Celeste Ng - Unsre verschwundenen Herzen / Our Missing Hearts

  • Kurzmeinung

    Marie
    Berührende und spannende Dystopie
  • Kurzmeinung

    easymarkt3
    Ein berührendes Familiendrama .......
  • Ein Brief seiner Mutter bringt den zwölfjährigen Noah dazu, einiges in seinem Leben zu hinterfragen. Warum ist seine Mutter vor drei Jahren aus seinem Leben verschwunden und warum hat sich sein Vater so verändert? Nach Unruhen wurde in Amerika ein Gesetz erlassen, das wieder Sicherheit und Stabilität bringen sollte. Doch PACT sorgt für Misstrauen und Unterdrückung. Noah, der früher Bird genannt wurde, macht sich auf die Suche nach seiner Mutter.


    Diese Dystopie zeigt ein Szenario auf, welches nicht unrealistisch erscheint. Die Geschichte spielt in einem Amerika in naher Zukunft. Wenn etwas nicht richtig läuft, ist man geneigt, einen Schuldigen zu finden. Hier sind es nicht Menschen, denen man unamerikanisches Gedankengut und unpatriotisches Verhalten unterstellt, allen voran den asiatisch-stämmigen Menschen. Kinder werden aus angeblich unpatriotischen Familien genommen, Bücher werden zensiert und verbrannt, Denunziantentum wird gefördert. Alles schon mal dagewesen.


    Margaret Miu, Birds Mutter, ist drei Jahre zuvor verschwunden. Noah lebt mit seinem Vater beengt und zurückgezogen. Da über die Mutter nicht mehr geredet werden darf, erinnert sich Bird kaum noch. Doch der Brief seiner Mutter und seine Nachforschungen holen viele Erinnerungen hoch. Er will wissen, warum sie ihn verlassen hat. Dabei entdeckt er, dass es im Geheimen Widerstand gibt. Ich konnte mich in Bird hineinfühlen, aber auch das Verhalten seines Vaters konnte ich nachvollziehen, auch wenn ich mir ein wenig mehr Courage gewünscht hätte.


    Es ist eine Geschichte, die unter die Haut geht. Dabei hätten die Emotionen ruhig noch deutlicher dargestellt werden können. Dafür war die bedrückende und bedrohliche Atmosphäre in diesem tyrannischen Überwachungsstaat gut dargestellt


    Eine spannende und bedrückende, aber auch berührende Geschichte.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Celeste NG - Unsre verschwundenen Herzen“ zu „Celeste Ng - Unsre verschwundenen Herzen / Our Missing Hearts“ geändert.
  • Amerikanische Werte über alles

    Die USA in nicht allzu ferner Zukunft: die Nationalisten haben endgültig das Ruder übernommen. Wichtigstes Gesetz im Land ist PACT, Preserving American Culture and Traditions, mit dem der hohe Stellenwert amerikanischer Werte und Traditionen über alles gestellt wird. Xenophobie gehört zur Tagesordnung, vor allem Chinesen und chinesischstämmige Amerikaner sind die Hassobjekte der Bevölkerung. Einen Chinesen auf offener Straße ohne Anlass zu verprügeln, gehört zur Tagesordnung und wird nicht geahndet. Wie konnte es so weit kommen? Vor Jahren wurden die USA von einer heftigen Krise gebeutelt. Die Menschen verloren ihre Arbeitsplätze und konnten sich Miete und Lebensmittel nicht mehr leisten. Als Grund dafür wurde die florierende Wirtschaft Chinas ausgemacht, die die amerikanische Wirtschaft zerstörte. Unamerikanische Einflüsse sollten ausgemerzt werden, unter anderem durch die Verbannung von Büchern. Familien, in denen nach Ansicht der Behörden die Kinder einem unamerikanischen Einfluss ausgesetzt sind, werden die Kinder weggenommen und in Pflegefamilien gesteckt.


