Michael Brandner - Kerl aus Koks

  • Kurzmeinung

    Lesezeichenfee
    orginell, witzig, gut beschrieben,
  • Der kleine Paul wird früh aus seiner Pflegefamilie in Bayern gerissen. Seine Mutter nimmt ihn mit ins Ruhrgebiet wo schon ein neuer Vater auf ihn wartet. Die Mutter fühlt sich als etwas Besseres und macht ihrem Sohn und ihrem Mann das Leben manchmal schwer, das schweißt die beiden zusammen, denn Helmut will nur das der kleine Paul glücklich ist. Er ist es beim Fußball spielen zwischen den Ruinen und beim stromern mit den Freunden. Aber das Leben geht weiter, Schule, Lehre, neue Freunde und Lieben usw.

    Dieses Leben wird in einer Art und Weise erzählt, die ist Besonders. Alles Schwere bekommt eine Leichtigkeit, alles Gute wird hervor gehoben. Jedes mal mit einer Begründung versehen. Beispiel der Stiefvater, hatte seine Fehler wie jeder Mensch aber die guten Seiten wie die Mitmenschlichkeit überwogen.

    Es ist vielleicht eine Biographie des Autors. Wenn ja, hat er keine leichte Kindheit gehabt, seine Jugend und jungen Erwachsenenjahre waren ein auf und ab, vielleicht ist er deshalb ein so menschlicher Schauspieler geworden, dem nichts fremd ist, der alles versteht.

    Das Buch vermittelt es zu mindestens. Eine Offenheit für andere Menschen und Situationen, ein großzügiges Denken für alles was fremd ist. Verständnis für Eigenarten, andere Meinungen, Respekt vor dem Gegenüber.

    Das beschriebene Leben vermittelt Werte, offenbart aber auch falsche Einschätzungen, Dogmen die es gerade in der jungen Bundesrepublik gab.

    Der Schreibstil hat einen leisen Humor und ganz viel Liebe für die Menschen mit denen Paul am liebsten Kontakt hat und hatte. Von einigen dieser Menschen würde ich mir wünschen sie selber kennen zu lernen, Paul natürlich an erster Stelle.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ruhrgebiet pur

    Dem Autor Michael Brandner gelingt es die Lebensgeschichte von Paul sehr gut zu transportieren. Sie enthält erkennbar viele autobiographischen Züge. Die Geschichte spielt in Dortmund (hätte aber auch in anderen Ruhrgebietsstädten spielen können), wo Paul in seiner Kindheit aus Bayern hinzieht. Paul ist vom Charakter eher ein Beobachter und nimmt daher sein Gegenüber sehr gut war. Er hat eine positive Einstellung zum Leben, was mich an dem Buch am meisten begeistert hat. Der Roman erstreckt sich über die 1950er bis in die 1990er Jahre. Der Schreibstil ist - Ruhrgebiet typisch - sehr direkt und unterhaltsam geschrieben. Die Ereignisse dieser Jahre sind gut in dem Buch vernetzt. Die letzten Seiten haben inhaltliche Längen. Paul wird Schauspieler und dadurch kommt sein Wesen gut zum Ausdruck. Viele die im Ruhrgebiet aufgewachsen sind oder ihm verbunden sind, können die Biografie gut nachvollziehen und über das Buch mit empfinden. Lesenswert!!! :lol:

  • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Zwischen Bayern und dem Ruhrpott

    Ich mag Michael Brandner als Schauspieler und war auch deswegen neugierig auf sein Buch. Er lässt Paul als Alter Ego, wie er schreibt „seine bessere Hälfte“, sein Leben nacherleben. Der Roman ist keine Hundertprozent-Autobiographie, wird aber von den eigenen Erfahrungen geprägt. Manchmal empfand ich es als schade, nicht zu wissen, ob dies wirklich so war. Michael Brandner spricht in seinem Nachwort auch von „dem Versuch, ein Lebensbild zu stricken“, was ist Wahrnehmung, was war die Realität.

    Der Teil des Romans, in dem von Pauls Kindheit und Jugend erzählt wird, hat mir insgesamt besser gefallen, als die Abschnitte, in denen von seinen wechselhaften Liebschaften berichtet wird, bis er schließlich auf Cora trifft, der er sich gleich verbunden fühlt.

    Vom Schreibstil her liest sich das Buch flüssig und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Empfehlen würde ich das Buch eher den Leserinnen und Leser, die Michael Brandner als Schauspieler schätzen.

  • Die neun Leben des Paul Brenner

    Mal eben noch dem Tod von der Schippe springen - das hat Paul Brenner nicht nur einmal erlebt, teils selbst verschuldet, teils durch unglückliche Umstände. Aber Paul ist zäh, hat einen enormen Lebenswillen und beißt sich immer wieder durch. Er ist ein Kämpfertyp, der es versteht, aus seinem Leben in jeder Situation das jeweils beste zu machen.

    Dieser Roman mit biographischen Zügen wird erzählt von dem Schauspieler Michael Brandner, alias Paul Brenner. Wie es scheint, war sein Leben sehr abwechslungsreich und geprägt von ständigen Höhen und Tiefen.

    Der kleine Paul wird von seiner ledigen Mutter in eine Pflegefamilie in Bayern gegeben, wo er sich wohlfühlt und naturverbunden lebt. Aber eines Tages holt ihn seine leibliche Mutter ins Ruhrgebiet, denn sie hat geheiratet und möchte Paul zu sich nehmen. Damit verändert sich Pauls Leben rasant, aber er findet Wege, um das neue Leben zu genießen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn ist geprägt von ständigen Vorwürfen und Forderungen. Seine Mutter fühlt sich im Pott fehl am Platze, sie hat was Besseres verdient, sagt sie. Sein Stiefvater Helmut ist für Paul ein guter Freund, der zu ihm hält, oftmals auch gegen die Mutter, so dass kein harmonisches Familienleben entstehen kann. Hinzu kommen neue Erfahrungen für den Jungen: er wird sehr krank und spürt Todesnähe.....

