Mohsin Hamid – Der letzte weiße Mann / The Last White Man

  • Klappentext/Verlagstext
    Als Anders eines Morgens erwacht, stellt er fest, dass er sich verwandelt hat: Er ist nicht mehr weiß. Vollkommen erschüttert schließt er sich in seiner Wohnung ein, meldet sich krank. Nur Oona erzählt er von seiner Verwandlung, einer guten Freundin und gelegentlichen Geliebten. Irgendwann wagt er sich wieder hinaus in die Welt und zur Arbeit. »Wenn mir das passiert wäre, ich hätte mich umgebracht«, sagt sein Chef. Immer mehr Berichte über ähnliche Verwandlungen tauchen auf: Die weiße Mehrheit im Land scheint zur Minderheit zu werden. Und sie fühlt sich bedroht. Steht ein Umsturz der bestehenden Ordnung bevor? Bald herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände in der Stadt. Oona, mittlerweile selbst verwandelt, steht Anders zur Seite, in den Wirren dieser Zeit werden sie zu einem Liebespaar. Schließlich gibt es kaum mehr weiße Menschen in der Stadt, Anders’ Vater stirbt schwerkrank als der letzte weiße Mann. Die Unruhen klingen ab – aber gelingt es den Menschen nun, einander wirklich zu sehen?
    Was bedeutet es, weiß oder nicht weiß zu sein, und vor allem: Was bedeutet es, von der vermeintlichen Norm abzuweichen? In ›Der letzte weiße Mann‹ stellt der Kosmopolit Mohsin Hamid in seiner unvergleichlich eindringlichen Prosa die großen Fragen zum Thema Rassismus – und zum Thema Menschlichkeit.


    Der Autor
    Mohsin Hamid, geboren in Lahore, Pakistan, studierte Jura in Harvard und Literatur in Princeton. Heute lebt er mit seiner Familie in Lahore und London. (gekürzt)


    Inhalt
    Anders genießt als angestellter Trainer in einem amerikanischen Fitness-Studio das Ansehen seiner Kunden. Als er eines Morgens mit dunkler Hautfarbe aufwacht, erkennt er sich selbst nicht wieder. Auch andere - weiße - Menschen „erkennen“ ihn nicht mehr; während Schwarze sich verhalten, als wären sie längst vertraut mit ihm. Mit einem Schlag verliert Anders sein berufliches Ansehen. Alle scheinen zu erwarten, dass Hautfarbe zugleich Benehmen und Kompetenzen einer Person definiert. Doch woher soll Anders wissen, wie ein schwarzer Fitness-Trainer denken und handeln würde? Seine Umfärbung zieht das Studio und damit seinen Arbeitsplatz wirtschaftlich in die Tiefe. Anders Gelegenheits-Geliebte Oona erlebt das Verschwinden hellhäutiger Amerikaner zunächst aus der Distanz der Online-Trainerin ohne festen Job. Von der Sorge um ihre alternde Mutter absorbiert, dringt doch zu ihr das Undenkbare durch, dass Weiße sich erschießen – „wegen Farbe“. Beide Figuren sind mit den festgefügten Urteilen ihrer Eltern über Farbige konfrontiert, die nun ebenso für Anders und Oona gelten. Als sich eine hellhäutige bewaffnete Kampfgruppe in der Stadt bildet, muss die kleine Not-Gemeinschaft erkennen, dass sie in einem Kampfgebiet lebt, in dem sich niemand mehr zu einem Fitness-Kurs aus dem Haus trauen wird. Die Stadt versinkt in Anarchie und Anders Vater stirbt schließlich als allerletzter Weißer.


    Fazit
    Der traumatische Verlust von Identität und Ansehen zeigt sich in Mohsin Hamids Utopie besonders in der Beziehung der erwachsenen Kinder zum allein lebenden verwitweten Elternteil. Beunruhigender als die Ängste der jüngeren Generation wirkten auf mich die starren Normen „der Alten“ von Vertrautheit contra Fremdheit, die die gewohnte Ordnung sprengen. Eine verstörende Gedankenreise ins „Othering“.


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