    Auch der 9jährige Bird läuft Gefahr, aus seiner Familie weggeholt zu werden. Seine chinesischstämmige Mutter hat vor Jahren einen Gedichtband veröffentlicht, aus dem eine Zeile zum Slogan der PACT-Gegnern wurde. Margaret Miu, die sich nie etwas hat zuschulden kommen lassen, gilt fortan als Rebellin. Um ihren Sohn nicht in Gefahr zu bringen, verlässt Margaret die Familie und lebt im Untergrund, wo sie nach allem, was ihr passiert ist, tatsächlich damit beginnt, gegen PACT zu kämpfen.


    Nach Jahren ohne seine Mutter erhält Bird ein Lebenszeichen von ihr und beschließt, sie zu suchen.


    Bis zu diesem Punkt im Buch fand ich die Geschichte spannend und nachvollziehbar. Doch dann folgt ein fürchterlich zäher, mit Metaphern überfrachteter Mittelteil, in der in äußerst poetischer Sprache, die oft schon die Schwelle zum Kitsch überschreitet, zwar die Zusammenhänge klarer werden, jedoch nicht sehr viel passiert. Ohne zu viel von der Handlung preiszugeben, kann ich nur sagen, dass das Ende des Buchs für mich keinen Sinn ergibt. So kann zum Beispiel eine Person in diesem Land, in dem jeder jeden bespitzelt, unbehelligt und unbeobachtet in einer auffälligen Limousine durch die Gegend fahren, ohne von irgendwelchen Verkehrsüberwachungskameras erfasst zu werden.


    Die Idee für dieses Buch gefällt mir gut, zumal es ja genügend Beispiele auf der ganzen Welt gibt, in denen Kinder aus religiösen oder ideologischen Gründen ihren Familien weggenommen wurden. Doch die Umsetzung lässt meiner Meinung nach zu wünschen übrig. Die ersten beiden Bücher der Autorin haben mich begeistert und meine Erwartungshaltung war dementsprechend hoch. Leider fand ich dieses Buch jedoch ziemlich enttäuschend. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Autorin: Celeste Ng
    Titel: Unsre verschwundenen Herzen

    Seiten: 400

    ISBN: 978-3-423-29035-7

    Verlag: dtv

    Übersetzung: Brigitte Jakobeit


    Autorin:

    Celeste Ng wurde 1980 in Pittsburgh geboren und ist eine US-amerikanische Schriftstellerin. Zunächst studierte sie Englisch und Kreatives Schreiben in Harvard und Michigan und gewann für eine Kurzgeschichte den Hopwood Award, sowie den Pushcart Prize, 2012. Ihr erster Roman erschien 2014, 2020 eine Miniserie basierend auf ihrem zweiten Werk, welches 2017 veröffentlicht wurde. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Cambridge.


    Inhalt:

    Der zwölfjährige Bird lebt mit seinem Vater in Harvard. Seit einem Jahrzehnt wird ihr Leben von Gesetzen bestimmt, die nach Jahren der wirtschaftlichen Instabilität und Gewalt die »amerikanische Kultur« bewahren sollen. Vor allem asiatisch aussehende Menschen werden diskriminiert, ihre Kinder zur Adoption freigegeben.


    Als Bird einen Brief von seiner Mutter erhält, macht er sich auf die Suche. Er muss verstehen, warum sie ihn verlassen hat. Seine Reise führt ihn zu den Geschichten seiner Kindheit, in Büchereien, die der Hort des Widerstands sind, und zu seiner Mutter. Die Hoffnung auf ein besseres Leben scheint möglich. Eine genauso spannende wie berührende Geschichte über die Liebe in einer von Angst zerfressenen Welt. (Inhaltsangabe lt. Verlag)


    Rezension:

    Wenn es ein dystopischer Roman geschafft hat, mich in seinem Bann zu ziehen, ist es die Erzählung "Unsre verschwundenen Herzen" aus der Feder der amerikanischen Schriftstellerin Celeste Ng, gerade weil sie zahlreiche Parallelen zu Geschehnissen rund um den Globus aufweist, die bereits in Ansätzen brutale Realität geworden sind.