    Diesen ersten Teil fand ich sehr atmosphärisch. Der Autor beschreibt glaubwürdig und ergreifend, wie es damals nach dem Krieg in den Familien zuging, er beschreibt die Armut, die Raumnot, die Tagesgestaltung. Ich habe diesen Part sehr gern gelesen und mich in einer anderen Welt gefühlt.

    Der Umbruch kam für mich, als Paul mit ein paar Freunden in einem alten Opel nach Großbritannien fährt, um Urlaub zu machen. Er gerät in einen regelrechten Freiheitsrausch und bricht die Fachoberschule ab. Es folgen zahlreiche Jobs, viele Liebschaften, Drogenerfahrungen und diverse Wohnungswechsel. Ab hier bleibt alles an der Oberfläche, vieles wird nur angedeutet, es gibt keinen Tiefgang mehr, z.B. wird ein Kumpel aus der Psychiatrie zurückgeholt, aber wie? Man hat das Gefühl, einen Ausflug in eine übersteigerte Fantasie zu machen. Während mich Pauls Leben als Kind und Teenager sehr berührte und spannend war, kamen nun langatmige Passagen, geprägt von einem Paul, der sich einer übertriebenen Selbstdarstellung ausliefert und keine Grenzen kennt. Besonders sein Umgang mit Frauen hat mir nicht gefallen.

    Der lebendige Schreibstil mit humorvollen und ironischen Elementen hat mich besonders im ersten Teil sehr angesprochen, z.B. die Szene der Musterung. Leider hat sich diese Lebendigkeit im zweiten Teil verändert. Dieser Part erschien mir hektisch, wie Pauls Leben in diesen Jahren.

    Dem ersten Teil hätte ich ohne Zögern fünf Sterne zuerkannt. In Anbetracht des deutlich schwächeren zweiten Teils vergebe ich nun vier. Denn interessant ist das Buch alles in allem auf jeden Fall.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Der Schauspieler Michael Brandner erzählt eine sehr biografisch geprägte (Lebens)Geschichte seines Alter Ego Paul Brenner. Dabei nimmt er sich offenbar die schriftstellerische Freiheit, die ihm die Verwendung einer Kunstfigur erlaubt, nämlich Dinge in die eigenen Erlebnisse einzuflechten, die vielleicht in Wirklichkeit nicht unbedingt genauso passiert sind.

    Er nutzt die ihm eigene (oder dem Ruhrpott generell eigene) Art, frei von der Leber weg zu schwadronieren und sehr direkt aber liebevoll über Menschen zu schreiben und sie zu beschreiben. Das ist eine Stärke des Buches, ich kann mir seine Protagonisten und Nebendarsteller beim Lesen sehr bildhaft vorstellen. Auch der Humor, der in allen Zeilen mal lauter mal leiser vorkommt ist sehr gelungen und trifft meinen Geschmack.

    Ich muss aber ebenfalls feststellen, dass mir die Kindheit und frühe Jugend, sprich der erste Teil des Buches besser gefällt als die mitunter sehr schnell und dadurch auch nicht mehr so ausführlich geschilderte zweite Hälfte. In letzterer bleiben aufgrund der hohen Aktionsdichte, des schnellen Erzähltempos die Herzlichkeit und die Beobachtungsgenauigkeit etwas auf der Strecke.


    Grundsätzlich hat mir der Stil aber sehr gut gefallen und ich habe Paul bzw. Michael Brandner gerne beim Erwachsenwerden über die Schulter gesehen.

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Michael Brandner Kerl aus Koks List 2022


    Humorvoll, unterhaltsam und treffend/9 Leben


    Kerl aus Koks ist eine „Art Biografie“ von Michael Brandner. Vor allem das Ruhrgebiet ist so treffend beschrieben und auch die bayrische Dorfidylle.


    Das Cover ist so passend, süß, perfekt, das stimmt so wunderbar mit Staffel eins überein.

    Vor allem gefiel mir der Schreibstil sehr gut. Die Geschichten wurden sehr unterhaltsam erzählt. Allerdings steht ja auch schon im Buch, dass nicht wirklich alles genau so war, aber sicher steckt – trotz allem – viel Wahrheit im Buch. Irgendwie kam man in ganz Dortmund herum, es wurden sehr viele Stadtteile erwähnt. Das Ganze wurde in Zeitabschnitte (5 Staffeln) und in die „neun“ Leben abgeteilt. Amsterdam und Drogen dürfen natürlich auch nicht fehlen. Vieles würde man dem sympathischen Schauspieler nicht zutrauen.


    Am Besten fand ich die Beschreibungen seiner Kindheit, also Staffel 1, danach muss man es einfach als Roman nehmen, denn dann wiederholen sich teilweise Sachen in einem anderen Stadtteil, was so seine Gespielinnen, Hausbesetzung, Drogen usw. betrifft. Die Nachkriegszeit wurde gut präsentiert, so dass sie eine gute Lektion in Geschichte ist.


    Irgendwann entwickelt sich Kerl aus Koks zu einer eigenen Lobeshymne, auf ihn selbst. Den harten Kerl aus dem Pott, der alles überlebt. Ich hab schon so viele Biografien gelesen, daher kann ich sagen, dass das eine der Besten ist. Ob wahr oder nicht, unterhaltsam ist sie alle mal.


    Mein – Lesezeichenfees – Fazit:

    Der Roman mit biografischen Zügen gefällt mir gut, er ist unterhaltsam, humorvoll und treffend. 5 Feensternchen.