skandale in der türkis/blauen Regierung und deren Auswirkungen in die nunmehrige schwarz/grüne lassen viele Menschen enttäuscht und verdrossen zurück.


    Was allerdings Sorge macht, sind die militanten Impfgegner, unter die sich rechtsradikal denkende Menschen mischen. Diese Minderheit hetzt die Verunsicherten gegen Wissenschaftler auf.

    Ich wurde auch von einem solchen Kollegen über die Gefahr des „Chippens“ bei der Impfung „aufgeklärt“. Als ich ihm erklärt habe, das würde mich des mühsamen Merkens der diversen Passwörter entledigen, und daher sogar wünschenswert, ist ihm der Mund offen geblieben.


    In ihrem Buch hat sich die Autorin nun mit zahlreichen Personen aus Politik, Medizin, Wissenschaft und Wirtschaft, wie es dem Wiener Bürgermeister Michael Ludwig gelungen ist, das Vertrauen in ihn und seine Experten zu behalten und sogar auszubauen. Ludwig setzt auf Transparenz und eine gerade Linie. Er hört auf Experten aus der Medizin und auf die Sozialpartner in der Wirtschaft. Dass dabei auch heftig diskutiert wird, weil nicht alle der gleichen Meinung sind, ist klar und wird offen kommuniziert.


    Interessanterweise hat sich Ludwig während der Pandemie keine Sorgen um eine mögliche Wiederwahl gemacht wie so mancher Landeshauptmann in den Bundesländern. Da sind ist der eine oder andere vor der (Tourismus)Wirtschaft eingeknickt, während Ludwig standhaft geblieben ist und die ziemlich unpopuläre Verlängerung des Lockdowns vor Weihnachten 2021 in Wien durchgesetzt hat. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben Ludwig und sein Expertenteam immer die Gesamtheit im Blick. D.h. Maßnahmen, um die Spitäler (in denen sich nicht nur Kranke aus Wien befinden) vor dem Kollaps zu retten, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten und die Schulen so lange wie möglich offen zu halten. Nicht immer ist alles perfekt gelungen. Doch der größte Coup gegen das Virus ist in Wien mit dem Programm „alles gurgelt“ gelungen.


    Primaria Dr. Barbara Maier, die Gynäkologin, die hier im Buch zu Wort kommt spricht mir aus der Seele, wenn sie sagt:


    „Ich war immer tolerant, habe mich bemüht humanistisch zu reagieren. Ich ändere jetzt gerade meinen Toleranzbegriff: Keine Toleranz mehr für Intolerante. Ich möchte diese Egomanie nicht mehr tolerieren, die Haltung: Ich will alles, aber ich gebe nichts, ich brauche mich nicht Solidarität kümmern, ich brauche nichts für die Gemeinschaft zu tun.“


    Maske aufsetzen in öffentlichen Verkehrsmitteln und wenn wo sonst der Abstand zu anderen nicht gewährleistet werden kann, ist wohl das gelindeste Mittel.


    Ob es gelingen wird, das verlorene und leichtfertig verspielte Vertrauen in die Politik zurück zu gewinnen? Ansätze gibt es, aber es ist fraglich, ob die ausreichen.


    Fazit:


    Ein Buch das nachdenklich macht und dem ich gerne 5 Sterne gebe.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)