    Ein Jahrzehnt nach einer die Wirtschaft erschütternden Krisensituation haben die Vereinigten Staaten ihr weltoffenes Gesicht gewandelt. Ein, abweichende Meinung unterdrückendes Land steht nun an dessen Stelle und es sind vor allem Menschen mit asiatischen Hintergrund, die für die wirtschaftlichen Spannungen verantwortlich gemacht und nun mit allen politischen Mitteln ausgegrenzt werden.


    Schon ein von der Mehrheit abweichendes Aussehen reicht, um in Verdacht zu geraten, Aufrührer zu sein. Menschen verschwinden, nicht zuletzt Kinder werden von ihren Eltern getrennt. In dieser Welt nun wächst Bird auf, der zusammen mit seinem Vater auf dem Gelände des Harvard-campus lebt.


    Der arbeitet in der dortigen Bibliothek und schärft seinem Sohn ein, nur ja nicht aufzufallen, denn auch Bird hat das asiatische Aussehen seiner Mutter geerbt, die kurz nach Beginn der Wirtschaftskrise die Familie verließ, um ihn zu schützen. Doch dem Jungen begegnen im Laufe der Zeit nicht nur eine Geschichte aus seiner frühen Kindheit, so dass dieser sich auf eine Suche begibt, die einem Lauf auf einem Drahtseil gleicht. Wohin wird sie führen?


    Zitat

    Allmählich verstand sie, wie es ablief. Man sagte etwas, und jemanden gefiel es nicht. Man tat etwas, und jemanden gefiel es nicht, aber vielleicht tat man auch nichts, und jemanden gefiel auch das nicht.


    Dies ist das Grundgerüst der Geschichte, die zunächst etwas sperrig, fast unnahbar daherkommt und dann doch schnell zu fassen ist. Düster die Tonalität schon zu Beginn sehen wir ein Szenario, welches in Ansätzen bereits Wirklichkeit ist. Parallelen etwa zu Trumps Trennung von Eltern und Kindern, die illegal über die mexikanisch-amerikanische Grenze geflüchtet waren und dann aufgegriffen wurden, sind nicht rein zufällig. Auch anderswo auf der Welt passiert ähnliches.


    So ist die Geschichte, die einen Zeitraum von wenigen Tagen umfasst, mit Rückblenden in die Vergangenheit, sehr greifbar. Tragende Hauptfigur ist der junge Protagonist, der zwischen den Stühlen der Erwachsenen steht, und nicht zuletzt seine eigene Geschichte verstehen möchte. Die Gegenseite bleibt dabei unscharf. Ein Nebel, der nicht zu fassen ist. Eine stets präsente Bedrohung, die kein Gesicht braucht, nur durch brutale Konsequenzen definiert wird.


    Zitat

    Da war etwas. Man hatte etwas getan, man hatte etwas gesagt, man hatte nichts getan, man hatte nichts gesagt.


    Der Handlungsstrang wird dominiert durch den Blickpunkt des Protagonisten, während in Rückblicken die Perspektiven anderer Figuren dominieren. Erst daraus ergibt sich das Gesamtbild, welches in sich schlüssig erzählt wird.


    Trotz der ruhigen Erzählweise gelingt es der Autorin ein interessanteres, da noch mehr zur Realität möglich werdendes Szenario aufzubauen, als zum Beispiel Margaret Atwood oder etwa, im Jugendbuch-Bereich, Suzanne Collins. Dabei passiert, über die Zeilen gepeilt, eigentlich nicht viel. Celeste Ng versteht es jedoch, Nadelstiche an der richtigen Stelle zu setzen, die es einem kalt über den Rücken laufen lassen. Auch funktioniert hier das Stilmittel des halboffenen Endes, ohne so zu wirken, als wüsste die Autorin sonst nicht, wie sie die Handlungsstränge hätte auslaufen lassen sollen.


    Zitat

    Wahrscheinlich ist gar nichts, aber -

    Ich dachte nur, ich sollte etwas sagen, falls -

    Natürlich, ich bin sicher, dass alles in Ordnung ist aber -

    Dann tauchten überall in der Stadt die ersten Plakate auf. Im ganzen Land.

    Vereinte Nachbarn sind friedliche Nachbarn, wir passen aufeinander auf.


    Diese Dystopie, die in einigen Facetten bereits an verschiedenen Schauplätzen Realität geworden ist, kommt sehr plastisch daher. Es ist zugleich eine Darstellung von Verbotskultur und dem, was Literatur in schweren Zeiten an Hoffnung geben kann, um zumindest eine aufhellende Komponente zu haben. Man kann sich das alles sehr gut vorstellen.


    Auch die Recherche und Einarbeitung asiatischer Diskriminierungserfahrungen haben der Erzählung gut getan, zumal die Autorin eventuell sicher auch Beispiele aus eigenem Erleben bringen könnte. Diese Verflechtung wirkt und hat eine Erzählung geschaffen, die so schnell nicht loslässt und zugleich eine Warnung ist, sollte wieder einmal ein Bauernopfer für eine bestimmte Situation gesucht werden.


    "Unsre verschwundenen Herzen", sollten einen Platz auf jeder Leseliste haben.

  • Nach einer schweren Krise wird in den USA PACT erlassen, ein Gesetz, das dem Land Sicherheit geben und vor „unamerikanischen“ Umtrieben schützen soll. Da China als Verursacher der Krise gilt, werden besonders asiatische Einwohner beobachtet. Um Kinder vor unamerikanischem Denken und Werten zu bewahren, können sie ihren Eltern entzogen werden.


    Birds Mutter, Margaret Miu, ist vor drei Jahren, als er neun Jahre alt war, gegangen, warum und wohin weiß Bird nicht, er weiß nur, dass sie damals auch umgezogen sind und sein Vater nun nicht mehr als Professor arbeitet. Eines Tages nimmt Margaret Kontakt zu Bird auf, der alles daran setzt, sie wiederzusehen.


    Mich hat die Prämisse dieses Romans sehr betroffen gemacht, auch, weil sie durchaus aktuell anmutet. Dass Kinder ihren Eltern entzogen werden, ist allerdings ein lange Praxis nicht nur diktatorischer Regime, überall, wo man bestimmte Werte und Gedanken unterdrücken möchte, überall da, wo manche Gruppen als nicht „vertrauenswürdig“ (im Sinne des Regimes) gelten, wurde das bereits öfter angewandt (Indigene in USA und Australien, um nur ein Beispiel zu nennen). Für Eltern dürfte es das schlimmste sein, die Kinder zu verlieren, damit kann man sie wunderbar erpressen. In diesem Roman steht dieser Teil von PACT klar im Mittelpunkt, das Gesetz hat aber auch noch andere Auswirkungen, wie z. B. die Entfernung vieler Bücher.


    Wie gesagt, die Prämisse ist berührend, aktuell und wichtig, aber der Roman wird ihr nicht so ganz gerecht. Der Beginn ist gelungen, man erlebt die Erzählung aus Birds eigener Perspektive, und dies berührt durchaus. Später gibt es einen Perspektivewechsel auf Margaret Miu, der dem Roman nicht wirklich gut tut. Er wird dadurch langatmiger, die Spannung lässt nach, es gibt zwar eine Reihe neuer Informationen, über die Krise, und die Zeit danach sowie über Margarets Gründe zu gehen, aber diese werden mit zu vielen Worten erzählt, das Interesse am Roman lies bei mir immer mehr nach.


    Leider hat es Celeste Ng nicht geschafft, mich durchgehend zu fesseln. Die Thematik ist wichtig, interessant und auch aktuell (es geht ja nicht nur um die verschwundenen Kinder), zu Beginn hat sich der Roman zügig lesen lassen, wurde aber später deutlich langatmiger, und damit auch uninteressanter. Schade für die Thematik.

  • 3 :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: hatte mehr erwartet


    Worum geht es?

    Um Bird, der bei seinem Vater lebt. Dessen Mutter fort gegangen ist. Und von der er nun Briefe erhält.


    Worum geht es wirklich?

    Rassismus, Hoffnung und Schuld


    Lesenswert?

    Nein, ich wurde enttäuscht. Mein erstes Buch der Autorin und ich war sehr gespannt und hatte auch hohe Erwartungen.

    Der Schreibstil ist prinzipiell angenehm und gut zu lesen, dennoch war gerade der Einstieg eher beschwerlich und konnte mich absolut nicht fesseln. Es hat mich schlicht nicht interessiert, was auf den Seiten passiert.

    Es ist die Rede von der unendlichen Mutterliebe, aber auch diesen Aspekt konnte ich nicht greifen. Viel interessanter und dann zunehmend auch beängstigender fand ich eine Welt, die zeigt, wozu Rassismus führen kann. Ausgrenzung, Begrenzung, Entscheidungen über ganze Familien werden getroffen. Dieser Teil war bewegend und hat mich dem Buch wieder näher geführt.

    Die Figuren waren alle nicht richtig greifbar, ihr Handeln war oft nicht klar und dann eher einseitig. Gerade bei den Nebenfiguren habe ich das öfters nicht verstanden und mich eher wie in einem Märchen gefühlt, wo ihre ganze Aufgabe nur aus der Begleitung der Hauptfigur besteht.

    Schade, dass das Buch nicht nachwirkt, dass es nichts ausgelöst hat.

    Und auf der anderen Seite hat es mir sehr gut aufgezeigt, warum man gegen Ausgrenzung aufstehen sollte, warum man solche Abläufe verhindern muss. Wozu es führen kann, wenn wir bestimmte Menschengruppen diskriminieren und uns über sie stellen.

    Ob das das Ziel dieses Buches war, weiß ich nicht. Aber es ist der Grund, warum ich es weiter gelesen habe und nicht komplett enttäuscht bin.

  • Ich bin als großer Fan der Autorin enttäuscht ...


    Als ich gesehen hatte, dass die wunderbare Autorin Celeste Ng ein neues Buch geschrieben hatte, war ich sofort Feuer und Flamme. Ohne groß den Klappentext zu lesen, hatte ich es schon auf der Wunschliste und bestellt. Leider ein Fehler, wie sich beim Lesen rausstellen sollte. Während der Schreibstil definitiv wieder die von ihr gewohnte Qualität aufweist, kam ich mit dem Inhalt so gar nicht zurecht. Es handelt sich diesmal um einen Roman, der in der Zukunft spielt und diese so unwirtlich darstellt, dass man augenblicklich froh ist, dass die Welt dieses Stadium noch nicht erreicht hat und hoffentlich auch nie erreichen wird. Einer der Hauptcharaktere ist der kleine Noah, genannt Bird, der alleine mit seinem Vater in einem Wohnheim der Universität aufwächst. Seine Mutter ist aus seinem Leben verschwunden und niemand darf auch nur ihren Namen erwähnen, hat sie sich doch vor Jahren durch scheinbar aufwieglerische Aktionen zur Persona non grata gemacht. Die Welt, in der Vater und Sohn leben, ist geprägt von Entbehrungen aber auch Missgunst und Bespitzelungen. Menschen mit asiatischem Aussehen werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Birds Mutter ist eine Asiatin …

    Ein wenig kann ich nachvollziehen, warum die Autorin ein Thema dieser Art aufgegriffen hat. Ihre Eltern wanderten damals aus Hong Kong aus, vielleicht hatten auch sie es zu Anfang nicht immer leicht. Warum sie allerdings diese Variante eines Romans wählte, erschließt sich mir leider nicht ganz. Ich denke, die Zielgruppen ihrer beiden früheren Bestseller erreicht sie damit nicht wirklich. So kann ich selbst dann leider auch nur drei von fünf Sternen vergeben und werde mir merken, mir doch vorab den Klappentext näher anzuschauen, auch wenn ich den Autor noch so gerne mag.

  • Eltern und Kinder in einer erschreckend nahen Welt


    Mit "Unsre verschwundenen Herzen" hat Celeste Ng einen dystopischen Roman geschrieben, der gefühlt morgen oder übermorgen stattfindet. Die Hauptfigur ist Bird, ein zwölfjähriger Junge, der mit seinem Vater in Harvard lebt. Ihr Alltag ist geprägt von einem Gesetz mit dem Akronym PACT, welches unter dem Vorwand, die amerikanische Kultur bewahren und Sicherheit gewährleisten zu wollen, die Menschen, besonders Amerikaner asiatischer Herkunft, diskriminiert und drangsaliert, Freiheiten einschränkt und bereits in den Schulen damit anfängt, indem sämtliche Bücher von dort entfernt wurden. Birds Mutter ist ein paar Jahre zuvor verschwunden, sie ist Asian American.


    Man merkt dem Buch an, dass es von den gegenwärtigen culture wars um Schulen in den USA mit den Verboten von bestimmten Büchern geprägt ist, außerdem von der Zunahme an hate crimes gegen Asian Americans zu Beginn der Pandemie. Das macht "Unsre verschwundenen Herzen" so aktuell und faszinierend, dass ich es kaum aus der Hand legen wollte. Interessant finde ich außerdem, dass Kunst als Mittel des Widerstands thematisiert wird - manchmal eindrucksvoll, aber insgesamt doch begrenzt wirksam. Das Buch bleibt aber eher ein Roman um die Beziehung zwischen Eltern und Kind, als eine Dystopie mit einem Blick auf das große Ganze. Vielleicht liegt es daran, dass fast alles aus der Sicht eines zwölfjährigen Kinds erzählt wird, das keinen vollständigen Überblick darüber hat, wie PACT funktioniert. Ich finde das etwas schade und hätte mir mehr über diese Welt gewünscht, einen etwas weiteren Blick. Trotz dieser Kritik habe ich "Unsre verschwundenen Herzen" sehr gerne gelesen und empfehle es jedem, dem Dystopien und/oder Familienromane gefallen - und allen, die die bisherigen Bücher von Celeste Ng mögen.

  • Die Stadt Cambridge in den Vereinigten Staaten von Amerika in der Zukunft: Noah Gardner, genannt Bird, führt mit seinem Vater Ethan ein einfaches Leben. Der Zwölfjährige und der ehemalige Linguistik-Professor müssen in einem Studentenwohnheim unterkommen. Seit Noahs Mutter, die Dichterin Margaret Miu, verschwunden ist, versuchen sie, unter dem Radar zu bleiben, denn besonders durch die asiatischen Wurzeln der Mutter und ihre aufrührerischen Aktivitäten stehen auch sie unter Beobachtung. Schuld daran sind Gesetze, die dafür sorgen sollen, dass die amerikanische Kultur geschützt wird…


    „Unsre verschwundenen Herzen“ ist ein Roman von Celeste Ng.


    Meine Meinung:

    Der Roman besteht aus drei Teilen, die in verschiedene Kapitel untergliedert sind. Erzählt wird im Präsens: einerseits aus der kindlichen Perspektive von Bird, andererseits aus einer weiteren Perspektive. Der Aufbau ist durchaus schlüssig.


    In sprachlicher Hinsicht kommt der Roman nicht an frühere Werke der Autorin heran und schwankt in seiner Qualität. Allerdings gibt es einige sehr gelungene Passagen, die ich als poetisch und besonders ansprechend empfunden habe. Leider stören mehrere Übersetzungsfehler den Lesefluss.


    Die Figur Bird steht im Mittelpunkt der Geschichte. Durch seine kindlich-naiven Augen lernt die Leserschaft die dystopische Welt kennen.


    Wie schon frühere Romane Ngs ist die Geschichte gesellschaftskritisch angelegt, dieses Mal jedoch in der Zukunft verortet. Ausgangspunkt der Handlung sind anti-asiatische Hetze und Diskriminierung in den USA, nicht nur, aber vor allem als Folge der Pandemie. Auch weitere politisch rechte beziehungsweise faschistische Strömungen spielen eine Rolle, die ich an dieser Stelle nicht vorwegnehmen möchte.


    Ein weiterer Schwerpunkt sind Bücher, Märchen und die Kunst im Allgemeinen. Konkret werden die Fragen aufgeworfen, wie sich diese Ausdrucksformen für den Protest nutzen lassen, welche Kraft in ihnen steckt und wie sie sich unterdrücken lassen.


    Im Zentrum des Romans steht zudem ein Mutter-Sohn-Konflikt, der aufgrund der sonstigen Themenvielfalt allerdings bisweilen etwas in den Hintergrund tritt. Insgesamt wirkt der Roman auf mich recht überladen, denn das breite inhaltliche Spektrum sorgt dafür, dass sich die Geschichte nicht so intensiv und tiefschürfend entfaltet, wie ich es von der Autorin gewohnt bin.


    Das deutsche Cover ist geheimnisvoll und ein wenig düster, weshalb es gut passt. Der englischsprachige Originaltitel („Our missing hearts“) wurde erfreulicherweise wortgetreu übersetzt.


    Mein Fazit:

    Mit „Unsre verschwundenen Herzen“ hat Celeste Ng meine sehr hohen Erwartungen nicht in Gänze erfüllt. Dennoch ist auch ihr neues Buch ein lesenswerter Roman.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Lebensthema der Autorin in neuem Gewand
    Celeste Ng bleibt ihrem Thema treu: selbst betroffen, lotet sie immer wieder die Lebenssituation der asiatisch-stämmigen Minderheit in den USA aus. In ihrem letztem Buch allerdings wendet sie sich einem neuen literarischen Genre zu: der Dystopie. Die Gesellschaft lebt unter dem Gesetz PACT, das unamerikanische Tendenzen und Gefährdungen unterbinden soll, die in erster Linie den Mitbürgern asiatischer Herkunft unterstellt werden. Der zwölfjährige Bird, dessen Mutter einer aus China eingewanderten Familie entstammt, führt mit seinem WASP-Vater eine depravierte Existenz, da das Misstrauen der Umgebung auch nach dem Verschwinden der Ehefrau und Mutter nicht beschwichtigt wird. Die Autorin bemüht allerlei aus der literarischen Tradition bekannten Motive und Versatzstücke, die beim Leser durchaus Erinnerungen an bekannte Werke der Weltliteratur wachrufen. Manche Figuren erscheinen in ihrer Gestaltung psychologisch überzeugend, so der seine wahren Überzeugungen verbergende Vater, dessen vorrangiges Lebensziel ist, seinen Sohn zu schützen. Andere Protagonisten geraten allzu plakativ. So leidet insgesamt die Plausibilität unter dem intendierten Effekt, manche Wendungen sind allzu melodramatisch. Lesenswert ist Ngs „Die verschwundenen Herzen“ jedoch allemal, da immer wieder ungemein poetische Momente aufscheinen, die den Kampf um Menschenwürde und Existenzberechtigung in einer bornierten und intoleranten Gesellschaft illustrieren.

    Mein Urteil: 4 Sterne